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Fachartikel
08. November 2024

Integration von Wasserstoff

Weiterentwicklung der SVGW-Richtlinien im Bereich Gas

Im Jahr 2022 wurde die grundlegend überarbeitete SVGW-Richtlinie G18 «Gasbeschaffenheit» veröffentlicht. Neu unterscheidet sie zwei Gasfamilien: methanreiche Gase (H-Gas) und wasserstoffreiche Gase. Diese Kategorisierung dient als Grundlage für die fortlaufende Überarbeitung der SVGW-Regelwerke, um die Schweizer Gasinfrastruktur auf die technischen Anforderungen auszurichten, welche die Verteilung erneuerbarer Gase, insbesondere Wasserstoff, mit sich bringt.
Bettina  Bordenet , Matthias Hafner, Roman Huber, Andreas Peter, Diego Modolell, 

Die Geschäftsstelle des SVGW arbeitet derzeit zusammen mit den Fachkommissionen des Bereichs Gas intensiv daran, die bestehenden Regelwerke an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Ein wichtiger Schritt in diesem Prozess ist die Integration von Wasserstoff in die verschiedenen Gas-Regelwerke des SVGW. Grundlage hierfür ist zum einen die neue Richtlinie G18 (Tab. 1; [1]) und zum anderen die Aufnahme von Wasserstoff in die schweizerische Rohrleitungsgesetzgebung, bestehend aus Rohrleitungsgesetz (RLG, SR 746.1), Rohrleitungsverordnung (RLV, SR 746.11) und Rohrleitungssicherheitsverordnung (RLSV, SR 746.12).

Tab. 1 Übersicht der Gasbeschaffenheiten der zwei Gasfamilien methanreiche Gase (H-Gas) und wasserstoffreiche Gase, wie sie in der Richtlinie G18, Ausgabe Juni 2022, beschrieben sind [1].

Gasfamilie/Gruppe Hauptbestandteil SVGW Anteil brennbare Gase H2-Tauglichkeit Gasart Bemerkung

H-Gas

(2. Gasfamilie:

methanreiche Gase)

Erdgas (CH4) G10001 CH4 =92,4% / C2– C6=5,5% 2% Grundgas Jährliche Bestandesaufnahme
in G10001
Biomethan (CH4) G18 (CH4 ≥ 96%), neu brenntechnische Daten 2% Grundgas, Austauschgas Brenntechnische Kenndaten
der Gasfamilie H-Gas
Synthetisches Methan (CH4) G18 (CH4 =96%, H2 =2%), neu brenntechnische Daten 2% Grundgas, Austauschgas Brenntechnische Kenndaten
der Gasfamilie H-Gas
H-Gas + 10% H2 G18 CH4, H2 2–10% Grundgas, Austauschgas
+ H2-Zusatzgas
Sicherheitstechnische
Bewertung
H-Gas + 20% H2 G18 CH4, H2 2–10% Grundgas, Austauschgas
+ H2-Zusatzgas
Sicherheitstechnische
Bewertung
H2-Gas
Gruppe A
Gruppe D
Wasserstoff (H2) G18 >98% (A)
>99,97% (D)
100% Grundgas Sicherheitstechnische
Bewertung
  • Der Bereich der erlaubten Gasbeschaffenheit wird in der G18 bestimmt: H-Gas ĂĽber brenntechnische Kenndaten (Brennwert, Wobbe-Index und
    relative Dichte) und Grenzwerte für Gasbestandteile; Gasfamilie Wasserstoff über den minimalen Gehalt an H2 und Grenzwerte für weitere Gasbestandteile.
  • Die H2-Tauglichkeit der Gasinfrastruktur ist ĂĽber die entsprechenden Regelwerke bestimmt.
Aktueller Stand der Rohrleitungsgesetzgebung

Eine erste Änderung der RLV trat am 1. Juli 2023 in Kraft. In diesem Rahmen wurde Wasserstoff zu den Brenn- und Treibstoffen hinzugefügt, deren Transportanlagen dem Rohrleitungsgesetz unterstehen. Zwei Jahre zuvor war die RLSV totalrevidiert worden (die überarbeitete Verordnung trat am 4. Juni 2021 in Kraft), um sie an die neusten Regeln der Technik und die Praxis der Aufsichtsbehörden anzupassen. In Anhang 1 der RLSV werden die Regeln der Technik konkretisiert, indem auf verschiedene Richtlinien verwiesen wird. Für Gasleitungen mit einem maximal zulässigen Betriebsdruck bis und mit 5 bar sind dies neben den Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Korrosionsschutz insbesondere folgende Richtlinien des SVGW:

  • G2: Rohrleitungen vom Juni 2019
  • G7: Gasdruckregelanlagen vom September 2015
  • G11: Odorierung vom April 2006
  • G13: Einspeisung von erneuerbaren Gasen vom März 2016
  • G14: Erfassung von Schadenereignissen an Gasnetzen vom August 2020
  • G18: Gasbeschaffenheit vom April 2013
  • G21: Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation des technischen Bereiches von Gasnetzbetreibern unter kantonaler Aufsicht vom März 2013.
Revision der RLV und RLSV

Eine erneute Revision der beiden Verordnungen RLV und RLSV läuft zurzeit; seit Mitte September sind sie in Vernehmlassung. In dieser Revisionsrunde sollen die technischen Kriterien (Rohrleitungsdurchmesser und Druck) präzisiert und die Sicherheitsvorschriften angepasst sowie die jeweiligen Zuständigkeiten der Kantone und des Bundes geklärt werden. Ziel der Anpassungen ist, den Herausforderungen des Transports von Wasserstoff durch Rohrleitungen besser gerecht zu werden.

In der aktuell gültigen Fassung der RLSV wird Wasserstoff überhaupt nicht thematisiert. Mit der Revision soll die RLSV um Bestimmungen zu Wasserstoffleitungen (definiert als «Rohrleitungsanlagen, die ausschliesslich dem Transport von gasförmigem Wasserstoff mit einem Reinheitsgrad von mindestens 98 Prozent dienen») ergänzt werden.

Parallel zur Revision der RLSV, aber in einem eigenständigen Verfahren wird der Anhang 1 «Technische Regeln» der RLSV angepasst und aktualisiert. Die überarbeitete Richtlinie G18 vom Juni 2022 wird aufgenommen werden. Weitere SVGW-Richtlinien werden derzeit angepasst und um Regeln zu wasserstoffreichen Gasen ergänzt bzw. es werden neue Richtlinien erarbeitet für die Familie der wasserstoffreichen Gase. Die revidierten und neu erarbeiteten Richtlinien sollen in den Anhang 1 der RLSV einfliessen.

Es ist vorgesehen, dass die angepassten Verordnungen (RLV und RLSV) zusammen mit dem aktualisierten Anhang 1 der RLSV Mitte nächsten Jahres in Kraft treten.

Anpassungen der SVGW-Richtlinien

Der aktuelle Stand der SVGW-Richtlinien im Bereich Gas samt den laufenden und geplanten Überarbeitungen/Erarbeitungen ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Die Überarbeitung der verschiedenen Richtlinien wird auch genutzt, um die Weiterentwicklung der EN-Normen im Bereich Gas (H-Gase und wasserstoffreiche Gase), die vom Technischen Komitee CEN/TC 234 – Gas infrastructure vorangetrieben wird, einfliessen zu lassen. Im Folgenden werden die erforderlichen bzw. bereits erfolgten Änderungen in den einzelnen Richtlinien zusammengefasst.

Tab. 2 Ăśbersicht der Richtlinien im Bereich Gas: aktueller Stand und geplante Anpassungen. Die gelb unterlegten Richtlinien sind in der Rohrleitungssicherheitsverordnung als geltende Regeln der Technik aufgelistet (im Falle der G18 allerdings nicht die aktuelle Ausgabe, sondern die Ausgabe April 2013).
Richtlinie Titel Ausgabe Erläuterungen

