Um herauszufinden, wie es um das Image des Schweizer Trinkwassers steht, führt der SVGW regelmässig Erhebungen durch. Die im April 2017 erfolgte Befragung lehnte sich zwar an jene aus dem Jahr 2011 an, war aber weit schlanker gehalten.
Die Interviews wurden als Teil einer Omnibus-Umfrage vom Markt- und Sozialforschungsinstitut gfs mittels CATI (Computer Assisted Telephone Interviewing) durchgeführt [1]. Beim Omnibus CATI handelt es sich um eine telefonische und repräsentative Mehrthemenbefragung. Das heisst, die Fragebogen mehrerer Auftraggeber werden zu einem Fragekatalog gebündelt.
Die Fragen richteten sich an die sprachassimilierte Wohnbevölkerung in der Deutsch- und Westschweiz im Alter von 18 bis 99 Jahren. Für die Studie wurden total 1006 Interviews durchgeführt, davon 751 in der Deutsch- und 255 in der Westschweiz. Die Befragten weisen folgende Altersverteilung auf: 35% zwischen 18 und 39 Jahren, 43% zwischen 40 und 64 Jahren sowie 22% zwischen 65 und 99 Jahren. 50% waren Frauen; 50% Männer.
Die Befragung zum Thema Trinkwasser dauerte rund 3 Minuten, die ganze Omnibusbefragung rund 15 Minuten. Es wurden nur erfahrene Interviewer eingesetzt, die im Rahmen einer ausführlichen Instruktion auf ihre Aufgabe vorbereitet wurden. Die 1006 Personen wurden zwichen dem 31. März und 20. April 2017 angerufen. Die Durchführung der Erhebung erfolgte nach den Normen der Branche.
Während die Beliebtheit des Hahnenwassers sich zwischen 2001 und kontinuierlich und signifikant zugenommen hat, ist sie nun in den letzten sechs Jahren leicht zurückgegangen. Immerhin geben 72% an, Hahnenwasser regelmässig zu konsumieren. Das sind 8% weniger als noch 2011 als das vorläufige Spitzenresultat erzielt wurde (Fig. 1).
42% der Bevölkerung können als «heavy User» bezeichnet werden: Sie trinken mehrmals täglich Hahnenwasser. Just diese Gruppe verzeichnete jedoch den markantesten Rückgang seit 2011. Signifikant höher als in den entsprechenden Gegengruppen ist die Trinkhäufigkeit von Hahnenwasser nach wie vor in den oberen sozialen Schichten (höhere Bildung), bei Frauen, in der Deutschschweiz und bei den über 40-Jährigen. Interessanterweise werden im Unterschied zu früheren Studien keine bedeutenden Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie mit oder ohne Migrationshintergrund festgestellt.
Für das Trinken von Hahnenwasser spreche vor allem sein «guter Geschmack», begründen die meisten ihren Konsum. Weiter werden zahlreiche positive Eigenschaften wie preisgünstig, jederzeit verfügbar, durstlöschend, gesund, qualitativ hochstehend, verfügbar, bequem, natürlich, frisch. Nur selten wird umweltfreundlich als Argument genannt.
Die Gruppe der «Hahnenwasser-Abstinenten» ist seit 2001 um fast die Hälfte geschrumpft und umfasst heute noch rund einen Achtel der Bevölkerung. Die häufigsten Gründe für einen Verzicht auf Hahnenwasser sind: Bevorzugung von Mineralwasser, Wasser aus der Flasche oder von kohlensäurehaltigen Wässer, schlechter Geschmack oder zu hoher Kalkgehalt des Hahnenwassers. Nur wenige bezweifeln die Qualität, haben kein Vertrauen oder trinken kein Hahnenwasser aus fehlender Gewohnheit heraus.
