Kurz nachdem bekannt wurde, dass fünf Landwirtschaftsbetriebe im Kanton St. Gallen ihr Rindfleisch wegen zu hoher PFAS-Belastungen nicht verkaufen dürfen, forderte Bauernverbandspräsident Markus Ritter im Radio SRF finanzielle Entschädigungen für diese Betriebe. Der Kanton vermutet, dass über Klärschlamm, der bis 2006 als Dünger auf den Feldern ausgebracht wurde, die PFAS in die Böden gelangt sind. Der Bauernverband argumentiert, dass die Landwirtschaftsbetriebe nicht für die Verschmutzungen verantwortlich seien. Es müsse nun eruiert werden, woher diese Einträge stammten. Sollte der Klärschlamm dafür verantwortlich sein, so seien die ARAs in der Pflicht, Entschädigungen zu zahlen.
Das klingt stark nach Verursacherprinzip und man fragt sich: Wie gehen wir mit Umweltverschmutzungen um und wer trägt letztendlich die Verantwortung? Während der Bauernverband im Fall der PFAS-Belastung auf das Verursacherprinzip verweist, zeigt sich in anderen Bereichen wie der Verunreinigung des Grundwassers mit Abbauprodukten von Pflanzenschutzmitteln und Nitrat ein anderes Bild. Nicht nur wehrt sich der Bauernverband seit Jahren erfolgreich gegen Absenkpfade für Stickstoff- und Phosphatverluste in der Landwirtschaft. Er will in diesem Fall auch nichts vom Verursacherprinzip wissen, obwohl die intensive Landwirtschaft nachweislich zur Hauptsache für die Nitratverschmutzung des Grundwassers verantwortlich ist. Sind PFAS im Rindfleisch, sollen also die ARAs als Verursacher – und damit letztlich die Bürgerinnen und Bürger – zahlen. Den finanziellen Schaden, der bei der Wasserversorgung entsteht, wenn sie Pestizidrückstände und Nitrat aus dem Grundwasser entfernen muss, sollen dann aber nicht die Verursacher Entschädigungen leisten. Vielmehr sollen wiederum die Konsumentinnen und Konsumenten über den Wasserpreis dafür aufkommen, dass die Wasserversorgung qualitativ einwandfreies Trinkwasser an die Bevölkerung abgeben kann.
Wenn es um die Wurst geht, fordert der Bauernverband umgehend Massnahmen und will die Verantwortlichen zur Kasse bitten, da es ja um die Existenz von Bauernfamilien gehe. Beim Trinkwasser hingegen, werden Massnahmen auf die lange Bank geschoben und es wird argumentiert, die Landwirtschaft tue schon genug, obwohl es um die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten geht. Der Bauernverband spielt eine wichtige Rolle im Diskurs über die Zukunft der Landwirtschaft. Es ist zu hoffen, dass die Belastung der Böden mit PFAS dazu beiträgt, dass er den Schutz unserer natürlichen Ressourcen stärker in den Fokus rückt, damit wir in der Schweiz auch in Zukunft Lebensmittel – inklusiv dem wichtigsten Lebensmittel «Trinkwasser» – produzieren können. Der SVGW bietet Hand für Lösungen, gerade weil es jetzt tatsächlich um die Wurst geht. Es braucht aber die Einsicht, dass dabei nicht der Schutz von Partikularinteressen, sondern der Schutz unserer Ressourcen im Vordergrund stehen muss.
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von synthetischen Chemikalien, die aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in vielen Alltagsprodukten und industriellen Anwendungen verwendet werden. Sie bestehen aus Kohlenstoff- und Fluoratomen, was sie besonders stabil und schwer abbaubar macht. Aus diesem Grund werden sie auch als «Forever Chemicals» bezeichnet, da sie in der Umwelt und im menschlichen Körper sehr lange bestehen bleiben können. Einige PFAS-Verbindungen stehen im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein, da sie mit Krankheiten wie Krebs, Schilddrüsenerkrankungen, Leberschäden und Fortpflanzungsstörungen in Verbindung gebracht wurden. Aufgrund dieser Bedenken werden PFAS zunehmend reguliert, und es wird an Alternativen geforscht, um die Umweltbelastung zu verringern.
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