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Fachartikel
07. März 2025

Grundwasserschutz

Abschätzung der Zuströmbereiche mit GIS-basierten Werkzeugen

In einem vom SVGW-Forschungsfonds FOWA teilfinanzierten Pilotprojekt wurde eine GIS-basierte Methode zur Bemessung des Zuströmbereichs entwickelt. Die Anwendung des semiempirischen Werkzeugs ist wenig zeitintensiv. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass fundierte hydrogeologische Systemkenntnisse Voraussetzung dafür sind.
Paul Borer, Yvonne Balzer-Kaufmann, Matthias Häberlin, Daniele Biaggi Daniele Biaggi, 

Die Zuströmbereiche sind ein wichtiges planerisches Instrument, um Massnahmen gegen Grundwasserverunreinigungen am richtigen Ort umzusetzen und kĂŒnftige Verunreinigungen zu verhindern. Der Zuströmbereich umfasst jenen Bereich innerhalb des Fassungseinzugsgebiets, in dem der grösste Teil des zur Grundwasserfassung zuströmenden Wassers neu gebildet wird. Seit seiner EinfĂŒhrung in der GewĂ€sserschutzverordnung (GSchV) von 1998 sind nur wenige Bestrebungen unternommen worden, Zuströmbereiche in der Schweiz auszuscheiden. So dĂŒrften in den letzten 25 Jahren lediglich deren 60 (Stand 2020) ermittelt worden sein [1].

Ums Jahr 2019 ist der Zuströmbereich durch den weitverbreiteten Nachweis von Chlorothalonil-Metaboliten bei Grundwasserproben in den Fokus der politischen Diskussion gerĂŒckt. Geht es nach der stĂ€nderĂ€tlichen Motion Zanetti 20.3625 «Wirksamer Trinkwasserschutz durch Bestimmung der Zuströmbreiche», mĂŒssten in der Schweiz bis 2035 zahlreiche Zuströmbereiche fĂŒr verunreinigte Trinkwasserfassungen, fĂŒr Trinkwasserfassungen mit konkreten Gefahren einer Wasserverschmutzung oder fĂŒr Trinkwasserfassungen von regionaler Bedeutung ausgeschieden werden [2]. Die konkrete Umsetzung dieser Motion, d. h. die Formulierung der Bestimmungen im GewĂ€sserschutzgesetz, ist noch in Arbeit. Das Bundesamt fĂŒr Umwelt (BAFU) weist auf Anfrage darauf hin, dass die Frist im Motionstext voraussichtlich verlĂ€ngert wird. Das Bundesamt schĂ€tzt, dass schweizweit voraussichtlich ca. 1500 Zuströmbereiche notwendig sein werden. Im Kanton Bern ist somit zu erwarten, dass rund 200 bis 300 Zuströmbereiche bestimmt werden. Die Notwendigkeit zu deren Ausscheidung wird zudem durch eine neue, per 1. Februar 2023 in Kraft getretene Bestimmung im GewĂ€sserschutzgesetz (Art. 27 GSchG) bekrĂ€ftigt. Diese besagt, dass im Zuströmbereich von Trinkwasserfassungen nur Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dĂŒrfen, deren Verwendung im Grundwasser nicht zu Konzentrationen von Wirkstoffen und Abbauprodukten ĂŒber 0,1 ”g/l fĂŒhren.

Wie soll der Kanton Bern einige Hundert Zuströmbereiche zeitnah bemessen? Welche Vorgehensweise drĂ€ngt sich auf, wenn zu dem betroffenen Grundwasservorkommen kein numerisches Grundwassermodell zur VerfĂŒgung steht? Diese grosse Herausforderung gab Anlass, eine einheitliche, effiziente und auf die bestehenden Kenntnisse der hydrogeologischen Gegebenheiten abgestĂŒtzte Methode zu entwickeln.

AnsĂ€tze fĂŒr die Bemessung von Zuströmbereichen

Nach EinfĂŒhrung des Zuströmbereichs als planerisches Element des Grundwasserschutzes (zur Vorgeschichte siehe Referenz [3]) wurden Grundlagen fĂŒr dessen Bemessung zusammengetragen und entsprechende Arbeitshilfen erstellt [4–8]. Die konzeptuellen AnsĂ€tze haben sich in den vergangenen 25 Jahren nicht grundlegend geĂ€ndert. Wesentliche Fortschritte sind jedoch bei der Anwendbarkeit numerischer Grundwassermodelle zur Berechnung von Zuströmbereichen erzielt worden. Der Kanton Bern hat in den vergangen 3 Jahren mittels bestehender Modelle der Grundwasservorkommen Seeland und Emmental die Zuströmbereiche von ca. 30 Trinkwasserbezugsorten bemessen können. Praktisch unberĂŒcksichtigt blieben dabei hingegen die zahlreichen Fassungen, deren Einzugsgebiete nicht durch ein Modell abgedeckt sind. In solchen FĂ€llen können bereits einfache AnsĂ€tze zu einer groben Bemessung des Zuströmbereichs beitragen. Zu diesen gehören graphische und analytische AnsĂ€tze, welche erlauben, in Kombination mit einer Wasserbilanzierung und den Kenntnissen ĂŒber die lokalen hydrogeologischen Randbedingungen die Ă€ussere Begrenzung des Zuströmbereichs festzulegen. Das im vorliegenden Artikel prĂ€sentierte Werkzeug basiert auf solchen graphisch-analytischen AnsĂ€tzen.

