Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind schwer abbaubare Chemikalien, die aufgrund ihrer technologischen Eigenschaften seit Jahrzehnten in vielen Industrieprozessen und Konsumprodukten eingesetzt werden. Einige PFAS stehen im Verdacht, die Wirksamkeit von Impfungen zu verringern und negative gesundheitliche Auswirkungen auf die Leber, die Nieren oder auf das Geburtsgewicht zu haben. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im Jahr 2020 Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und Perfluornonansäure (PFNA) toxikologisch neu beurteilt und als besonders kritisch eingestuft [1]. Diverse Substanzen, darunter PFOS, PFHxS und PFOA, sind bereits verboten oder streng reguliert [2].
Messungen von PFAS im Schweizer Trink- und Grundwasser zeigen keine flächendeckende Belastung, wenn von Trifluoressigsäure abgesehen wird, sondern viele lokal begrenzte Befunde. Die Ursachen für hohe Befunde sind nur teilweise bekannt wie z. B. der Einfluss von Siedlung, Abwasserreinigungsanlagen, Deponien, Galvanikindustrie, Altlastenstandorte oder Feuer-löschübungsplätze [3, 4].
In Fischen reichern sich die PFAS im Muskelgewebe und den Innereien an. Untersuchungen zur PFAS-Belastung von Fischen in Gewässern aus Deutschland und der Schweiz zeigen sehr unterschiedliche PFAS-Gehalte zwischen weniger als 0,05 µg/kg und über 1000 µg/kg [5, 6].
Das Ziel der Studie war es, die PFAS-Belastung von wildlebenden Fischen in FlĂĽssen beider Basel zu ermitteln.
Seit 2023 gelten in der Europäischen Union (EU) neue Höchstwerte für PFAS in bestimmten Lebensmitteln. Seit dem 1. Februar 2024 gelten diese auch in der Schweiz [7]. Für die vier toxikologisch bewerteten PFAS sowie die Summe dieser vier PFAS wurden in der Kontaminantenverordnung (VHK) für verschiedene Lebensmittel Höchstwerte definiert. Aufgrund von Risikomanagementüberlegungen gelten je nach Fischart unterschiedliche Höchstwerte (Tab. 1).
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PFOS |
PFOA |
PFHxS |
PFNA |
Summe PFOA, PFOS, |
Muskelfleisch von Fisch, z. B. Alet |
2 | 0.2 | 0.2 | 0.5 | 2 |
Muskelfleisch von Fisch, z. B. Bachforelle (wild) |
7 | 1 | 0.2 | 2.5 | 8 |
Muskelfleisch von Fisch, z. B. Barbe |
35 | 8 | 1.5 | 8 | 45 |
Das Lebensmittelgesetz und damit die Höchstwerte der VHK gelten nur für Fische, die kommerziell angeboten werden. Fische, die von Freizeitanglern zum eigenen Verzehr gefangen werden, fallen nicht darunter. Obwohl die Höchstwerte formell keine Gültigkeit haben, werden sie in dieser Studie als Beurteilungsgrundlage hinzugezogen.
Ziel war es, Fische aus den wichtigsten Gewässern und beliebtesten Fangstellen in der Region zu beproben. In Baselbieter Flüssen waren es Bachforellen, da sie im Kanton Basel-Landschaft überwiegend zum Eigenverzehr gefangen werden [8]. Im Rhein wurden Barben erhoben und in der Wiese sowie im Weilmühleteich (Kanton Basel-Stadt) Alet, da diese in den Gewässerabschnitten am häufigsten entnommen werden. Die Fangstellen für die Bachforellen und die Gewässerabschnitte für die Alet sind durch Barrieren wie Wasserfälle voneinander getrennt, welche die Fischwanderung flussaufwärts verhindern. Der Lebensraum der gefangenen Barben im Rhein umfasst einen grösseren Gewässerabschnitt zwischen den Kraftwerken Birsfelden und Augst. Figur 1 zeigt die beprobten Gewässer, Fangstellen und Fischwanderbarrieren. Um eine statistisch robuste Aussage über eine Fangstelle oder einen Flussabschnitt machen zu können, wurden jeweils zehn Fische pro Fangstelle respektive Flussabschnitt erhoben, analog zum Probenahmeverfahren in Deutschland [9].
