Die Korporation Wollerau versorgt die Gemeinden Wollerau, Feusisberg und die Ortsteile Wilen, Eulen und Bäch der Gemeinde Freienbach mit Trinkwasser. Das Versorgungsgebiet erstreckt sich vom Zürichsee (406 m ü. M.) bis zum Reservoir Sagenwald oberhalb Schindellegi (866 m ü. M.). Damit im gesamten Versorgungsnetz genügende Druckverhältnisse garantiert werden können, wurde das Versorgungsgebiet mit einer Höhendifferenz von 461 m in fünf Druckzonen eingeteilt.
Jährlich werden rund 1,4 Mio. Kubikmeter Trinkwasser abgegeben. Heute werden über 50% dieser Menge aus dem Grundwasserbrunnen Geissboden gewonnen. Das restliche Wasser stammt hauptsächlich aus verschiedenen Quellen. Nur noch ein kleiner Teil wird durch das Grundwasserpumpwerk (GWPW) Bächau II und das Quellwasserpumpwerk (QWPW) Sihl gefördert. In Notlagen könnte die Korporation Wollerau zudem Wasser vom GWPW Bächau I fördern oder von der Korporation Pfäffikon Wasser beziehen. Das Trinkwasser wird in neun Reservoiren gespeichert, wodurch Verbrauchsspitzen im Tagesverlauf ausgeglichen werden können. In Figur 1 ist das Versorgungsgebiet mit den verschiedenen Anlagen der Korporation Wollerau dargestellt.
Ursprünglich bezog die Korporation Wollerau rund 50–60% ihres Wassers aus den Grundwasserpumpwerken (GWPW) Bächau I und II. Diese 1950 bzw. 1977 gebauten GWPW befinden sich zuunterst im Versorgungsgebiet am Ufer des Zürichsees auf rund 406 m ü. M. Um die Versorgungssicherheit in den oberen Druckzonen der Wasserversorgung zu verbessern, wurde um die Jahrtausendwende die Erschliessung neuer Wassergewinnungsorte in höheren Lagen geprüft. Aus umfangreichen geologischen Untersuchungen hat sich das Gebiet Geissboden auf 807 m ü. M. als Fassungsstandort herauskristallisiert (Fig. 2). Geophysikalische Messungen liessen dort in über 200 Meter Tiefe ein nutzbares Grundwasservorkommen vermuten. Im Jahr 2004 hat die Korporation Wollerau beschlossen, diese Wasserressource beim Geissboden zu erschliessen. Dies obwohl zu diesem Zeitpunkt weder über die Qualität noch über die Quantität des Wassers irgendwelche Angaben vorlagen.
Im darauffolgenden Jahr wurde das vermutete Grundwasser mittels einer Sondierbohrung tatsächlich nachgewiesen. Zur grossen Überraschung handelte es sich um einen gespannten Grundwasserleiter (Arteser), dessen Wasser ohne den Einsatz von Pumpen an der Oberfläche austritt [2]. Aufgrund der Sondierbohrung konnte mit einer Ergiebigkeit von rund 50 l/s bei 1,5 bar gerechnet werden, was ungefähr dem mittleren Bedarf der Korporation Wollerau entspricht. Die Wasseranalysen zeigten, dass das geförderte Grundwasser zu hohe Konzentrationen an Eisen und Mangan und teils zu hohe Trübungswerte für die direkte Nutzung als Trinkwasser aufweist.
Aufgrund der guten Lage im oberen Bereich des Versorgungsgebiets, der energielosen Wassergewinnung und der guten Ergiebigkeit stellte sich der entdeckte Aquifer im Geissboden als sehr interessant heraus: So kann vom Geissboden das Grundwasser in die unteren Druckzonen mit hohem Verbrauch geliefert werden, zudem müssen die Grundwasserpumpwerke sowie Stufenpumpwerke kaum mehr Wasser in die oberen Zonen fördern. Der Entscheid für die Umsetzung des Projekts war schnell gefasst.
Neben der Bohrung eines Grundwasserbrunnens musste fĂĽr die Nutzung des Aquifers auch eine Aufbereitungsanlage zur Entfernung von Eisen, Mangan und TrĂĽbstoffen gebaut werden. Diese bereitet das Wasser mittels Flockung, BelĂĽftung/Voroxidation und einer Filtrationsstufe auf. Nach der Filtration wird das Wasser mit einer UV-Desinfektion behandelt.
