Im Jahr 1888 nahm mit der Tramlinie Vevey–Montreux–Chillon die erste elektrifizierte Bahn mit 600 V DC in der Schweiz den Betrieb auf. Darauf folgten 1900 die ersten Kilometer der elektrifizierten Strecke von Aigle–Leysin mit 1500 V DC und 1901 ging der erste Streckenabschnitt der Montreux Berner Oberlandbahn (MOB) von Montreux bis zur Ortschaft Les Avants in Betrieb. Weitere Bahnen folgten, wie die Elektrifizierung der Berninabahn oder der ESB (Fig. 1). Die Elektrifizierung der Bahnen verminderte nicht nur die Abhängigkeit von Kohle aus dem Ausland, sondern stärkte auch die schweizerische elektrotechnische Industrie (Fig. 2). Es ist also wenig überraschend, dass eine ganze Reihe von Bahnen wie auch SGK-Mitglieder aus dem elektrotechnischen Bereich in diesen Jahren ebenfalls ihr 100-jähriges Bestehen feiern.
Dieser technische Fortschritt und der Betrieb der Gleichstrombahnen blieben aber nicht ohne Folgen fĂĽr Drittstrukturen: Die Traktionsströme fĂĽhrten zu starken korrosiven Beeinflussungen und Schäden an erdverlegter metallischer Infrastruktur. In der Folge fanden bereits 1914 erste Verhandlungen zwischen dem Schweizerischen Verein von Gas- und Wasserfachmännern SVGW und dem Verband Schweizerischer Sekundärbahnen VSS zur Untersuchung der Auswirkungen der von Gleichstrombahnen verursachten Streuströme auf das Wasserleitungsnetz statt. 1916 wurde eine gemeinsame Kommission gebildet, der auch Vertreter des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins SEV angehörten. Diese erarbeitete zwei grundlegende Berichte zur Korrosion durch Erdströme elektrischer Bahnen und ĂĽber die UntersuchungsÂmethoden der Korrosionsverhältnisse bei elektrischen Bahnen [1, 2].
Darauf basierend wurden 1920 Leitsätze betreffend Schutzmassnahmen gegen Streustromeinwirkungen verfasst, die von den betroffenen Verbänden ihren Mitgliedern zur Einhaltung empfohlen wurden. Die wichtigsten Empfehlungen dieser Leitlinien betrafen die Begrenzung der Spannungsdifferenz zwischen den Schienen und den beeinflussten Strukturen auf 0,8 V sowie die Festlegung von Anforderungen an die Längsleitfähigkeit der Schienen und insbesondere der Stossverbindungen. Bei den beeinflussten Strukturen wurden in erster Linie der Einbau isolierender Verbindungen, bei Rohrleitungen alle 20–25 m, und in zweiter Linie Drainagen zur Ableitung der Streuströme empfohlen.
Im Jahr 1923 wurde dann die Korrosionskommission gebildet, eine permanente gemeinsame Kommission der oben erwähnten Organisationen und der Obertelegrafendirektion (OTD). Als erster Präsident der Korrosionskommission wurde Johannes Landry von der ETH Lausanne gewählt. Als eigentliche Geburtsstunde der SGK kann dabei die Schaffung einer Kontrollstelle im Rahmen der Korrosionskommission betrachtet werden. Deren primäre Aufgaben waren die Durchführung allgemeiner Untersuchungen der Korrosionsverhältnisse und regelmässige Kontrollen gemäss den von der Korrosionskommission ausgearbeiteten Leitsätzen [3, 4].