Von April bis Mai 2024 wurden 87 Bachforellen mittels Elektrofanggerät und zehn Barben mittels Reusen aus zehn Fangstellen im Kanton Basel-Landschaft gefangen. Im Juli 2024 wurden zehn Alet im Kanton Basel-Stadt mittels Elektrofanggerät gefangen.
Die PFAS-Analysen im Muskelfleisch der Fische wurden im Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen Basel-Landschaft mittels Flüssigchromatographie gekoppelt an die Tandem-Massenspektrometrie durchgeführt. Mit der Methode können 30 PFAS mit einer Bestimmungsgrenze von 0,05 µg/kg gemessen werden. Für Perfluorbutansäure wird eine Bestimmungsgrenze von 0,25 µg/kg erreicht. Die Methode richtet sich nach dem Guidance Document der EU [10]. Alter, Grösse und Gewicht von Bachforellen und Barben wurden vom Amt für Wald beider Basel ermittelt, die Kennzahlen der Alet vom Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt.
In Figur 2 sind die Anzahl Proben pro Substanz mit Nachweis über der Bestimmungsgrenze aufgetragen. In allen 107 Proben wurden PFOS und Perfluortetradecansäure (PFTeDA) detektiert. 20 der 30 untersuchten Substanzen wurden mindestens einmal über der Bestimmungsgrenze nachgewiesen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um langkettige Perfluorcarbonsäuren (C10 – C14). Vereinzelt wurden Vorläufer- respektive Ersatzprodukte der perfluorierten Carbon- und Sulfonsäuren gefunden. PFOA wurde in keiner Probe detektiert. PFHxS und PFNA wurden in etwa der Hälfte der Proben nachgewiesen (Fig. 2).
In Figur 3 sind die durchschnittlichen Gehalte der gefundenen PFAS pro Fangstelle abgebildet. Um die Ergebnisse übersichtlicher darzustellen, wurden PFOS, Perfluordecansäure (PFDA), Perfluorundecansäure (PFUnA), Perfluordodecansäure (PFDoA), Perfluortridecansäure (PFTrDA) und PFTeDA einzeln abgebildet. Alle übrigen Substanzen wurden aufsummiert als «übrige» angegeben. PFOS ist mit Abstand die dominierende Substanz und wurde in Konzentrationen zwischen 0,49 bis 18 µg/kg detektiert. PFNA und PFHxS (beide ebenfalls von der EFSA bewertet) wiesen deutlich tiefere Gehalte von maximal 0,13 resp. 0,20 µg/kg auf. PFTeDA und PFDoDA wurden in Konzentrationen von 0,06 bis 4,9 resp. 3,7 µg/kg gefunden. Die PFAS-Gehalte der einzelnen Fische variieren sowohl innerhalb einer Fangstelle von Fisch zu Fisch als auch zwischen den Fangstellen sehr stark (Fig. 4). Diese grosse Variabilität erschwert den Vergleich der einzelnen Fangstellen sowie das Ableiten von Schlussfolgerungen bezüglich PFAS-Quellen anhand der Substanzmuster. Des Weiteren ist weder beim Alter, beim Gewicht, noch bei der Fischlänge ein eindeutiger Zusammenhang mit den PFAS-Gehalten ersichtlich. Es scheint, als ob die individuellen Faktoren des einzelnen Fisches (z. B. Aufenthaltsort, Ernährungsverhalten, unterschiedliches Wachstum in Länge und/oder Gewicht etc.) einen enormen Einfluss auf die PFAS-Gehalte im Muskelfleisch haben.
Die Untersuchung vom Flusswasser der Fangstellen war nicht Ziel dieser Studie. Vorhandene Daten von Stichproben aus mehreren Jahren lassen keinen Zusammenhang der PFAS-Gehalte im jeweiligen Gewässerabschnitt oder im Abwasser von ARA-Einleitungen und dem PFAS-Gehalt in den Fischen erkennen. Es ist allerdings bekannt, dass einige Flüsse einen signifikanten Anteil an gereinigtem PFAS-belastetem ARA-Abwasser enthalten [11].
