Im vergangenen Sommer durften die Schweizer Pfadis das Bundeslager unter dem Motto «Mova» erleben. Während zwei Wochen Lager bevölkerten rund 30'000 Pfadis das Goms (VS). Mit 5000 Helfenden wurde innerhalb von zwei Wochen vorgängig die nötige Infrastruktur auf dem 120 Hektar grossen Lagerplatz aufgebaut. Anders als vorangegangene Bundeslager fand das Mova auf einem zentralen Lagerplatz statt und war das bisher grösste Lager in der Schweiz (ca. 10'000 Teilnehmende mehr als das «Contura» 2008). Damit haben die Pfadis etwas erschaffen, von dem man sich noch lange erzählen wird. Eine Geschichte aus dem Mova sei auch an dieser Stelle erzählt: diejenige rund um die Wasserversorgung dieser Zeltstadt.
Die Versorgung des Lagers mit mikrobiologisch einwandfreiem Trinkwasser musste während des Lagers sichergestellt sein. Aufgrund der Grösse des Lagers und der Anzahl Teilnehmenden beauftragte der organisierende Verein (Verein Bula 2021) das Team «Trinkwasserhygiene», ein Konzept für die Selbstkontrolle und eine Gefahrenanalyse inklusive kritischer Kontrollpunkte zu erarbeiten. Für die Versorgung mit Trinkwasser wurde während zwei Wochen ein temporäres Trinkwassernetz mit verschiedenen Teilnetzen betrieben. Um das Wasser auf dem Lagerplatz zu verteilen, wurden über 9 km neue PEHD-Trinkwasserleitungen verlegt. Leitungsabschnitte wurden mittels Plassonkupplungen verbunden. An strategisch wichtigen Stellen wurden Schieber eingebaut, um eine flexible Trennung der einzelnen Teilnetze zu ermöglichen. Zum Schutz vor Umwelteinflüssen wurden die Leitungen, wo möglich, ca. 30 cm tief in den Boden eingegraben. Trinkwasser wurde im Mova über die 40 Wasserstellen mit sanitären Anlagen sowie von den Mova-Beizen (Restaurants, Cafés und Bars) und der Notfallpraxis bezogen. Die einzelnen Pfadigruppen füllten ihr Wasser zum Kochen und Trinken direkt an einer der Wasserstellen in Kanister ab.
Das Goms war auch aus Sicht Trinkwasser ein toller Gastgeber. Das Mova bezog Quellwasser der Gemeinden Obergoms und Goms. Das kalte Wasser mit niedriger Leitfähigkeit, hohem Sauerstoff- und tiefem DOC-Gehalt brachte beste Voraussetzungen mit für ein mikrobiologisch stabiles Wasser mit tiefer Verkeimungsgefahr. Die Quellschüttungen weisen saisonale Schwankungen auf, was Voraussagen zum Wasserdargebot erschwerte. Das langjährige Mittel der Gemeinde Obergoms liegt bei rund 2500 m3/Tag. Der Wasserverbrauch wurde im Rahmen der Vorbereitungen auf 50 Liter pro Tag und Person geschätzt. Diese Schätzung ging von einem sorgsamen Umgang mit den Wasserressourcen aus. Der totale Verbrauch läge damit bei 1445 m3 pro Tag, also deutlich unter dem langjährigen Mittel des Wasserdargebots. Vorgesehen war der Bezug des Wassers von der Gemeinde Obergoms und eine Möglichkeit eines zweiten Anschlusses an das Netz der Gemeinde Goms.
Bei der Versorgung des Lagers mit sicherem Trinkwasser brachten zeitliche und örtliche Rahmenbedingungen zahlreiche Herausforderungen mit sich. Wie bei jeder Trinkwasserversorgung war die sichere Beherrschung der mikrobiologischen Risiken zentral. Die chemischen Risiken wurden aufgrund der kurzen Lagerdauer als weniger relevant beurteilt. Die chemische Zusammensetzung der genutzten Quellen war vorgegeben und eine negative Veränderung bei Bezug ab Hydrant ist unwahrscheinlich. Eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Beherrschung der mikrobiologischen Risiken ist ein professionell gebautes Netz. Das Netz orientiert sich jedoch grundsätzlich an der Verteilung des Wassers und wurde anhand der Anordnung der Sanitäranlagen optimiert, nicht primär an der Qualität des Trinkwassers. So entstanden teilweise Bereiche mit hoher Stagnation. Aufgrund der geringen Einbautiefe der Leitungen war zusätzlich mit einer Erwärmung des Wassers bei sonnigem Wetter und damit einhergehendem Aufwachsen von Zellen zu erwarten.
