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02. Juli 2024

Wasserstoff-Tagung

Gestern noch hypothetisch, heute schon konkret

Was vor zwei Jahren noch hypothetisch besprochen wurde, nahm an der diesjährigen Wasserstofftagung in Biel wesentlich konkretere Formen an. So wurden in- wie ausländische Hâ‚‚-Projekte in fortgeschrittener Umsetzungsphase vorgestellt. Und auch wenn die grosse Frage, wann und zu welchem Preis Wasserstoff die Schweiz erreichen wird, noch immer offen ist, sendet die Transitgas AG als Mitglied der Initiative «European Hydrogen Backbone» (EHB) starke und ermutigende Signale.

«Veränderungen begünstigen nur den, der darauf vorbereitet ist.» Das Louis Pasteur zugeschriebene Zitat könnte auch erst kürzlich formuliert worden sein, so gut passt es in diese historische Zeit des Wandels. Die gut 110 Teilnehmenden der mittlerweile dritten Wasserstofftagung des SVGW, moderiert von Diego Modolell, Bereichsleiter Gas/Fernwärme, wollen gut vorbereitet und informiert sein, was Wasserstoff anbelangt. Die Vorträge gaben denn auch aussagekräftige Indikatoren, wie weit man in Europa und hierzulande ist.

Hâ‚‚-Trendsetter Deutschland mag mit seinem beschlossenen Wasserstoff-Kernnetz der Schweiz mehr als einen Schritt voraus sein, aber den Anschluss verpassen will die Schweiz trotzdem nicht. Dies machten die Referate von Boris Krey, Ennio Sinigaglia, Ronald Hagger sowie von Bettina Bordenet und Matthias Hafner mehr als sehr deutlich.

Von national ...

Boris Krey, VSG, skizzierte die erste Auslegeordnung der Strategie Wasserstoff in der Schweiz. Er verwies auf unsere existierende Transportinfrastruktur, die uns zu einem wichtigen Partner für die Nachbarländer macht, und zeigte die Relevanz einer Schweizer Anschlussleitung an das europäische Wasserstoff-Hauptnetz auf. Krey zog folgendes Fazit:

  • Wasserstoff als Teil des Energie- und Wirtschaftssystems denken
  • Angebot und Nachfrage gemeinsam entwickeln (Gasversorger und Industrie)
  • Infrastruktur planen und aufbauen
  • Handel und Wettbewerbsfähigkeit
  • Rechtsunsicherheit reduzieren durch technische Standards und Regulierung


Mit Ennio Sinigaglia, CEO Transitgas AG, betrat ein Mann die Bühne, dem der Anschluss an den EHB sichtlich am Herzen liegt. Er gab einen Einblick in die technischen Schwierigkeiten, die eine Verlegung einer H₂-Leitung im bestehenden Transitgasstollen mit sich bringt. Es gibt drei Verlegungsmöglichkeiten. Alle drei sind mit einer Erweiterung der bestehenden Stollen verbunden. Zu beachten sind folgende Kriterien: Minimieren der Bauarbeiten, Maximieren des Leitungsdurchmessers, Sicherheitsaspekte, verschiedenen Verlegungsmethoden und Geräte. In einer Studie wurde die Verlegung einer H₂-Leitung von 18’’ auf der Tunnelbodenplatte mit 1,2 m Abstand zur Erdgasleitung am besten bewertet. Allerdings braucht es für den Sörenbergstollen, der nicht verbreitert werden kann, noch eine Lösung resp. Abklärung durch das Eidg. Rohrleitungsinspektorat.

Analog zu den beiden Initiativen Ready4H2, vorgestellt von Barbara Jinks, und H2vorOrt wird aktuell die «Initiative Netztransformationsplan Erneuerbare Gase» (NEG) in der Schweiz lanciert. Ronald Hagger, Energie 360° AG, erklärte, welche Vorteile dieses Gemeinschaftsprojekt den Gasnetzbetreibern bietet.
Während das Gas-Regelwerk für methan- wie auch wasserstoffreiche Gase die sichere und nachhaltige Planung sowie Bau und Betrieb von Gasinfrastrukturen im Fokus haben, unterstützen Normen die Einführung neuer H₂-Technologien. Bettina Bordenet und Matthias Hafner, beide SVGW, machten eine fulminante Tour d’Horizon durch zu bearbeitende und geplante Richtlinien des SVGW bezüglich H₂ und durch die Welt der internationalen, europäischen und nationalen Normengremien zu H₂.

... zu regional ...

Auch was Projekte in Umsetzung anbelangt, kann sich die Schweiz zeigen lassen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über ein H₂-Projekt im Inland berichtet wird. So zum Beispiel das geplante Wasserstoffnetz in Basel, das Sven König von der IWB vorstellte.

Oder die Erfahrungen, die Gaznat SA aktuell mit Wasserstoff im Innovation Lab macht, wie auch die Studien zur Hâ‚‚-Lagerung in Felskavernen, die Gaznat bereits seit 2008 vorantreibt, wie von Dominique Luisier zu erfahren war.

Prof. Markus Friedl von der Fachhochschule Ostschweiz OST umriss in seinem Referat, was sich in der Bodenseeregion tut. Einerseits habe man Wasserstoff als wichtigen Energieträger und Rohstoff erkannt, sehe aber auch das Potenzial von Wasserstoff-Technologien als Exportprodukt. Vordergründiges Ziel sei es, nach dem Vorbild von Basel ein Netzwerk aus Produzenten, Transporteuren, Verbrauchern sowie Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Verbänden zu etablieren.

... bis international

Viel Konkretes war auch von zwei Referenten aus dem nahen Ausland zu erfahren: So stellte Julien Frey von R-GDS (Réseaux Gaz naturel Strasbourg) die H₂-Test- und Schulungsplattform R-hyfie vor. Auf einer Gesamtfläche von 8000 m² umfasst die Plattform sechs Werkstätten. Die erste dient der Gaslagerung, -mischung und -einspeisung. Sie ist der Ausgangspunkt, von dem alle Anlagen über ein unterirdisches Netz von fast 600 m Stahl- und Polyethylen-Gasleitungen mit reinem oder gemischtem Methan- und Wasserstoffgas versorgt werden. Ziel ist, die technischen Parameter der Wasserstoffeinspeisung und der Gasqualität jederzeit und überall zu beherrschen und die Mitarbeitenden entsprechend zu schulen.

Leonie Meyer von badenovaNetze machte die Anwesenden darauf aufmerksam, dass das eingangs erwähnte Wasserstoff-Kernnetz zwar knapp 10 000 km lang wird, aber den Südwesten Deutschlands nicht erreicht – dies trotz einiger Abnahmeschwerpunkte. Umso wichtiger sei es für die Region, Zugang zu einem H₂-Netzwerk zu finden, was den Aufbau einer leitungsgebundenen Infrastruktur bedeutet. Unter dem Projektnamen RHYn Interco macht sich badenovaNetze zusammen mit Partnern auf den Weg zum Wasserstoff-Netzanschluss. Machbarkeitsanalysen bilden dabei den Auftakt. Bei H2@Hydro, einem weiteren Projekt, steht sowohl der Zugang zu einem H₂-Netzwerk, als auch die Errichtung einer Erzeugungsanlage im Zentrum. Meyer betonte, dass der H₂-Markthochlauf kein Verteilnetzbetreiber allein schafft. Um einen Netzanschluss umzusetzen, sei eine Zusammenarbeit mit allen Playern des Marktes nötig.

Ank

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