Im Jahr 2022 wurde die Plattform «Grundwasserschutz» ins Leben gerufen. Sie wird im Auftrag der Abteilung Wasser des BAFU durch das Zentrum fĂŒr Hydrogeologie und Geothermie der UniversitĂ€t Neuenburg (CHYN) gefĂŒhrt. Eines der Ziele der Plattform ist die Erarbeitung von pragmatischen und wissenschaftlich robusten Methoden zur Bemessung von Zuströmbereichen. Entsprechende Empfehlungen an die Kantone sollen den Vollzug vereinheitlichen und auf den aktuellen Stand der Technik bringen ([9]; siehe auch Box am Ende des Artikels). Die hier vorgestellte Methode – bei deren Entwicklung die Plattform «Grundwasserschutz» in der Begleitgruppe vertreten war – versteht sich somit auch als ergĂ€nzenden Beitrag zur Inventarisierung und Evaluation möglicher Bemessungs­methoden.

FOWA-Projekt

Seit 2019 gibt es wegen flĂ€chendeckender Befunde von Grundwasserbelastungen durch RĂŒckstĂ€nde des Fungizids Chloro­thalonil in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten den politischen Auftrag, die Zuströmbereiche von Trinkwasserfassungen im Kanton Bern auszuscheiden. Infolgedessen initiierte das Amt fĂŒr Wasser und Abfall des Kantons Bern (AWA) in Zusammenarbeit mit der Geotechnischen Institut AG, Bern, ein Projekt mit dem Ziel, eine GIS-basierte Methode zu entwickeln zur möglichst effizienten und einheitlichen Bestimmung von Zuströmbereichen. Die Bemessung soll sich auf vorhandene Kenntnisse der örtlichen hydrogeologischen Gegebenheiten sowie auf eine generelle Annahme zur Verteilung der Grundwasserspeisung im Einzugsgebiet von Fassungen oder Quellen abstĂŒtzen. Das Werkzeug soll primĂ€r dann zum Einsatz gelangen, wenn das zu untersuchende Grundwassergebiet nicht durch ein numerisches Modell abgedeckt ist, was fĂŒr eine Mehrheit der Fassungen und Quellen zutrifft. Mit einer Zusatzfinanzierung durch den SVGW-Forschungsfonds FOWA konnte die Entwicklung dieser GIS-basierten Anwendung vorangetrieben und in Pilotprojekten getestet werden. Bisher geprĂŒft wurde die Methode bei Fassungen in Talgrundwasserleitern und bei Quellen im Berner Seeland. Bei den Fassungen im Talgrundwasserleiter lagen die mittels numerischem Grundwassermodell bemessenen Zuströmbereiche vor, so dass ein Vergleich der Ergebnisse der beiden Methoden vorgenommen werden konnte.

Die Arbeiten des FOWA-Projektes wurden Mitte 2022 aufgenommen. Die Plattform «Grundwasserschutz» sowie der SVGW wurden in das Projekt eingebunden, um einen Know-how-Austausch zu gewĂ€hrleisten. Nachfolgend wird das GIS-basierte Werkzeug in seinen GrundzĂŒgen vorgestellt sowie die Bemessung des Zuströmbereichs bei einer Trinkwasserfassung im Berner Seeland aufgezeigt.

ENTWICKLUNG DES WeRKZEUGS

Konzeptuelle hydrogeologische Modellbildung

UnabhĂ€ngig von der verwendeten Bemessungsmethode gilt es zunĂ€chst, das hydrogeologische System zu verstehen und zu charakterisieren. Die Wasserbilanzen und die Einflussgrössen fĂŒr die Speisung der Fassung oder Quelle mĂŒssen bekannt sein. Figur 1 zeigt schematisch die Situation einer Fassung, die Grundwasser aus einem Talaquifer bezieht. Zur Speisung der Fassung tragen verschiedene GrundwasserzuflĂŒsse bei:

  • die direkte Grundwasserneubildung durch Versickerung von Niederschlag,
  • die Grundwasserneubildung durch Infiltration von Flusswasser und
  • allfĂ€llige ZuflĂŒsse aus anderen Grundwasservorkommen.


GeschmĂ€lert wird die Speisung der Fassung durch GrundwasserwegflĂŒsse, z. B. wenn Grundwasser aus dem Grundwasserkörper in ein OberflĂ€chengewĂ€sser exfiltriert, oder durch weitere GrundwasserabflĂŒsse wie Quellaufstösse, Drainagen bzw. anderweitige konsumtive Entnahmen (z. B. BewĂ€sserung, Brauchwassernutzung etc.) dem System entnommen wird.

Diese Einflussgrössen bestimmen neben der Entnahmeleistung der Fassung die Wasserbilanz und erlauben eine ĂŒberschlagsmĂ€ssige Berechnung des FlĂ€chenbedarfs fĂŒr das Fassungseinzugsgebiet (AFEG) als Grundlage fĂŒr die Ermittlung des Zuströmbereichs.

Grundwasserfluss und Entnahmeanteil

Nach der konzeptionellen Modellbildung mĂŒssen die hydrogeologischen Prozesse genauer analysiert und quantifiziert werden. GemĂ€ss GSchV umfasst der Zuströmbereich das Gebiet, aus dem etwa 90% des Grundwassers stammt, das bei einer Fassung höchstens entnommen werden darf. GrundsĂ€tzlich lĂ€sst sich die FlĂ€che bei bekannter Grundwasserfliessrichtung relativ einfach herleiten: Fliesst ein Wasserpaket zur Fassung, gehört das Gebiet, aus dem es stammt, potenziell zum Zuströmbereich, fliesst es an der Fassung vorbei oder verlĂ€sst auf anderem Weg das System, gehört es nicht zum Zuströmbereich. Potenziell, weil gemĂ€ss Definition nicht alles Grundwasser, sondern nur 90%, zum Zuströmbereich gezĂ€hlt werden.