Für den Aufbau und die Inbetriebnahme des Netzes standen lediglich zwei Wochen zur Verfügung und die Netzfreigabe musste an einem definierten Datum erfolgen. Weil die Anreisetage fest geplant waren, hätte ein Aufschub der Freigabe gravierende Folgen für den gesamten Lagerbetrieb gehabt. So wurde das Netz innerhalb von eineinhalb Wochen aufgebaut und mit voranschreitendem Bau direkt gespült. Das Trinkwassernetz war nur ein Teil der schnell wachsenden Infrastruktur. Für das Spülen der Leitungen waren die Sanitäranlagen und das Abwassersystem eine wichtige Voraussetzung. Denn zum Schutz des Bodens wurde nur in Oberflächengewässer, Meteorwasserleitungen oder in die Kanalisation gespült. Verzögerungen beim Bau der Sanitäranlagen und des Abwassersystems erschwerten die Inbetriebnahme des Netzes und verunmöglichten eine etappierte Freigabe.
Die Freigaben auf Basis von mikrobiologischen Laboranalysen sollten mit Analysen der Durchflusszytometrie abgesichert werden. Aufgrund der zeitlichen Rahmenbedingungen von Bau und Inbetriebnahme war am Tag der Freigabe noch kein stabiler Betrieb im Netz etabliert. Entsprechend konnte die Bestätigung der Laboranalysen mit Durchflusszytometrie nicht wie geplant durchgeführt werden. Von den Gemeindenetzen waren zwar Laborvergleichsdaten vorhanden, nicht jedoch vom frisch in Betrieb genommenen Mova-Netz. Im Vergleich zu den etablierten Gemeindenetzen wurden erhöhte Totalzellzahlen (TZZ) im temporären Netz gemessen. Verantwortlich dafür war das Auswaschen von Nährstoffen aus den neuen Leitungen. Im Verlauf des Lagers pendelten sich diese Zahlen auf einem leicht erhöhten Niveau ein. Diese Ergebnisse waren vergleichbar mit gemessenen TZZ aus Hausanschlüssen (Hangar 83).
Der Gesamtverbrauch des Mova konnte berechnet werden, der Verbrauch für die einzelnen Teilnetze aber war schwer vorhersagbar. Wie bei so einigem in diesem Lager, machten die Pfadis auch in diesem Fall die Probe aufs Exempel. Das Netz wurde freigegeben als erst ein Teil der grossen Zeltstadt in Betrieb war. Zu diesem Zeitpunkt bezogen ca. 10'000 Helfende Trinkwasser. Es floss wenig Wasser durch das grosse Netz. Folglich kam es teilweise zu Stagnation und Erwärmung des Wassers. Mit der Anreise der 30'000 Teilnehmenden drei Tage später stieg der Wasserverbrauch um ein Vielfaches innert kurzer Zeit. Es floss so viel Wasser, dass es an gewissen Endpunkten zu einem Druckabfall kam. Folglich sank die verfügbare Wassermenge und die Gefahr von Verschmutzung durch Unterdruck nahm zu.
Die zahlreichen Herausforderungen rund um die Versorgung mit sauberem Trinkwasser verlangten ein vorausschauendes Handeln. Bereits während der Planung des Lagers und insbesondere auch vor Ort bei Bau, Inbetriebnahme und Freigabe wurden mit präventiven Massnahmen und einer zeitnahen Qualitätsüberwachung eine einwandfreie Trinkwasserqualität sichergestellt. Das Netz wurde kontinuierlich überwacht. Temperaturüberwachungen (analog/online), regelmässige Laboruntersuchungen sowie TZZ-Messungen online wie auch offline mit einem Flowcytometer stellten die Grundlagen zur Beurteilung der Qualität zur Verfügung.
