Die einwandfreie Hygiene in einer Trinkwasserinstallation kalt und warm ist abhängig von den Entscheidungen aller Beteiligten. Deshalb richtet sich die neue SVGW-Richtlinie W3/E3 an Eigentümer, Architekten, Planer, Installateure und Anlagebetreiber gleichermassen – also alle an Planung, Bau und Betrieb einer Trinkwasserinstallation involvierten Personen. Aber auch die Konsumenten selbst, resp. ihr Nutzverhalten, tragen massgeblich zur Trinkwasserhygiene bei.
Um Trinkwasserinstallationen vor Verschmutzung und Stagnation zu schützen, sind seit 2018 die Dichtheitsprüfungen während der Bauphase mit ölfreier Luft oder inertem Gas und mit einem Druck von 15 kPa (0,15 bar) durchzuführen. 72 Stunden bevor die Trinkwasserinstallation in den bestimmungsgemässen Betrieb übergeht, sollen erstmals die betroffenen Leitungen mit sauberem Trinkwasser gefüllt, entlüftet und ausgiebig gespült werden. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen wurde eine grosse Anzahl Fachpersonen im Winter 2018/2019 über die Anforderungen an die neue Dichtheitsprüfung geschult.
In den letzten zwei Jahren wurde die W3/E3 überarbeitet und mit neuen Kapiteln ergänzt. Diese beinhalten Anforderungen und Massnahmen zur Sicherstellung der Hygiene in Trinkwasserinstallationen kalt und warm. Für das Erreichen der hygienischen Schutzziele gelten folgende Grundsätze:
– bewusste Diskussion zu Anzahl, Art und Ort der Entnahmestellen
– Zusammenfassen von Nassräumen mit zentralen Steigzonen
– Vermeiden von Stagnation durch die idealerweise tägliche Trinkwasserentnahme an allen Entnahmestellen
– Verwenden von hygienisch einwandfreien Trinkwasserkontaktmaterialien
– Einhalten der erforderlichen Wassertemperaturen kalt und warm
Untersuchungen haben gezeigt, dass Legionellen-Höchstwertüberschreitungen auch in den Trinkwasserinstallationen kalt vorkommen können. Deshalb finden sich neu in der Richtlinie verschiedene Massnahmen, damit in Trinkwasserinstallationen kalt die Temperatur nicht über 25 °C ansteigt.
Die über fünf Jahre andauernden Diskussionen über die Gewichtung von Energieeffizienz und hygienischer Sicherheit in Warmwasseranlagen führte dazu, dass in der neuen Richtlinie W3/E3 auch detaillierte Anforderungen für die Planung, die Ausführung und den Betrieb von Warmwasserversorgungsanlagen formuliert werden. Die dabei definierten Mindesttemperaturen von 60 °C beim Austritt des Warmwasserspeichers bzw. des Durchflusswassererwärmers, 55 °C in allen warmgehaltenen Leitungen und 50 °C an allen Entnahmestellen stehen im Einklang mit den Anforderungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Bei allen Bestrebungen die Energieeffizienz zu verbessern, gilt auch weiterhin der Schutz von Leben und Gesundheit als wichtigstes Gebot.
Verschiedene Messungen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass in Trinkwasser-Vorwärmspeichern mit Temperaturen unter 50 °C die gesetzlichen Legionellen-Höchstwerte massiv überschritten werden. Aus hygienischer Sicht lassen sich solche Warmwasservolumen mit keiner Massnahme zufriedenstellend speichern. Wärmerückgewinnung aus gewerblicher Kälte, aus Solaranlagen für Warmwasservorerwärmung usw. sollen deshalb zukünftig nicht in Sanitär-Vorwärmspeichern, sondern in Heizungsspeichern gelagert werden.
Weiter werden folgende Themen fĂĽr die Sicherstellung der Trinkwasserhygiene in der neuen Richtlinie W3/E3 behandelt:
– geeignete Materialwahl und -handhabung
– Hygiene auf der Baustelle
– Inbetriebnahme und Übergabe
– bestimmungsgemässer Betrieb und mögliche Massnahmen bei Stagnation im laufenden Betrieb
– Grundlagen der Selbstkontrolle
– mögliche Desinfektionsverfahren
– Instandhaltung von Installationskomponenten
– Anforderungen an Provisorien innerhalb und ausserhalb von Gebäuden
Der SVGW-Vorstand hat an seiner Sitzung vom 4. Juni 2020 die neue SVGW-Richtlinie W3/E3 verabschiedet und auf den 1. September 2020 in Kraft gesetzt. Wie 2018 bereits angekündigt, erhalten die Käufer der Erstausgabe die neue SVGW-Richtlinie kostenlos zugestellt.
Datum
23. September 2020
Ort
Biel
Info
www.svgw.ch/hygiene
Unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Hygienemassnahmen wird die nächste SVGW-Wasserfachtagung am 23. September in Biel durchgeführt. In diesem Rahmen wird die neue SVGW-Richtlinie W3/E3 ausführlich vorgestellt.
Legionellen bleiben auch weiterhin im Forschungsfokus. So werden an der Tagung die Eawag-Ergebnisse bezüglich der Legionellen-Vermehrung bei unterschiedlichen Temperaturen präsentiert. Ebenfalls vorgestellt wird das 2020 gestartete LeCo-Forschungsprojekt, zu dem sich diverse Forschungsgruppen zusammengeschlossen haben, um die Legionellen-Thematik multidisziplinär und umfassend zu bearbeiten. Weiter wird das in der Sanitärbranche noch weitgehend unbekannte VBNC-Verhalten (viable but non-culturable) von Legionellen beleuchtet. Denn Legionellen, die sich nicht mehr vermehren, sind längst nicht alle tot.
Manche überkommt bereits ein unbehagliches Gefühl, wenn sie nur schon an ihren nächsten Zahnarztbesuch denken. Die an der Fachtagung präsentierten Ergebnisse einer kantonalen Studie zu Trinkwasserhygiene bei Dentaleinheiten dürften das Gefühl verstärken.
Seit 2017 verlangt die Trink-, Bade- und Duschwasserverordnung (TBDV), dass Betreiber von Gebäude-Trinkwasserinstallation, die Trinkwasser an Dritte abgeben, eine periodische Selbstkontrolle durchführen müssen. Mit der zukünftigen SVGW-Richtlinie W3/E4 wird den Anlagebetreibern ein QS-Dokument zur Verfügung gestellt, das auch für Sanitärplaner und -installateure von Relevanz sein wird. Im Rahmen der Selbstkontrolle von öffentlich zugänglichen Duschanlagen verlangt die TBDV zudem eine periodische Legionellen-Beprobung. An der Fachtagung werden mögliche Strategien für die Legionellen-Beprobung vorgestellt.
Wie hygienisch ist das Wasser beim Zahnarzt? Eine kantonale Studie liefert ernüchternde Fakten. Mehr dazu an der SVGW-Hygienefachtagung am 23. September in Biel. (©123RF.com)
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