Anders als bei der Konsumfrage ist die Qualitätseinschätzung des eigenen Hahnenwassers konstant auf hohem Niveau geblieben. Wie schon 2011 schätzen auch 2017 rund 50% der Bevölkerung die Trinkwasserqualität als sehr gut, 39% als gut ein (Fig. 2). Somit liegt die Gruppe mit Qualitätsvorbehalten (Antwortkategorien befriedigend/ungenügend/schlecht) seit zehn Jahren auf konstant tiefem Niveau – dies nachdem sich die Gruppe seit 2001 von 16 auf 9% praktisch halbiert hat. Heute äussert sich kaum jemand klar negativ zur Trinkwasserqualität. Die Qualitätseinschätzung wird von Deutschschweizern, von den über 40-Jährigen sowie von Personen mit höherem Einkommen und Bildung positiver bewertet als in den entsprechenden Gegengruppen.
Damit der SVGW seine Aktivitäten in der Interessenvertretung optimal ausrichten kann, wurden auch Fragen zu Pestiziden und Trinkwasser gestellt. 32% der Bevölkerung finden, es treffe zu bzw. sogar voll und ganz, dass im Schweizer Grundwasser, das als Trinkwasserressource genutzt wird, Pestizide und deren Abbauprodukte nachweisbar sind. Während für knapp 30% dieser Sachverhalt undenkbar ist.
Rund die Hälfte der Befragten schätzt die Situation realistisch ein: Etwa an 20% der Grundwassermessstellen werden Pestizide und deren Abbauprodukte oberhalb des gesetzlich erlaubten 0,1 μg/l gemessen. Rund ein Viertel schätzt die Situation noch gravierender ein.
Weiter würden 38% der Befragten das Trinkwasser weiterhin bedenkenlos trinken, auch wenn es nachweislich gesundheitlich nicht relevante Spuren von Pestiziden und deren Abbauprodukte enthält. Für 35% kommt dies unter keinen Umständen in Frage, knapp ein Viertel äussert sich unentschlossen.
Nach dem Gewässerschutzgesetz dürfen langlebige Stoffe wie z. B. Pestizide nicht ins Grundwasser gelangen und sich dort anreichern. Knapp die Hälfte der Befragten würde denn auch einen politischen Vorstoss unterstützen, der strengere Vorgaben für den Einsatz von Pestiziden macht, um die Qualität des Grundwassers bzw. des Trinkwassers vorsorglich besser zu schützen. Weitere 30% beantworten die Frage nach der Unterstützung mit «eher ja». Diesbezüglich ist die Unterstützung bei Frauen und den über 40-Jährigen deutlich höher als bei Männern und Jugendlichen.
Der Zuspruch für ein natürliches Trinkwasser mit möglichst wenig Aufbereitung fällt deutlich aus und unterstützt damit die Vision des SVGW. Für 40% ist natürliches Trinkwasser sehr wichtig, für weitere 25% wichtig. Nur 14% geben an, natürliches Trinkwasser sei nicht bzw. überhaupt nicht wichtig. Das entspricht etwa dem Anteil der Hahnenwasserverweigerern in der ersten Frage.
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Zusammenfassen bestätigt die gfs-Omnibus-Umfrage vom April 2017 das gute und robuste Image von Trinkwasser. Der eigene Konsum wird zwar etwas tiefer eingeschätzt als noch 2011, doch die Trinkwasserqualität wird noch immer als ungebrochen hoch erachtet. Bedeutet dies, dass nun viele auf Mineralwasser umgestiegen sind? Nein, denn vergleicht man die Konsumkennzahlen des Mineralwasserverbrauchs in der Schweiz, so ist der Mineralwasserkonsum in den letzten acht Jahren konstant geblieben: 3,1 dl pro Person und Tag [3].