In die Planung des Netzes flossen wichtige Qualitätsaspekte mit ein. So berücksichtigte die Planung die Inbetriebnahme und Spülung sowie eine mögliche etappierte Freigabe. Dementsprechend wurde die Planung des Netzes optimiert: Spülstellen, grosse Endverbraucher, Ringschlüsse und optionale Anpassung von Verbindungen waren vorgesehen. Gebaut wurde das Leitungsnetz dann grösstenteils wie geplant. Teilweise wurde aufgrund von geänderten örtlichen Gegebenheiten oder geändertem Leitungsmaterial Anpassungen vorgenommen. Der Bau erfolgte mit Hilfe von erfahrenen Berufsleuten und gemäss guter Praxis. Diese Arbeiten wurden durch das «Trinkwasserhygiene»-Team eng begleitet. So konnte der Einfluss von Anpassungen und Änderung bereits präventiv in die Qualitätsbeurteilungen miteinbezogen werden.
Für die Inbetriebnahme war ein etappiertes Vorgehen geplant. Dieses konnten aber wegen Verzögerungen beim Anschluss der Wasserabnahmestellen nicht realisiert werden. Die Ausführung aller Anschlüsse sowie der Bau des Abwassernetzes erwiesen sich als wesentlich zeitintensiver als gedacht. Zudem war das Spülen der Leitungen erst möglich, als an jedem Endpunkt ein Anschluss installiert und das Abwassersystem vorhanden war. Schlussendlich konnte das Netz aber innerhalb kurzer Zeit genügend gespült, beprobt und anschliessend freigegeben werden. Wären alle Abgänge mit Hähnen versehen worden, hätten die Spülung und Freigabe des Hauptnetzes noch schneller durchgeführt werden können.
Die Freigaben erfolgten alleinig über die Fäkalindikatoren innerhalb von 24 h nach der Probenahme. Voraussetzung für dieses Vorgehen war die ausgezeichnete Qualität des bezogenen Rohwassers, eine kurze Verweildauer im Netz durch steten Fluss und eine kontinuierliche Überwachung der Temperatur und des Bakterienwachstums im Netz. Da Gesamtkeimzahl-Analysen (AMK) somit keine erhebliche Risikoreduktion erzielten und die Zeit begrenzt war, wurde für die Freigabe darauf verzichtet. Tiefe AMK-Werte bestätigten später dieses Vorgehen. Eine zentrale Voraussetzung für die Freigabe in so kurzer Zeit war ein Labor, bei dem mikrobiologische Analysen auf Abruf zur Verfügung standen.
Im Sommer 2022 war die Schüttung der Quellen der Gemeinde Obergoms aufgrund vorangegangener Trockenperioden so tief wie normalerweise im Herbst. Dennoch stand im Lager jederzeit genügend Wasser zur Verfügung. Die Pfadis gingen haushälterisch mit dem Wasser um, die präventive Information der Teilnehmenden zeigte mehr Wirkung als erwartet. Der geschätzte Wasserverbrauch von 1445 m3 wurde nur ein Mal erreicht. Zusätzlich entspannte sich die Situation durch den Anschluss an das Netz der Gemeinde Goms kurz vor dem Lager. Die Versorgung des Lagers wurde schlussendlich über die Aufteilung in drei Teilnetze gesichert (vgl. hydraulisches Schema in Fig. 3 und Fig. 7): Versorgung ab Obergesteln (indirekt über Reservoir Hubel), Versorgung ab Ulrichen (Reservoir Hubel) und Versorgung ab Münster (Reservoir Münster). Durchschnittlich wurde 14% des Wassers über die 1,6 km lange Leitung von einem Hydranten in Münster bezogen. Dem Wasser aus dem Reservoir in Münster wurde bereits vor dem Lager ein Netzschutz beigegeben.