Der Grundwasseranteil, der in die Fassung fliesst, wird im Rahmen der vorliegenden Methode Entnahmeanteil (EA) genannt. Er kann als Wahrscheinlichkeit interpretiert werden, mit der ein Wasserpaket von einer bestimmten Stelle im Fassungseinzugsgebiet nach lÀngerer Zeit in der Grundwasserfassung dem System entnommen wird.

Speisungsbeitrag und Bilanzierung

Wird die Grundwasserneubildung mit dem Entnahmeanteil multipliziert, ergibt sich die absolute Menge an Wasser, die von einem bestimmten Punkt im Fassungseinzugsgebiet stammend in der Fassung entnommen wird. Dieser Wert wird auch Speisungsbeitrag genannt. Eine Summe ĂŒber das gesamte Einzugsgebiet ergibt eine theoretische Zuflussmenge (Q Z) zur Fassung. Diese theoretische Zuflussmenge sollte der tatsĂ€chlichen Bemessungswassermenge (Q B) entsprechen. In Gleichung 1 ist die Bilanzierung zusammengefasst.

 

Gl. 1: Bilanzierung ĂŒber SpeisungsbeitrĂ€ge

Dabei wird das Fassungseinzugsgebiet in N TeilflĂ€chen (Pixel) mit dem FlĂ€cheninhalt ∆A aufgeteilt. FĂŒr jede TeilflĂ€che i wird der Speisungsbeitrag ausgehend von dem Entnahmeanteil (EAi) und der Grundwasserneubildung (Gi ) 1 dieser TeilflĂ€che berechnet. Schliesslich werden die SpeisungsbeitrĂ€ge aller N TeilflĂ€chen summiert.

Diese Art der Bilanzierung stellt kein neues Konzept dar. Sie ist vielmehr ein zentraler Verfahrensschritt in der «Praxishilfe zur Bemessung des Zuströmbereichs ZU» [8], die vom BAFU im Jahr 2005 veröffentlicht wurde. Es drÀngen sich jedoch an dieser Stelle wichtige Fragen auf: Was passiert, wenn die theoretische Zuflussmenge nicht der tatsÀchlichen Bemessungsmenge entspricht? Worauf beruht der Speisungsbeitrag respektive wie lÀsst er sich im Detail berechnen? Und was ist der Kern der vorgestellten Methode?

Der Ansatz der GIS-basierten Methode

Dreh- und Angelpunkt zur Beantwortung der obigen Fragen ist der Entnahmeanteil. Er ist in der Praxis unbekannt und kann auch nicht experimentell bestimmt werden. Der Entnahmeanteil muss daher anhand von Kenntnissen zu Fliesspfaden berechnet oder geschĂ€tzt werden. Dazu stellt die hier vorgestellte Methode eine mathematische Funktion bereit, welche die Verteilung der Entnahmeanteile der einzelnen TeilflĂ€chen umschreibt. Falls die Grundwasserbilanz nicht aufgeht, muss diese angenommene Verteilung solange angepasst werden, bis die Bilanz aufgeht. Dazu stehen dem Anwender mehrere freie Parameter zur VerfĂŒgung, mittels derer Form und Grösse des Entnahmeanteils verĂ€ndert werden können. Dieser Vorgang wird im Kontext der vorliegenden Methode auch Kalibration genannt.

Das HerzstĂŒck: Die Verteilung der Entnahmeanteile

Die geschĂ€tzte Verteilung der Entnahmeanteile stellt das eigentliche HerzstĂŒck der Methode dar. Wie bereits erwĂ€hnt kann der Entnahmeanteil als Wahrscheinlichkeit interpretiert werden, mit der ein an einer bestimmten Position neu gebildetes Grundwasserpaket in die zu untersuchende Fassung fliesst. Nachfolgend wird der Aufbau der GIS-basierten Methode im Detail beschrieben. Die Konstruktion beruht auf einer Kombination einfacher mathematischer Funktionen. Bei der Wahl geeigneter Funktionen ist man nicht ganz frei, die geschĂ€tzte Verteilung der Entnahmeanteile sollte schliesslich möglichst realitĂ€tsnahe Resultate liefern. Wichtig ist die BeschrĂ€nkung des Wertebereichs des Entnahmeanteils auf das Intervall 0 ≀ EA ≀ 1, denn nicht weniger als kein Wasser und nicht mehr als alles Wasser kann aus einem bestimmten Gebiet zur Fassung fliessen. Weiter beruht die Wahl auf hydrogeologischen Kenntnissen. Im Lockergestein ist das etwa der in der Natur beobachtete Absenktrichter, der dazu fĂŒhrt, dass Wasser auch von Positionen grundwasserstromabwĂ€rts zur Fassung gelangen kann. Schlussendlich wurden bei der Konstruktion Vergleiche zu numerischen Modellen herangezogen. Nachfolgend wird die Konstruktion des Entnahmeanteils mit zunehmender hydrogeologischer KomplexitĂ€t veranschaulicht.

