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Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft fĂŒr Korrosionsschutz (SGK) beschreiben umfassend und praxisnah Spezialgebiete des Korrosionsschutzes und unterstĂŒtzen bei der Planung, Umsetzung, Inbetriebnahme und Wartung der betroffenen Anlagen. Im Falle der Richtlinie C5 [1] betrifft dies den BehĂ€lter, die zugehörigen Rohrleitungen sowie Korrosionsschutzmassnahmen inklusive dem kathodischen Korrosionsschutz (KKS). Dabei werden besonders die Rahmenbedingungen, die korrekte Installation und die Inbetriebnahme fĂŒr einen optimalen Betrieb der Korrosionsschutzmassnahmen behandelt.
Da der Anwendungsbereich lediglich auf Ăltanks ausgelegt war, wurde die Richtlinie revidiert. Denn verschiedene SchĂ€den an BehĂ€ltern fĂŒr Gas und Wasser haben gezeigt, dass Korrosionsschutzmassnahmen fĂŒr den sicheren und dauerhaften Betrieb dieser Anlagen ebenfalls von zentraler Bedeutung sind. Daher hat die neue Richtlinie C5 einen erweiterten Anwendungsbereich und ermöglicht damit eine gezielte Verbesserung der Korrosionssituation von sĂ€mtlichen erdverlegten BehĂ€ltern. Dies ist insbesondere angesichts der steigenden Zahl an Biogasanlagen und WasserbehĂ€ltern von zentraler Bedeutung.
Die Mechanismen, die oft zu einem frĂŒhzeitigen Versagen dieser Anlagen fĂŒhren, werden im Folgenden aufgezeigt. Zudem werden die verschiedenen Schutzmassnahmen dargelegt und deren Wirksamkeit diskutiert. Die Details zu deren Umsetzung werden nicht im Detail erlĂ€utert, da diese vertieft in der neuen C5 dargelegt werden.
Korrosion wird nach SN EN ISO 8044 definiert als eine physikochemische Wechselwirkung zwischen einem Metall und seiner Umgebung, die zu einer VerĂ€nderung der Eigenschaften des Metalls fĂŒhrt und die zu erheblichen BeeintrĂ€chtigungen der Funktion des Metalls, der Umgebung oder des technischen Systems fĂŒhren kann. Im Zusammenhang mit erdverlegten Strukturen bezieht sich diese Definition primĂ€r auf die elektrochemische Reaktion des Werkstoffs in einer feuchten Umgebung mit dem Oxidationsmittel Sauerstoff. Der elektrochemische Korrosionsvorgang lĂ€uft in zwei getrennten Teilreaktionen ab.
Zum einen erfolgt die anodische Metalloxidation. Dabei wird das Metallatom aus der Gitterstruktur des Metalls herausgelöst, gibt Elektronen ab und geht als positiv geladenes Ion entsprechend Reaktion (1) in die Wasserphase (Elektrolyten) ĂŒber:
Fe â Fe2+ + 2eâ   (1)
Zum anderen erfolgt die kathodische Sauerstoffreduktion entsprechend Reaktion (2).
O2 + 2H2O + 4eâ â 4OHâ (2)
Damit der Korrosionsprozess ablaufen kann, muss in gleichem Masse Sauerstoff reduziert werden, wie Eisen durch Oxidation aufgelöst wird. Das heisst, die Anzahl der bei der Oxidations- und Reduktionsreaktion umgesetzten Elektronen muss immer gleich sein. Dieser Zusammenhang ist in Figur 1 mithilfe der Pfeile dargestellt. Ein Korrosionsprozess wird dabei als ein aus dem Metall austretender Pfeil dargestellt. DemgegenĂŒber zeigt ein in das Metall eintretender Pfeil eine Sauerstoffreduktion an.
Die Oxidationsreaktion entsprechend (1) wird nicht nur durch den pH-Wert des Umgebungsmediums, sondern auch durch das Potenzial an der GrenzflĂ€che Metall/Elektrolyt bestimmt. So kann die Reaktion erst ablaufen, wenn das Metall/Elektrolyt-Potenzial positiver als das Gleichgewichtspotenzial dieser Reaktion ist. Dieses Gleichgewichtspotenzial errechnet sich aus der Nernst-Gleichung. FĂŒr Eisen betrĂ€gt der Wert â0,97 VCSE.
