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Fachartikel
06. November 2024

Entgasung der Netze

Sicheres Umpumpen von methanreichen Gasen und Gasgemischen

Rückt ein Thema in den Fokus der Öffentlichkeit, reflektiert man oft auch eigene Handlungen. So wird seit 2016 viel über die Ermittlung des Methanverlusts in Rohrleitungssystemen gesprochen – vor allem bei deren Rückbau. Wie viel ist zulässig? Was kann ein Netzbetreiber mathematisch ermitteln? Welche Mengen treten theoretisch durch Materialdiffusion auf? Diese und weitere Fragen stellen sich seither. In den Antworten figurieren die unterschiedlichsten Mengen und Zahlen. Energie 360° AG hingegen schafft Fakten: Mit einer selbst entwickelten Umpumptechnik für Gase und Gasgemische sorgt sie für eine saubere und sichere Entgasung der Netze.
Kay Kemmer 

Als Unternehmen, das umweltfreundliche Energielösungen anbietet, erachtet Energie 360° den Methanverlust ihrer Rohrleitungssysteme schon seit langem als wichtiges Thema. Vor allem stellen interne Fachgruppen sehr spezifische Fragen nach dem Umgang mit den rechnerisch ermittelbaren Mengen, die beispielsweise durch den Leitungsrückbau in Zürich Nord oder bei geplanten Leitungsumbauten anfallen. Schliesslich sind die bisherigen Methoden wie Abfackeln oder Ausblasen auf ein Minimum zu reduzieren.

Im Zuge der Recherchen nach einer geeigneten Methode, ergab sich der Kontakt zur Firma Edeling (Industrieentgasung) aus Jerichow (Deutschland). In einem der ersten Projekte (Fernwärmerückzugsgebiet Schwamendingen, 2016) hat Energie 360° die Entgasung mit Flammrohr (Fig. 1) und Ansaugen von Gasgemischen mittels Gebläse für sich neu definiert. So wurde die saubere vollständige Verbrennung des Methangemischs durch den Fünffach-Flammenbrenner erfüllt (Fig. 2).

Insgesamt mussten knapp 2 km Leitung und über 40 Hauszuleitungen nach dem SVGW-Richtlinie G2 für Rohrleitungen sicher entleert und ausser Betrieb genommen werden. Leider wurde noch nicht der gesamte Inhalt an Methan verbrannt.

Vom Abpumpen …

Mit dem Ziel eine nachhaltige Lösung zu finden, sollte die Technik erweitert werden. In ersten Pilotversuchen wurden definierte Mengen mittels Druckausgleichs in Behälter abgefüllt. Mit dem Einsatz von Kompressoren wurde der Ausgleich zwar beschleunigt, aber erst ein Verdichter machte es möglich, die definierte Rohrleitungsstrecken in Druckbehälter mobil umzufüllen. Die Grösse und Leistungsfähigkeit des Verdichters ergibt sich dabei aus dem Leitungsinhalt und benötigten Vordruck. Im konkreten Fall entsprach ein Kolbenverdichter mit 15-18 Nm³/h der geforderten Arbeitsleistung.

Schnell wurde das Abpumpen in ein Druckgasflaschenbündel (Fig. 3) als geeignete Lösung in drei Schritten eruiert:

  1. Definierte Strecke sperren mittels Abschiebern,
  2. flexible Verbindungsleitung vom Messstutzen zum Verdichter sicherstellen,
  3. dann in ein Flaschenbündel abpumpen.

Nach Abschluss der notwendigen Arbeiten am Rohrleitungssystem konnte der gesamte Inhalt des Flaschenbündels zum Spülen und zur Wiederinbetriebnahme des Leitungsabschnittes eingefüllt werden. Fast der gesamte Leitungsinhalt konnte so ohne Abfackeln wieder genutzt werden.

… zum Umpumpen

2019 begann die Weiterentwicklung des Abpumpens hin zum Umpumpen, speziell bei Arbeiten am Hochdruck-1-Netz der EZT (Erdgas Zürich Transport AG) mit knapp 530 Leitungskilometern. Um ein Vielfaches grösser ist das Potenzial für diese Anwendung bei eigenen Sanierungen der Energie 360° und deren geplanten koordinierten Baustellen mit Gemeinden.

Das Gasgemisch wird über die geschlossenen Absperrarmatur umgepumpt:

  1. Mit Abschiebern wird erst die definierte Strecke gesperrt.
  2. Über eine flexible Verbindungsleitung vom Messstutzen (zu entleerender Abschnitt) wird das Gasgemisch zum Vordruckregler und Verdichter,
  3. dann über eine flexible Leitung über den Messstutzen ins Netz zurück gepumpt (Fig. 4).
Umpump-Beispiele

Auch im Nieder- und Mitteldrucknetz kam die Technik bereits mehrfach zum Einsatz (Fig. 5 und 6). So konnte 2023 bei der Sanierung einer HDPE 450-Mitteldruckleitung mitten in Zürich an der Kornhausbrücke der gesamte Inhalt der Leitung ins parallel verlaufende Hochdruck-1-System umgepumpt werden.

Abhängig vom Netz und der Versorgungssicherheit ihrer Kunden, konnte Energie 360° in Kombination mit den Verbrauchs-ermittlungen unzählige Leitungsmeter sanieren und dabei den Leitungsinhalt komplett behalten.

Aktuelles Beispiel hierfür ist die Sanierung des ehemaligen 25-bar-Leitungsring. Alte oberirdische Stationen werden zugunsten der Grünflächen zurückgebaut und einer neuen Oberflächengestaltung übergeben (Bsp. Revitalisierung der Glatt). Auf einer 3,3 km langen Transportleitung DN 250 bei 5 bar Leitungsdruck haben die Fachspezialisten von Energie 360° AG durch das gezielte Anpassen von Stationseinstellungen (Primäreinspeisung ins Verbrauchernetz) und durch Umpumpen fast 800 Norm- Kubikmeter im Netz behalten können.

Richtlinie zum Rückbau

Die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Technischen Inspektorat TISG und der rege Austausch der Versorger mit den SVGW-Kommissionen treibt aktuell die Richtlinie für einen sicheren Rückbau von Gasnetzen voran. Auch das Thema Umpumpen wird in diesem Zusammenhang immer wieder thematisiert. Energie 360° AG beteiligt sich auch hier aktiv in den Gremien der Fachgruppen, um diese Anwendung fachlich und mit Zahlen zu fundieren (Nachmachen erwünscht).

Fazit

Die erfolgreiche Umsetzung bei unterschiedlichen Leitungsbauprojekten zeigt: Umpumpen ist eine Technologie, bei der die Aspekte Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zutreffen. Und auch wenn der Technologie Grenzen gesetzt sind, hat sie Potenzial sich in der Branche zu etablieren, vor allem bei kleinen Leitungsabschnitten.

Positiv ist der Umstand zu werten, dass auch die Netzbetreiber vom Hochdruck (HD) 2 (Transitleitungen mit mehr als 5 bar) auf diese Anwendung aufmerksam geworden sind. Die im HD 2 verwendeten Betriebsdrücke und Leitungsdurchmesser ergeben ein beachtliches Potenzial sowohl für die Nachhaltigkeit als auch für die Wirtschaftlichkeit.

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