Zur sicheren Beherrschung der mikrobiologischen Risiken wurde ein umfassendes Selbstkontrollkonzept in Anlehnung an die Leitlinie für gute Verfahrenspraxis in Trinkwasserversorgungen (W12) erstellt [1]. Das Konzept stellte Anforderungen an Netz, Material, Probenahme und Probentransport, formulierte mit einer Gefahrenanalyse kritische Kontrollpunkte und beurteilte die entsprechenden Risiken. Folgende Gefahren, die zu mikrobiologischen Verunreinigungen führen könnten, wurden identifiziert: Stagnation, Erwärmung, Verunreinigung an der Leitung, Verunreinigung des Rohwassers oder Verunreinigung bei Einspeisung ins Mova-Netz.
Die monatlichen Untersuchungen seit Sommer 2021 ermöglichten eine umfassende Beurteilung der Trinkwasserqualität vor dem Bundeslager. Auf Basis dieser Resultate wurden lagerspezifische Warnwerte definiert. So konnten Abweichungen frühzeitig erkannt und entsprechende Massnahmen ergriffen werden. Folgende Warnwerte wurden definiert: Temperatur über 15 °C und AMK über 200 KBE/ml, TZZ über 50 000 und HNA (High Nucleic Acid) über 50%. Letztere zwei Werte halfen, eine grobe Beurteilung der Qualität zu machen. Erfahrungswerte fehlten aber insbesondere am Anfang.
Das Selbstkontrollkonzept sah nach der Inbetriebnahme regelmässige mikrobiologische Untersuchungen sowie Wassertemperaturmessungen vor. Die untersuchten Stellen wurden risikobasiert ausgewählt, der Fokus lag neben einer regelmässigen Netzüberwachung auf Stellen mit Stagnation, Endstellen und Abnahmestellen von sensiblen Verbrauchern (Notfallpraxis, Kinderhort). Die Ergebnisse der Analysen flossen direkt in die laufende Gesamtbeurteilung mit ein. So konnten Veränderungen rasch festgestellt und darauf basierend weitere Untersuchungen durchgeführt oder Massnahmen ergriffen werden. Je nach Dauer bis zum Ergebnis wurden die Analysen unterschiedlich eingesetzt. Die Temperaturüberwachung lieferte mit der kürzesten Dauer bis zum Ergebnis rasche und wichtige Hinweise auf eine mögliche mikrobiologische Belastung. Entsprechend oft wurden die Temperaturen im Netz und insbesondere an den Endstellen gemessen.
Zur Sicherstellung einer korrekten Netzschutzdosierung sah das Selbstkontrollkonzept regelmässige Feldmessungen vor. Im Mova-Netz wurde ca. 0,02–0,10 mg/l freies Chlor gemessen.
Unter der Sanitäranlage bei Punkt H (Fig. 7) war neben einigen Online-Messgeräten für physikalische Parameter ein Flowcytometer installiert. Dieses lieferte kontinuierliche Daten zur TZZ und dem Verhältnis HNA/LNA (stark und schwach fluoreszierende Zellen). Zusätzlich sah das Selbstkontrollkonzept manuelle Messungen von Proben aus weiteren Teilnetzen vor. So konnte die TZZ vor Ort in kurzer Zeit bestimmt werden. Insbesondere für den generellen Nachweis des Bakterienwachstums hat die Durchflusszytometrie so gegenüber den AMK-Analysen Vorteile [2].
Bei geringem Wasserverbrauch vor Ankunft der Teilnehmenden (18.–22. Juli) wurde ein verstärktes Aufwachsen beobachtet. Die Messungen zeigten einen gleichzeitigen Anstieg der TZZ und des HNA/LNA-Verhältnisses: ein präferenzielles Wachstum grosser Zellen (Fig. 8). Dem konnte durch Spülen entgegengewirkt werden. Dies wird mit den Einbrüchen der TZZ am 20. und 22. Juli deutlich. Das Teilnetz Ulrichen wurde Anfang Lager in ein Teilnetz Ulrichen und ein Teilnetz Münster geteilt. Die Online-Messstelle analysierte daher erst Wasser aus dem Gemeindenetz von Ulrichen danach aus Münster (rote Linie in Fig. 8). Das Wasser von Münster (Gemeinde Goms) unterscheidet sich mikrobiologisch nur geringfügig vom Wasser aus Ulrichen (Gemeinde Obergoms). Diese Differenz ist für Quellwässer nicht ungewöhnlich, weitere Untersuchungen waren daher nicht notwendig.