Die wichtigsten Aspekte der Arbeit der Korrosionskommission und der KonÂtrollstelle wurden bis 1963 regelmässig im Bulletin des SEV publiziert. In der Anfangsphase umfasste die Arbeit der Kontrollstelle primär die Kontrolle von Gleichstrombahnen gemäss den Leitsätzen und die ĂśberprĂĽfung der Streustrombeeinflussung von Kabeln und Rohrleitungen im Einflussbereich von Bahnen. Sieben Jahre nach der GrĂĽndung wurden bereits 21 Bahnen kontrolliert. Eine der Hauptaufgaben bestand darin, die Geleise abzuschreiten, die Schienenverbinder optisch zu kontrollieren und bei zweifelhaften Verbindern Widerstandsmessungen durchzufĂĽhren. Im Jahr 1930 wurden 21'240 Schienenstossverbindungen gemessen. In den folgenden Jahren reduzierte sich das Ausmass der periodischen Kontrollen aufgrund der erzielten Verbesserungen kontinuierlich und endete 1963 mit der systematischen EinfĂĽhrung verschweisster Schienen. In der Folge wurden vermehrt Spezialuntersuchungen wie die Abklärung von Korrosionsschäden, Massnahmen zur Verbesserung der RĂĽckstromverhältÂnisse und Strommessungen in Bleimantelkabeln sowie grundlegende Korrosionsuntersuchungen zur elektrolytischen Korrosion im Erdboden [5] durchgefĂĽhrt. Dabei wurden verschiedene Themen erstmals aufgegriffen, die auch heute noch aktuell sind. Bereits 1936 wurden mögliche Probleme bei der Verwendung des Wasserleitungsnetzes als Erder diskutiert, 1945 erstmals Hinweise auf die Mitwirkung galvanischer Elemente als Schadenursache bei Rohrleitungen gefunden und 1950 wurde die Potenzialmesstechnik eingefĂĽhrt. 1956 wurden Empfehlungen herausgegeben, Blitzschutzanlagen, die mit Rohrleitungen aus Stahl oder Guss in Kontakt stehen, zur Vermeidung von galvanischen Elementen nicht in Kupfer auszufĂĽhren. 1961 wurde vorgeschlagen, Fremdströme durch den Einbau von IsolierstĂĽcken von Tanks fernzuhalten. Im Weiteren wurden verschiedene Korrosionsprobleme in Hausinstallationen untersucht und zunehmend Untersuchungen an Tankanlagen und im Zusammenhang mit Erdungsanlagen durchgefĂĽhrt. Dabei wurden auch bisher unbekannte oder nicht beachtete Streustrombeeinflussungen erkannt, nämlich die Verschleppung von Streuströmen ĂĽber das Schienennetz von Wechselstrombahnen und Nullleiter des EW-Netzes.
In den FĂĽnfzigerjahren wurden erste Erfahrungen mit der Methode des kathodischen Korrosionsschutzes (KKS) gesammelt. Diese wurde 1950 fĂĽr den Innenschutz von Warmwasserspeichern, 1953 fĂĽr Tankanlagen, 1958 fĂĽr den Schutz einer StahlbrĂĽcke in einem Stausee und 1959 fĂĽr Rohrleitungen jeweils erstmals angewendet.
Für die Durchführung der Messungen wurden stets eigene Messvorrichtungen gebaut oder zusammengestellt. So wurde z. B. bereits 1938 eine Anlage zur automatischen Aufnahme von Strom-Spannungsdiagrammen entwickelt und 1951 wurde ein Auto angeschafft und als Messwagen ausgerüstet.
Die bereits damals hohe Anerkennung der Fachkompetenz der Leiter der KonÂtrollstelle widerspiegelt sich auch in Auslandaufträgen, die zwischen 1937 und 1940 in Athen, Palästina und Belgrad abgewickelt werden konnten. Ab 1940 wurden neben den Verbandsbeiträgen zur Finanzierung der Kontrollstelle auch von interessierten Firmen Industriesubventionen an die Kontrollstelle ausgerichtet.
