Das wasserpolitische Jahr 2023 ist im Bundeshaus stark gekoppelt mit den Diskussionen um eine mögliche Strommangellage. Denn wird den Forderungen, mehr Strom aus der einheimischen Wasserkraft zu produzieren und in neuen oder erweiterten Stauseen mehr Kilowattstunden für kalte Winter einzulagern, nachgekommen, hat das Auswirkungen auf die Gewässer, ihre Wasserführung und ihre Funktion als Lebensräume. Obwohl die Mehrheit im Bundesparlament auf die grossen Potenziale fokussiert, wächst der Druck, auch kleine Anlagen zu fördern. Umgesetzt werden müssen die Vorgaben von den Kantonen, die begonnen haben, ihre Energierichtpläne anzupassen. Ebenfalls mehr auf kantonaler Stufe behandelt werden Fragen zum Umgang mit Starkregen oder langen Trockenperioden, aber auch regionale Verteilfragen bei Wasserknappheit – beides im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Um Pestizide im Wasser ist es nach den Volksinitiativen von 2021 etwas ruhiger geworden. Dafür mehren sich Vorstösse zu den «Ewigkeitschemikalien», wie die grosse Gruppe der PFAS. Eher als Episode abgetan werden kann der Versuch eines Investors aus China, eine ergiebige Walliser Quelle zu kaufen. Die letztlich verhinderte Übernahme und die dazu eingereichten Vorstösse in kantonalen Parlamenten und auf Bundesebene zeigen aber exemplarisch auf, wie delikat das Thema Privatisierung des Wassers ist.
Am 18. Juni nimmt das Schweizer Stimmvolk als indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative das Klimaschutzgesetz mit 59% Ja-Anteil an. Bund und Kantone haben nun dafür zu sorgen, dass die notwendigen Massnahmen zur Anpassung und zum Schutz vor nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels ergriffen werden. Explizit erwähnt sind: Anstieg der durchschnittlichen Temperatur und Veränderung der Niederschläge; intensivere, häufigere und lang andauernde klimatische Extremereignisse, Veränderungen der Lebensräume und der Artenzusammensetzung. Das Gesetz tritt bereits am 1. Januar 2024 in Kraft.
Am 18. September nimmt der Nationalrat das revidierte Wasserbaugesetz (WBG) an, das verstärkt auf ein integrales Risikomanagement bei Hochwasser setzt und auch Überflutungen durch Oberflächenabfluss (Starkregen) mitberücksichtigt. Für den Unterhalt von neu gestalteten Gewässerräumen soll der Bund für fünf Jahre die Kosten übernehmen. Mit dieser Abweichung bei der Finanzierung geht die Vorlage in den Ständerat. (Anmerkung: In der Frühlingssession 2024 bereinigt und verabschiedet.)
Am 29. September stimmen beide Kammern im Parlament dem neuen «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» (Mantelerlass) zu. Für die Wasserkraft sind folgende Neuregelungen von Bedeutung:
Nach Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundesrat geht ein längeres Ringen in den Räten los. Bis kurz vor Ende umstritten sind insbesondere Lockerungen bei den Restwasservorschriften und beim Schutz von nationalen Biotopen und Vogelreservaten sowie die Schutzwürdigkeit von neuen Auen im Gebirge (Gletschervorfelder). Neben den 15 am «Runden Tisch Wasserkraft» priorisierten Wasserkraftwerken soll mit «Chlus» (Landquart) ein zusätzliches Wasserkraftprojekt von Erleichterungen in den Verfahren profitieren.
Am 29. September verabschiedet das Parlament die Revision des Raumplanungsgesetzes. Darin enthalten ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative. Die Referendumsfrist verstreicht ungenutzt. Für den Schutz der Wasserressourcen und der Gewässer ist das revidierte Gesetz insofern relevant, als es die Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet stärken und die Versiegelung der Landschaft stoppen soll. Aufgrund von Ausnahmeregelungen, die im Verlauf der parlamentarischen Debatte eingebracht wurden, kommen den Ausführungsbestimmungen und dem Vollzug allerdings weiterhin hohe Bedeutung zu.
Am 5. Oktober reicht der Kanton St. Gallen die Standesinitiative «Verbandsbeschwerderecht bei Energieprojekten anpassen» (23.318) ein. Die Umsetzung der Energiestrategie 2050 in der Schweiz sei mit der aktuellen Praxis des Verbandsbeschwerderechts nicht möglich, heisst es in der Begründung. Das Recht strapaziere die demokratischen Grundprinzipien und den Rechtsstaat.
Am 7. Dezember stimmt der Ständerat als Zweitrat grundsätzlich einer Stärkung der Kreislaufwirtschaft mit Revisionen im Umweltschutzgesetz zu. Wasserrelevant ist die Vorschrift zur Wiederverwertung von Phosphor aus dem Klärschlamm und neu auch Stickstoff aus der Abwasserreinigung. Die Formulierung ist allerdings relativiert: «Abfälle müssen der Wiederverwendung zugeführt oder stofflich verwertet werden, wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich tragbar ist und die Umwelt weniger belastet als eine andere Entsorgung oder die Herstellung neuer Produkte.» (Kleinere Differenzen zwischen den Räten werden in der Frühlingssession am 15.3.2024 bereinigt.)
Am 22. Dezember kommt im Parlament keine Einigung zustande zu einem indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Der Ständerat lehnt einen reduzierten Vorschlag zum zweiten Mal ab. Die Initiative kommt daher am 22. September 2024 vors Volk. Als Reaktion darauf reichen Heidi Z’graggen (Mitte/UR) im Ständerat und Martin Bäumle (GLP/ZH) im Nationalrat die Motionen «Förderung der Qualität der bestehenden Schutzflächen und der Biodiversität im Siedlungsraum» (23.4432/23.4520) ein.
Am 9. März nimmt der Ständerat die Motion von Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG) an, wonach der Untergrund, namentlich auch tiefes Grundwasser, zur Wärmespeicherung genutzt werden kann (22.3702). Jauslin doppelt im Juni mit einer Interpellation (23.3810) zur Förderung der Geothermie nach.