Während des Lagers blieben die TZZ aufgrund des hohen Wasserverbrauchs konstant um 10 000 Zellen/ml und korrelierten wiederum stark mit dem HNA-Anteil (Fig. 8). Zu erwarten wäre zusätzlich ein Zusammenhang zwischen Temperatur und TZZ, da erhöhte Temperaturen ein Aufwachsen der Zellen begünstigen. Die gemessenen Daten unterstützen diese Annahme jedoch nicht. Das Wasser enthielt im betrachteten Zeitraum einen Netzschutz. Dieser scheint eine Zunahme der Zellzahl erfolgreich verhindert zu haben. Alleinig in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli wurde ein Anstieg der Zellzahlen gemessen. Dieser Anstieg ist auf starken Niederschlag im gleichen Zeitraum zurückzuführen (s. meteorologische Bedingungen in Fig. 2).
Die verschiedenen Untersuchungen und Analysen aus dem Selbstkontrollkonzept lieferten wichtige Grundlagen für die laufende Beurteilung vor Ort. Die Resultate des Flowcytometers waren dabei eine wertvolle Ergänzung zu den Laboranalysen, insbesondere für die Priorisierung der Messstellen für Laboranalysen. Die Resultate der Selbstkontrollmessungen an Sanitärstellen und in den Mova-Beizen sind in einer Übersicht in Figur 7 dargestellt. Eine Stelle wurde grün gekennzeichnet, sofern (1) die Laboranalysen keine Fäkalkeime feststellten, (2) ein AMK-Wert unter 100 KbE/ml gemessen wurde, (3) die Temperatur unter 15 °C und (4) die TZZ kleiner als 20'000 Zellen/ml war. Bei einer gelb markierten Stelle wurden keine Fäkalkeime detektiert, jedoch einer der anderen Werte überschritten. Stellen mit positiven Fäkalkeim-Befunden sind orange oder rot markiert, abhängig von der Anzahl an Befunden und den ergriffenen Massnahmen.
Die kritischen Punkte werden an den mit Buchstaben gekennzeichneten Stellen deutlich sichtbar. Stelle A im Teilnetz Obergesteln war ein Endstrang mit teilweise stagnierendem Wasser. Auf dem Weg vom Hydranten bis zu dieser Stelle erwärmte sich das Wasser stetig. Das Wachstum von Zellen war begünstigt. Im Gegensatz dazu stand bei Sanitäranlage B im Netz Ulrichen ein Toilettenwagen mit hohem Wasserverbrauch. Stehendes Wasser und erhöhtes Zellwachstum waren an dieser Stelle kein Problem. Dementgegen waren Stellen C und D im Teilnetz Ulrichen sowie F und G im Netz Münster Endstränge mit mittlerem Wasserverbrauch. Auch am Endpunkt D wurde ein mittlerer Verbrauch verzeichnet. Dort nutzte die Mova-Beiz regelmässig eine Geschirrspülmaschine. Diese Situation erhöhte zwar den Wasserverbrauch im Vergleich zu Endpunkt A, jedoch weniger stark als der Toilettenwagen bei Punkt B.