Daraus folgt, dass Eisen in neutraler Umgebung bei Anwesenheit von Sauerstoff korrodieren muss, da der Sauerstoff das Potenzial der Metall/Elektrolyt-GrenzflĂ€che in positiver Richtung verschiebt. Dieses Mischpotenzial, das sich bei der Ăberlagerung der Reaktionen (1) und (2) ergibt, wird als Korrosionspotenzial bezeichnet. Dessen Wert ist in hohem Mass von der Elektrolytzusammensetzung, der Deckschichtbildung und der Sauerstoffdiffusion abhĂ€ngig.
Je schneller Sauerstoff an die MetalloberflÀche diffundiert, umso positiver wird das Potenzial der Metall/Elektrolyt-GrenzflÀche und entsprechend schneller lÀuft die Korrosionsreaktion ab. Unter gewissen UmstÀnden, das heisst bei Bildung von stabilen Deckschichten, können bei FlÀchenkorrosion jedoch durchaus akzeptable Nutzungsdauern von Anlagen erreicht werden.
Oft werden aber bei der Bildung von galvanischen Elementen bedeutend höhere Korrosionsgeschwindigkeiten an erdvergrabenen Strukturen beobachtet.
Ein galvanisches Element bildet sich, wenn Werkstoffe mit unterschiedlichem Korrosionspotenzial gleichzeitig elektrisch und elektrolytisch leitend miteinander verbunden werden. Die Erhöhung der Korrosionsgeschwindigkeit ist die Folge der unterschiedlichen Korrosionspotenziale der beiden Werkstoffe, die sich in Wechselwirkung mit Sauerstoff und dem Umgebungsmedium einstellen. Nachfolgend sind einige ausgewĂ€hlte Beispiele typischer Korrosionspotenziale aufgefĂŒhrt:
Metall | Potenzial [VCSE] |
Kupfer | 0,00 bis â0,20 |
Stahl in Beton | 0,00 bis â0,20 |
Stahl in belĂŒftetem Boden Ï < 100 Ω m | â0,45 bis â0,65 |
Stahl in belĂŒftetem Boden 100 Ω m < Ï < 1000 Ω m | â0,30 bis â0,50 |
Stahl in belĂŒftetem Boden Ï > 1000 Ω m | â0,20 bis â0,40 |
Stahl in anaerobem Boden | â0,65 bis â0,80 |
Zink | â0,90 bis â1,10 |
Korrosionspotenzial von verschiedenen Werkstoffen
Da die Sauerstoffreduktion in der Regel auf der gesamten erdverlegten metallischen OberflĂ€che ablĂ€uft, die Korrosionsreaktion aber auf die StahloberflĂ€che mit dem negativsten Korrosionspotenzial begrenzt ist, konzentriert sich der ursprĂŒngliche Korrosionsstrom des Stahls lokal. Dieser Effekt wird umso ausgeprĂ€gter, je kleiner der FlĂ€chenanteil des Bauteils mit negativerem Potenzial im VerhĂ€ltnis zu jenem mit positiverem Korrosionspotenzial ist.
Da die Korrosionsgeschwindigkeit direkt proportional zu der aus der StahloberflÀche austretenden Stromdichte (also Strom pro FlÀche) ist, ergibt sich eine umso grössere Korrosionsgeschwindigkeit, je kleiner die FlÀche mit dem negativsten Potenzial (Anode) im VerhÀltnis zur FlÀche ist, auf welcher die Sauerstoffreduktion ablÀuft.
GemĂ€ss Faradayâschem Gesetz folgt direkt, dass ein Stromaustritt von einem Ampere wĂ€hrend eines Jahrs zu einem Materialabtrag von 9,13âkg fĂŒhrt. Bezieht man diesen Materialabtrag auf eine FlĂ€che von 1âm2, erhĂ€lt man die lineare Abtragsrate w. Sie betrĂ€gt fĂŒr Eisenwerkstoffe w(Fe) = 1,12âmmâAâ1âaâ1. Wenn man berĂŒcksichtigt, dass bei lokalem Angriff bereits 1âcm3 zu einem Durchbruch einer Stahlwand fĂŒhren kann, so erkennt man die grosse Gefahr, die durch galvanische Elementbildung hervorgerufen wird.
Aus dem Vergleich der Korrosionspotenziale wird klar, dass nicht nur die elektrische Verbindung von Stahl mit Kupfer oder mit Stahl in Beton zur Bildung eines galvanischen Elements fĂŒhrt. Demzufolge kann die galvanische Elementbildung an lĂ€ngsleitfĂ€higen erdvergrabenen Strukturen kaum verhindert werden, da immer mit unterschiedlichen Korrosionspotenzialen aufgrund von unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten entsprechend Figur 2 zu rechnen ist.