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Die Höchstwerte der Lebensmittelgesetzgebung finden bei Fischen, die für den privaten Gebrauch geangelt werden, keine Anwendung. Dennoch wurden die Höchstwerte für die Bewertung der Resultate hinzugezogen (Tab. 1). Die Höchstwerte für PFOA, PFNA und PFHxS werden in keiner Probe überschritten. Für die Beurteilung der Fische ist im Wesentlichen der PFOS-Gehalt entscheidend. Er liegt in 13 Proben über dem Höchstwert (davon neun Bachforellen und vier Alet). Somit dürfte jeder achte gefangene Fisch aus dieser Studie nicht verkauft werden. Der Höchstwert für die Summe von PFOA, PFOS, PFHxS und PFNA wird in neun Proben überschritten (fünf Bachforellen und vier Alet). In Figur 4 sind die Einzelwerte der Summe von PFOA, PFOS, PFHxS und PFNA pro Fangstelle im Vergleich zu den Höchstwerten grafisch dargestellt. Die Messunsicherheit der verwendeten Methode beträgt 25%. Bei Messwerten innerhalb von 25% vom jeweiligen Höchstwert kann nicht beurteilt werden, ob der Höchstwert über- oder unterschritten ist. Dies trifft auf etwa die Hälfte der Bachforellen zu sowie auf zwei von zehn Alet. Des Weiteren ist die untersuchte Fischart für die lebensmittelrechtliche Beurteilung ausschlaggebend, da je nach Art verschiedene Höchstwerte gelten.
Beim Vergleich der gemessenen PFAS-Gehalte mit Resultaten aus anderen Gewässern in der Schweiz und Deutschland fällt auf, dass die PFAS-Konzentrationen in Fischen aus Flüssen häufig höher sind als in Fischen aus Seen [6, 12–18].
Bei Bachforellen aus Flüssen in Bayernwurden mittlere PFOS-Gehalte von 9,4 µg/kg detektiert (n = 66), bei denjenigen aus Flüssen des Kantons St. Gallen 13 µg/kg(n = 45). Im Wallis wurden in Bachforellen aus einem Kanal über 100 µg/kg PFOS gefunden (n = 98), so dass ein Fischereiverbot ausgesprochen werden musste. Hingegen wiesen Bachforellen aus anderen Flüssen im Wallis mittlere PFOS-Gehalte von 0,3 µg/kg auf (n = 12).
Messungen von Fischen im Bodensee zeigten, dass die mittleren PFOS-Gehalte der Bachforellen zwei Jahre nach einem Schadensfall signifikant zurückgegangen sind: von 10 µg/kg (2020, n = 110) auf 5,4 µg/kg (2022, n = 140).
In Oberengadiner Seen wurden mittlere PFOS-Gehalte zwischen 0,6 und 1,0 µg/kgPFOS in Bachforellen (n = 70) detektiert. In Bachforellen aus verschiedenen Schweizer Seen wurden zwischen 0,01 und 157 µg/kg PFOS gefunden, im Mittel 3,58 µg/kg (n = 131).
Die PFOS-Gehalte der Fische aus dieser Studie mit einem Median von 5,7 µg/kg sind mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen vergleichbar.
Aufgrund der ermittelten PFAS-Gehalte empfehlen die kantonalen Fachstellen beider Basel den Freizeitanglern, den Konsum von selbst gefangenem Fisch aus FlĂĽssen beider Basel zu reduzieren. Basierend auf den durchschnittlichen PFAS-Gehalten und aus toxikologischen Ăśberlegungen wird empfohlen, maximal einmal pro Monat Fisch aus FlĂĽssen beider Basel zu verzehren [19].
In allen wildlebenden Fischen aus Flüssen beider Basel konnten PFAS nachgewiesen werden. Die PFAS-Gehalte sind so hoch, dass etwa jeder achte Fisch nicht verkauft werden dürfte. Das Lebensmittelgesetz kann formell jedoch nicht angewendet werden, da die wildlebenden Fische nur für den Eigenverbrauch gefangen werden. Die Fischer sollten beim Verzehr dennoch eine mögliche PFAS-Kontamination der Fische bedenken und ihren Konsum von selbstgefangenem Fisch aus Flüssen beider Basel reduzieren.
Die Ursachen für die PFAS-Gehalte in den Bachforellen, Barben und Alet sind grösstenteils unklar. Aufgrund der vielfältigen technischen Anwendung der PFAS in der Industrie, der breiten Verwendung in der Gesellschaft und dem häufigen Vorkommen in der Umwelt, stellt die Ursachenforschung eine grosse Herausforderung dar.