Eine tiefgreifende Veränderung der Tätigkeiten der Kontrollstelle erfolgte in den Jahren 1963 und 1979 unter der Führung von R. Petermann und dem damaligen Präsidenten der Korrosionskommission E. Baumann (ETH Zürich). In diese Zeit fiel unter anderem der Bau zweier grosser Ölpipelines, der Aufbau des schweizerischen Erdgasnetzes mit kathodisch geschützten Hochdruckleitungen und die Herausgabe der Technischen Tankvorschriften (TTV), die den kathodischen Schutz für erdverlegte Lagerbehälter aus Stahl für die meisten Anwendungsfälle als verbindlich erklärte. Dies führte zu einer intensiven Beschäftigung mit Fragen der Anwendung und der Beurteilung der Wirksamkeit des kathodischen Schutzes. Die dabei gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse flossen 1969 in die SGK-Richtlinie C1 für Projektierung, Ausführung und Betrieb des kathodischen Schutzes von Rohrleitungen ein. Besonders erwähnenswert sind die 1968 eingeführte Ausschaltpotenzialmessung als Kriterium zur Beurteilung der Wirksamkeit des kathodischen Schutzes und die Entwicklung eines Messsystems und Standardprüfverfahrens für die Wirkungskontrolle des KKS von Kleintankanlagen. Diese waren die Basis für eine 1977 erschienene Wegleitung des Bundesamts für Umwelt im Rahmen der Gewässerschutzmassnahmen und der SGK-Richtlinie C5 für Projektierung, Ausführung und Betrieb des kathodischen Schutzes erdverlegter Lagerbehälter aus Stahl.
Im Zusammenhang mit dem Aufbau des Hochdruck-Erdgasnetzes entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Rohrleitungsinspektorat ERI, für das die Kontrollstelle ab 1968 Messungen durchführte. Der dafür notwendige Aufwand überschritt jedoch bald die personelle Kapazität der Kontrollstelle, sodass die periodischen Messungen ab 1972 vom ERI selber ausgeführt wurden. Fortan verlagerte sich die Tätigkeit der Kontrollstelle hin zu Beratungsaufgaben und der Untersuchung von Spezialproblemen. Die SGK ist bis heute als Korrosionsschutzexpertin für das ERI tätig.
Ebenfalls grosse Auswirkungen hatten die in den Sechzigerjahren erfolgte Umstellung von Grauguss- auf duktile Gussrohre für Wasserleitungen und die 1985 vom SEV erlassenen Vorschriften über den Potenzialausgleich in der Hausinstallation. Die Erstellung von umfangreichen Stahlbetonfundamenten und Luftschutzbunkern in Kombination mit dem Potenzialausgleich führte zu galvanischer Korrosion und vielen Schäden an relativ neuen Wasserleitungen. Diese Schäden wurden durch weniger sorgfältige Rohrleitungsbettung – als Folge der stark verbesserten mechanischen Eigenschaften der duktilen Gussrohre – in heterogenem Boden verstärkt. Die Problematik der Rohrleitungsbettung, der Qualität der Rohrisolation und der Elementbildung mit der Bewehrung von Stahlbetonstrukturen und die Erarbeitung der 1976 veröffentlichten SGK-Richtlinie C2 zum Korrosionsschutz von erdverlegten metallischen Anlagen bildeten einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Kontrollstelle.
Ab etwa 1973 erfolgte generell eine deutliche Verlagerung von Kontroll- zu Beratungstätigkeiten und der Untersuchung von Schadenfällen. Neben den bereits erwähnten Schwerpunkten wurden insbesondere Korrosionsfälle in Hausinstallationen, wie Fussbodenheizungen und Warmwassersysteme, sowie in Abwasseranlagen behandelt.
Diese Entwicklung setzte sich unter der Leitung von Ferdinand Stalder als Leiter der Geschäftsstelle (1980–2006) und Hans Böhni (1978–2007) als Präsident der 1983 in die Schweizerische Gesellschaft fĂĽr Korrosionsschutz (SGK) ĂĽberfĂĽhrten Korrosionskommission kontinuierlich fort. Durch die engen Beziehungen mit dem von Hans Böhni geleiteten Institut fĂĽr Baustoffe, Werkstoffchemie und Korrosion IBWK der ETHZ verfĂĽgte die SGK stets ĂĽber die neuesten wissenschaftlichen Grundlagen zur Erarbeitung von praxisnahen Lösungen fĂĽr die an sie herangetragenen Korrosionsprobleme aus der Industrie. Diese hohe Kompetenz fĂĽhrte einerseits zu einer starken Zunahme der Nachfrage nach den Dienstleistungen, andererseits zur Erschliessung Âneuer Arbeitsgebiete und der Möglichkeit, Entwicklungs- und Forschungsarbeiten durchzufĂĽhren.