G1

Richtlinie für die Erdgasinstallation in Gebäuden (Gasleitsätze) Januar 2017 In Revision, Vernehmlasung abgeschlossen, Inkraftsetzung auf 1. Juli 2025 geplant
G2 Richtlinie fĂĽr Rohrleitungen Juni 2019 In Revision
G4 Richtlinie für periodische Sicherheitskontrollen an Gasinstallationen   In Erarbeitung, Vernehmlassung abgeschlossen, Inkraftsetzung auf 1. Juli 2025 geplant; ersetzt die Empfehlungen G1006 und G1007
G6 Richtlinien für Bau, Unterhalt und Betrieb von Gasverdichteranlagen mit
einem Betriebsdruck bis 1 bar
1990  
G7 Richtlinie fĂĽr Gasdruckregelanlagen September 2015 In Revision
G9 Richtlinie für Erdgastankstellen und Erdgasbetankungsgeräte Juli 2021  
G10 Richtlinien für erdgasbetriebene Motorfahrzeuge Dezember 2005  
G11 Richtlinien für die Gasodorierung April 2006 Revision zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen
G13 Richtlinie für die Einspeisung von erneuerbaren Gasen März 2016 In Revision, Vernehmlassung abgeschlossen, Inkraftsetzung auf 1. Januar 2025 geplant
G14 Richtlinie «Erfassung von Schadenereignissen an Gasnetzen» August 2020 In Revision (geringfügige Anpassungen), Inkraftsetzung auf 1. Juli 2025 geplant
G18 Richtlinie «Gasbeschaffenheit» Juni 2022  
G21 Richtlinie «Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation des technischen Bereiches von Gasnetzbetreibern unter kantonaler Aufsicht» März 2013 In Revision (geringfügige Anpassungen), Inkraftsetzung auf 1. Juli 2025 geplant
G23 Richtlinie «Metering-Code Gas» Dezember 2016  
H2 Richtlinie «Wasserstoffrohrleitungsanlagen»   In Erarbeitung (auf Basis von Empfehlung H1000), Inkraftsetzung auf 1. Juli 2025 geplant
H7 Richtlinie «Gasdruckregelanlagen für Wasserstoff»   Zu erarbeiten
G2 – Richtlinie für Rohrleitungen

Die SVGW-Richtlinie G2, zuletzt 2019 aktualisiert, regelt die Planung, den Bau und den Betrieb von Rohrleitungen mit maximal zulässigen Betriebsdrücken (MOP) bis 5 bar einschliesslich der Anschlussleitungen. Diese Richtlinie gilt für Erdgas und erdgasähnliche Brenn- und Treibstoffe, die leichter als Luft sind, und basiert auf den Vorgaben der SVGW-Richtlinie G18 «Gasbeschaffenheit». In der neuen Fassung wird die G2 an die revidierte G18 angepasst und auf die Gruppe H der methanreichen Gase ausgelegt, die neu einen Wasserstoffanteil von bis zu 20 mol% enthalten dürfen (Fig. 1; [1]).

Ein weiteres Thema der Revision der G2 betrifft die Abstände zwischen Gasleitungen und Stromleitungen. Anforderungen an die Abstände müssen an die Vorgaben verschiedener Verordnungen (Verordnung über elektrische Leitungen, LeV, und RLSV) und dazugehöriger Weisungen sowie technischer Regelwerke angepasst werden. Der SVGW arbeitet hierzu gemeinsam mit dem ESTI (Eidgenössisches Starkstrominspektorat) und dem ERI (Eidgenössisches Rohleitungsinspektorat) an technischen Dokumenten, in denen klare Vorgaben zu diesen Abständen festgelegt werden sollen. Bis diese Dokumente vorliegen, kann auf eine Mitteilung des ESTI (ESTI-Mitteilung Nr. 2023-1201 vom 13. Dezember 2023, Abstände bei Annäherungen und Kreuzungen von elektrischen Leitungen mit Rohrleitungen) zurückgegriffen werden, welche die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit den Annäherungsabständen behandelt.

G7 – Richtlinie für Gasdruckregelanlagen

Parallel zur G2 wird auch die SVGW-Richtlinie G7 für Gasdruckregelanlagen – die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2015 – überarbeitet. Diese Richtlinie behandelt Druckregelanlagen für H-Gas und wird ebenfalls auf einen maximalen lokalen Wasserstoffanteil von bis zu 20 mol% ausgelegt. Ausserdem wird die G7 in Teilen durch Inhalte der SVGW-Richtlinie G1 ergänzt, die sich mit Druckregelgeräten über 0,1 bar befassen. Mit diesen Anpassungen werden die Richtlinien G2 und G7 den gesamten Bereich der H-Gase sowie die Beimischung von Wasserstoff bis 20 mol% abdecken.