Die Motion von Jacques Nicolet (SVP/VD), wonach der Wald in Grundwasserschutzzonen als Schutzwald klassiert werden soll, lehnt der Nationalrat in der Herbstsession ab (21.4204).
Obwohl der Bundesrat den Vorstoss ablehnt, überweist der Ständerat am 9. März die Motion 22.4596 von Céline Vara (GPS/NE): «Keine neuen Subventionen, die der Biodiversität und dem Klima schaden» an die Kommission.
Nationalrat Bruno Storni (SP/TI) zieht aufgrund der Antwort des Bundesrats sein Postulat (22.4455) über die Umsetzung der Wasserkonvention von Helsinki (Schutz und Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen) am 14. März zurück.
Neben den Problemen mit Nährstoffüberschüssen (Stickstoff und Phosphor) stehen auch 2023 die Pestizide – etwas weniger prominent als in den zwei Vorjahren – in mehreren Vorstössen im Zentrum. Zudem ist ins politische Bewusstsein gedrungen, dass gewisse Chemikalien wie die PFAS fast gar nicht abgebaut werden und sie sich damit in der Umwelt, ja sogar in der Nahrungskette – z. B. in Fischen – anreichern können.
Nationalrat Pierre-André Page (SVP/FR) zeigt sich in der Herbstsession nicht zufrieden mit der Antwort des Bundesrats auf seine Motion zu Ausnahmen vom Schleppschlauchobligatorium beim Ausbringen von Gülle. Eine Diskussion im Plenum wird aufgeschoben. Der Bundesrat argumentiert, die Möglichkeiten für die zahlreichen Ausnahmen seien umfassend dargestellt und kommuniziert, und die Inkraftsetzung des Obligatoriums sei schon einmal um zwei Jahre verschoben worden.
Medienberichte über zu hohe Tierbestände in der Zentralschweiz und entsprechend hohe Ammoniak- und Stickstoffemissionen stehen auch hinter der Interpellation 23.4482, die Michael Töngi (GPS/LU) in der Wintersession einreicht und in der er sich zu gesundheitlichen Auswirkungen dieser Emissionen erkundigt. Ähnliche Fragen, mit mehr Bezug zur Ökologie, stellt auch Valentine Python (GPS/VD) in ihrer Interpellation 23.4134 «Anpassung der Nährstoffverluste nach oben». Der Bundesrat spricht in der Antwort vom 29. November von einer Abnahme der Biodiversität und langfristig negativen Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Der Vorstoss wird dann aber abgeschrieben, da die Urheberin aus dem Rat ausgeschieden ist. Entgegengesetzt argumentiert Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR) in seinem Postulat 23.4074, übernommen von Simone de Montmollin (FDP/GE): Der «Wegfall wirksamer Wirkstoffe für den Schutz von Kulturen und Einschränkungen im Bereich der Dünger», namentlich die zu steilen Absenkpfade für Stickstoff und Pestizide, würden zu Ertragsrückgängen und der Ausbreitung von Schädlingen führen. Am 22. Dezember nimmt der Rat dieses Postulat an. Am 18. Dezember reicht Werner Salzmann (SVP/BE) eine Motion 23.4379 ein, die sich ebenfalls mit Gülle befasst, allerdings vor einem anderen Hintergrund: Eine «Anpassung des Gewässerschutzgesetzes an die praktizierende Nutztierhaltung» soll künftig erlauben, dass Bauern mit Nutztieren auch ihr häusliches Abwasser landwirtschaftlich verwerten dürfen und von der Anschlusspflicht an die Kanalisation befreit werden.
Am 14. März lehnt der Ständerat eine Pestizid-Kurspflicht für Hobbygärtner, wie von Maya Graf (GPS/BL) mit einer Motion (20.4579) verlangt, ab. Mit verschärften Zulassungsvorschriften im Bereich der nichtberuflichen Anwendungen sei das Anliegen erfüllt. Zudem würden Kurse für Hunderttausende zu viel Bürokratie bedeuten, erachtet die kleine Kammer. Der Nationalrat lehnt am 12. Juni das Postulat (21.3861) von Brigitte Crottaz (SP/VD) ab: Auswirkungen von Pestiziden auf die Gesundheit. Standortbestimmung in der Schweiz. Tags darauf lehnt er auch das Postulat 21.4217 von Christophe Clivaz (GPS/VS), das ein Monitoringsystem zur Überwachung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Gesundheit der in der Landwirtschaft Beschäftigten und Anwohnenden verlangt, ab.
Am 6. Juni nimmt der Nationalrat die Motion (22.3929) von Marianne Maret (Mitte/VS) zur «Festlegung von PFAS-spezifischen Werten in Verordnungen» an und folgt damit dem Ständerat. Der Bundesrat wird beauftragt, in den entsprechenden Verordnungen die folgenden PFAS-spezifischen Werte festzulegen: Grenzwerte und Bedingungen für die Entsorgung von Materialien (Abfallverordnung); Konzentrationswerte zur Evaluierung der Belastungen des Bodens und der Untergründe (Altlasten-Verordnung und Verordnung über Belastungen des Bodens); Grenzwerte für die Einleitung in Gewässer.
Die Motion aus seiner Umweltkommission (23.3499) «Produkte mit perfluorierten Chemikalien PFAS bereits am Ursprungsort begrenzen» lehnt die grosse Kammer gleichentags ab. Der Bundesrat legt in seiner Stellungnahme dar, dass er diese Fragen in den Arbeiten zur Beantwortung des Postulats 22.4585 «Aktionsplan zur Reduktion der Belastung von Mensch und Umwelt durch langlebige Chemikalien» von Tiana Moser bearbeiten wird. Das gilt auch für gleich vier weitere Interpellationen zum Thema PFAS von Thomas Rechsteiner (Mitte/AI) (23.3698), Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU) (23.3953) sowie Niklaus Gugger (EVP/ZH) (23.4516) und Florence Benzikofer (Grüne/BL) (23.4460).