Ein Meilenstein dazu war der 1993 erfolgte Umzug in den Technopark, wo das CorrTech, ein zum IBWK gehörendes Labor, im Rahmen einer Zusammenarbeit für die Durchführung von gemeinsamen Forschungsprojekten und Laborarbeiten der SGK genutzt werden konnte. In der Folge erhöhte sich die Anzahl Mitarbeiter der Geschäftsstelle von zwei auf sechs. Im Laufe der Zeit entwickelte sich diese Labortätigkeit zu einem unverzichtbaren Teil der Aktivitäten der SGK, sodass nach der Pensionierung von Professor Böhni ein eigenes Labor aufgebaut wurde. Dieses ist speziell für die Durchführung von elektrochemischen Untersuchungen ausgerüstet und leistet ausser für die Abwicklung der Forschungsprojekte auch für werkstofftechnische Abklärungen, für Untersuchungen im Bereich der Korrosion von Stahl im Beton und für die Untersuchung von Schadenfällen aus industriellen Anwendungen wertvolle Dienste. Als wichtigste neue Arbeitsgebiete wurden Stahlbetonbauwerke, Anker und Spannkabel sowie Wasser- und Abwasseranlagen erschlossen. Die internationalen Projekte gewannen zunehmend an Bedeutung.
Für die Bauindustrie in Deutschland wurden umfangreiche Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit von nachträglich in Bohrlöchern versetzter Anschlussbewehrung in Stahlbeton durchgeführt. Diese führten zur Entwicklung eines Prüfverfahrens, das internationale Anerkennung fand und von der EOTA (European Organisation for Technical Assessment) für die Europäische Zulassung aufgenommen wurde [6]. Weiter wurden Forschungsprojekte für die deutsche Gasindustrie abgewickelt. Nebst diesen Labortätigkeiten erfolgten auch Felduntersuchungen zum kathodischen Korrosionsschutz in Saudi-Arabien (Fig. 3) und Iran.
Unter der aktuellen Leitung von Markus Büchler als Geschäftsführer (seit 2006) und unter dem Präsidium von Manfred Lörtscher (2007–2015) konnte die Tätigkeit der SGK weiter ausgebaut werden. Insbesondere die vertiefte Erfahrung von Manfred Lörtscher im Bereich Bahnen, Bahnstromversorgung und Bahninfrastruktur sowie Erdung hat zu einer Stärkung im Bereich Bahntechnik und Streuströmen geführt (Fig. 4). Es folgten Aufträge für Gleichstrombahnen in Australien (Fig. 5) und Indien (Fig. 6). Die vertiefte Kompetenz im Bereich des KKS resultierte in der technischen Leitung von drei mehrjährigen DVGW-Forschungsvorhaben durch die SGK. Diese Forschungsvorhaben führten zur Entwicklung der technischen Regel DVGW GW 28 «Beurteilung der Korrosionsgefährdung durch Wechselstrom bei kathodisch geschützten Stahlrohrleitungen und Schutzmassnahmen». Mit der zunehmenden Bedeutung der internationalen Normung übernahm Markus Büchler 2012 die Funktion als Convenor der Arbeitsgruppe ISO TC 156 WG 10 für den KKS von erdverlegten und eingetauchten Strukturen. Parallel zu diesen Forschungsvorhaben zum KKS baute die SGK umfassende Schulungskurse auf.
