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Fachartikel
14. Oktober 2024

Anpassungen am Pumpbetrieb

Pumpsysteme in der Wasserversorgung effizient betreiben

Die bisherige Praxis, nachts das Reservoir zu füllen, wird in Zukunft finanziell keinen Vorteil mehr bringen. Ein angepasster Pumpbetrieb verbessert die Effizienz und kann zu einer Senkung der Betriebskosten beitragen, bedingt aber eine technisch korrekte Auswahl und Dimensionierung der Pumpen und Antriebe.
Reto Baumann 

Pumpsysteme spielen auch in der Schweiz eine wichtige Rolle in der Wasserversorgung. Trotz der Topografie des Landes können hierzulande nur etwa 30 bis 40 Prozent des Trinkwassers gänzlich ohne den Einsatz von Pumpen gewonnen und an die Konsumentinnen und Konsumenten abgegeben werden. Für den Betrieb dieser Pumpen werden beachtliche Energiemengen eingesetzt. Durch eine den Einsatzbedingungen entsprechende Auslegung der Pumpsysteme, einen optimalen Betrieb und regelmässige Wartung lassen sich bedeutende Energieeinsparungen erzielen. Durchgeführte Energieanalysen bei verschiedenen Versorgungen ergaben Einsparpotenziale von 20 bis 30 Prozent.

Effizienz und Verschleiss

Zur Förderung von Trinkwasser werden am häufigsten Kreiselpumpen eingesetzt. Dabei gelangen einstufige Kreiselpumpen in der Regel als Niederdruckpumpen zum Einsatz, wenn grosse Volumenströme auf geringe Förderhöhen bewegt werden sollen. Mehrstufige Kreiselpumpen dagegen kommen als Hochdruckpumpen zum Einsatz, um verhältnismässig kleine Volumenströme auf grosse Höhen zu fördern. Jedes Pumpwerk muss individuell auf die jeweiligen Einsatz­edingungen ausgerichtet werden. Zentrale Grösse bei der Wahl eines Pumpensystems ist dabei die Förderhöhe H und damit die Frage, auf welche Höhe das Wasser im Normalfall gepumpt werden soll. Dabei sinkt der Volumenstrom Q – also die Menge an Wasser, das pro Minute gefördert werden kann –, je grösser die Förderhöhe ist. Mit diesen beiden Werten lässt sich ein Liniendiagramm mit einer sogenannten Pumpenkennlinie zeichnen, an der sich ablesen lässt, welcher Volumenstrom für die jeweilige Förderhöhe erreicht wird. Die Pumpenhersteller kennzeichnen auf dieser Kennlinie für alle Pumpen den Einsatzbereich, der angibt, welche Förderhöhe die Pumpe maximal erreicht und welche Höhe minimal angesteuert werden kann. Zwar sind Pumpen grundsätzlich für alle Betriebspunkte im Einsatzbereich geeignet, sie sind aber effizienter, je näher sie an ihrem höchsten Wirkungsgrad eingesetzt werden. Dieser wird auf der Kennlinie häufig als Punkt markiert und heisst BEP (= Best Efficiency Point). Um den BEP herum liegt der Auslegungsbereich der Pumpe. Dieser gibt an, innerhalb welcher Förderhöhen die Pumpe im Normalfall betrieben werden sollte. Der Einsatzbereich ist dabei wesentlich grösser als der Bereich, auf den eine Pumpe ausgelegt ist. Bei der Wahl einer Pumpe muss höchstes Gewicht darauf gelegt werden, dass die Pumpe im Normalbetrieb möglichst nahe am höchsten Wirkungsgrad eingesetzt wird: einerseits, um eine möglichst hohe Energieeffizienz zu erreichen, andererseits aus hydro-mechanischen Gründen. Der Betrieb entfernt vom BEP verursacht Rückströmungen, Wirbel und Turbulenzen in der Pumpe und der unmittelbar angeschlossenen Saug- und Druckleitung. Das führt nicht nur zu einem erhöhten Energiebedarf, sondern kann auch Störungen und Schäden durch Kavitation an der Pumpe verursachen.