Pierre-Alain Fridez (SP/JU) zieht am 13. Juni seine Motion zur Beseitigung von in Seen deponierter Munition (23.3090) zurück. Der Bundesrat stellt in Aussicht, die Seen im 2024 fälligen Bericht zum Postulat von Baptiste Hurni (SP/NE) über sämtliche Altlasten der Armee (21.3636) einzuschliessen.
Zwei Interpellationen und eine Anfrage von Manuela Weichelt (GPS/ZG) drehen sich um giftige Cyanobakterien in den Seen (23.3414/23.7436). Ebenfalls um Blaualgen geht es in der Interpellation 23.3393 von Fabien Fivaz (GPS/NE). Der Bundesrat stellt sich auf den Standpunkt, dass längerfristig die wichtigsten Massnahmen, um Blaualgen in den Seen zu reduzieren, die Eindämmung der Klimaerwärmung und die Reduktion der Nährstoffeinträge wie Stickstoff und Phosphor seien. Kurzfristig sei die Information der Hundehalterinnen und Hundehalter die einzige Möglichkeit, um Hunde vor Vergiftungen durch Cyanobakterien zu schützen.
Die Diskussionen um den Mantelerlass prägten die Parlamentsdebatten zur Wasserkraftnutzung. Daneben gab es weitere Vorstösse zur Frage, wie mehr Strom aus der Wasserkraft produziert werden könnte:
Der Nationalrat nimmt am 15. März ein Postulat seiner Umweltkommission an zum «Potenzial für Erneuerungen und Erweiterungen bei der Grosswasserkraft» (23.3006). Der Bundesrat hat nun zwei Jahre Zeit, um in einem Bericht dieses Potenzial zu konkretisieren. Dabei sollen schweizweit die Potenziale für den Ausrüstungsersatz, den Höherstau und Flussaustiefungen, Stollenaufweitungen, Parallelstollen, Staumauererhöhungen sowie die Fassung neuer Zuflüsse analysiert werden. Gleichentags stimmt die grosse Kammer dem Postulat 23.3007 von Matthias Jauslin (FDP/AG) und Roger Nordmann (SP/VD) zu, wonach die Artikel 29–33 des Gewässerschutzgesetzes revidiert werden sollen mit dem Ziel, die aus den Restwasserbestimmungen resultierenden Energieproduktionseinbussen zu verringern.
Die Parlamentarische Initiative 22.414 von Sidney Kamerzin (EVP/VS) wird am 1. Juni im Nationalrat abgelehnt. Damit sollte der Weiterausbau der Stromproduktion aus Wasserkraft gestärkt werden, indem Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie vom Beschwerderecht der Umweltverbände ausgenommen worden wären. Den Willen einer Mehrheit, schneller mehr Produktionskapazität zuzubauen, äussert der Nationalrat am 21. Dezember, als ein erstes Mal der Beschleunigungserlass des Bundesrats (23.051, Änderung Energiegesetz) traktandiert ist. Dieser soll die Verfahren für die Planung und den Bau von Solar-, Wind- und Wasserkraftwerken verkürzen sowie den Aus- oder Neubau von Kraftwerken und Stromnetzen in der Schweiz forcieren.
Am 6. Juni übernimmt der Nationalrat die Motion 23.3498 seiner Umweltkommission «Ehehafte Wasserrechte schützen und einen klaren Rahmen für die Anwendung der Restwasserbestimmungen schaffen». Auf Antrag des Bundesrats werden ehehafte Rechte zwar nicht wie verlangt ins Grundbuch eingetragen. Hingegen soll die Sanierungspflicht in Bezug auf Restwasser klarer geregelt werden, damit Kraftwerkbetreiber Investitionssicherheit erhalten. Gemäss Bundesrat Albert Rösti soll dabei auf die Gleichbehandlung mit den konzessionierten Anlagen geachtet werden. Zudem soll es eine lange Übergangsfrist geben. (Am 2.2.24 stimmt die UREK-S zu. Sie übernimmt gleichzeitig auch das Postulat 24.3007 von Daniel Fässler (Mitte/AI), das ein Inventar der historischen Wasserkraftanlagen in der Schweiz verlangt.)
Das Postulat 23.38662 von Christophe Clivaz (GPS/VS) zur multifunktionalen Nutzung von Stauseen lehnt der Nationalrat am 23. August ab. Er folgt damit der Begründung des Bundesrats, dass solche Mehrfachnutzungen schon im Rahmen der Hydro-CH2018-Forschungsprojekte abgeklärt worden seien und auch Eingang gefunden hätten in den Bericht zur «Wasserversorgungssicherheit und Wassermanagement – Grundlagenbericht» von 2022 (Antwort auf Postulat Beat Rieder (EVP/VS) 18.3610).
Am 21. Dezember verabschiedet das Parlament das Budget 2024. Ausser bei der Armee und der Landwirtschaft wird in allen Bereichen zwei Prozent gekürzt. Für die Gewässer relevant ist der Budgetposten Revitalisierung (A236.0126). Er sieht gut 36 Mio. Franken vor. Dies, obwohl gemäss Bundesamt für Umwelt (BAFU) dieser vollständige Betrag bereits verpflichtet ist, womit umsetzungsreife Projekte der Kantone in der Höhe von weiteren rund 32 Mio. Franken im Jahr 2024 wohl nicht angegangen werden können. Ein Antrag auf Aufstockung unterliegt.
Am 3. Mai ĂĽberweist der Nationalrat das Postulat seiner Gesundheitskommission zur Ausweitung des Abwassermonitorings auf weitere Krankheitserreger als SARS-CoV-2. Der Bundesrat sichert zu, dies in der laufenden Revision des Epidemiengesetzes zu prĂĽfen.