Der im Jahr 2018 fertiggestellte Grundwasserbrunnen mit Aufbereitungsanlage (Fig. 2) veränderte die Wasserbeschaffung und Wasserverteilung der Korporation Wollerau grundlegend.
Mit dem Grundwasserbrunnen Geissboden wurde für die Korporation Wollerau eine bedeutende Wasserressource gefunden. Als zusätzliches hydrologisch unabhängiges Standbein mit neuem Risikoprofil erhöht er die Versorgungssicherheit erheblich. Damit die Nutzung dieser neuen Ressource optimal in die bestehende Wasserversorgung eingebunden werden konnte, wurde 2012 vor Planung und Bau des Grundwasserbrunnens und der Aufbereitung die generelle Wasserversorgungsplanung (GWP) überarbeitet.
Die GWP soll sicherstellen, dass die Gemeinden auch in Zukunft mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser in ausreichender Menge und Druck versorgt werden und der Brandschutz jederzeit gewährleistet werden kann. Zudem soll sie garantieren, dass auch bei einem Ausfall einzelner Anlageteile die Trinkwasserversorgung ohne grosse Beeinträchtigung aufrechterhalten werden kann und den hohen Ansprüchen der Bevölkerung genügt. Die GWP beinhaltet eine umfassende Überprüfung der bestehenden Wasserversorgungsanlagen sowie eine Bilanzierung der Wasserbeschaffung und des Wasserverbrauchs über einen Planungshorizont von ca. 40 Jahren. Die GWP für Wollerau enthält neben der neuen Wasserressource auch diverse Massnahmen, damit diese optimal genutzt werden kann wie z.B. zusätzliche Leitungsbauten und Reservoire. Die ganzheitliche Betrachtung des Wasserversorgungssystems ist von grosser Bedeutung für den Erfolg der implementierten Massnahmen. Anhand dieser Grundlagen wird ein zukunftsorientierter Massnahmenplan erstellt, um die Versorgung mit Trinkwasser langfristig sicherzustellen.
Die wichtigsten Massnahmen der GWP 2012 betreffen den Grundwasserbrunnen Geissboden mit der dazugehörigen Aufbereitungsanlage. Mit dem Geissboden wurde für die Wasserversorgung eine zweite, hydrologisch unabhängige Wasserressource gefunden, mit der das Versorgungsgebiet redundant zum GWPW Bächau II versorgt werden kann.
Damit das zusätzliche Grundwasser sinnvoll im gesamten Versorgungsgebiet genutzt werden kann, mussten zahlreiche weitere Massnahmen umgesetzt werden. In der Aufbereitungsanlage zum Rückhalt von Trübstoffen und Mangan/Eisen-Entfernung wurde ein Ausgleichbecken mit 450 m3 realisiert. Ein zusätzliches Reservoir (Reservoir Sihl, 700 m3) in der Zone unterhalb des Geissbodens wurde erbaut, um eine gezielte Verteilung des Trinkwassers in die unterliegenden, bevölkerungsreichen Zonen zu ermöglichen. Verschiedene Leitungsbauten waren notwendig, um das Versorgungsgebiet neu von oben, anstelle wie bisher von den Grundwasserpumpwerken am See (d.h. von unten) zu versorgen. Neben der Ableitung vom Geissboden wurden zusätzliche Leitungen gebaut, um die Versorgungssicherheit durch zwei hydraulisch ausreichende, unabhängige Verbindungen zwischen den Druckzonen zu erhöhen. Aus Betriebssicherheitsgründen und um genügend Brauchreserve zu haben, brauchte die deutlich grösste und verbraucherstärkste Druckzone Wollerau-Wilen ein zweites Reservoir (Fürti II).
Durch die neue Wasserressource Geissboden als zweites Standbein und die Umsetzung der GWP-Massnahmen konnte die Versorgungssicherheit im gesamten Versorgungsgebiet der Korporation Wollerau klar verbessert werden.
Ein tiefer Energieverbrauch für die Bereitstellung des Trinkwassers erhöht die Versorgungssicherheit in Notlagen. Dadurch, dass das Grundwasser im Geissboden von einem gespannten Aquifer gewonnen wird, ist keine Pumpenergie notwendig. Der Standort liegt weit oben im Versorgungsgebiet, so dass ein Grossteil der Bevölkerung ohne Pumpenergie mit dem Wasser vom Geissboden versorgt werden kann. Im GWP wurde zudem vorgesehen, dieses Potenzial auch für die Erzeugung von erneuerbarer Energie durch den Einbau von Trinkwasserturbinen zu nutzen. Zwei Trinkwasserkraftwerke wurden neben den bisherigen Druckreduzierventilen bei der Einspeisung in die unteren Druckzonen erstellt.
