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Fachartikel
29. November 2023

Erneuerbare Energie

Aus CO2 wird der Energieträger Methan

Biogasanlagen haben zwei Gesichter: Zum einen produzieren sie erneuerbares Methan und damit einen klimafreundlichen Erdgasersatz, zum anderen entlassen sie Kohlendioxid (CO2), das zuvor in der Biomasse gebunden wurde, ungenutzt in die Umwelt. Die Ostschweizer Fachhochschule zeigt nun, wie sich das biogene CO2 ebenfalls energetisch nutzen und sich damit der Ertrag von Biogasanlagen verdoppeln lässt. Mittel zum Zweck ist ein bisher einmaliger Katalysator auf der Basis des gut verfügbaren und kostengünstigen Metalls Eisen.
Benedikt Vogel 

Einem Energieträger sieht man oft nicht an, ob er fossilen Ursprungs ist oder aus erneuerbarer Quelle stammt: Strom ist ein Fluss aus Elektronen, unabhängig davon, ob er aus einem Kohlekraftwerk oder von Solarzellen stammt. Ähnlich ist es beim Haushaltsgas: Dieses besteht aus Methan (CH4). Methan wird heute in der Regel aus Erdgasfeldern gefördert und ist dann fossilen Ursprungs (Erdgas). Methan lässt sich aber auch in Biogasanlagen durch Vergärung von Gülle, Pflanzenresten oder Lebensmittelabfällen gewinnen. Dann redet man von Biogas. Dieses Methan gilt als erneuerbar, da bei seiner Verbrennung nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie zuvor im Gärgut aus der Atmosphäre gebunden wurde. Das Rohgas, das im Fermenter einer Biogasanlage entsteht, enthält gut 50% Methan, zudem etwa 45% CO2 und weitere Gase. Heute wird in den meisten Anlagen nur das Methan energetisch genutzt. Die übrigen Gase werden abgetrennt und in die Umwelt entlassen. Doch es geht auch anders, denn das CO2 lässt sich ebenfalls energetisch nutzen: Durch Aufreinigung werden aus dem Rohbiogas Schwefel, Ammoniak und weitere Gase entfernt; es verbleibt ein Gemisch aus Methan und CO2. Wird diesem Gemisch Wasserstoff (H2) zugesetzt, kann das CO2 in Methan umgewandelt (d. h. methanisiert) werden. Mit der Methanisierung des CO2 kann praktisch die gesamte Gasproduktion eines Fermenters in energetisch nutzbares Biogas umgewandelt werden. Voraussetzung ist, dass der dabei verwendete Wasserstoff «grün» ist, also mit erneuerbarem Strom erzeugt wurde.

Neuartiger Nickel-Katalysator

Damit die Methanisierungsreaktion in Gang kommt, hilft ein metallischer Katalysator. Dieser spaltet CO2 und H2 auf und ermöglicht so die Neukombination der Elemente zu CH4 (Methan) und H2O (Wasser). Dieses Verfahren ist seit über 100 Jahren bekannt. Doch erst seit Biogas als klimafreundlicher Energieträger hoch im Kurs steht, wird intensiv untersucht, ob bzw. wie die Methanisierung von CO2 eingesetzt werden könnte, um den Ertrag von Biogasanlagen zu erhöhen. Geforscht wird beispielsweise an der Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil SG. Dort haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Andre Heel in den letzten zehn Jahren den sogenannten Smart-Cat entwickelt: ein Katalysator auf der Grundlage von Nickel, der das CO2 bereits bei atmosphärischem Druck und 300 °C vollständig in Methan umwandelt (siehe auch Artikel im Aqua & Gas 11/2023, S. 45-49). «Der SmartCat produziert nahezu reines Methan, was kein anderer Katalysator bisher schafft. Allerdings kann Nickel für Mensch und Umwelt problematisch sein, und der Preis des Metalls ist in den letzten Jahren stark gestiegen», sagt Andre Heel. «Daher haben wir in einem neuen Forschungsprojekt danach gefragt, ob wir mit dem Katalysatormetall Eisen ähnlich gute Ergebnisse erzielen, denn Eisen ist unschädlich, breit verfügbar und richtig günstig.» Umgesetzt wurde das BFE-finanzierte Forschungsprojekt in den letzten zwei Jahren durch die promovierte Chemieingenieurin Stefanie Mizuno.