Nach einem medialen Wirbel um Pläne eines Investors aus China, eine Walliser Quelle zu kaufen, werden mehrere Vorstösse lanciert mit dem Ziel, das Wasser in Schweizer Händen zu sichern. Am 16. Juni erledigt der Nationalrat die Interpellation 23.3343 von Cédric Wermuth (SP/AG) «Kein Verkauf von Trinkwasserquellen an ausländische Anleger», am 29. September diejenige von Aline Trede (GPS/BE) 23.3933 «Keine Privatisierung des Wassers». Die Motion 23.4151 «Wasser gehört in Schweizer Hände» von Othmar Reichmuth (Mitte/SZ) wird abgeschrieben. Am 20. Dezember schliesslich überweist der Nationalrat entgegen dem Antrag des Bundesrats das Postulat 23.4331 aus der Wirtschaftskommission für eine «Strategie zur Sicherung der Schweizer Trink- und Mineralwasserquellen sowie der Wasserversorgungsanlagen». Am 16. Juni erledigt der Nationalrat auch die Interpellation 23.3246 «Vernachlässigt die Schweiz ihre Wasserinfrastrukturen?» von Marcel Dobler (FDP/SG). Die Wasserversorgung und deren Weiterentwicklung liege in der Verantwortung der Kantone, schreibt der Bundesrat in seiner Antwort. Der Bund fördere Innovationen auf verschiedenste Weise, so auch durch die Unterstützung von Fachverbänden.
Nationalrat Raphaël Mahaim (GPS/VD) reicht am 16. Juni die Parlamentarische Initiative 23.447 ein mit dem Titel «Der Umgang mit dem blauen Gold in der Schweiz und der Wassermangel». Die Initiative fordert eine Ergänzung des Verfassungsartikels 76 zum Wasser mit dem Ziel, die Voraussetzungen zu schaffen, dass künftig via Bundesrecht Instrumente und Mindeststandards erlassen werden können, zur Prävention und Bekämpfung der Wasserknappheit und zur Ressourcenplanung.
Entgegen der Stellungnahme des Bundesrats nimmt der Nationalrat am 20. September die Motion 22.3218 «Elektrifizierung der Landwirtschaft. Anreize für den Einsatz effizienter und nachhaltiger Bewässerungssysteme» von Benjamin Roduit (Mitte/VS) an. (In der Frühlingssession am 11.3.24 vom Ständerat abgelehnt mit der Begründung, der Bundesrat und das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) erfüllen das Anliegen bereits.)
Der Bundesrat (BR) schliesst am 24. März die Vernehmlassung zu einer Teilrevision der Biozidprodukteverordnung, unter anderem mit Massnahmen zur Risikominderung für wassergefährdende Biozide und neu einer Pflicht zur jährlichen Mitteilung der in Verkehr gebrachten Menge von Biozidprodukten. Die Änderungen treten auf den 1. Januar 2024 in Kraft.
Auf den 1. Mai setzt der Bundesrat Änderungen der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) in Kraft. Sie betreffen vor allem Ausnahmen für an sich besorgniserregende Stoffe, für die aber noch kein Ersatz durch einen weniger gefährlichen Stoff gefunden wurde.
Am 24. Mai nimmt der Bundesrat ablehnend Stellung zur Motion 23.3323 von Valentine Python (GPS/VD), übernommen von Léonore Porchet (GPS/VD): Der Vorstoss verlangt, dass der Bund eine Exposition gegenüber chemischen Schadstoffen (synthetische Pestizide, Mikroplastik, Dioxine, fluororganische Verbindungen, PFAS etc.) in der nationalen Strategie zur Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten integriert und dabei die Auswirkungen der Umweltverschmutzung und der endokrinen Disruptoren berücksichtigen soll. Ebenfalls lehnt der Bundesrat die Motion 23.3714 von Valentine Python (GPS/VD), übernommen von Manuela Weichelt (ALG/ZG), ab. Diese fordert eine Überprüfung der Risiken für die Gesundheit und die Biodiversität durch enzymblockierende Fungizide, sogenannte SDHI-Pestizide.
Am 16. Juni verabschiedet das Parlament die 2020 sistierten Gesetzesvorlagen zur Agrarpolitik ab 2022 (AP22+). Mit einem Verordnungspaket, das der Bundesrat im Januar 2024 in die Vernehmlassung schickt, soll die Mehrheit der Bestimmungen der AP22+ umgesetzt werden. Die für Grund- und Oberflächenwasser relevanten Bestimmungen wurden im Wesentlichen schon in den Vorjahren mit dem Aktionsplan Pflanzenschutz angegangen.
Das Postulat 23.3892 von Kurt Egger (GPS/TG) fordert eine nationale Wasserstrategie. Am 16. August beantragt der Bundesrat seine Ablehnung. Eine solche Strategie sei nicht nötig, der Bund unterstütze aber die Kantone stark in ihren Anstrengungen für ein nachhaltiges regionales Wassermanagement. Der Bundesrat verweist dabei auch auf den Grundlagenbericht zum Postulat Rieder von 2022.
Am 23. August heisst der Bundesrat den Bericht «Reifenabrieb als grösste Quelle von Mikroplastik. Massnahmen zur Verminderung» gut. Dies in Erfüllung des Postulats 19.3559 von Ursula Schneider Schüttel (SP/FR). Unter anderem hält der Bericht fest, dass Reifenabriebpartikel Jahrzehnte bis Jahrhunderte in der Umwelt verbleiben und negative Auswirkungen auf Menschen und Tiere sowie Böden und Gewässer haben. Massnahmen sollen dafür sorgen, dass weniger Reifenabrieb produziert wird und dieser in der Strassenabwasserbehandlung besser zurückgehalten wird.
Gleichentags lehnt die Regierung die Motion 23.3855 «Regenwasser, eine nachhaltige Ressource» von Delphine Klopfenstein Broggini (GPS/GE) ab. Die Regenwassernutzung sei – soweit sinnvoll – mit der bestehenden Gesetzgebung abgedeckt, begründet der Bundesrat. Die gleichlautende Motion von Céline Vara (GPS/NE) lehnt der Ständerat am 19. September ab.
Am 15. November äussert sich der Bundesrat ablehnend zu den Motionen 23.4197 von Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) und 23.4289 von Christine Badertscher (GPS/BE) «Pflanzenschutzmittel: Fast-Track-Zulassung bei Wirkstoffen mit geringen Risiken». Die Schweiz würde mit einer beschleunigten Zulassung vom Verfahren in der EU abweichen, und eine Zulassung von neuen Wirkstoffen innert sechs Monaten sei zu ambitioniert, begründet der Bundesrat.