Die Realisierung der Massnahmen erfolgte in zwei Hauptetappen (Fig. 3). Mit dem Abschluss der baulichen Massnahmen der beiden Etappen war die Arbeit noch nicht abgeschlossen. Gemeinsam mit der Wasserversorgung und weiteren beteiligten Unternehmen wurde das System und die Aufbereitung weiter optimiert, um möglichst viel Wasser vom Geissboden nutzen zu können. Durch die langjährige Zusammenarbeit bei der Realisierung der verschiedenen Etappen konnte eine optimale Einbindung ins Gesamtsystem realisiert werden.
Die durch den neu gebauten Grundwasserbrunnen Geissboden hervorgerufenen Änderungen am System senkten den Stromverbrauch der Wasserversorgung von 531 MWh auf 206 MWh pro Jahr. Dies entspricht einer Reduktion von über 60%. Die wichtigste Einsparung erfolgte beim Grundwasserpumpwerk Bächau am Ufer des Zürichsees, da es seit Inbetriebnahme vom Geissboden nicht mehr der primäre Wasserlieferant ist.
Zusätzliche Energie wird bei den Stufenpumpwerken gespart, die nun ebenfalls weniger oft betrieben werden, da das Wasser nicht mehr von unten nach oben ins Versorgungsgebiet gepumpt werden muss. Nach der Inbetriebnahme des Geissbodens ist die Aufbereitungsanlage Geissboden der grösste Energieverbraucher der Wasserversorgung.
Die höhere Lage des Geissbodens kann zudem zur Energieerzeugung genutzt werden. So liefert das Wasser auf dem Weg ins Hauptversorgungsgebiet mittels zwei Trinkwasserturbinen jährlich 251 MWh Energie. Netto produziert die Korporation Wollerau somit rund 44 MWh Strom pro Jahr. Eine Auswertung zeigt, dass in den beiden unteren Druckzonen bei Nutzung aller Wasserressourcen ausser dem Grundwasserpumpwerk Bächau eine Netto-Energieproduktion resultiert. Figur 4 veranschaulicht die Stromproduktion und den Stromverbrauch vor und nach der Umsetzung der Massnahmen gemäss GWP 2012.
Mit der Inbetriebnahme des neuen Grundwasserpumpwerkes Geissboden und der weiteren Bauwerke war die Zusammenarbeit zwischen der Wasserversorgung und dem Ingenieurbüro noch nicht abgeschlossen. In den folgenden Jahren wurden verschiedene Optimierungsmassnahmen durchgeführt. Stets mit dem Ziel möglichst viel Wasser aus der Aufbereitung Geissboden nutzen zu können und so den Energieverbrauch der Wasserversorgung weiter zu optimieren. Die Priorisierung der Wassernutzung wurde wie folgt festgelegt: frei ins Netz laufende Quellen mit minimaler Aufbereitung (UV-Desinfektion), Grundwasser Geissboden, Quellwasserpumpwerk Sihl, Grundwasserpumpwerke. Ein Live-Zugriff auf die Betriebsdaten ermöglicht eine effiziente Überwachung des Systems auch durch die beteiligten Ingenieurinnen und Ingenieure und eine zeitnahe Auswertung der Optimierungsmassnahmen.
Ursprünglich war im Geissboden die Nutzung von einem Brunnen geplant, ein zweiter Brunnen stand als Notbrunnen zur Verfügung. Nach einem erfolgreichen Testbetrieb wurde das Betriebsregime geändert, und die beiden Brunnen können fortan parallel genutzt werden. Damit erhöhte sich die gewonnene Wassermenge. Im gleichen Zug wurde auch eine bedarfsgerechte Aufbereitungsleistung mittels PID1-Regler implementiert, um die Anlage möglichst kontinuierlich betreiben zu können. Damit die Aufbereitung kontinuierlich betrieben werden kann, muss jedoch das Gesamtsystem betrachtet werden. So wurden auch die Sollkurven der verschiedenen Reservoire der Korporation gemäss den Tagesganglinien der letzten Jahre angepasst, damit das Puffervolumen optimal genutzt werden kann.
