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04. Juli 2024

Gewässerrevitalisierung

Revitalisierung des Dorfbachs in Erlenbach

Mit der Aufwertung der Schifflände in Erlenbach hat das rechte Zürichseeufer einen naturnahen Erholungsort erhalten. Zuvor dominierte ein Parkplatz mit sanierungsbedürftiger Oberfläche die Schiffanlegestelle. Durch die Neugestaltung und dem Einsatz von Naturstein wurde sie zu einem Ort zum Verweilen. Der revitalisierte Dorfbach verläuft nicht länger zwischen Ufermauern, sondern hat seine natürliche Dynamik zurückgewonnen. Mit Wasserbausteinen und Totholzfaschinen wurde eine optimale Struktur für Fische geschaffen. Grosse Bäume und Sträucher entlang des Bachufers sorgen für Schatten, Sitzstufen machen den Bach für die Bevölkerung zugänglich und erlebbar.
André Meng 

Die Schifflände befindet sich im Zentrum von Erlenbach, einer Gemeinde am rechten Ufer des Zürichsees, und verbindet die Seestrasse mit dem See. Im Ausgangszustand bestand die Schifflände aus einem Parkplatz mit sanierungsbedürftiger Oberfläche, einem Aufenthaltsbereich am See sowie der Schiffanlegestelle. Der Dorfbach verlief zwischen beidseitigen Ufermauern hinter Hecken und war für die Bevölkerung kaum wahrnehmbar. Zudem bestand im Dorfbach ein Absturz, der die Längsvernetzung stark einschränkte. Die Schifflände hatte im Verlauf der Zeit an Attraktivität verloren und das Angebot an Ladenlokalen verlagerte sich stetig in Richtung Bahnhofstrasse.

Mehr Aufenthaltsqualität für Mensch und Natur

Eines der Legislaturziele 2014–2018 der Gemeinde war die Weiterentwicklung des Dorfzentrums und damit auch die Sanierung und Neugestaltung der Schifflände mit Revitalisierung des Dorfbachs. Im Rahmen des Projektes sollte zudem eine Lösung zur Umlegung der Mischabwasserkanalisation von der Sohle des Dorfbachs in die Strasse gefunden werden.

Bachrevitalisierung im dicht bebauten Gebiet

Die Projektentwicklung im dicht überbauten Gebiet erforderte eine enge Zusammenarbeit zwischen Wasserbaufachleuten, dem Landschaftsarchitekturbüro und der Gemeinde. Durch das Hinterfragen von Randbedingungen gemeinsam mit der Gemeinde konnte der Gestaltungsspielraum vergrössert werden: Die Anzahl Parkplätze wurde stärker reduziert als ursprünglich vorgesehen; und mit der Umsetzung einer Begegnungszone wurde der Raumbedarf für die Strasse reduziert, was Raum für die Gestaltung und Revitalisierung des Dorfbachs schuf. Dieser Gestaltungsspielraum wurde für die rechtsufrige Böschung maximal ausgenutzt, linksufrig blieb die Ufermauer aufgrund der Eigentumsverhältnisse und der nahen Bauten bestehen.

Aufgrund der Lage im Dorfkern gebührte der Erholungsnutzung – unter anderem während der jährlich stattfindenden «Chilbi» – in der Projektentwicklung eine besondere Bedeutung. Um Störungen in ökologisch besonders wertvollen Bereichen zu minimieren, wurden die Bereiche für den Menschen und die Natur sorgfältig entflechtet. Ein wesentliches Element dieser Entflechtung sind die Sitzstufen im Mündungsbereich, welche die Erholungsnutzung dort konzentrieren.

Die Wahl einer hochwertigen Materialisierung der Oberfläche mit Naturstein trug sowohl zur ästhetischen als auch zur ökologischen Aufwertung der Schifflände bei. Die Minimierung von Versiegelungen und die Verwendung durchlässiger Beläge, insbesondere im Bereich der Parkplätze, sowie die Entwässerung über die Schulter, schliesst im Sinne der Schwammstadt den natürlichen Wasserkreislauf. Der Ersatzneubau der Kanalisation unter der Seestrasse und einer Personenunterführung hindurch erlaubte die Aufhebung der in der Bachsohle verlaufenden Kanalisation und erhöhten damit den Gestaltungspielraum für die Strukturierung der Sohle.