Betrachtet wird zunÀchst ein verhÀltnismÀssig einfacher Grundwasserstrom (Fig. 2). Die Koordinaten beziehen sich auf die Distanz zur Fassung, die Fassung liegt dementsprechend am Koordinaten-Ursprung. Das Grundwasser fliesst entlang der X-Achse (Achsenbeschriftung dl in Fig. 2) von rechts nach links. X-Koordinaten kleiner als 0 liegen im Abstrom der Fassung, wÀhrend X-Koordinaten grösser als 0 oberhalb liegen. Die Verteilung der Entnahmeanteile ist ebenfalls in diese zwei Abschnitte geteilt. Im Abstrom wird der Entnahmeanteil in Analogie zum Absenktrichter einer Grundwasserfassung im Lockergestein radial zum Ursprung modelliert. Bei Quellfassungen liegt dieser Teil ausserhalb vom Fassungseinzugsgebiet und kommt daher nicht zum Tragen. Im Zustrom beruht die Konstruktion transversal (entlang der Y-Achse) auf einer glockenförmigen Abnahme. Diese transversale Glockenkurve wird multipliziert mit einer longitudinalen exponentiellen Abnahme. Dahinter steckt die Idee, dass mit zunehmender Distanz zur Fassung die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass ein Grundwasserpaket in die Fassung gelangt. Als letztes Kriterium kann die transversale Glockenkurve mit zunehmender longitudinaler Distanz verbreitert werden.

In Gleichung 2 sind die mathematischen Funktionen zusammengefasst, die zur SchÀtzung des Entnahmeanteils herangezogen werden:

 

Gl. 2: Mathematische Funktionen fĂŒr die AbschĂ€tzung der Verteilung der Entnahmeanteile H (H steht fĂŒr Hilfsfunktion und wird anstelle von EA verwendet, weil mit den angegebenen Gleichungen noch nicht die definitiven Entnahmeanteile bestimmbar sind).

In den Gleichungen wird der berechnete Entnahmeanteil als H fĂŒr Hilfsfunktion abgekĂŒrzt, da der definitive Entnahmeanteil EA erst nach der Betrachtung von Drittentnahmen bestimmt werden kann (vgl. Kap. «Erweiterungen fĂŒr allgemeine hydrogeologische Situationen»). Die Parameter dl und dq sind Distanzen lĂ€ngs und quer zum Hauptstrom. Im einfachen in Figur 2 gezeigten Fall entspricht die Distanz lĂ€ngs der X-Koordinate, die Distanz quer hingegen der Y-Koordinate. Die mathematische SchĂ€tzfunktion enthĂ€lt vier freie Parameter (α, ÎČ, Îł, ÎŽ), mittels derer die Funktion angepasst werden kann.

Figur 3 visualisiert die verwendeten Funktionen aus Gleichung 2 in einer dreidimensionalen Darstellung. Zu sehen ist die exponentielle Abnahme des Entnahmeanteils mit zunehmender Distanz zur Fassung (rote Linie). Weiter sind transversale Glockenkurven (schwarze Linien) in unterschiedlichen AbstĂ€nden von der Fassung ersichtlich. Mit zunehmender Distanz zur Fassung wird die Glockenkurve breiter. Der in dieser Arbeit geschĂ€tzte Entnahmeanteil als Kombination von transversaler Glockenkurve und longitudinaler exponentieller Abnahme stellt eine gute AnnĂ€herung dar, wie der Vergleich mit dem Entnahmeanteil fĂŒr eine Trinkwasserfassung im Emmental zeigt, der aus einem instationĂ€ren numerischen Modell hergeleitet wurde. In Figur 4 ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung fĂŒr Wasserpakete dargestellt, die zur Fassung am Koordinatenursprung strömen. Mit zunehmender Distanz zur Fassung wird die Wahrscheinlichkeit kleiner, dass Wasserpakete zur Fassung gelangen. Einerseits werden die Glockenkurven mit grösserer Distanz zur Fassung breiter (Fig. 4A) andererseits nimmt die Wahrscheinlichkeit mehrheitlich exponentiell ab (Fig. 4B).

 

Die Parameter der verteilung der Entnahmeanteile

Damit die Grundwasserbilanz aufgeht, muss die Entnahmeverteilung im Allgemeinen kalibriert werden. Dazu stehen dem Anwender die vier freien Parameter α, ÎČ, Îł und ÎŽ zur VerfĂŒgung, die auch in den Funktionen fĂŒr die SchĂ€tzung der EA-Verteilung (Gl. 2) auftreten.

Skalierung

Mit der Skalierung (α) lĂ€sst sich eine Funktion global abschwĂ€chen. Die AbschwĂ€chung resultiert in einem grösseren Zuströmbereich, da pro Bilanzierungszelle (bzw. TeilflĂ€che) weniger Wasser entnommen wird und daher mehr FlĂ€che zur VerfĂŒgung stehen muss.

Halbwerts-Distanz LĂ€ngs

Die Halbwerts-Distanz LĂ€ngs (ÎČ) ist einer der Hauptparameter, damit die Grundwasserbilanz aufgeht. Sie bestimmt, wie weit grundwasserflussaufwĂ€rts eine Fassung ihr Wasser bezieht.

Halbwerts-Distanz Quer

Die Halbwerts-Distanz Quer (γ) bestimmt die Start-Breite der Entnahmeverteilung. Bei Lockergesteinsfassungen entspricht der Wert ungefÀhr der Distanz der Fassung zur unteren Kulmination (Punkt im Abstrom der Fassung, bei der noch Wasser zur Fassung fliesst).

