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Fachartikel
28. Juli 2021

Grundwasserbrunnen

Qualitätsbewusste Instandhaltung: Brunnenregenerierung, -sanierung, -kontrolle und -pflege

Grundwasserbrunnen werden in der Regel zur Nutzbarmachung für mehrere Generationen gebaut. Aber alle Brunnen – unabhängig von ihrer Bauart – unterliegen einer stetigen Alterung. Damit der Brunnen über die gesamte Nutzungsdauer optimal betrieben werden kann, bedarf es einer kontinuierlichen Überwachung und Pflege.
Viktor Rupf 

Inkrustationen, Verockerungen aus Eisen- und Manganmineralien sowie Versinterungen aus Karbonatablagerungen am Brunnenfilter gehören zu den häufigsten Erscheinungen der Brunnenalterung. Diese haben verschiedene Ursachen.

Mögliche Ursachen der Alterung

Die oben genannten Erscheinungen entstehen durch hydrochemisch oder mikrobiologisch katalysierte Mischungs- und Ausfällungsvorgänge in den Filterschlitzen und Porenräumen der Kiesschüttung.
Wenn mit zunehmender Nutzungsdauer das Wasser mit mehr Widerstand zum Filterbrunnen fliesst, spricht der Fachmann von Kolmation. Dieser Begriff beschreibt den Vorgang, bei dem der Porenraum der Filterkiesschüttung durch Feststoffe wie Sand, Schluff oder Bohrspülungsreste aufgrund ungenügender Brunnenentwicklung beim Neubau verstopft und dadurch der Durchfluss beeinträchtigt wird.
Nicht selten wird auch festgestellt, dass Korrosionen und Beschädigungen an der Brunnenrohrtour den Brunnen vorzeitig altern lassen und somit die erwartete Nutzungsdauer verkürzt wird.
In unseren Breitengraden eher selten, dennoch eine weitere mögliche Ursache für die Alterung eines Brunnens, sind mi­krobiologisch bedingte Schleimbildungen infolge der Massenentwicklung von schleimbildenden Bakterien und Pilzen. Eine Verschleimung tritt vor allem bei nährstoffreichem und mit organischen Verbindungen belastetem Wasser auf und kann zu einer beschleunigten Alterung führen.

Risiken und Gefahren der Brunnenalterung

Einige der oben angeführten Alterungserscheinungen reduzieren den Nutzporenraum der Filterkiesschüttung und die Schlitzdurchlässigkeit der Filterrohre und führen zu einem Nachlassen der Leistungsfähigkeit des Brunnens. Im Fall von Verockerungen entstehen anfänglich Phasen, die gering kristallin (amorph) sind. Mit der Zeit kristallisieren diese Phasen in harte, gering reaktive Phasen um. Aufgrund der Abnahme der inneren reaktiven Oberflächen und durch die Zunahme der Partikelgrösse verringert sich die Reaktivität der Ablagerungen und die Leistungsfähigkeit des Brunnens lässt abrupt nach.
Fehlende Kenntnis über den Alterszustand eines Brunnens kann den Betreiber auf dem linken Fuss erwischen. Wenn eine oder mehrere der vorgängig erwähnten Erscheinungen den Betrieb einschränken, ist die Alterung oftmals so weit fortgeschritten, dass Produktionsausfälle oder sogar ein drohender Brunneneinsturz mögliche Szenarien darstellen