Enge Zusammenarbeit für ökologische Aufwertung

Bei der baulichen Umsetzung der Revitalisierung des Dorfbachs erwiesen sich mehrere Faktoren als entscheidend für den Erfolg des Projekts. Dank der engen Einbindung des Fischereiaufsehers mit seinem Fachwissen und seiner Erfahrung konnten optimale Strukturen für Fische geschaffen werden. Das motivierte und lernbereite Team des Unternehmers, das Freude am gelungenen Gewässer hatte, trug massgeblich zur qualitativ hochwertigen Umsetzung bei. Auch die Gemeinde hatte mit ihrer wertschätzenden Art in der Zusammenarbeit einen entscheidenden Anteil am guten Gelingen.

Ein weiterer Erfolgsfaktor war die flexible Platzierung der Strukturelemente wie Wasserbausteine und Totholzfaschinen entlang des Bachlaufes, abgestimmt auf die Gegebenheiten vor Ort. Dadurch wurden zusätzliche Strukturen und Fischunterstände genau dort geschaffen, wo sie aufgrund der natürlichen Dynamik des Gewässers frei bleiben und nicht eingekiest werden. Der Fokus für die Schaffung von Deckungsstrukturen lag deshalb auf Aussenkurven und auf den Kolkbereichen der Schwellen, die den hohen Absturz in mehrere kleine Abstürze unterteilen und so die Längsvernetzung ermöglichen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Pflanzung von ausreichend grossen Bäumen und Sträuchern entlang des Bachufers. Durch diese Massnahme wurde von Anfang an eine Beschattung des Gewässers erreicht, was sowohl für die Ökologie als auch für die gestalterische Qualität des Projekts von Vorteil war.

Ein Ort zum Verweilen und Flanieren

Die aufgewertete Schifflände wird von der Bevölkerung rege genutzt. Besonders geschätzt wird der fliessende Übergang vom Strassen- und Platzbereich in Richtung Dorfbach und Zürichsee mittels Sitzstufen, welche das Wasser zugänglich und erlebbar machen.

Auch das Gerinne des Dorfbachs hat sich nach mehreren kleinen und mittleren Hochwasserereignissen gut entwickelt. Die eingebauten Strukturen und Unterstände zeigen eine gute Wirkung. Unterhalb der Schwellen bestehen tiefe Kolke mit Deckungsstrukturen. Stellenweise hat der Dorfbach die Sohle dynamisch umgelagert und neue Strukturen geschaffen. An der Böschung besteht eine vielfältige Vegetation mit Bäumen und Sträuchern, die Schatten spenden und zu einem angenehmen Mikroklima beitragen.

In KĂĽrze

Das Projekt besteht aus folgenden Teilen:

  • Neugestaltung Strassenraum Schifflände zwischen Seestrasse und ZĂĽrichsee inkl. Sanierung Seeufermauer.
  • Revitalisierung Dorfbach entlang der Schifflände; Integration in die Neugestaltung des Strassenraums; Schaffung Zugänglichkeit zum Wasser. Die rechtsseitige Ufermauer wurde durch eine naturnah gestaltete Böschung ersetzt. Die Gerinnesohle strukturiert und die Längsvernetzung verbessert.
  • Ersatzneubau Zulaufkanal ab Dorfstrasse zum Regenbecken/Abwasserpumpwerk Schifflände mit Microtunneling unter der Seestrasse; Aufhebung des Abwasserkanals in der Dorfbachsohle.
A&G-Serie ĂĽber erfolgreiche Revitalisierungsprojekte

Durch eine Revitalisierung können Bäche, Flüsse und Seen ihre ökologischen Funktionen wieder wahrnehmen. Davon profitieren die Artenvielfalt der Schweiz, die Naherholung wie auch der Hochwasserschutz. Über den Zeitraum von 80 Jahren soll ein Viertel der rund 16'000 km verbauten Gewässer auf diese Weise aufgewertet werden.

In einer lockeren Aqua & Gas-Serie stellen Wasser-Agenda 21 und der VSA bereits abgeschlossene Revitalisierungsprojekte vor.

www.plattform-renaturierung.ch

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