H2 – Neue Richtlinie für Wasserstoffleitungen

Für den Transport wasserstoffreicher Gase wird derzeit eine neue Richtlinie unter der Bezeichnung H2 «Wasserstoff-Rohrleitungsanlagen» entwickelt. Diese Richtlinie soll die Sicherheit und Effizienz beim Transport von Wasserstoff gewährleisten und sich speziell mit den Anforderungen an Rohrleitungsanlagen sowie den zugehörigen Nebenanlagen für den Wasserstofftransport befassen. Wichtige Grundlagen für diese Richtlinie wurden bereits in der Empfehlung H1000 zu Planung, Bau und Betrieb von Rohrleitungsanlagen für den Transport von Wasserstoff (Ausgabe April 2023) zusammengetragen [2].

G13 – Einspeisung erneuerbarer Gase

Die Richtlinie G13 behandelt die Anforderungen an die Einspeisung erneuerbarer Gase. Ursprünglich war der Name der G13 «Richtlinie für die Einspeisung von Biogas». Mit der revidierten Ausgabe von 2016 wurden der Geltungsbereich der Richtlinie erweitert und erneuerbarer Wasserstoff sowie erneuerbares Methan aufgenommen, was mit einer Namens­anpassung einherging.

In diesem Jahr wurde die Richtlinie G13 erneut grundlegend überarbeitet. Dabei wurden die Weiterentwicklungen der entsprechenden europäischen Normen integriert. Hier ist vor allen Dingen die SN EN 17928:2024 (Teil 1–3) «Gasinfrastruktur – Einspeiseanlagen» zu nennen, welche die funktionellen Anforderungen von Einspeiseanlagen in der Gasinfrastruktur beschreibt, und zwar in Teil 1 die allgemeinen Anforderungen, in Teil 2 die spezifischen Anforderungen für die Einspeisung von Biomethan, und schliesslich in Teil 3 die spezifischen Anforderungen für die Einspeisung von Wasserstoff. Die revidierte Richtlinie G13 «Einspeisung erneuerbarer Gase» definiert Anlagen zur Aufbereitung und Einspeisung (Fig. 2) erneuerbarer Gase (Biogas, Biomethan, erneuerbares Methan und erneuerbarer Wasserstoff) in Gasnetze für H-Gas und für die Gasfamilie Wasserstoff gemäss SVGW-Richtlinie G18 «Gasbeschaffenheit». Damit ist der Wasserstoff voll integriert, einerseits über eine detaillierte Beschreibung der Einspeisung von Wasserstoff, die bereits gemäss der aktuell gültigen Version der G13 möglich ist (aber ohne dass technische Vorgaben für die Wasserstoffeinspeisung definiert sind) und seit 2018 in Solothurn durchgeführt wird. Andererseits legt die überarbeitete Richtlinie G13 die Grundlage für die Einspeisung von Gasen in Wasserstoffnetze.

Mit der Richtlinie sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • Einhaltung der Anforderung der G18 bezĂĽglich Gasbeschaffenheit bei der Einspeisung sowie Sicherstellen einer einwandfreien Messung der Gasbeschaffenheit nach G18 sowie der Energie nach G23 «Metering-Code Gas»
  • Festlegung von weiteren Anforderungen fĂĽr erneuerbare Gase, die ins Gasnetz eingespeist werden
  • Aufbereitung des einzuspeisenden Gases nach den anerkannten Regeln der Technik
  • Sicherer Betrieb der Anlage sowie Vermeidung von Schäden und Unfällen

 

Die Ziele machen deutlich, dass die totalrevidierte G13 nicht für sich alleine steht, sondern zusammen mit den Richtlinien G18 und G23 ein Gesamtpaket bildet.Nach der Vernehmlassung diesen Sommer ist die Unterkommission G-UK4 «Erneuerbare Energien & Gasqualität» derzeit daran, die eingegangenen Kommentare zu bewerten und einzuarbeiten. Die Inkraftsetzung der SVGW-Richtlinie G13 ist gleichzeitig mit der Inkraftsetzung der revidierten Mineralölsteuerverordnung (SR 641.611) zum 1. Januar 2025 geplant.