In der Diskussion der Korrosionsmechanismen zeigt sich klar, dass die KorrosionsgefĂ€hrdung von erdverlegten BehĂ€ltern in erster Linie eine Folge der galvanischen Elementbildung ist. Die primĂ€re Ursache galvanischer Elementbildung stellt dabei der elektrische Kontakt zu Erdungssystemen dar. Diese Situation ist schematisch in Figur 3 dargestellt. Es folgt somit, dass sich die primĂ€re KorrosionsgefĂ€hrdung von erdverlegten BehĂ€ltern aus der direkten Verbindung zu Erdungssystemen ergibt. Dadurch wird die Korrosionsgeschwindigkeit stark erhöht, wobei je nach Ausgangslage Werte von 0,2 bis 2âmm/Jahr erreicht werden können.
Da diese zu einer relevanten Verringerung der Nutzungsdauer des BehĂ€lters fĂŒhren, sind Korrosionsschutzmassnahmen zu treffen. Die Korrosionsgeschwindigkeit kann in einem ersten Schritt durch eine galvanische Trennung zur Erdungsanlage stark verringert werden. Eine weitere Verringerung der Korrosionsgeschwindigkeit wird durch die zusĂ€tzliche Installation eines kathodischen Korrosionsschutzes ermöglicht. Diese beiden Schutzmassnahmen werden in den folgenden Kapiteln erlĂ€utert.
Die galvanische Trennung wird durch den Einbau einer Isolierkupplung erreicht. Damit wird das galvanische Element mit der Erdungsanlage unterbrochen und die primĂ€re Ursache fĂŒr die erhöhte Korrosionsgeschwindigkeit eliminiert. Diese Massnahme vermag aber das Auftreten von galvanischer Korrosion nicht komplett zu unterbinden. So kann es zwischen einzelnen Fehlstellen in der UmhĂŒllung gemĂ€ss Figur 4 noch immer zur Bildung eines sogenannten galvanischen BelĂŒftungselements kommen.
WÀhrend dieser Korrosionsprozess bei einzelnen BehÀltern mit homogener Bettung vergleichsweise langsam sein kann, ist in verschiedenen FÀllen noch immer mit relevanter Korrosion zu rechnen:
â bei Anlagen bestehend aus mehr als einem BehĂ€lter resp. weitreichender Verrohrung
â bei schlechter UmhĂŒllungsqualitĂ€t
â bei Beeinflussung durch Streustromgradienten von Erdungsanlagen oder Bahnen
In diesen FĂ€llen kann der Korrosionsschutz durch die Installation eines kathodischen Korrosionsschutzes weiter verbessert werden.
Das Prinzip des kathodischen Schutzes besteht darin, die galvanischen Elemente zwischen unterschiedlichen Fehlstellen zu kompensieren. Zudem werden die Angriffsmittel im Erdboden (Sauerstoff) mithilfe von Elektronen, die nicht von der Metallauflösung stammen, sondern die entweder von der Auflösung einer Opferanode oder von einem SchutzstromgerĂ€t in die zu schĂŒtzende Anlage gelangen, in ungefĂ€hrliche Stoffe umgewandelt (Hydroxidionen), die zu einer Erhöhung des pH-Werts an der StahloberflĂ€che fĂŒhren (Fig. 5). In anaeroben Böden oder bei langsamer Nachdiffusion von Sauerstoff wird nebst der Reduktion von Sauerstoff gemĂ€ss Reaktion (2) zusĂ€tzlich Wasserzersetzung gemĂ€ss Reaktion (3) ablaufen:
2H2O + 2eâ â H2 + 2OHâ (3)
Dabei kommt es zur Bildung von Wasserstoff und zusĂ€tzlich zur Erhöhung des pH-Werts. Dieser erhöhte pH-Wert erzeugt einen wirksamen Korrosionsschutz des Stahls, da die Bildung eines schĂŒtzenden Passivfilms möglich wird.
Damit eine Anlage kathodisch vor Korrosion geschĂŒtzt werden kann, mĂŒssen die folgenden Bedingungen erfĂŒllt sein:
â Um den Schutzstrombedarf zu begrenzen, muss die Anlage eine isolierende UmhĂŒllung aufweisen.