Von 2015 bis 2017 wurde die SGK von Ruedi Wendelspiess präsidiert. In seiner Funktion als Leiter des Rohrleitungsinspektorats wurde der Themenbereich des Kathodischen Korrosionsschutzes weiter intensiviert, und die SGK leitete eine Europäische Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der KKS-Schutzkriterien. 2017 übernahm der SGK-Mitarbeiter Ueli Angst die Funktion als Professor an der ETH Zürich und wurde in der Folge Präsident der SGK. Nach 10 Jahren Unterbruch wurde mit Ueli Angst somit die direkte Anbindung der SGK an die ETH wiederhergestellt. Wichtige Synergien konnten erneut genutzt werden, welche die Funktion der SGK als Schnittstelle zwischen industrieller Anwendung und Hochschule weiter stärkten.
Aktuell sind neun Mitarbeitende bei der SGK beschäftigt. Mit zwei Elektrotechnikern, zwei Werkstoffingenieuren, einer Bauingenieurin und einem Bauingenieur sowie einem Maschineningenieur ist die SGK in der Lage, die verschiedensten Aspekte von Korrosion und Korrosionsschutz, aber auch Erdung, Bahntechnik und Personenschutz zu behandeln. Die internationale Anerkennung der Fachkompetenz, aber auch die neuÂtrale Position zwischen beeinflussenden und beeinflussten Anlagebetreibern fĂĽhrt zu einem starken internationalen Engagement, wie Projekte in Frankreich, Deutschland, England, Holland und Spanien, aber auch in SĂĽdafrika, Australien und Israel zeigen.
Die SGK bezweckt die Förderung des Korrosionsschutzes im technischen und wissenschaftlichen Bereich in der Schweiz im Allgemeinen und unter den Mitgliedern im Besonderen. Sie ist eine unabhängige innovative, im Bereich des Korrosionsschutzes tätige Organisation, die den Technologietransfer aus der Wissenschaft in die Praxis fördert und betreibt, sowie die Interessen ihrer Mitglieder in nationalen und internationalen Gremien vertritt. Daneben bietet sie als neutrale Non-Profit-Organisation marktorientiert und kostendeckend den Korrosionsschutz betreffende Dienstleistungen an.
Die SGK ist gemäss ZGB ein Verein mit Sitz in Zürich. Sie ist seit 2005 gemäss ISO 9001 zertifiziert. Die wesentlichen Organe der SGK sind die Generalversammlung, der Vorstand und die Geschäftsstelle, welche die Aufgaben der SGK durchführt. Zur Behandlung der korrosionstechnischen Probleme und zur Durchführung von Studien bildet der Vorstand eine ständige Fachkommission, die Korrosionskommission. Sie hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Korrosionskommission stellt Leitsätze zur Verhinderung von Korrosionsschäden auf.
Die hohe Fachkompetenz, die internationalen Kontakte über die Normengremien, vor allem aber auch die konstruktive Zusammenarbeit innerhalb der Mitglieder im Rahmen von Arbeitsgruppen hat wesentlich zum Erfolg der SGK beigetragen. Mit der Gründung einer neutralen Fachstelle zur Behandlung von Korrosionsproblemen wurde vor 100 Jahren die wesentliche Grundlage für den späteren Erfolg geschaffen: Beeinflusser und Beeinflusste haben sich an einen Tisch gesetzt, die technischen Probleme offengelegt und eine gemeinsame Strategie für deren Lösung geschaffen. Noch heute sind die Diskussionen in den Arbeitsgruppen stets konstruktiv und lösungsorientiert. Dabei steht ausser Frage, dass Wasser, Gas, Strom, Bahnen und Strassen wesentliche Bestandteile der Schweizer Infrastruktur sind und dass sich Interessenskonflikte zwischen Beeinflussern und Beeinflussten in Einzelfällen nicht immer ausschliessen lassen. Selbstverständlich sind die technischen Regeln einzuhalten und die Kosten für die Lösung von sich trotzdem ergebenden Problemen sind zwischen den beteiligten Parteien entsprechend der Richtline C4 zu teilen.