Den Leitungsstrang mit Sanitäranlage bei Endpunkt E und die vorgelagerte Wasserstelle J erreichte zeitweise wenig Wasser. In diesem Endstrang kam es zu Druckabfall. Dieser war auf die ungenügende Berücksichtigung des Reliefs bei der Planung und auf die Versorgung über ungenügende Leitungsquerschnitte zurückzuführen. Der Anstieg von Ulrichen in Richtung Geschinen betrug acht Meter. Wahrscheinlich gelangte wegen des Druckabfalls Schmutzwasser über eine undichte Verbindung in die Leitung. Dank der Selbstkontrolle konnte eine Verkeimung (Fig. 9) rasch festgestellt und entsprechende Massnahmen eingeleitet werden. Die betroffenen Stellen wurden gesperrt, mit einer mobilen Dosieranlage desinfiziert, gespült und später baulich angepasst. Dieser Vorfall zeigte, dass sich in der kurzen Betriebsdauer des Netzes noch keine stabile Situation etablierte. Dem Reservoir Hubel, aus dem das Teilnetz Ulrichen Wasser bezog, wurde deswegen zusätzlich ab dem 27. Juli präventiv Netzschutz beigegeben. Das Teilstück zwischen Wasserstelle E und J war nach drei Tagen neu gebaut und die Laboranalysen zeigten keine Befunde der Fäkalindikatoren mehr. Die Sperrung konnte aufgehoben und der Weg an die nächste Wasserstelle wurde für einige Pfadis endlich wieder kürzer. Danach wurde der Endstrang weiterhin mit regelmässigen Messungen eng überwacht. Die Qualität war in Ordnung, blieb jedoch durch den niedrigen Wasserverbrauch an der Endstelle kritisch. Der Netzschutz wurde deswegen lokal erhöht. Im betroffenen Teilgebiet wurden über die ganze Lagerdauer keine Erkrankungen festgestellt, die Selbstkontrolle und die rasch ergriffenen Massnahmen zeigten Wirkung.
Grundsätzlich sind bei hoher TZZ und hohem HNA/LNA-Verhältnis auch Nachweise von Fäkalindikatoren im Labor zu erwarten. So wurde beispielsweise an der Sanitäranlage I am 28. Juli eine erhöhte TZZ gemessen und das HNA/LNA-Verhältnis wurde deutlich überschritten. Die Laboruntersuchungen zeigten am nächsten Tag dann ebenfalls einen positiven Befund. Bei einer Überschreitung eines mikrobiologischen Warnwertes wurde immer eine Beurteilung der Gesamtsituation gemacht und entsprechend Massnahmen ergriffen. Diese reichten von einer intensiveren Überwachung einer bestimmten Stelle, über Spülen von Leitungsabschnitten bis hin zur Notchlorierung. Bei Sanitäranlage I reichte ausgiebiges Spülen aus. Die rasch durchgeführte Nachkontrolle konnte bereits am nächsten Tag Entwarnung geben, es wurden keine Fäkalindikatoren mehr nachgewiesen. Allgemein war die Erhöhung des Durchflusses die häufigste Massnahme, beispielsweise bei zu hoher Wassertemperatur. Dazu wurde bei den entsprechenden Endstellen der Stetslauf erhöht. Bei dieser Massnahme stellten die Pfadis selbst das grösste Hindernis dar. War doch im Vorfeld immer zu sparsamen Umgang mit Wasser aufgerufen worden, wurden solche Stetsläufe regelmässig und nach kurzer Zeit wieder zugedreht. Das Gleiche galt auch in die andere Richtung: Gesperrte Wasserstellen wurden von findigen Pfadis schnell wieder in Betrieb genommen. Bei Pfadis hilft das Abmontieren von Hähnen nicht, denn ein Sackmesser inklusive Schraubenzieher ist schnell zur Hand.
Die Möglichkeit die TZZ vor Ort und innerhalb von 30 Minuten messen zu können, erlaubte gezielte Probenahmen und Nachmessungen im Labor sowie die Einleitung rascher Massnahmen, um die Trinkwasserqualität für rund 30'000 Menschen während zweier Wochen zu gewährleisten. Mit den erhobenen Daten zeigte sich aber auch, dass Laboranalysen für eine detailliertere Auskunft über die Art der Verkeimung weiterhin zentral sind.
Der sichere Betrieb einer temporären Trinkwasserinfrastruktur für 30'000 Personen ist eine Herausforderung. Insbesondere wenn die Infrastruktur schnell erstellt und in Betrieb genommen werden muss, aber gleichzeitig hohe Standards erfüllen soll. Die Vorbereitung auf verschiedene Szenarien und das umfassende Selbstkontrollkonzept haben sich bewährt. Als grösste Gefahr für die Gesundheit wurde im Vorfeld eine mikrobiologische Verunreinigung des Trinkwassers identifiziert. Dies wurde durch Laborbefunde bestätigt. Der Grossteil der Wasseranalysen erreichte das Labor aber gar nicht. Sie konnten vor Ort durchgeführt werden. Die schnell verfügbaren Resultate flossen laufend in die Risikobeurteilung ein. So konnten schnell und direkt Massnahmen eingeleitet werden. Alle relevanten Verunreinigungen konnten zeitnah festgestellt und behoben werden.