Streckung entlang des Hauptstroms

Die Streckung entlang des Hauptstroms (ÎŽ) bestimmt die Zunahme der Breite der Entnahmeverteilung mit zunehmender Distanz entgegen der Grundwasserströmung. Zusammen mit der Halbwertsdistanz LĂ€ngs ÎČ hat der Parameter einen wichtigen Einfluss auf die Form der Verteilung.

Bei gleicher Entnahmemenge und homogener Neubildung bestimmen die Parameter ÎČ und ÎŽ, ob der Zuströmbereich lang und schmal oder kurz und breit ist.

Erweiterungen fĂŒr allgemeine hydrogeologische Situationen
GekrĂŒmmte Fliesspfade

Bis jetzt sind wir von einem stark vereinfachten Grundwasserstrom ausgegangen, bei dem das Wasser an jedem Punkt im Raum in die gleiche Richtung fliesst. In der Natur folgt das Grundwasser jedoch hĂ€ufig gekrĂŒmmten Pfaden. Daher wurde eine Methode entwickelt, wie die idealisierte Entnahmeanteilsverteilung an einem gekrĂŒmmten Grundwasserfluss angepasst werden kann (Fig. 5). Zur Berechnung des Entnahmeanteils sind neben den freien Parametern α, ÎČ, Îł und ÎŽ zwei Eingabegrössen nötig: Die longitudinale und die transversale Distanz zur Fassung (dl , dq). Es muss folglich eine Methode gefunden werden, mit der jedem Punkt im Raum eine transversale und eine longitudinale Distanz zur Fassung zugeordnet wird. Die von uns vorgeschlagene Methode beruht auf einem durch den Anwender gezeichneten Hauptstrom, entlang dessen das Grundwasser zur Fassung fliesst. Vereinfachend wird angenommen, dass das Grundwasser ĂŒberall parallel zu diesem Hauptstrom fliesst. Basierend auf dieser Annahme lassen sich die benötigten longitudinalen und transversalen Distanzen berechnen. Dieses Vorgehen wird in der vorliegenden Methode Parallel-Ansatz genannt.

GrundwasserwegflĂŒsse

In der RealitĂ€t treten Grundwasserfassungen als Einflussgrössen fĂŒr Grundwasserentnahmen aus einem Grundwasserkörper selten allein auf. Weitere GrundwasserwegflĂŒsse durch Drittfassungen oder durch Exfiltration in OberflĂ€chengewĂ€sser mĂŒssen berĂŒcksichtigt werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Entnahmeanteile in ihrer Summe nicht grösser als 1 werden, da ansonsten mehr Wasser entnommen wĂŒrde, als vorliegt. Die vorliegende Methode verwendet dazu eine spezielle Kombinationsfunktion, welche die Entnahmeanteile bei Bedarf entsprechend reduziert.

Anwendung des Werkzeugs

Mit der Methode wurde fĂŒr einige Fassungen die Bemessung der Zuströmbereiche getestet. An dieser Stelle wird das Beispiel der Fassungen HĂ€gni vorgestellt, wobei darauf verwiesen sei, dass es sich um ein konzeptionelles Beispiel handelt.

Figur 6 zeigt die Umgebung der Fassungen HĂ€gni aus der Vogelperspektive, wobei die Blickrichtung ungefĂ€hr nach Norden zeigt. Die Fassungen befinden sich oben im Bild. Die Fassungen befinden sich im nördlichen Seeland in der Gemeinde Dotzigen. Die Aareschotter fungieren als Grundwasserleiter. Der Grundwasserstauer wird durch feinkörnige Sedimente in rund 5 bis 6 m Tiefe gebildet. Der Filterbereich der Fassungen befindet sich in sauberem, teilweise stark sandigem Kies.

FĂŒr das konzeptionelle Modell können folgende hydrogeologische Randbedingungen berĂŒcksichtigt werden:

  • Die beiden Grundwasserfassungen HĂ€gni werden aufgrund ihrer NĂ€he als eine Grundwasserfassung betrachtet. Die gemeinsame Konzessionsmenge betrĂ€gt 1500 l/min.
  • Die Grundwasserfliessrichtung im Talgrundwasserleiter ist dank umfassender Untersuchungen bekannt. Im vorliegenden Fall wurde die Karte des Grundwasservorkommens auf dem Geoportal des Kantons Bern verwendet (vgl. Fig. 7).
  • Ein Randzufluss vom östlich gelegenen Dotzigeberg (ausserhalb des Talgrundwasserleiters) kann angenommen werden. Der mehrheitlich bewaldete Dotzigeberg weist an seinem Hang diverse Quellaustritte (Schichtquellen) auf gleicher Höhenlage auf, die gemĂ€ss einer AbschĂ€tzung ĂŒber die QuellschĂŒttung das Gebiet oberhalb davon komplett entwĂ€ssern und dem System so das oberhalb zufliessende Grundwasser entziehen. Ein Randzufluss ist also nur unterhalb der Quellaustritte möglich.
  • Aus hydrogeologischen AbklĂ€rungen ist bekannt, dass die Alte Aare im Einzugsgebiet der Fassung mehrheitlich infiltrierende Bedingungen aufweist. Beim Eichibach exfiltriert das Grundwasser hingegen in das OberflĂ€chengewĂ€sser. Die Exfiltrationsleistung wurde basierend auf dem bestehenden Grundwassermodell Seeland abgeleitet.
  • Aufgrund chemischer und weiterer Analysen besteht das in HĂ€gni gepumpte Wasser ĂŒberschlagsmĂ€ssig zu rund einem Drittel aus jungem Flussinfiltrat. D. h., der Zuströmbereich wird flĂ€chenmĂ€ssig kleiner ausfallen, als wenn keine Infiltration vorhanden wĂ€re.