Untersuchungsverfahren zur Erfassung und Diagnose

Wer Gewissheit über den Zustand des Brunnens haben will, sollte verschiedene Kontrollpunkte in sein QS-System integrieren. Einerseits geben regelmässige Erfassungen der Stromaufnahme der Pumpen sowie der Fördermenge zuverlässig Aufschluss über alterungsbedingte Ablagerungen in den Filterschlitzen und im Einlaufseiher. Veränderungen sind in der Q/H-Kurve der Pumpe festzustellen.
Eine kontinuierliche Aufzeichnung und Betrachtung des Wasserstandes im Brunnenrohr (Widerstandsfilter in der Kiesschüttung) und des Fördervolumens zeigen die konkrete Absenkung. Daraus können der Durchflusswiderstand, die Eintrittsverluste und insbesondere die spezifische Brunnenergiebigkeit (= Förderstromergiebigkeit bezogen auf Wasserspiegelabsenkung) ermittelt werden. Bei einem Nachlassen der spezifischen Brunnenergiebigkeit um 10% sollte bereits eine Regenerierung veranlasst werden.
Eine regelmässige Kontrolle bezüglich Partikelführung im geförderten Rohwasser gibt Hinweise auf Versandung, Kolmation oder Belagsablösungen und Korrosion des Brunnenrohrs.
Eine TV-Kamera-Befahrung des Brunnens durch eine geeignete Fachfirma im Zyklus von maximal zehn Jahren gibt zuverlässig Aufschluss über den Bauzustand der Brunnenrohre. Gleichzeitig werden Belags- und Ablagerungsbildungen, Filterverschluss und Korrosionsphänomene rechtzeitig festgestellt. Bei Trinkwasserbrunnen sollte bei der Wahl der ausführenden Firma unbedingt darauf geachtet werden, dass geeignete Brunnenkameras zur Verfügung stehen. Fachfirmen setzen Kameras ein, die genügend stark ausleuchten und über ausreichende Zoom- und Kontrastfunktionen verfügen.
Kameras, die jemals im Abwasser- oder Fäkalbereich eingesetzt wurden, haben im Trinkwasserbereich nichts zu suchen! Das Risiko einer Verkeimung des Brunnens wäre viel zu gross.

Vorbeugender Bestandsschutz durch Brunnenregenerierung und -sanierung

Zur Entfernung dieser leistungsmindernden Ablagerungen aus dem Brunneninnenraum und dem angrenzenden Grundwasserleiter sowie zur Wiederherstellung der hydraulischen Funktion ist eine sogenannte Brunnenregenerierung erforderlich. Die Firma AQUAPLUS® hat hierfür insgesamt zwölf eigene hydromechanische und hydromechanisch-chemische Regenerierverfahrenstechniken entwickelt, die miteinander kombinierbar sind und sich deutlich von den herkömmlichen Verfahren (wie z. B. Bürsten oder Kolben) abheben, weil sie nach den folgenden Prinzipien funktionieren:

Trennung

Der Verbund zwischen Ab- bzw. Einlagerungen und Filterkorn/Bohrlochwand wird aufgehoben.

Austrag

Parallel zur Trennung ist die gleichzeitige Entfernung der abgelösten Ablagerungen aus dem Brunnen von entscheidender Bedeutung.

Kontrolle

Die Überwachung des Regenerierfortschrittes dient der Steue­rung des Arbeitsablaufes. Somit kann jeder Arbeitsabschnitt kontrolliert und individuell bearbeitet werden.

Fazit

Um die Leistungsfähigkeit und den störungsfreien Betrieb von Brunnen nachhaltig sicherzustellen, ist eine Brunnenüberwachung und -pflege dringend erforderlich. Idealerweise werden die Überwachungsparameter ins QS-System integriert.
Wenn ein frühzeitiger Unterhalt vernachlässigt wurde und keine Leistungswerte der Inbetriebnahme zugänglich sind, empfiehlt es sich, eine erste Bestandesaufnahme mittels TV-Aufnahme durchzuführen. Die professionelle Auswertung der Aufnahmen bildet die Grundlage für das weitere Vorgehen. Sollten sich alte Inkrustierungen und Verockerungen zeigen, können diese aufgrund ihrer geringen Reaktivität nur noch sehr aufwendig aufgelöst und beseitigt werden. Der Brunnenbetreiber sollte daher nicht tatenlos zusehen, sondern bemüht sein, eine Brunnenregenerierung möglichst frühzeitig – solange die Ablagerungen noch aus leicht löslichen Phasen bestehen – anzusetzen.
In mehr als 35 000 Praxiseinsätzen haben sich die Verfahren bereits bewährt. Die Kapazität von sieben komplett ausgestatteten Regenerierungskolonnen und vier Brunnen-TV-Untersuchungsfahrzeugen ermöglichte es beispielsweise im Jahr 2020, insgesamt 612 Brunnen zu regenerieren, 49 Brunnen zu sanieren und 1043 Brunnen mit Unterwasserkameras zu inspizieren.

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