Am 22. November nimmt der Bundesrat Stellung zur Interpellation 23.4263 von Manuela Weichelt (ALG/ZG) «Schutz der Gewässer vor Wassertemperaturanstiegen und zu hohen Nährstoffeinträgen». Gemäss Bundesrat erfüllen 25 der grössten Seen der Schweiz die Sauerstoffanforderung der Gewässerschutzverordnung nicht.
Zu zwei Postulaten und einer Motion beantragt der Bundesrat am 29. November Ablehnung. Es geht um Wasser sparen mit Alternativen zur gängigen Toilettenspülung (23.4262) von Felix Wettstein (GPS/SO), die «vorsichtige Lockerung des gegenwärtigen Verbots des Wiederbesatzes mit Regenbogenforellen» (23.4056) von Pierre-Alain Fridez (SP/JU) und schliesslich um «Der Apron, König des Doubs, stirbt. Weshalb?» (23.4057) von Pierre-Alain Fridez (SP/JU).
Am 18. Dezember schickt der Bundesrat eine Totalrevision der Pflanzenschutzmittelverordnung PSMV in die Vernehmlassung (bis 29.3.24). Einer der Kernpunkte, der aber auch umstritten ist, ist die automatische Ăśbernahme von EU-Zulassungen und RĂĽckzĂĽgen durch die Schweiz.
Anfang Jahr stellt das BAFU die Vollzugshilfe «Sanierungsbedarf sowie Ziele und Dringlichkeit einer Sanierung» vor, ein Modul zur Untersuchung von belasteten Standorten, die schädliche Auswirkungen u. a. auf Grundwasser oder oberirdische Gewässer haben. Im Februar veröffentlicht das BAFU die aktualisierte «Rote Liste der gefährdeten Arten der Schweiz – Fische und Rundmäuler». Der Gefährdungsstatus von 71 einheimischen Fischen und Rundmäulern wird darin gemäss den Kriterien der Weltnaturschutzunion (IUCN) bestimmt. Mit Ausnahme von fünf Arten, über die noch zu wenig bekannt ist, stehen 43 Arten auf der Roten Liste, wovon neun bereits ausgestorben sind. Des Weiteren sind neun Arten als potenziell gefährdet und 14 Arten als nicht gefährdet eingestuft. Die Beurteilung stützt sich auf rund 70 000 Beobachtungen, wovon 87 Prozent in Fliessgewässern und 13 Prozent in stehenden Gewässern erfolgten. Diese revidierte Rote Liste ersetzt jene von 2007.
Anfang Juni schickt das Bundesamt für Energie (BFE) eine Überarbeitung der Vollzugshilfe Wasserkraft (Festlegung der für die Nutzung der Wasserkraft geeigneten Gewässerstrecken im kantonalen Richtplan) in die Vernehmlassung. Die Kriterien und Kategorien der Nutzungseignung oder Nichtnutzung von Gewässerabschnitten sind umstritten. Die Einträge in den kantonalen Richtplänen haben aber relativ grosses Gewicht. Einzelne Kantone wie BE, VS und GR haben ihre Richtpläne bereits überarbeitet.
Mitte September publiziert das BAFU zwei neue Berichte, die den Kantonen helfen sollen, die vielerorts umstrittenen Gewässerräume fachgerecht auszuscheiden: die Empfehlungen für die Erstellung eines Fachgutachtens Gewässerraum für grosse Fliessgewässer und die Publikation zur Bestimmung der natürlichen Sohlebreite von Fliessgewässern.
Ende November publiziert das BAFU die Vollzugshilfe für Projekte in der Landwirtschaft nach Artikel 62a GSchG zur Erfüllung der Anforderungen an die Wasserqualität, ein Modul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft.
Am 28. November präsentiert Agroscope die neuen Nährstoffbilanzen für die Periode 1975–2021. Die Verluste bei Stickstoff und Phosphor hätten seit 2014 um rund 10% abgenommen. Es brauche aber noch weitere Anstrengungen, um die von der Politik vorgegebenen Ziele zu erreichen, heisst es darin.
Im Rahmen der (Not-)Verordnung über die befristete Erhöhung der Stromproduktion bei Wasserkraftwerken hat der Bundesrat im Winter 2022/23 Eingriffe in die Restwasserabgaben erlaubt. Am 30. November berichtet das BAFU über die Auswirkungen der verringerten Restwassermengen. Die Verringerung benetzter Flächen und Abflussmengen unter dem gewässerökologischen Alarmwert wurden von den Kantonen gemeldet. Es sei davon auszugehen, dass bei starken Reduktionen des Restwassers das Gewässerökosystem und die darin lebenden Fischpopulationen beeinträchtigt wurden, heisst es im Bericht. Von der angestrebten zusätzlichen Stromproduktion bis zu 150 GWh wurden in den sechs Monaten, in denen die Verordnung in Kraft war, von den 44 beteiligten Kraftwerken nur rund 26 GWh zusätzlich produziert.
Bereits am 24. Februar 2022 weist das Bundesgericht mit dem Urteil 1C_553/2020 die Beschwerde eines Landeigentümers an der Sure gegen den Kanton Luzern ab. Sie richtete sich gegen ein integrales Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekt, insbesondere gegen Revitalisierungsmassnahmen. Dem hält das oberste Gericht entgegen, dass Massnahmen zum Hochwasserschutz auch die Anforderungen des Natur- und Landschaftsschutzes integrieren müssen und umgekehrt (Nachtrag zum Bericht «Wasserpolitik 2022»).
Am 21. März verneint das Bundesgericht im Urteil 1C_31/2022 eine weitergehende Restwassersanierung nach Art. 80, Abs. 2 im Bündner Val Frisal, obwohl der betroffene Bach weiter unten durch ein Gebiet fliesst, das in einem nationalen oder kantonalen Inventar erfasst ist. Es lägen keine überwiegend öffentlichen Interessen vor, die einen weitergehenden Schutz respektive einen grösseren Eingriff in die wohlerworbenen Rechte erfordern, hält das Gericht fest. Das könnte nur dann geltend gemacht werden, wenn das betroffene Gewässer für das Schutzobjekt eine eigenständige Bedeutung hätte.