1 PID steht für Proportional-Integral-Differential. Ein PID-Regler arbeitet stetig, kann also die Stellgrösse varriieren.
Die Aufbereitungsanlage wurde ebenfalls in den Jahren nach der Inbetriebnahme weiter optimiert: Verschiedene Messungen wurden verbessert und die Flockungsmittelzugabe wurde angepasst. Damit konnte der Flockungsmittelverbrauch und die damit verbundene graue Energie und Kosten stark gesenkt werden. Das ganze passierte und passiert unter kontinuierlicher Überwachung der Aufbereitungsleistung, damit die Bevölkerung jederzeit mit einwandfreiem Trinkwasser versorgt werden kann.
Parallel zu allen Massnahmen wird der artesische Grundwasserleiter überwacht, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen und dessen nachhaltige Nutzung sicherzustellen.
Die Planung in der Wasserversorgung ist ein iterativer Prozess. Ändernde Rahmenbedingungen erfordern neue, angepasste Massnahmen. Auch die Wasserversorgung der Korporation Wollerau wird vor neue Herausforderungen gestellt. 2027 steht die Konzessionsverlängerung des Grundwasserpumpwerks (GWPW) Bächau an. Spätestens seit der Veröffentlichung der Grundwasserschutz-Wegleitung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) resp. Buwal von 2004 [3], hat sich die Grundwasserschutz-Philosophie der Schweiz verändert. Die Anforderungen an die Schutzzonenausscheidung sind strenger geworden und eine Erneuerung der Konzession im dicht besiedelten Bächau ist schwierig. Im Moment laufen die Abklärungen bezüglich des Weiterbetriebs des GWPW Bächau resp. der Erschliessung einer neuen Wasserressource, um auch in Zukunft mit einem zweiten hydrologisch unabhängigen Standbein für Notlagen gerüstet zu sein. Dabei werden diverse Varianten untersucht:
Ist die Zukunft des GWPW Bächau definiert, ist zur optimalen Einbindung in die Versorgung eine erneute Überarbeitung der GWP sinnvoll, damit die Versorgungssicherheit auch in Zukunft gewährleistet ist. Durch den kontinuierlichen Austausch zwischen der Wasserversorgung und dem Ingenieurunternehmen wird eine optimale Aufgleisung ermöglicht.
Weiter wird die Machbarkeit von weiteren Trinkwasserturbinen, Photovoltaikanlagen und einer Wärmenutzung des Grundwassers Geissboden überprüft. Eine Wärmenutzung des Grundwassers ist möglich, momentan werden noch Abnehmer für die Wärme gesucht. In Zukunft wird die Wasserversorgung der Korporation Wollerau wohl noch mehr erneuerbare Energie generieren können und so ihren Beitrag zum Netto-Null-Ziel leisten.
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[1] SVWG (2019): Empfehlung Muster-GWP (Generelle Wasserversorgungsplanung) Regelwerk W1011d
[2] Sieber Cassina + Partner AG (2013): Hydrogeologischer Bericht zur Erschliessung des Tiefengrundwassers Ober-Geissboden. Korporation Wollerau
[3] Buwal (2004): Wegleitung Grundwasserschutz. Vollzug Umwelt. Bundesamt fĂĽr Umwelt, Wald und Landschaft, Bern. 141 S.
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Die Infrastrukturanlagen der Wasserversorgung haben eine lange Lebensdauer und können nur langfristig an neue Rahmenbedingungen angepasst werden. Damit Fehlinvestitionen vermieden werden können, ist eine vorausschauende und umsichtige Planung zwingend. Die Generelle Wasserversorgungsplanung (GWP) dient als verbindliches Planungsinstrument auf kommunaler Ebene. Es hilft, die sichere Wasserversorgung in der Gemeinde zu gewährleisten und einen bedarfsgerechten Ausbau der erforderlichen Infrastrukturen zu ermöglichen.
Auf nationaler Ebene gibt es kein Gesetz, das eine generelle Wasserversorgungsplanung voraussetzt. In elf Kantonen verpflichten heute jedoch kantonale Wasserwirtschaftsgesetze die Erarbeitung einer GWP [1].
Die Autorinnen und Autoren danken der Korporation Wollerau, allen voran dem Betriebsleiter Ivan Reichmuth für die langjährige Zusammenarbeit. Weiterer Dank geht an Chloé Lehmann, die im Rahmen ihrer Bachelorarbeit die Energiebilanzierungen erstellt hat.
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