G23 – Metering-Code Gas

Obwohl die Richtlinie G23 «Metering-Code Gas» nicht direkt von der Revision der RLSV betroffen ist, ergibt sich durch die totalrevidierte G13 dennoch Überarbeitungsbedarf. Bei den Anforderungen an die Mengenumwertung und die Brennwertbestimmung werden neu auch die Einspeiseanlagen integriert. Zudem werden Empfehlungen für den Umgang mit Brennwertschwankungen erarbeitet. Diese treten insbesondere durch die abweichenden Gasbeschaffenheiten von eingespeisten erneuerbaren Gasen wie Biogas oder Wasserstoff auf und stellen die Netzbetreiber vermehrt vor grosse Herausforderungen. Im Weiteren wird die Richtlinie für die Beimischung von Wasserstoff bis 20 mol% ergänzt, um so die Bandbreite der H-Gase gemäss G18 abzudecken. Dies betrifft sowohl die Anforderungen an die Messung und die Datenbereitstellung als auch die Vorgaben für die Energieabrechnung.

Richtlinien zu Gasinstallationen in Gebäuden: G1 und G4
Revision der G1

Die Richtlinie G1 (aktuell gültige Ausgabe: Januar 2017) definiert die Anforderungen an Gasinstallationen in Gebäuden und Grundstücken und hat zum Ziel, die Betriebssicherheit von Gasinstallationen und Gasgeräten zu gewährleisten. Der Geltungsbereich der G1 erstreckt sich von der Hauptabsperrarmatur bis zum Abgasaustritt aus dem Gebäude.

Im Rahmen der Revision der SVGW-Richtlinie G1 «Richtlinie für die Gasinstallation in Gebäuden (Gasleitsätze)» wurde eine Arbeitsgruppe der Kommission G-UK2 «Haustechnik und Zertifizierungsprodukte» damit beauftragt, zum einen die Inhalte und technischen Regelungen hinsichtlich möglicher höherer Wasserstoffanteile zu prüfen und, wo nötig, entsprechend anzupassen. Zum anderen galt es, weitere Anpassungen vorzunehmen, die seit der letzten Revision im Jahr 2017 erforderlich geworden waren.

Eine wesentliche Neuerung bei der Richtlinie G1 betrifft die Integration des Suva-Factsheets «Lösbare Rohrverbindungen an freiverlegten Erdgasleitungsanlagen bis 5 bar – Explosionen sicher verhindern», das von einer Arbeitsgruppe der Suva und des SVGW erstellt wurde. Zukünftig muss bei lösbaren Verbindungen ein Mindestluftwechsel sichergestellt werden, um die Explosionsgefahr durch kleine Leckagen zu bannen und so den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Diese neue Vorgabe gilt bei Neuerstellungen, Erweiterungen und wesentlichen Änderungen an der Gasinstallation - nicht jedoch beim Austausch von Armaturen wie Druckregler, Zähler oder Magnetventilen.

Des Weiteren wurde das Kapitel zur Verlegung von Gasinstallationen in Hohlräumen sowie das Kapitel zur Verbrennungsluftzufuhr neu strukturiert und angepasst. Mit diesen Änderungen trägt die überarbeitete Richtlinie G1 zu einer höheren Betriebssicherheit und zur Berücksichtigung der zukünftig zunehmenden Wasserstoffnutzung bei.

Neue Richtlinie G4

Gasinstallationen in Gebäuden werden nach Neuerstellung, Änderung oder Austausch von Komponenten gemäss Richt­linie G1 geprüft und abgenommen. Zudem sind regelmässig Sicherheitskontrollen durchzuführen, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten, d. h., um die Ansammlung von Gas zu verhindern, die Personen, die Anlage und das Gebäude gefährden könnte. Für die Durchführung dieser periodischen Sicherheitskontrollen wird in der aktualisierten Richtlinie G1 auf die neu erstellte Richtlinie G4 verwiesen. Dementsprechend wurde die G4 auf Basis der Empfehlungen G1006 (Gebrauchsfähigkeitsprüfungen) und G1007 (Periodische Sicherheitskontrollen) neu erarbeitet. Sie behandelt alle Schritte einer periodischen Sicherheitskontrolle an Gasinstallationen und verweist nicht mehr auf andere Richtlinien zurück. So lassen sich unterschiedliche Regelungen für die Prüfungen von Neuinstallationen einerseits (in der revidierten G1) und für in Betrieb befindliche Anlagen andererseits (in der neuen G4) festlegen.

