Wie sieht es mit den Vorbereitungslehrgängen bzw. den Berufsprüfungen zum Brunnenmeister aus? Wie viele Personen nehmen in der Schweiz daran teil?
Die eidgenössischen Berufsprüfungen Brunnenmeister und die vorbereitenden Lehrgänge werden in drei Sprachregionen der Schweiz angeboten. In der Regel absolvieren in der Deutschschweiz jährlich vierzig Kandidaten die Berufsprüfung, in der Romandie und im Tessin sind es alle 2 Jahre um die 20. Insbesondere in der Deutschschweiz ist seit zwei Jahren ein starker Anstieg der Nachfrage zu beobachten, der mit den bestehenden Strukturen – begrenzte Anzahl Referenten und Prüfungsexperten, lange Prüfungszeiten – kaum gedeckt werden kann, so dass es aktuell zu Wartefristen von bis zu zwei Jahren kommt.
Wie ist dieser Anstieg zu erklären?
Einerseits ist ein Generationenwechsel zu verzeichnen – Brunnenmeister mit eidg. Fachausweis der ersten Stunde gehen in Pension und es werden Nachfolger gesucht. Viele Versorgungen achten heute aber auch bereits bei der Einstellung ihrer Leute auf den Fachausweis oder drängen auf seinen schnellen Erwerb. Andererseits ist je nach Kanton diesbezüglich auch der Druck der kantonalen Trinkwasserinspektoren spürbar, denn der Bereich Trinkwasser ist in der Öffentlichkeit ein hochsensibles Thema.
Und wie ist die Situation bei den Rohrnetzmonteuren?
Normalerweise absolvieren in der Deutschschweiz jährlich etwa 30 bis maximal 40 Kandidaten die eidgenössische Berufsprüfung zum Rohrnetzmonteur, in den letzten zwei Jahren hat sich die Anzahl Absolventen jedoch bei knapp 30 eingependelt. Das ist einerseits damit zu begründen, dass der vorübergehend hohe Nachholbedarf gedeckt ist und die Nachfrage nun den normalen Fluktuationen entspricht. Andererseits ist aber auch – insbesondere im grenznahen Raum – zu beobachten, dass vermehrt deutsche Arbeitskräfte zum Einsatz gelangen, die über einen nationalen Berufsabschluss im Rohrleitungsbau verfügen. In der Romandie sind es alle zwei Jahre rund zwanzig Personen. Im Tessin wird die Prüfung mangels Nachfrage derzeit noch nicht durchgeführt, hingegen wird der Rohrverleger in italienischer Sprache angeboten.
Wird da im Ausland, zum Beispiel in Deutschland, mehr getan?
In Deutschland wird nicht nur eine Berufslehre im Rohrleitungsbau angeboten, sondern auch eine höhere Ausbildung zum Netzmeister im Bereich Gas, Wasser oder Fernwärme. Viele Netzverantwortliche von Schweizer Gas- und Wasserversorgern haben diese Ausbildung nun in Deutschland absolviert, da sie in der Schweiz nicht angeboten wird. Der Wunsch nach einer Berufslehre Rohrnetzmonteur taucht in der Schweiz in regelmässigen Abständen immer wieder auf und wurde vom SVGW vor Jahren beim damaligen BBT, dem aktuellen Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, dem SBFI, eingebracht, jedoch abgelehnt. Auch heute hätte ein Gesuch in dieser Richtung beim SBFI keine grosse Chance. Die zu erwartende Anzahl Lernender wäre für einen neuen Beruf zu gering.
Heute kommen die Rohrnetzmonteure und Brunnenmeister aus verwandten Berufen und absolvieren eine Zusatzausbildung?
Genau! Etwa 60 Prozent der Absolventinnen und Absolventen bringen einen eidgenössischen Fähigkeitsausweis (EFZ) aus den Sanitärberufen mit. Und etwa 20 Prozent absolvieren später noch die Ausbildung zum Brunnenmeister mit eidgenössischen Fachausweis.
Und wie steht es bei der Fernwärme?
Hier steht derzeit zur Debatte, ob und mit welchen Kompetenzen in Zukunft allenfalls der Bau, Betrieb und Unterhalt von Fernwärmenetzen zum Berufsbild eines Rohrnetzmonteurs gehören soll oder als optionale Zusatzausbildung abgedeckt werden könnte. Die Diskussion darüber wird aktuell sowohl von der Prüfungskommission Rohrnetzmonteure als auch im Projektausschuss Fernwärme des SVGW geführt.
Gibt es Prognosen für die Berufe des Rohrnetzmonteurs bzw. Brunnenmeisters? Wie sieht ihre Zukunft aus?
Wir rechnen mit einer anhaltend grossen Nachfrage nach diesen Berufsleuten und den eidgenössischen Fachausweisen dieser Berufe. Im Rahmen des Revisionsprozesses der beiden Berufe haben sich Mitte September zahlreiche Branchenexperten in einem ersten Workshop unter anderem mit dem Thema Zukunft auseinandergesetzt, aktuelle Entwicklungen analysiert und künftige Anforderungen an die beiden Berufe formuliert: Ein erster wichtiger Schritt in Richtung neue Berufsbilder also, die bis Mitte 2019 vorliegen sollten.
Thomas Rotach ist diplomierter Geograf. Er arbeitete im Bereich Training, Personal- und Organisationsentwicklung sowie Umweltmanagement im Tourismus und in der Industrie. Beim SVWG ist er seit rund sechs Jahren für die Durchführung der eidgenössischen Berufsprüfungen und der Vorbereitungslehrgänge zuständig. In dieser Funktion beschäftigt er sich immer wieder mit aktuellen Lehrgängen verschiedenster Berufe oder Zusatzausbildungen, aber auch mit Themen wie Personalentwicklung und Laufbahnberatung. Thomas Rotach ist 62 und Vater zweier erwachsener Kinder.
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