Eine Baubewilligung zum Ersatzbau zweier Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage in Walenstadt ist gültig, hält das Bundesgericht im Urteil 1C_265/2022 vom 24. April fest. Es liege keine Bundesaufgabe vor, da sich die Bauparzelle nicht im Gewässerschutzbereich Au befindet.
Im Urteil 1C_127/2022 vom 10. Mai hält das Bundesgericht fest, dass Baubewilligungen fĂĽr Neu- und Umbauten nach Art. 17 GSchG (abwassertechnische Voraussetzungen) nur erteilt werden dĂĽrfen, wenn gewährleistet ist, dass das verschmutzte Abwasser in die Kanalisation eingeleitet oder landwirtschaftlich verwertet wird. Bei nicht geringfĂĽgigen Ă„nderungen mĂĽsse dabei das ganze Entwässerungssystem ĂĽberprĂĽft werden. Der Ersatz von defekten Abwasserleitungen und der Einbau eines neuen KonÂtrollschachts sind im vorliegenden Fall in Altendorf (SZ) mehr als nur geringfĂĽgige bauliche Veränderungen.
Am 23. Mai stĂĽtzt das Bundesgericht mit dem Urteil 2C_1034/2022 die vom BLV verfĂĽgten, relativ kurzen Ăśbergangs- bzw. Ausverkaufsfristen von drei und neun Monaten nach einem Widerruf der Bewilligung fĂĽr den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Indoxacarb.
Am 27. Juli hält das Bundesgericht im Urteil 1C_58/2021 zum Aabach in Uster (ZH) fest, dass, wenn Baubereiche in einem Gestaltungsplan eines nationalen Inventarobjekts den Gewässerschutzbereich betreffen, eine Bundesaufgabe vorliege. Daher sei eine Begutachtung durch die Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission schon auf Stufe Gestaltungsplan zwingend.
Am 31. August stützt das Bundesgericht mit dem Urteil Urteil 1C_583/2021 die Phosphorverordnung des Kantons Luzern und weist die Beschwerde des Bauernverbands und 82 Bauern ab. Das Urteil erwähnt Untersuchungen der Eawag und die angestrebten tieferen Frühlings-Phosphorwerte in den Luzerner Mittellandseen.
Eine Baute im Gewässerschutzbereich Au darf ausnahmsweise bewilligt werden, wenn die Kapazität des Grundwasserdurchflusses maximal um 10% reduziert wird. Doch Anrecht auf diese Ausnahme besteht nicht. Vielmehr muss das InteÂresse, die Behinderung des Grundwasserstroms in Kauf zu nehmen, gegenĂĽber den (Gewässerschutz-)Interessen abgewogen werden. Das hält das Bundesgericht in einem Fall in Engelberg (OW) im Urteil 1C_690/2021 am 12. September fest.
Am 15. September schützt das Bundesgericht mit dem Urteil 1C_398/2022 den Artenschutz bzw. den Entscheid des Kantons Zürich, einem Projekt zur «Bodenverbesserung» auf vernässten Standorten in Gossau die Bewilligung zu verweigern.
Am 9. Oktober erhält das «St. Galler Tagblatt» vor Bundesgericht recht: Behörden müssen Einsicht gewähren in die Strafakten zum Goldacher Umweltskandal, wo PFAS-Löschschaum in die Goldach und den Bodensee gelangt ist (Urteil 1C_520/2022).
Um Bevölkerung und Infrastruktur im Reusstal vor Hochwasserereignissen zu schĂĽtzen, hat der Luzerner Regierungsrat im Mai 2022 das Projekt «Hochwasserschutz und Renaturierung Reuss» bewilligt. Die gegen diesen Entscheid eingereichten Beschwerden von Privaten und von Umweltverbänden weist das Kantonsgericht am 6. Dezember (und am 28. FeÂbruar 2024) vollumfänglich ab. Es beurteilt die geplanten ökologischen Aufwertungen als ausreichend und die Enteignung landwirtschaftlicher Flächen sowie den Verlust an Fruchtfolgeflächen fĂĽr den Hochwasserschutz als zwingend notwendig.
Anfang Februar reichen im Kanton Aargau mehrere Umweltschutzorganisationen die Gewässerinitiative ein. Sie verlangt ein Förderprogramm für feuchte Lebensräume.
Der Regierungsrat Basel-Stadt stellt am 28. März ein neues Wassergesetz vor. Es bündelt die drei zentralen wasserrechtlichen Themenbereiche Wasserbau, Gewässerschutz und Nutzung der Gewässer.
Im Kanton Zürich, wo das neue Wassergesetz in Kraft ist, schickt der Regierungsrat Anfang Dezember die völlig neue Wasserverordnung bis zum 22. März 2024 in die Vernehmlassung. Sie fasst Vorgaben aus fünf bisherigen Erlassen zusammen.
Seit dem 1. Juli 2023 gilt für Schiffe und Boote auf Zentralschweizer Seen eine Reinigungspflicht, wenn sie das Gewässer wechseln. So soll die Verbreitung invasiver Neobiota, wie die Quaggamuschel, verhindert werden.
Anfang Jahr präsentiert der Kanton Zürich seinen Bericht über den Zustand der Zürcher Gewässer. Mit dem Ausbau der Abwasserreinigungsanlagen, mit Revitalisierungen und anderen Massnahmen im Bereich der Siedlungsentwässerung und der Landwirtschaft sei der Gewässerschutz verstärkt worden, hält der Bericht fest. Doch der Klimawandel gefährde bisherige Erfolge im Gewässerschutz zunehmend.