Zeitplan

Die revidierte Richtlinie G1 und die neue Richtlinie G4 waren im Frühjahr respektive Sommer dieses Jahres in der Vernehmlassung. Mittlerweile wurden die Vernehmlassungsrückmeldungen eingearbeitet, womit sich die beiden Richtlinien nun in der Phase der Fertigstellung befinden. Bis Ende November sollen sie durch die Kommissionen G-UK2 und G-HK zuhanden des Vorstands freigegeben werden. Es ist vorgesehen, dass die beiden Richtlinien im Sommer 2025 in Kraft treten. Gleichzeitig werden die Empfehlungen G1006 und G1007 ausser Kraft gesetzt. Die Publikation der neuen Regelungen ist bereits für das Frühjahr 2025 geplant und soll von Schulungen begleitet werden. Dieses gestaffelte Vorgehen wurde aufgrund von Rückmeldungen aus vergangenen Revisionen gewählt, um den Betroffenen ausreichend Zeit zu geben, sich mit den Neuerungen vertraut zu machen, bevor die Richtlinien im Sommer dann wirksam werden.

Fazit und Ausblick

Gemäss aktuellem Planungsstand wird im Sommer 2025 ein umfassendes Paket von Gas-Richtlinien gleichzeitig in Kraft gesetzt. Dazu gehören die revidierten Richtlinien G1, G2 und G7 sowie die neu erstellte Richtlinie G4. Die revidierte G13 soll bereits Anfang 2025 erscheinen. Die mehr oder weniger simultane Erarbeitung der verschiedenen Richtlinien erlaubt es, die Abhängigkeiten zwischen diesen zu berücksichtigen und entsprechende Querverweise einzubauen.

Ausgangspunkt für die Überarbeitungen war die aktualisierte Richtlinie G18, die im Juni 2022 erschienen war. Mit der Definition der beiden Gasfamilien - methanreiche und wasserstoffreiche Gase - sowie ihrer zulässigen Beschaffenheit bildet die G18 die Grundlage für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der gesamten Gasinfrastruktur. Überdies macht die Revision der Rohrleitungssicherheitsverordnung inklu­sive der Aktualisierung des Anhangs 1 «Technische Regeln» diese umfassende Überarbeitung des SVGW-Regelwerks im Bereich Gas nötig. Die revidierten Richtlinien G2, G7, G13 und G18 werden im Anhang 1 die zurzeit gelisteten Versionen ersetzen. Da die Richtlinie G14 «Erfassung von Schadenereignissen an Gasnetzen» erst kürzlich revidiert wurde (aktuell gültige Fassung aus dem Jahr 2020) ist eine umfassende Überarbeitung nicht erforderlich, geringfügige Anpassungen reichen aus. Die Überarbeitung der Richtlinie G11 für die Gasodorierung wird zunächst hintangesetzt, bis geklärt ist, ob und wie Wasserstoff odoriert werden soll. Die Odorierung von Wasserstoff ist zurzeit noch Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte und Untersuchungen. Desgleichen hat die Revision der Richtlinie G6 für Bau, Unterhalt und Betrieb von Gasverdichteranlagen mit einem Betriebsdruck bis 1 bar im Moment eine geringere Priorität, obwohl sie schon relativ alt ist. Angedacht ist, dass die G6 in Zukunft auch das Thema der Rückverdichtung und Durchgängigkeit der Netze behandelt.

Darüber hinaus soll das Regelwerk des SVGW um H-Dokumente erweitert werden, die die technischen Anforderungen an Infrastrukturen für wasserstoffreiche Gase umschreiben. Mit der Empfehlung H1000 ist bereits ein erstes H-Dokument vorhanden. Diese Empfehlung soll nun in eine erste H-Richtlinie überführt werden, die H2 für Wasserstoff-Rohrleitungsanlagen. Es ist vorgesehen, dass die Richtlinie H2 ab Sommer 2025 neu im Anhang 1 der RLSV gelistet ist. Schliesslich soll auch die Richtlinie H7 «Gasdruckregelanlagen für Wasserstoff» erstellt werden, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt.

 

Bibliographie

[1] Bordenet, B.; Hafner, M. (2021): Gasbeschaffenheit – Revision der G18, der zentralen SVGW-Richtlinie auf allen Stufen der Gasinfrastruktur. Aqua & Gas 12/2021: 30–37

[2] Bordenet, B.; Hafner, M. (2023): Wasserstoff-Transportanlagen – Leitfaden zu Planung, Bau und Betrieb. Aqua & Gas 5/2023: 30–37

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