Nach Vorliegen des konzeptionellen Modells wird fĂŒr die Fassungen HĂ€gni ein grobes Fassungseinzugsgebiet mittels GIS erfasst (Fig. 8, rosa Umrandung). Darin werden die Fassungen HĂ€gni und die weitere im Einzugsgebiet liegende Fassung Riedmatte in das Modell aufgenommen sowie die FliessgewĂ€sser der Alten Aare (infiltrierende Grösse) und des Eichibachs (exfiltrierende Grösse) erfasst. Im nĂ€chsten Schritt werden die Hauptfliessrichtungen des Grundwassers zu den Fassungen HĂ€gni bzw. zur Fassung Riedmatte vorgegeben. FĂŒr die Fassungen HĂ€gni wird von zwei Fliessrichtungen ausgegangen, eine im regionalen Talgrundwasserleiter und eine vom Dotzigeberg kommend (schwarze Linien in Fig. 8).

BezĂŒglich Grundwasserneubildung durch Niederschlag wurde von 300 bis 360 mm/Jahr ausgegangen. Des Weiteren wurden die In- und Exfiltrationsleistungen der OberflĂ€chengewĂ€sser in das Modell aufgenommen sowie die konzedierten Entnahmeleistungen der Trinkwasserfassungen HĂ€gni und Riedmatte.

Nachdem obige Modelleingaben vorliegen, gibt der Anwender die vier freien Parameter α, ÎČ, Îł und ÎŽ der Verteilung der Entnahmeanteile vor und prĂŒft, ob mit den resultierenden SpeisungsbeitrĂ€gen die Wasserbilanz bei der Fassung aufgeht, d. h., ob die berechnete Entnahmeleistung der Fassung der tatsĂ€chlichen Entnahmeleistung entspricht. Falls dem nicht so ist, können die Parameter variiert werden, bis die Bilanz aufgeht. Dieser Schritt braucht ein wenig Erfahrung, damit aus hydrogeologischer Sicht physikalisch sinnvolle Entnahmeanteile und damit SpeisungsbeitrĂ€ge resultieren. Mit den berechneten SpeisungsbeitrĂ€gen kann schliesslich der Zuströmbereich bestimmt werden, aus welchem etwa 90% des Grundwassers, das bei den Fassungen HĂ€gni höchstens entnommen werden darf, stammt (Fig. 8). Position 1 in Figur 8 zeigt die Lage der Fassungen HĂ€gni. Der Zuströmbereich wird durch die blau schattierte FlĂ€che dargestellt. Die Grundwasserneubildung erfolgt zum einen flĂ€chig durch Neubildung aus Niederschlag (eher hellblaue FlĂ€che, Position 2) sowie durch Flussinfiltrat (dunkelblaue Pixel, Position 3). Die Infiltration aus FlĂŒssen ĂŒbersteigt lokal die Neubildung durch Niederschlag oft deutlich. Bei der Bestimmung des Zuströmbereichs wird die kleinste FlĂ€che bestimmt, aus der 90% des Wassers stammen. Dies wird dadurch erreicht, dass zunĂ€chst alle einzelnen SpeisungsbeitrĂ€ge des gerasterten Gebietes absteigend sortiert werden. Anschliessend werden die BetrĂ€ge einer nach dem anderen aufsummiert, bis die 90% erreicht sind. Kleinere BetrĂ€ge werden danach abgeschnitten. Gebiete mit hoher Neubildungsrate werden entsprechend nicht abgeschnitten, was den linienförmigen Fortsatz des Zuströmbereichs bei Position 3 erklĂ€rt. Bei der Bemessung von Zuströmbereichen werden OberflĂ€chengewĂ€sser nicht berĂŒcksichtigt, weshalb solche dĂŒnnen FortsĂ€tze spĂ€ter abgeschnitten werden können. Wie eingangs dargelegt, wird die Kuppe des Dotzigebergs durch die Quellen an seinem Hang entwĂ€ssert. Das Wasser kann demnach nicht zu den Fassungen HĂ€gni gelangen. Das Fassungseinzugsgebiet (rosa Linie) wurde dementsprechend am Fuss der Quellen begrenzt (Position 4). Ebenfalls interessant ist die Fassung Riedmatte (Position 5). Der Zuströmbereich der Fassungen HĂ€gni weist in diesem Bereich eine Aussparung auf. Dies ist ein Effekt der im Methodenteil beschriebenen Kombination von einzelnen Entnahmen. Sie sorgt in diesem Fall dafĂŒr, dass der grösste Anteil des lokal neu gebildeten Grundwassers in die Fassung Riedmatte fliesst und somit fĂŒr die Fassung HĂ€gni nicht mehr zur VerfĂŒgung steht.

EINSATZGEBIET der GIS-BaSIERTEN Methode

Ziel dieser Arbeit, die im Jahr 2020 startete, war es, eine einfache und GIS-basierte Methode zu entwickeln, um Zuströmbereiche möglichst effizient und einheitlich ermitteln und visualisieren zu können. Gute Kenntnisse der vorherrschenden hydrogeologischen Gegebenheiten inklusive der Grundwasserbilanz bilden eine zentrale Voraussetzung dafĂŒr. Von Interesse ist die Methode vor allem dann, wenn das zu untersuchende Grundwasservorkommen nicht durch ein numerisches Modell abgedeckt ist.