Der Berner Grosse Rat überweist in der Sommersession eine Motion an die Regierung, die eine Überarbeitung der Wasserstrategie verlangt. Insbesondere sollen Szenarien zur Wasserversorgung bei Trockenheit erstellt und multifunktionale Retentionsspeicher geprüft werden. Am 28. September überweist auch das Zuger Kantonsparlament die Forderung nach einer kantonalen Wasserstrategie an die Regierung. Abgedeckt werden soll vor allem die Versorgungssicherheit in den Bereichen Trinkwasser, Landwirtschaft, Löschwasser, private Nutzung, Freizeit.
Die Solothurner Regierung beantragt im November einen Kredit über 4,4 Mio. Franken zur Bekämpfung von Trockenheit und Überschwemmungsrisiken in Pilotprojekten (im Januar 2024 vom Parlament bewilligt).
Am 18. April beantwortet der Regierungsrat Basel-Land aufgrund einer Interpellation (2022/604) Fragen zu reduzierter Wasserführung in kleineren und mittleren Gewässern als Folge der Grundwassernutzung. Die Antwort räumt ein, dass es lokal zu Konflikten zwischen Gewässerschutz und Trinkwassernutzung komme, und erwähnt Gegenmassnahmen. Im Vordergrund stehen genauere Messungen und der Verbund der Trinkwasserversorgungen.
Die Kantone Waadt, Freiburg, Neuenburg, Bern, Solothurn und Aargau treffen sich am 26. Mai, um ĂĽber den Hochwasserschutz an Jurarandseen und der Aare zu sprechen. Grundlage ist die gemeinsame Analyse des Hochwassers 2021 von Kantonen und Bund.
Im Kanton Bern wird das Postulat «für eine integrierte Wasserbewirtschaftung der Drei-Seen-Region (Bieler-, Neuenburger- und Murtensee)» Ende November im Parlament angenommen.
Der Kanton Waadt startet Ende September die Arbeiten zur dritten Rhonekorrektion im Chablais.
Mit dem Projekt #hallowasser will der Kanton Zürich neue Zugänge zu Zürcher Flüssen und Bächen schaffen: Flüsse und Bäche seien beliebte Freizeitorte, an denen die Bevölkerung am Wasser verweilen könne. Erlebnisse rund um die Ressource Wasser seien wichtig, begründet der Kanton am 23. Oktober und setzt dafür 45 Millionen Franken aus der Jubiläumsdividende der Zürcher Kantonalbank ein. Um den Zugang zum See geht es im Zürcher Kantonsrat, wo im März moniert wird, mit der Bewilligung privater Bauten würde der Seeuferweg blockiert (Am 3. März 2024 wird die kantonal zürcherische Volksinitiative «Für öffentliche Uferwege mit ökologischer Aufwertung» mit 64 Prozent Nein-Stimmen verworfen).
Graubünden schliesst Ende Juni die Vernehmlassung für einen kantonalen Energierichtplan mit Wasserkraft-Details. Als einer der ersten Kantone kategorisiert der Kanton die Gewässerstrecken nicht nur nach Nutzungseignung, sondern bezeichnet auch Abschnitte, die frei von einer Nutzung bleiben sollen.
Ende September beantwortet die St. Galler Regierung eine Anfrage zur stockenden Restwassersanierung von Sitter und Urnäsch. Die Situation sei kompliziert, da sich die Werke teilweise in drei Kantonen befinden. Eine rechtliche Möglichkeit zum Einzug von Erträgen aufgrund von verzögerten Restwassersanierungen existiere nicht, heisst es in der Antwort.
Der Kanton Waadt präsentiert am 14. September die Resultate seiner PFAS-Messungen im Chablais. Die Werte würden keine Massnahmen nötig machen, schreibt der Kanton. Am 19. September startet der Kanton Freiburg einen PFAS-Aktionsplan, und am 17. Oktober präsentiert der Kanton Bern seinen Gewässerbericht mit Informationen zum Zustand der Berner Seen und Flüsse sowie des Grundwassers. Insbesondere in Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte und intensiver Landnutzung stünden die ober- und unterirdischen Gewässer nach wie vor unter Druck, heisst es im Bericht, etwa mit zu hohen Nitratwerten oder Belastungen mit Pestiziden.
Am 15. August legt die basellandschaftliche Regierung aufgrund eines Postulats den Bericht «Abwasser als Ressource» vor. Dieser steht einer künftig verstärkten Nutzung von Stoffen und Energie aus dem Abwasser positiv gegenüber, hält aber fest, dass sich das heutige Abwassersystem als wirkungsvolle und effiziente Schadstoffbarriere bewährt habe und dass dieses System bezüglich Ressourcennutzung noch viel Potenzial habe.
Das Kantonale Laboratorium Basel-Stadt veröffentlicht ab Dezember auf dem Datenportal Basel-Stadt neu ein zusammenfassendes Abwassermonitoring mit aktuellen Messergebnissen für den Covid-19-Erreger, die Grippeviren Influenza A und Influenza B sowie das Respiratorische Synzytialvirus (RSV). Die Daten können auf dem neuen Dashboard «Virenmonitoring im Abwasser» eingesehen werden.
Vom 22. bis zum 24. März findet in New York die Uno-Weltwasserkonferenz statt. Eine Aktionsagenda zum besseren Schutz des Wassers wird verabschiedet. Generalsekretär António Guterres nimmt die Länder nach der Konferenz in die Pflicht.
Am 28. März publiziert die EU-Kommission den Bericht «Drought in Europe» – der trockene und warme Winter führt schon im März zu Dürren im Süden und Westen Europas. Die Forderung daraus: Die Staaten sollen ihre Wassernutzungspläne überarbeiten.
Ab dem 12. Januar gilt in der EU die neue EU-Trinkwasserrichtlinie – die Übergangsfrist zu deren Umsetzung in nationales Recht ist abgelaufen. Neben einem sicheren Zugang aller Menschen zu Trinkwasser verfolgt die Richtlinie das im europäischen «Green Deal» angekündigte Ziel für eine schadstofffreie Umwelt. Enthalten sind auch Vorschriften zu Materialien, die in Kontakt mit Trinkwasser kommen sowie zum Verlust von aufbereitetem Trinkwasser bis zum Endverbraucher. Diese Verluste betragen heute im EU-Durchschnitt immer noch 23 Prozent.