Diese konstruktive Art der Zusammenarbeit ist international selten. Entsprechend oft besteht die Aufgabe der SGK bei Auslandeinsätzen auch in der Information und der Ausbildung der beteiligten Unternehmen zwecks Identifikation von konstruktiven Lösungsansätzen.
Um die Anwendung der aktuellen Kenntnisse in der Praxis zu ermöglichen und damit Schäden vorbeugend zu vermeiden, hat die SGK insgesamt sieben Richtlinien herausgegeben, die bei Bedarf überarbeitet und den aktuellen Vorschriften und Normen angepasst werden. Die Richtlinien C1, C2, C3, C4 und C5 wurden in der Schweiz vom Gesetzgeber als Regeln der Technik anerkannt [7].
Die SGK pflegte stets nationale und internationale Beziehungen mit verschiedenen Fachgremien und nimmt aktiv an deren Tätigkeiten teil. Bereits 1927 vertrat sie die Schweiz im CCI (Comité Consultatif International des communications téléphoniques à grande distance) und wurde 1929 Mitglied der CMI (Commission Mixte Internationale pour les expériences relatives à la protection des lignes téléphoniques). Seit 1972 ist sie Mitglied im CEOCOR, dem Europäischen Studienkomitee für Korrosion und Korrosionsschutz von Rohrleitungssystemen. Dessen jährliche Kongresse sind technisch auf sehr hohem Niveau und es werden stets die neuesten Erkenntnisse präsentiert. Die offene und konstruktive Diskussionskultur hat auch dazu geführt, dass alle für den KKS relevanten europäischen und internationalen Normen aus Arbeitsdokumenten des CEOCOR hervorgegangen sind. Drei Mitarbeiter der Geschäftsstelle wurden in dieser Organisation als Sektor- und Kommissionspräsidenten gewählt und Markus Büchler hat aktuell das Präsidium inne.
Seit 20 Jahren sind Mitarbeiter der SGK auch in der nationalen (SIA) und internationalen Normung (CEN, CENELEC und ISO) tätig. Dort konnten relevante Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten der SGK direkt in die internationalen Normen einfliessen.
Ein grosses Bestreben der SGK ist es, die neuesten Erkenntnisse und Lösungen im Bereich der Korrosion und des Korrosionsschutzes in die Praxis zu ĂĽbertragen und öffentlich zugänglich zu machen. Dies geschieht durch Vorträge, Publikationen in Fachzeitschriften, die Herausgabe von Richtlinien, die DurchfĂĽhrung von Schulungskursen und die Mitwirkung in verschiedenen Arbeitsgruppen. Seit 1980 sind ĂĽber 300 Publikationen der SGK erschienen, darunter auch viele Artikel im Aqua & Gas. Nebst jährlichen Publikationen werden jeweils etwa 10 Vorträge an nationalen und internationalen Veranstaltungen gehalten. Zudem werden die Mitglieder der SGK zusätzlich im Rahmen der jährlich stattÂfindenden Generalversammlungen ĂĽber die neuesten technischen Erkenntnisse, die normativen Entwicklungen und die Aktivitäten der SGK informiert.
Schulungen haben fĂĽr den Wissenstransfer ebenfalls einen hohen Stellenwert. 2006 erschien eine erste Norm betreffend der Kompetenzen von KKS-Personal, welche 2017 in eine ISO-Norm ĂĽberÂfĂĽhrt wurde und damit die Anforderungen an Fachpersonal weltweit regelt [8]. Die SGK entwickelte Ausbildungs-/Vorbereitungskurse fĂĽr die Bereiche Böden sowie Stahlbeton, welche seit 2008 auf Deutsch, Französisch und Englisch angeboten werden. Die hohe Qualität der Kurse ÂfĂĽhrt auch zu einer grossen Teilnahme aus Nachbarländern und es haben auch bereits mehrtägige Schulungen in Belgien, Niederlande, England und Australien stattgefunden. Nebst diesen spezifischen Kursen zum KKS fĂĽhrt die SGK jeweils verschiedene massgeschneiderte Ausbildungskurse fĂĽr Firmen und Verbände durch, die den spezifischen Anforderungen und den jeweiligen Randbedingungen Rechnung tragen, wie zum Beispiel die Ausbildung des Bahnpersonals der Metro Sofia (Bulgarien) fĂĽr die praktische AusfĂĽhrung der periodischen KontrollÂmessungen des Streustromschutzes.