Im Verlauf der Entwicklung wurde die Methode bei mehreren Pilotfassungen angewandt. Es zeigte sich, dass der konstruierte Entnahmeanteil in der Lage ist, verschiedene hydrogeologische Situationen abzubilden, was jedoch hydrogeologische Vorkenntnisse zur Hauptfliessrichtung des Grundwassers, aber auch zur Form von physikalisch sinnvollen Zuströmbereichen (vor allem, was die Breite des Zuströmbereichs anbelangt) bedingt. Nachteil der Methode ist, dass die Parameter der Entnahmeverteilung aktuell keine direkte physikalische Bedeutung aufweisen. Dies erschwert die Kalibration der Entnahmeverteilung, was die kalibrationsbedingte Unsicherheit im Modellresultat erhöht. Der Mehrwert dieser GIS-basierten Methode ist, dass mit wenig Aufwand ein Bemessungsmodell erstellt werden kann, mit dem verschiedene Einflussgrössen (GrundwasserzuflĂŒsse wie direkte und indirekten Grundwasserneubildung und WegflĂŒsse wie Exfiltration) auf die Wasserbilanz bei einer Fassung getestet werden können. Damit geht ein Erkenntnisgewinn einher, in welchen Bereichen des Fassungseinzugsgebietes wichtige SpeisungsbeitrĂ€ge unter den getĂ€tigten Annahmen zu erwarten sind.

In Kombination mit einer Reihe von numerischen Grundwassermodellen mit unterschiedlichen hydrogeologischen Randbedingungen ist es auch denkbar, dass sich die bisher nicht physikalisch begrĂŒndeten Parameter auf neue physikalische Parameter (z. B. DurchlĂ€ssigkeit, Dispersion etc.) transformieren oder darauf abstĂŒtzen lassen.

Zum aktuellen Zeitpunkt erachten wir die vorliegende Methode als noch nicht ausgereift fĂŒr eine breite Anwendung oder als massgebende Grundlage fĂŒr die definitive Ausscheidung eines Zuströmbereichs. Weitere Methoden werden in aktuellen Projekten der Plattform «Grundwasserschutz» sowohl fĂŒr Talgrundwasserleiter wie auch fĂŒr Quellen eruiert (s. Box weiter unten).Die Erarbeitung der GIS-basierten Methode wurde als Open Source Project initiiert. Daher stehen allen Interessenten nach RĂŒcksprache mit der Autorenschaft die Python Codes inklusive des erlĂ€uternden Berichts zur Weiterentwicklung oder fĂŒr Testzwecke zur VerfĂŒgung.

1 Falls Grundwasserneubildungskarten vorliegen, können diese verwendet werden. Ansonsten muss die Grundwasserneubildung geschÀtzt werden, wobei als erste Annahme hÀufig von einer homogenen Verteilung ausgegangen wird.

Bibliographie

[1] MĂŒller, S. et al. (2020): Grundwasserschutz muss QualitĂ€t des Trinkwassers sichern – Handlungsbedarf in den Zuströmbereichen. Aqua & Gas 7+8/2020: 28-34

[2] Motion Zanetti Roberto 20.3625 vom 16.06.2020: «Wirksamer Trinkwasserschutz durch Bestimmung der Zuströmbereiche»

[3] Hoehn, E. et al. (1994): Der Zuströmbereich als Element eines zeitgemĂ€ssen GewĂ€sserschutzes. GWA 3/1994, 187–193

[4] Kuhlmann, U. et al. (2000): Zuströmbereiche von Grundwasserentnahmen – Berechnungsmethode und Anwendung im Grundwassermodell GĂ€u Solothurn. GWA 4/2000: 278–285

[5] Stauffer, F.; Kinzelbach, W. (2001): Zuströmbereiche fĂŒr Grundwasserfassungen – Bestimmung in Lockergesteinsgrundwasserleitern. GWA 1/2001: 15–20

[6] Balmer, H. et al. (2001): Zuströmbereich fĂŒr Grundwasserfassungen – Konzeptionelle Überlegungen zu Zweck und Abgrenzung. GWA 1/2001: 21–28.

[7] Bussard, T. et al. (2004): Dimensionnement des aires d’alimentation Zu – Document de base. Documents environnement N° 183 – Protection des eaux. Office fĂ©dĂ©rale de l’environnement, des forĂȘts et du paysage OFEFP

[8] BAFU (2005): Vollzug Umwelt – Praxishilfe zur Bemessung des Zuströmbereichs Zu.

[9] Plattform Grundwasserschutz – Pilotprojekt Zuströmbereiche

Der Zweck des Zuströmbereichs Bestimmt den Detaillierungsgrad der Bemessungsmethode


In den nĂ€chsten Jahren mĂŒssen in der Schweiz rund 1500 Zuströmbereiche bezeichnet werden. In Anbetracht der Tatsache, dass bis anhin schweizweit nur etwa 60 Zuströmbereiche bezeichnet sind und die methodischen Grundlagen zur Bemessung von Zuströmbereichen vor ĂŒber 20 Jahren entwickelt wurden, lĂ€sst sich die enorme Herausforderung erkennen, vor der die kantonalen Fachstellen und FachbĂŒros stehen. Die Plattform «Grundwasserschutz» wird hier UnterstĂŒtzung bieten. Daniel Hunkeler, Mitglied des Plattform-Leitungsteams, beschreibt im nachfolgenden Kurzinterview das angedachte Vorgehen und ordnet die im Artikel vorgestellte Methode ein.