Ein Rechtsgutachten des Deutschen Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) postuliert Ende Februar, dass eine verursachergerechte Finanzierung bei Schäden durch PFAS nach EU-Recht möglich ist.
Die EU-Abwasserrichtlinie ist ab 21. März in Ăśberarbeitung. Zentrale Punkte sind die Umsetzung von dritten und vierten Stufen auf den ARA und die «Herstellerverantwortung» – d. h. die Frage, wer bezahlt gemäss Verursacherprinzip, wenn Massnahmen nötig werden. Im Herbst spricht sich dann der Rat der EU-Umweltminister fĂĽr das Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung (ERP) fĂĽr die vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen aus. Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika, die zu einer Verschmutzung des kommunalen Abwassers durch MiÂkroverunreinigungen fĂĽhren, sollen einen Beitrag zu den Kosten der zusätzlichen Behandlung leisten.
Am 26. Juni treten in den meisten EU-Ländern neue Normen für die sichere Wiederverwendung von behandeltem Abwasser in Kraft. Bisher werden EU-weit nur 2,4% des behandelten kommunalen Abwassers wiederverwendet, etwa zur Bewässerung in der Landwirtschaft.
Am 12. September beschliesst das EU-Parlament eine Ăśberarbeitung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (inkl. Grundwasserrichtlinie und Oberflächenwasserrichtlinie). Ziele sind eine Reduktion von Schadstoffen, regelmässigere Aktualisierungen und mehr Stoffe, die ĂĽberwacht werden, einschliesslich Mikroplastik und antibiotikaresistente Mikroorganismen. Zudem soll das Verursacherprinzip gestärkt werden. Ende September beschliesst die EU-Kommission ein Verbot von zugesetztem MiÂkroplastik – mit längeren Ăśbergangsfristen. Es folgen Vorschriften gegen Granulat auf Sportplätzen, Kosmetika, Glitter oder Mikroplastikzusätze in DĂĽngern etc.
Am 21. November stimmt der EU-Umweltausschuss einem neuen Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zu. Bis 2030 sollen 25 000 km Flüsse in den EU-Ländern in frei fliessenden Zustand versetzt werden. Die Vorlage kommt 2024 ins EU-Parlament.
Ăśberraschend abgelehnt wird im EU-Parlament tags darauf hingegen die neue Pflanzenschutzverordnung mit Vorgaben zu einem reduzierten Pestizid-einsatz.
Am 15. März verabschiedet das Deutsche Bundeskabinett eine nationale Wasserstrategie. Mit der Strategie und dem dazugehörigen Aktionsprogramm wird die Grundlage für ein zukunftsfähiges Management der Wasserressourcen und den Schutz der Gewässer gelegt.
Ab Ende August verhandelt die Schweiz mit Frankreich über die Regulierung des Genfersees. In Genf kommt es zu Protesten, denn Frankreich möchte, dass die Schweiz in Trockenzeiten mehr Wasser aus dem Léman ablässt, weil die AKW in Bugey um zwei Reaktoren ausgebaut werden sollen. Die Situation ist komplex, denn neben den zwei Staaten müssen auch die Kantone Wallis, Waadt und Genf einbezogen werden.
Die folgenden wasser- oder gewässerrelevanten Themen werden 2024 absehbar auf den Bühnen der Politik diskutiert:
Zwei Volksinitiativen haben direkt oder indirekt Auswirkungen auf Gewässerlandschaften und das Wasser: Die Landschaftsinitiative ist zurückgezogen. Das Ringen um griffige Vollzugsbestimmungen zum revidierten Raumplanungsgesetz wird aber fortgesetzt. Die Biodiversitätsinitiative kommt am 22. September 2024 zur Abstimmung.
Aufgrund des Referendums kommt das «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» (Mantelerlass) am 9. Juni 2024 vors Volk.
Vom 21. Februar bis zum 28. Mai 2024 läuft die Vernehmlassung zu Vollzugsbestimmungen zur Umsetzung des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Gewässerrelevant sind u. a. die Ausführungen zu den kantonalen Richtplänen, den zusätzlichen Ausgleichsmassnahmen beim Ausbau der Speicherwasserkraft oder den Vergütungen für die Kleinstwasserkraft. Die Vorstösse zur Überarbeitung der Restwasservorschriften sind in diesem Pakt noch nicht enthalten, dürften aber in den Debatten im Parlament grosses Gewicht erhalten. Mitte August endet ausserdem die Sammelfrist für die Volksinitiative der Kleinwasserkraftvereinigung Swiss Small Hydro, die Nutzungsanliegen in der Verfassung höher gewichten will als andere nationale Interessen.
Das Bundesgerichtsurteil zur Luzerner Phosphorverordnung dürfte in den Regionen mit hohen Tierbeständen weitere Massnahmen gegen die Überdüngung von Grund- und Oberflächengewässern auslösen. Dies umso mehr, als die Ausscheidung der Grundwasserschutzzonen, insbesondere der Zuströmbereiche, zu einer der grössten Pendenzen im Gewässerschutz zählt.
Bis Ende 2026 müssen die Kantone ihre Revitalisierungsplanungen aktualisieren und verabschieden. Das BAFU hat dazu 2023 das Vollzugshilfemodul «Revitalisierung – Strategische Planung» überarbeitet. Schon bis Ende 2025 müssen die Entwürfe der Kantone beim BAFU sein.
Für den Frühsommer ist eine Vernehmlassung geplant über Massnahmen zur Senkung des Bezugs von elektrischer Energie bei zentralen kommunalen Abwasserreinigungsanlagen (ARA). Es geht um eine dauernde Senkung, aber auch um spezifische Regeln, wie ARA im Fall einer Strommangellage betrieben werden können.
Die Autoren bedanken sich bei Noah Schmid und Reto Schmid. Noah Schmid hat zu wasserpolitischen Ereignissen in den Kantonen recherchiert, Reto Schmid von der Vereinigung fĂĽr Umweltrecht VUR hat RĂĽckmeldungen zu den Gerichtsentscheiden gemacht.
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