Die messtechnische Erfassung von zeitlich variierender Beeinflussung war stets eine zentrale Kompetenz der SGK. Die Entwicklung und der Bau von geeigneten Messeinrichtungen sowie deren Anwendung unter teilweise anspruchsvollen Bedingungen hat die Arbeit in der Vergangenheit geprägt und wesentlich zum technischen Know-how beigetragen.
Der technische Fortschritt mit digitaler Datenerfassung und Verarbeitung hat somit auch das Arbeitsumfeld der SGK wesentlich verändert. 1995 wurden bei der Europabrücke in Zürich erstmals nach dem Aufbringen einer neuen Fahrbahnabdichtung Monitoring-Einrichtungen zur Verfolgung des Einflusses der Austrocknung der Brücke auf die Korrosionsgeschwindigkeit installiert.
Diese Verfahren wurden laufend verfeinert und führten bei der SGK zur Entwicklung verschiedener Sensoren für den Einsatz im kontinuierlichen Monitoring von Stahlbetonbauwerken. Mit dem Aufbau der Kompetenz zur Behandlung von grossen Datenmengen wurde nicht nur eine stark verbesserte Bewertung von Stahlbetonbauwerken, sondern auch ein vertieftes Verständnis für die ablaufenden Schädigungsmechanismen und die Identifikation von relevanten Einflussfaktoren möglich [9].
Die Erkenntnisse aus der FernĂĽberwachung wurden im Rahmen eines DVGW-Forschungsvorhabens zur Entwicklung eines Smart-KKS genutzt, der in Echtzeit die Beeinflussungssituation von Rohrleitungen ermittelte und mit aktiver Steuerung die jeweils optimalen Betriebsbedingungen regelte.
Im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des CEOCOR und der EFC (European Federation of Corrosion) wurden neue Ansätze für die Bewertung der Wirksamkeit des KKS erarbeitet. Diese ermöglichen die automatisierte Überwachung selbst bei kombinierter AC- und DC-Beeinflussung.
Die Kernkompetenz der SGK besteht in der messtechnischen Erfassung und Beurteilung von Korrosionsproblemen. Daraus ergibt sich ein direkter Zugang zu den aktuellen Fragestellungen, die sich mitunter als Folge von neuen Technologien ergeben. Vor 100 Jahren waren dies die Beeinflussungsprobleme als Folge von Gleichstrombahnbetrieb, Ende der 80er-Jahre kam es zu Schäden an kathodisch geschĂĽtzten Rohrleitungen durch Wechselstrombeeinflussung und in den letzten Jahren fĂĽhrt der verstärkte Einsatz von erneuerbaren Energien basierend auf Solarenergie zu Beeinflussungsfragen aufgrund von DC-Leckströmen der Wechselrichter. Weiter gibt es ungeklärte Fragen in Bezug auf die Hochspannungs-GleichstromĂĽbertragung sowie die Zugabe von Wasserstoff zu Methan und deren Auswirkung auf die Dauerhaftigkeit von Rohrleitungen. Die SGK hat sich in den letzten Jahren in umfangreichen Forschungsprojekten mit der Frage der Wechselstrom- und Gleichstrombeeinflussung beschäftigt und wesentlich zur Erarbeitung der entsprechenden Normen beigetragen. Aktuell liegt der Fokus auf dem Beitrag des Energieträgers Wasserstoff zur Rissbildung in Rohrleitungen. Aber auch der Beitrag des durch KKS gebildeten Wasserstoffs zur Schädigung von Rohrleitungen oder Vorspannkabeln wird durch die SGK intensiv untersucht. Dabei geht es sowohl um die Erarbeitung des grundlegenden Verständnisses der relevanten chemischen und physikalischen EinflussÂfaktoren als auch um die Identifikation von objektiven Beurteilungskriterien zur Einschätzung einer möglichen Gefährdung.