Der Zuströmbereich ist definiert als das Gebiet, aus dem etwa 90 Prozent des Grundwassers, das zu einer Grundwasserfassung gelangt, stammen. Das klingt recht einfach, doch wo liegen die Knackpunkte bei der Bezeichnung bzw. Dimensionierung eines Zuströmbereichs? Welche Informationen mĂŒssen vorliegen, um einen Zuströmbereich bezeichnen zu können?


Zuströmbereiche können aus verschiedenen GrĂŒnden ausgeschieden werden. Diese reichen vom Wunsch, mögliche Risiken fĂŒr die WasserqualitĂ€t zu erkennen, bis hin zur Planung von konkreten Massnahmen zur Verbesserung der WasserqualitĂ€t. Es ist wichtig, dass das gewĂ€hlte Verfahren zur Bemessung der Zuströmbereiche und der damit verbundene Aufwand in einem angemessenen VerhĂ€ltnis zum Handlungsbedarf und den zu erwartenden Auswirkungen steht. Weiter muss fĂŒr das ausgewĂ€hlte Verfahren eine ausreichende Datengrundlage vorhanden sein, um sicherzustellen, dass der Zuströmbereich mit der erforderlichen Genauigkeit bemessen werden kann.


Welche Methoden stehen aktuell zur VerfĂŒgung, um Zuströmbereiche bei Fassungen und Quellen zu bezeichnen?


In Forschung und Praxis wurden bereits unterschiedliche AnsĂ€tze vorgeschlagen bzw. sind in Erarbeitung. Es zeichnet sich klar ab, dass es keine Universalmethode geben wird. Vielmehr sollten je nach Zweck des Zuströmbereichs unterschiedlich detaillierte Methoden zur Anwendung kommen. Entsprechend entwickelt die Plattform «Grundwasserschutz» in enger Zusammenarbeit mit der Praxis ein stufenweises Vorgehen, das unterschiedlich detaillierte Methoden in einen vollzugstauglichen Ablauf einbettet. Dabei gilt der Grundsatz, dass mit einer höheren Bemessungsstufe, also wenn konkrete Massnahmen nötig sind, die FlĂ€che zunehmend genau eingegrenzt werden kann. Das stufenweise Vorgehen soll auch helfen, bei der Beschaffung von zusĂ€tzlichen Daten klare PrioritĂ€ten zu setzen, und so ein ressourceneffizientes Vorgehen ermöglichen. Das Spektrum der berĂŒcksichtigten Methoden reicht von klassischen Verfahren, bei denen anhand des geologischen Kontexts mögliche FlĂ€chen eingegrenzt werden, bis zu numerischen Verfahren, die rĂ€umliche Unterschiede in den Eigenschaften des Grundwasserleiters und der Grundwasserneubildung berĂŒcksichtigen. Letztere sind vor allem dann angezeigt, wenn Massnahmen umgesetzt werden sollen und die betroffenen FlĂ€chen so klein wie möglich gehalten werden mĂŒssen.


Wie lÀsst sich hier die im Artikel beschriebene GIS-basierte Methode einordnen? Welche Vorteile weist sie auf?


Mit semi-automatischen GIS-Verfahren basierend auf einer einfachen Wasserbilanz, wie im vorliegenden Beispiel der Fassungen HÀgni, kann rasch eine grobe AbschÀtzung der ungefÀhren Lage und Grösse eines Fassungseinzugsgebiets bzw. Zuströmbereichs gewonnen werden.



 und welche Nachteile sind zu nennen?


Wie die Autoren erwĂ€hnen, ist ein Nachteil der Methode, dass verschiedene Parameter frei gewĂ€hlt werden mĂŒssen, die bislang in keinem direkten Zusammenhang zu spezifischen Bedingungen am Standort stehen. Deshalb kann je nach Anwender die erhaltene FlĂ€che sehr unterschiedlich ausfallen. Mit anderen Worten: Das Resultat der Methode ist unsicher.


In welchen Punkten mĂŒsste die Methode weiterentwickelt werden, damit sie sich breit fĂŒr die Bezeichnung von Zuströmbereichen einsetzten lĂ€sst?


Es wĂ€re wichtig, einen Zusammenhang zwischen den zu wĂ€hlenden Parametern und den hydrogeologischen Bedingungen herzuleiten. Angesichts der Art des Verfahrens, wird aber auch eine weiterentwickelte Variante nur eine grobe AbschĂ€tzung der FlĂ€che ermöglichen. Sind die AnsprĂŒche an die Genauigkeit der bemessenen FlĂ€che höher, wird weiterhin ein detailliertes Verfahren nötig sein. Aus diesen GrĂŒnden ist es zentral, eine an der Problematik angepasste Wahl des Bemessungsverfahrens vorzunehmen. Hierzu wird das stufenweise Vorgehen zur Bemessung der Zuströmbereiche, das – wie bereits erwĂ€hnt – aktuell durch die Plattform «Grundwasserschutz» erarbeitet wird, eine Grundlage bieten.

Daniel Hunkeler, Professor am Zentrum fĂŒr Hydrogeologie und Geothermie der UniversitĂ€t Neuenburg sowie Mitglied im Leitungsteam der Plattform «Grundwasserschutz» sagt zum Thema Bemessungsmethode fĂŒr den Zuströmbereich: «Es wird keine Universalmethode geben. Vielmehr sollten je nach Zweck des Zuströmbereichs unterschiedlich detaillierte Methoden zur Anwendung kommen.»

 

Verdankung

Wir danken Philip Brunner, Daniel Hunkeler und Roman Lindegger von der Plattform Grundwasserschutz fĂŒr den fachlichen Austausch wĂ€hrend der Erarbeitung der Methode.

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