Eisen ersetzt Nickel

Der Eisen-Katalysator basiert auf dem gleichen Konzept wie zuvor der Nickel-Katalysator (Fig. 1 und 2): Die Partikel des Katalysatormetalls werden auf ein porenreiches Trägermaterial (ein sogenannter Zeolith) aufgebracht, der die Fähigkeit hat, das während der Methanisierung entstehende Wasser «aufzunehmen». Dieser Adsorptionsprozess ist essenziell, damit der Methanisierungsprozess ungehindert abläuft und möglichst alles CO2 in Methan umgewandelt wird. Stefanie Mizuno ist es gelungen, einen Eisen-Katalysator zu designen, der fast die gleiche Leistung zeigt wie zuvor schon der SmartCat auf der Basis von Nickel. Ein erster Anlauf mit reinem Eisen verlief – wie oft in der Forschung – noch unbefriedigend. Der Katalysator verlor recht schnell seine Aktivität. Doch im zweiten Anlauf stabilisierte Mizuno das Eisen mit einem zweiten Metall in minimaler Menge (Dotierung). Dank dieser Beigabe bleibt das Eisen auch über einen längeren Zeitraum als Katalysator aktiv. «Wir konnten erstmals zeigen, dass die Methanisierung mit einem Eisen-Katalysator auch nahezu vollständig abläuft», bringt Mizuno das Hauptergebnis ihrer Studie auf den Punkt. Der Prozess erfordert einen Druck von 15 bar und eine Temperatur von 400 °C (gegenüber 1 bar und 300 °C im Falle des Nickel-Katalysators). Dank der Prozessvariation kann die OST-Forscherin Nickel durch das deutlich günstigere Eisen ersetzen. Das hierbei entstehende Methan besitzt direkt – also ohne nachgeschaltete, teure Aufreinigung – die für die Netzeinspeisung erforderliche Qualität.

Kontinuierlicher Prozess als Ziel

«Wir sind die ersten, denen es gelungen ist, Eisen für die Methanisierung und mit einer derart hohen Leistung zu nutzen. Unser Katalysator auf Eisenbasis ist tatsächlich die vielversprechendste Lösung für die grossindustrielle Methanisierung von CO2 aus Biogasanlagen», erklärt Andre Heel. Der nächste Schritt hin zu einer solchen kommerziellen Anwendung ist eine Prototypenanlage, die in den nächsten Monaten im OST-Labor im Rahmen eines neuen BFE-Projekts gebaut werden soll. Mit ihr soll die Umwandlung von CO2 in Methan weiter gesteigert werden. Aktuell liegt die Umwandlungsrate (Selektivität) bei über 90% und resultiert in einem ebenso hohen Methananteil, was für einen Eisen-Katalysator schon sehr hoch ist. Durch geschickte Prozessführung soll überdies eine kontinuierliche Methanisierung ermöglicht werden. Dieses Ziel ist nicht ganz einfach zu erreichen, weil der Eisen-Katalysator (genauer: der wassergesättigte Zeolith) getrocknet werden muss, bevor er wiederverwendet werden kann. Um dieses Problems Herr zu werden, setzen die OST-Forschenden ein System aus zwei Reaktoren (Zwillingsreaktor) ein, die abwechselnd für Methanisierung und Trocknung genutzt werden (Fig. 3): Im ersten Schritt wird in Reaktor 1 methanisiert. Im zweiten Schritt wird der Katalysator von Reaktor 1 getrocknet, und in Reaktor 2 wird methanisiert, bevor dort im dritten Schritt der Katalysator getrocknet und in Reaktor 1 wieder methanisiert wird. Ziel ist, den Wechsel aus Methanisierungs- und Trocknungsprozess so zu optimieren, dass eine kontinuierliche Methanisierung möglich ist. Bisher ist das mit dem nickelbasierten SmartCat gelungen, aber noch nicht mit dem eisenbasierten Katalysator, weil die zugrundeliegende Struktur die Trocknung beim Eisen verzögert (Fig. 4).

Langfristig stabiler Betrieb

Bis zu einer kommerziellen Methanisierungsanlage mit Eisen- Katalysator sind weitere Hürden zu überwinden. So muss sichergestellt werden, dass der Katalysator auch langfristig stabil läuft, also nicht degradiert, denn bereits geringe Mengen an Schwefel vergiften den Katalysator. Um dies zu erreichen, bietet Eisen grundsätzlich günstige Voraussetzungen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen zudem den Nachweis erbringen, dass die Methanisierung mittels Eisen-Katalysator energetisch autark abläuft, indem die für den Prozess erforderliche Wärme aus der Reaktionswärme rekuperiert wird.

Fazit

Die Methanisierung von CO2 aus aufgereinigtem Rohbiogas hat ein erhebliches Potenzial zur Steigerung der Biogasproduktion. Hierbei ist zu beachten, dass grüner Wasserstoff aus erneuerbarem Strom gewonnen werden muss und dabei – je nach Technologie – Verluste von 30 bis 40% hinzunehmen sind. Welches Anwendungspotenzial die Methanisierung mit Eisenkatalysator tatsächlich hat, wird man sehen, wenn der definitive Prozess in einer realen Umgebung, also bei einer Biogasanlage, betrieben wird.

 

Publikationen im Bereich Bioenergie

Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrationsund Leuchtturmprojekte im Bereich Bioenergie sind unter www.bfe.admin.ch/ec-bioenergie zu finden.

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