Es ist die Aufgabe der SGK, stets auf dem neuesten Stand des Wissens und der Technik zu sein, um ihren Mitgliedern und Kunden weiterhin eine optimale Beratung bieten zu können. Forschungsarbeiten zur Entwicklung von Grundlagen und Messmethoden wird deshalb auch in Zukunft eine hohe Priorität zugemessen, um den Herausforderungen der Energiewende, des Ausbaus des öffentlichen Verkehrs und der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen gerecht zu werden. Die Vermeidung von Aussenkorrosion ist nicht nur fĂĽr die Funktionssicherheit von Rohrleitungen und Behältern von flĂĽssigkeitsgefährdenÂden Substanzen und damit fĂĽr den Umweltschutz relevant. Vielmehr sichert ein wirksamer Korrosionsschutz auch den Werterhalt und trägt damit wesentlich zur Nachhaltigkeit der Infrastruktur bei. Dies ist einerseits aus ökonomischen GrĂĽnden von Bedeutung. Der Einsatz von effiÂzienten Instandsetzungsverfahren ist aber auch in Bezug auf die schonende Nutzung von Ressourcen relevant.
[1] G. d. S.E.V. (1918): Die Korrosion durch Erdströme elektrischer Bahnen. Bulletin des SEV 7 und 9
[2] Zangger, H. (1918): Die Methoden zur Untersuchung der Korrosionsverhältnisse bei elektrischen Bahnen, allgemeine Ergebnisse solcher bei schweizerischen Strassenbahnen und die Mittel zur Verbesserung. Bulletin des SEV 10 und 11
[3] G. d. S.E.V. (1928): Leitsätze betreffend Schutzmassnahmen zur Verminderung der Korrosion an Rohren und Kabeln durch Erdströme elektrischer Bahnen. Fachschriften-Verlag & Buchdruckerei AG, Zürich
[4] Zangger, H. (1923): Die Organisation der Arbeiten der Schweizerischen Korrosionskommission und ihrer Kontrollstelle und einige der bisher erzielten Ergebnisse», Bulletin des SEV 13 (1929).
[5] Bourquin (1939): Versuche ĂĽber die elektrolytische Korrosion von in Erde verlegten, metallenen Objekten unter konstanter Gleichspannung in ZĂĽrich und Neuhausen. Bulletin des SEV 25
[6] TR 023, «Assessment of post-installed rebar connections» (2006)
[7] SR 746.12 (2021): Verordnung ĂĽber Sicherheitsvorschriften fĂĽr Rohrleitungsanlagen (Rohrleitungssicherheitsverordnung, RLSV).
[8] SN EN ISO 15257 (2017): Kathodischer Korrosionsschutz – Qualifikationsgrade von mit kathodischem Korrosionsschutz befassten Personen - Grundlage für ein Zertifizierungsverfahren
[9] Brem, M.; Lohner, J.; BĂĽchler, M. (2022): A longterm study on the effect of a hydrophobic treatment on the moisture balance and durability of a reinforced concrete structure in a road tunnel. MATEC Web Conf. 364: 04005
[10] BĂĽchler, M. (2012): Alternating current corrosion of cathodically protected pipelines: Discussion of the involved processes and their consequences on the critical interference values. Materials and Corrosion 63: 1181
[11] BĂĽchler, M.; Angst, U. (2016): Ăśber den Mechanismus des KKS. Aqua & Gas 6/2016: 14-22
[12] SVGW (2011): Merkblatt W10015 – Elektrische Trennung von Wasserleitungen und Erdungsanlagen.
[13] Rieder,A. (2007): Substanzerhaltung als Daueraufgabe. gwa 08/07-2007: 615
[14] Voûte, C.-H. et al. (2015): Fleckenbildung in Trinkwasserreservoirs. Aqua & Gas 6/2015: 32
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