In der Interessenvertretung kann der SVGW gestützt auf die Meinungsumfrage noch stärker auf das Vorsorgeprinzip pochen (für 65% ist natürliches Trinkwasser wichtig oder sehr wichtig). Politische Vorstösse zu Gunsten des Trinkwasserschutzes geniessen bei der Bevölkerung viel Sympathien, wie auch der aktuelle erfolgreiche Verlauf der Unterschriftensammlung zur so genannten «Trinkwasserinitiative» [4] bestätigt. Rund zwei Drittel der Bevölkerung misstrauen einem Trinkwasser, das Spuren, wenn auch gesundheitlich unbedenkliche, von Pestiziden beinhalten würde. Besorgniserregend hingegen ist die Erkenntnis, dass Hahnenwasser bei Jugendlichen offenbar wenig angesagt ist. Diese These wurde bereits in verschiedenen Medienberichten aufgestellt [5] und nun mit der repräsentativen Umfrage erhärtet. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden. Eine Rolle dabei dürfte vor allem die verführerische Werbung mit beliebten Idolen (z.B. Rapper Stress trinkt Cola...) spielen, die Jugendliche stark anzusprechen vermag. So konsumieren beispielsweise 42% der Zürcher Jugendlichen bereits zum Frühstück einen Energy Drink [6]. Die Wasserversorger und mit ihnen der SVGW wird die Jugendlichen über die üblichen Kommunikationskanäle, Sprache und Botschaften kaum ansprechen können. Gefragt sind hier unorthodoxe Partnerschaften mit Organistationen, welche die Sprache der Jugendlichen verstehen und einen direkten Draht zu ihnen haben. Zum Beispiel mit der Schtifti Foundation, die Bewegung, gesunde Ernährung und Hahnenwassertrinken als Grundsätze in ihrem Programm «Gorilla» hat und es den Jugendlichen in allen Landesteilen in zahlreichen Workshops glaubhaft und nachhaltig näherbringt.
[1] gfs (2017): Omnibus-Umfrage im Auftrag des SVGW, Zürich, April 2017, unveröffentlicht
[2] SVGW: Auswertung des Issues-Monitorings, Quartalsberichte 2011 bis 2016, online im SVGW-Mitgliederbereich www.intranet.svgw.ch
[3] Verband Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten: Kennzahlen zum Mineralwassermarkt Schweiz, Stand 13. Juli 2017, online: www.mineralwasser.ch
[4] www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/leuthards-exbeamter-wechselt-die-seiten/story/13813524
[5] SDA (2016): Hahnenwasser kämpft mit Vorurteilen. 21. Dezember 2016, online: www.svgw.ch/Vorurteil
[6] Schtifti Foundation (2017): Die Facts: repräsentative Umfrage bei Zürcher Jugendlichen 2017. Präsentation vom 28. Juni 2017
Es gibt verschiedene Faktoren, die das Image von Trinkwasser beeinflussen können. Ein Hebel ist die Berichterstattung in den Medien. Die Wirkung soll mit einer Beurteilung der Berichterstattungen der letzten Jahre abgeschätzt werden.
Seit 2011 erfasst der SVGW systematisch Medienbeiträge zum Thema Trinkwasser in einem Issues-Monitoring. Basis der Analyse sind Artikel von grossen Schweizer Zeitungen, aus der Wirtschaftsfachpresse und der Konsumenten-Fachpresse (Beobachter, KTipp, Saldo, Bon à savoir) sowie Beiträge im nationalen Radio und Fernsehen. Auch reine Agenturmeldungen werden für die Medienanalyse berücksichtigt. Gleichlautende Nachrichten aus Regionalausgaben von Kopfblattsystemen und aus Regionalzeitungen werden nicht berücksichtigt.
Für die Inhaltsanalyse werden 62 nationale Schlüsselmedien berücksichtigt. Die Beiträge werden nach Issues (Wasserknappheit, Mikroverunreinigungen etc.) untersucht. Pro Artikel sind mehrere Issues möglich. Die genannten Issues werden einer Bewertung unterzogen, wie eine Beitrag auf den neutralen Leser wirkt; positiv, neutral oder negativ. Die Durchführung durch Argusdatainsights stellt sicher, dass die Analyse neutral und objektiv erfolgt. Für die Beurteilung wird die Sicht eines unabhängigen und neutralen Lesers eingenommen.
Im Zeitraum zwischen 2011 und 2016 wurden 6366 verschiedene Themenbeiträge [2] in Zusammenhang mit Trinkwasser erfasst und ausgewertet. Die Berichterstattung gestaltete sich ausgewogen und lässt auch keinen Schluss zu, dass in der Öffentlichkeit Trinkwasser negativer diskutiert würde, oder dass der Trend zu einer kritischeren Berichterstattung feststellbar wäre. Diese Auslegeordnung mag die Konstanz des Vertrauens in Trinkwasser bestätigen, kann aber den Rückgang bei der Beliebtheit, dem Konsum nicht erklären.
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