â Um den Schutzstromabfluss in geerdete Anlagen und Fremdstrukturen zu vermeiden, muss die Anlage von solchen Anlagenteilen galvanisch getrennt werden (mit IsolierstĂŒcken, Trenntransformatoren usw.).
â Die Anlage muss eine gute elektrische LĂ€ngsleitfĂ€higkeit aufweisen.
â Der Anstieg des pH-Werts an der StahloberflĂ€che muss möglich sein. Dazu muss die Anlage in einem feinkörnigen Boden gebettet oder mit einer ZementmörtelumhĂŒllung versehen sein. Alternativ muss die Bildung von Kalkdeckschichten möglich sein.
Bei erdverlegten BehĂ€ltern ermöglicht die galvanische Trennung in vielen FĂ€llen bereits eine signifikante Erhöhung der Nutzungsdauer. Die Risiken von frĂŒhzeitigem Ausfall der Anlage durch galvanische Elementströme oder Streuströme von Gleichstromanlagen werden dadurch wirksam unterbunden.
Bei schlechter UmhĂŒllungsqualitĂ€t insbesondere in Kombination mit heterogener Bettung kann es aber auch bei wirksamer galvanischer Trennung zu frĂŒhzeitigen SchĂ€den kommen. Mit dem Einbau des KKS wird auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung der Schutzwirkung erreicht.
Zur Erhaltung der Infrastruktur und der langen Nutzungsdauer eines erdvergrabenen BehĂ€lters aus Stahl empfiehlt sich in jedem Fall die sorgfĂ€ltige galvanische Trennung des BehĂ€lters und der zugehörigen Rohrleitungen von der Bauwerkserde. Im Rahmen einer solchen Investition lohnt es sich, auch die Installation eines KKS zu bedenken. Denn gerade bei schlechter, inhomogener Bettung des BehĂ€lters können immer noch galvanische Elemente entstehen, die zu relevanten Korrosionsgeschwindigkeiten fĂŒhren. Ausserdem bietet der KKS eine einfache Möglichkeit, die galvanische Isolation des BehĂ€lters von der Bauwerkserde zu kontrollieren, indem die Betriebsparameter des KKS ĂŒberwacht resp. regelmĂ€ssig registriert werden.
Die Richtlinie C5 beschreibt die Vorgehensweise fĂŒr die Umsetzung eines kathodischen Korrosionsschutzes. In der Praxis können sich jedoch WidersprĂŒche mit technischen Vorschriften und Weisungen ergeben: So schreibt das ESTI in der WeT [2] vor, dass im Bereich von Tankanlagen, bei denen besondere Gefahren zu erwarten sind, eine einzige vermaschte Erdung zu erstellen ist. Das widerspricht der galvanischen Trennung des BehĂ€lters von der Bauwerkserde zur Verhinderung von galvanischen Elementen. In solchen FĂ€llen kann die Anbindung an die Erdung ĂŒber eine Abgrenzeinheit erstellt werden. Diese besteht aus mindestens zwei antiparallelen Dioden, die geringe Spannungsdifferenzen bis zur Schwellspannung sperren. Diese Spannung kann ĂŒber die Anzahl der eingesetzten Dioden eingestellt werden. Wenn die Schwellspannung ĂŒberschritten wird, wie zum Beispiel bei einem Blitzschlag oder einer Fehlfunktion/-installation eines elektrischen Betriebsmittels am BehĂ€lter, wird die Abgrenzeinheit leitend und stellt die Erdung des BehĂ€lters sicher.
Die neue Fassung der C5 ermöglicht die einfache und zielfĂŒhrende Umsetzung eines praxisgerechten Korrosionsschutzes von erdverlegten BehĂ€ltern. Den Anforderungen an neuartige Technologien wird damit Rechnung getragen. Die aufgezeigten LösungsansĂ€tze ermöglichen einen effizienten, praxisnahen und ökonomischen Korrosionsschutz, der die komplexen Einflussgrössen und Randbedingungen berĂŒcksichtigt.
[1] AG Korrosionskommission (2018): «C5 Richtlinie fĂŒr Projektierung, AusfĂŒhrung und Betrieb des Korrosionsschutzes erdverlegter BehĂ€lter aus Stahl und zugehörigen Rohrleitungen»
[2] Eidgenössisches Starkstrominspektorat ESTI (2013): Nr. 503.0703 d, «Weisungen fĂŒr Schutzmassnahmen gegen gefĂ€hrdende Wirkungen des elektrischen Stromes in Tankanlagen mit oder ohne Bahnanschluss (WeT)»
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