PFAS werden auch in Zukunft in wildlebenden Fischen nachweisbar sein. Um die Konzentrationen von PFAS nachhaltig zu senken, sind Massnahmen an der Quelle gefordert. Die EU prĂĽft derzeit ein Verbot der gesamten Chemikaliengruppe der PFAS. Die Ăśbernahme der EU-Regelungen wird auch in der Schweiz geprĂĽft. Weil die Substanzen in der Umwelt extrem stabil sind, wird es jedoch noch Jahrzehnte dauern, bis PFAS ganz verschwinden.
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[1] EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (2020): Risk to human health related to the presence of perfluoroalkyl substances in food. EFSA Joural 2020;18(9):6223
[2] Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV, SR 814.81, vom 18. Mai 2005, Stand am 15. Oktober 2024
[3] Meier, S. et al. (2024): Trinkwasserqualität bezüglich der PFAS-Rückstände. Eine Kampagne des VKCS. Aqua & Gas 3
[4] Bundesamt fĂĽr Umwelt (2021): Nationale Grundwasserbeorbachtung NAQUA: PFAS im Grundwasser. Â
[5] ‹Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRS) (2011): Fachbericht 34. Verbreitung von PFT in der Umwelt, Ursachen, Untersuchungsstrategien, Ergebnisse, Massnahmen. ISSN: 1864–3930 LANUV-Fachberichte
[6] Jaus, A. et al. (2023): Trace Level Analysis of Per- and Polyfluorinated Substances in Fish from Various Regions in Switzerland. Toxics, 11, 909
[7] Verordnung des Eidgenössischen Department des Inneren über die Höchstgehalte für Kontaminanten (VHK) vom 16.12.2016, Stand 01.02.2024
[8] Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Kanton Basel-Landschaft (2023): Fischfangstatistik, nach Gemeinde und Gewässer 2023.Â
[9] Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRS) Fachbericht 34 (2011): Verbreitung von PFT in der Umwelt, Ursachen, Untersuchungsstrategien, Ergebnisse, Massnahmen. ISSN: 1864–3930
[10] European Union Reference Laboratory for halogenated POPs in Feed and Food (2022): Guidance Document on Analytical Parameters for the Determination of Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS) in Food and Feed V1.2
[11] Amt für Umweltschutz und Energie Basel-Landschaft (2024): Zustandsbericht Grundwasserqualität 2024 – Auswertung Grundwasserdaten 2010 bis 2022 des Kantons Basel-Landschaft
[12] Bayerisches Landesamt fĂĽr Umwelt (2023): Ergebnisse des bayerischen Fischschadstoffmonitorings aus den Jahren 2012 bis 2022, PFAS in Fischmuskulatur.Â
[13] Kanton Wallis, Dienststelle fĂĽr Umwelt, Dienststelle fĂĽr Jagdt, Fischerei und Wildtiere (2023): PFAS-Verschmutzung – Die Fischerei im Stockalperkanal wird verboten.Â
[14] Wüthrich, J. et al. (2022): PFAS-Belastung im Kanton St. Gallen, Erste Erkenntnisse in Fliessgewässern, Fischen und Abwasser. Aqua&Gas 12 S. 2–10
[15] Riemenschneider, C. et al. (2020): Nachweis von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) in Fischen aus dem Bodensee – Ergebnisse eines Untersuchungsprogramms aus dem Jahr 2020. CVUA Freiburg
[16] Muzyka, A.; Riemenschneider, C. (2022): Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in Bodenseefischen – ein Schadensfall in 2021 und Höchstgehalte seit 2023. CVUA Freiburg
[17] Schmid, D. et al. (2022): Schlussbericht PFAS Analysen Oberengadin, Kanton GraubĂĽnden
[18] Soudani, M. et al. (2024): Determination of per- and polyfluoroalkyl substances (PFAS) in six different fish species from Swiss lakes. Analytical and Bioanalytical Chemistry 416: 6377–6386
[19] Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft (2024): Medienmitteilung vom 24.09.24. Chemikalie PFAS in Fischen.
Vielen Dank an Patrick Schneider vom Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen Basel-Landschaft für die Analysen und die Mithilfe bei der Probenahme, Michel Bick vom Amt für Wald beider Basel, Pascal Tschamper und Nick Marksteiner vom Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt für die Durchführung der Probenahme, Holger Stockhausen vom Amt für Wald beider Basel und Yves Parrat vom Kantonalen Labor Basel-Stadt für konstruktive Diskussionsbeiträge, Adrian Auckenthaler und Marlen Ursella vom Amt für Umweltschutz und Energie Basel-Landschaft für die Unterstützung bei Fragen zu Gewässerdaten.
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