Die engmaschige Überwachung verdeutlichte die Herausforderungen einer temporären Trinkwasserinfrastruktur. Ein solches Netz muss über seine ganze Betriebsdauer eng überwacht werden. Eine kontinuierliche Beurteilung der aktuellen Situation hilft, am richtigen Ort hinzuschauen und die Probleme zu erkennen und lösen, bevor diese ein grosses Ausmass erreichen. Analysen der Fäkalindikatoren und die Messung der TZZ sind wichtige Werkzeuge, um Entscheidungen zu treffen und die Wasserqualität sicherzustellen. Aber auch einfache Parameter wie die Temperatur liefern verlässliche Hinweise auf die aktuelle Situation und unterstützen die Beurteilung.
[1] SVGW: Richtlinie W12 – Leitlinie für eine gute Verfahrenspraxis in Trinkwasserversorgungen
[2] Egli, T. et al. (2008): Neue Methoden zur Beurteilung der Trinkwasserhygiene. Eawag News [dt. Ausg.] 65: 20–23
[3] Ho, J. et al. (2020): DVGW-Abschlussbericht, Weiterentwicklung und Validierung der Durchflusszytometrie als schnelle Detektionsmethode fĂĽr Bakterien in Roh- und Trinkwasser
Zur kontinuierlichen und punktuellen Überwachung der Zellzahlen im Trinkwasser wurde der Flowcytometer (BactoSense) mit TZZ-Kartusche verwendet. Durch Anfärben der DNA mit einem fluoreszierenden Farbstoff (SYBR GREEN I) und der optischen Messung werden alle Bakterien und die Anteile verschiedener Zellfraktionen ausgewertet [3]:
Die totale Zellzahl gibt die Anzahl der Bakterien an, unabhängig davon, ob diese kultivierbar sind oder nicht.
Die Fraktion der High Nucleic Acid-Zellen besteht aus grossen, eher länglichen Bakterien, die gut kultivierbar sind. Zu dieser Fraktion gehört etwa E. coli.
Kleine rundliche Bakterien mit geringerem Anteil von DNA, die nur unter bestimmten Bedingungen kultivierbar sind.
Die mikrobiologischen Laboruntersuchungen (Parameter gemäss TBDV) erfolgten in einem nach ISO 17025 akkreditierten Labor:
Online-Ăśberwachung von allgemeinen Trinkwasserparametern wie Temperatur, Sauerstoff, pH-Wert und freies Chlor. Einsatz eines Analysepanels mit modularer Durchflussarmatur fĂĽr vier Parameter und entsprechendem Messumformer fĂĽr die Online-Sensoren von Endress+Hauser Schweiz AG.
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Dank einem grossartigen Einsatz von vielen verschiedenen Personen und grosszügigen Leihgaben von Messinstrumenten konnte das Mova jederzeit mit sicherem Trinkwasser versorgt werden. Erwähnen möchten wir hier den unermüdlichen Einsatz bei Planung und Bau des Netzes von Thomas Felder (Raconto) und Joel Arnold (Winnetou), beide Team «Wasser» aus dem Bereich Infrastruktur. Weiter bedanken wir uns bei Matthias Jost (Allikas), Brunnenmeister Obergoms, und Christoph Imwinkelried, Brunnenmeister Goms, für das Vertrauen und den riesigen Einsatz für die Pfadi. Wolfram Brück und seinem Team im Labor der Fachhochschule Wallis (HES-SO) danken wir für den exzellenten Service mit Laboranalysen und den fachlichen Austausch.
Zu guter Letzt danken wir allen Helfenden des Teams «Trinkwasserhygiene» für die unzähligen Velo-Kilometer auf dem Lagerplatz im Auftrag des sauberen Trinkwassers.
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