Auslegung der Pumpe

Die Wasserversorgung pumpt üblicherweise das Trink­wasser über das Versorgungsnetz bis ins Reservoir. Das ­Reservoir bildet dabei die maximale Förderhöhe, die die Pumpe erreichen soll. Im Zusammenhang mit der Auslegung von Pumpen wird üblicherweise auf die Betriebssituation «Pumpen während der Nacht» fokussiert, da viele Versorgungen das Trinkwasser vorwiegend nachts zum Niedertarif fördern. Da viele Versorger heute den Strom direkt am Markt einkaufen, kann es sich lohnen, auch tagsüber zu fördern, was aber zu einer Verschiebung der Betriebspunkte der Pumpe führt, da ein Grossteil des Trinkwassers tags gar nicht bis zum Reservoir gelangt, sondern das Netz direkt speist, was in einer tieferen Förderhöhe resultiert und damit den Betriebspunkt der Pumpe verschiebt. Falls die Pumpe auch ausserhalb der Nacht betrieben werden soll, muss das entsprechend bei der Auslegung zwingend berücksichtigt werden.

Strompreis verändert Pumpbetrieb

Mit dem Ausbau der Erneuerbaren wie Solar- und Windkraft sind Energieversorger zunehmend mit einer Überproduktion während sonnenreichen oder windigen Tagen konfrontiert. Das führt dazu, dass der Strom insbesondere in den Sommermonaten tagsüber günstiger ist als nachts. Gleichzeitig stehen die Energieversorger vor der Herausforderung, die Netzstabilität zu gewährleisten. Sie müssen also jederzeit dafür sorgen, immer so viel Energie ins Netz einzuspeisen, wie verbraucht wird. Für Wasserversorger bedeutet das, dass die bisher gängige Praxis, nachts das Reservoir zu füllen, in Zukunft finanziell keinen Vorteil mehr bringt. Gleichzeitig können Wasserversorger die Energieversorger bei der Einhaltung der Netzstabilität unterstützen, indem sie ihre Pumpen dann einsetzen, wenn die Erneuerbaren viel Strom ins Netz speisen. Da die Pumpen beachtliche Energiemengen benötigen, können sie einen relevanten Beitrag an die Netzstabilität leisten. Das bedeutet aber, dass das Pumpwerk auf neue Betriebssituationen mit einer geringeren Förderhöhe für den Grossteil des Wassers ausgelegt werden muss. Es lohnt sich, diese Entwicklung bei einer Neuanschaffung von Pumpen zu berücksichtigen und den Kontakt mit dem lokalen Energieversorger zu suchen und mögliche Formen der Zusammenarbeit abzuklären.

Was tut der SVGW?

Im Ratgeber «Energie in der Wasserversorgung» (W15007) hat der SVGW die Grundlagen zu Energiekosten und Betriebsoptimierung beim Einsatz von Pumpsystemen bereits vor 20 Jahren dargestellt. Vor dem Hintergrund der wichtigen Rolle, die Pumpsysteme für die Wasserversorgung spielen, und der Tatsache, dass sich die Strompreise in Zukunft dynamischer entwickeln als bisher, hat der Vorstand die Geschäftsstelle mit der Ausarbeitung einer Richtlinie beauftragt. Die neue Richtlinie W7 zu «Pumpsystemen in Trinkwasserversorgungen» wird aktuell erarbeitet und geht voraussichtlich im Herbst in die Vernehmlassung. Sie vertieft dabei zentrale Aspekte wie die optimale Auslegung, das Vorgehen bei Ausschreibung sowie den effizienten Betrieb der Pumpanlagen und geht auf die Veränderungen im Strommarkt ein.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Wasserspiegel (Ausgabe 03/2024).

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