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08. Juni 2020

Hausinstallation

Legionellen-Nachweismethoden im Vergleich

Vier Nachweismethoden für Legionellen in Leitungswasser wurden in Parallelansätzen verglichen. Eingesetzt wurden kulturelle, molekularbiologische und durchflusszytometrische Methoden. Neben der herkömmlichen Probenentnahme wurde erstmals eine 50-l-Filtrationsbeprobung angewandt, hierzu wurde das Wasser vor Ort filtriert. Mit den alternativen Methoden konnten in allen 14 Fällen Legionellen nachgewiesen werden, mit den Standardmethoden nur in sechs Fällen.
Renate Boss, Vanessa Gehrig, Anahita Yazdanfar, Tina Stahel, Frederik Hammes, René Köppel, Hans Peter  Füchslin, 

Legionellen können sich in Trinkwasserinstallationen von Gebäuden vermehren und zu Krankheits- und Todesfällen führen. In Industrieländern wie der Schweiz werden die meisten wasserbedingten Krankheits- und Todesfälle durch Legionellen verursacht.
Wasseraufbereitungs- und Duschanlagen müssen nach den anerkannten Regeln der Technik eingerichtet, betrieben oder abgeändert werden. Die entsprechenden Vorgaben finden sich in der Verordnung des EDI über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen (TBDV) [1], in den BLV/BAG-Empfehlungen «Legionellen und Legionellose» [2], im SVGW-Regelwerk W3 [3] und in den SIA-Normen SIA 385/1 und 385/2 sowie D 0244 [4–6]. Verantwortliche von öffentlichen Duschanlagen (z. B. in Alters- und Pflegeheimen, Spitälern, Schulen, Hallenbädern oder Hotels) haben im Rahmen ihrer Selbstkontrolle die einwandfreie Qualität des Wassers zu gewährleisten. Gemäss TBDV liegt der Höchstwert für Legionella spp. in Duschwasserproben bei 1000 KBE/l.
An Legionellose erkrankte Personen hatten im Kanton Zürich von 2015 bis 2019 die Möglichkeit, ihr Duschwasser untersuchen zu lassen. Die Patienten waren meist fortgeschrittenen Alters und deren Aktivitätsradius auf die Wohnung beschränkt. Aus diesem Grund wurden die Duschen als möglichste Infektionsquelle in Betracht gezogen. Allerdings wurde nur bei rund der Hälfte der Fälle Legionellen im Duschwasser nachgewiesen (Jahresberichte des Kantonalen Labors Zürich KLZH 2015-2018). Dies wirft Fragen auf: Können die Legionellen mit den Standardmethoden genügend zuverlässig erfasst werden? Müssen neue Verfahren entwickelt werden? Gibt es andere Infektionsquellen [7]?
Legionellen vermehren sich in den Trinkwasserinstallationen vorwiegend in Amöben, die sich im Biofilm an den Innenwänden der Leitungen befinden [8]. Je nach Materialart und Betrieb der Sänitärsysteme entwickeln sich die Biofilme heterogen [9]. Darüber hinaus wird die Ablösung von Zellen aus dem Biofilm durch Stagnation und Fliessgeschwindigkeit beeinflusst. Sporadisch gelangen sie in das vorbeifliessende Wasser, was eine Erklärung für stark schwankende Befunde sein kann. Dies kann dazu führen, dass in einer standardmässig gezogenen Probenmenge von einem Liter keine Legionellen oder Konzentrationen unterhalb der Nachweisgrenze vorliegen. Um eine repräsentativere Probenahme sowie eine Senkung der Nachweisgrenze zu ermöglichen, wurde am KLZH eine Filtrationsprobenahme entwickelt: Vor Ort werden mit einer Filtrationseinheit, die anstelle der Duschbrause an den Duschschlauch geschraubt wird, 50 l Wasser filtriert und die Bakterien so auf dem Filter aufkonzentriert.
Die aktuelle Standardmethode gemäss ISO 11731 ist international anerkannt und gilt weltweit als Referenzmethode [10]. Bekanntermassen kann sie aber nicht immer alle Legionellen nachweisen [11]. VBNC (viable but not culturable) bezeichnet den Zustand von lebenden Bakterien, die eine sehr geringe Stoffwechselaktivität haben, sich nicht teilen und daher nicht kultivierbar sind. Nach einer Reaktivierung können sie aber wieder kultivierbar und pathogen werden. Die Standardkultivierungsmethode vermag Legionellen im VBNC-Zustand nicht zu erfassen und zeigt deshalb möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs [12–14].
In dieser Studie wurden deshalb alternative Probenahme- und Nachweisverfahren fĂĽr Legionellen geprĂĽft. Sie soll als Vorstudie des vom Bund (BLV, BAG und BFE) finanzierten Forschungsprojekts LeCo verstanden werden, in dem in Zusammenarbeit mit der Eawag, der Hochschule Luzern und dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) Probenahme- sowie Nachweismethoden optimiert und weiterentwickelt werden.

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METHODEN

Probenerhebung

Im Kanton Zürich wurden von 2015 bis 2019 bei Legionellosefällen ausserhalb der Stadt Zürich freiwillige Kontrolluntersuchungen im Wohnbereich (Duschen) erkrankter Personen angeboten. In diesem Rahmen wurden zwischen Februar 2019 und August 2019 vom KLZH in 13 Fällen Abklärungen mit Probenahmen an Duschen durchgeführt. Eine weitere Beprobung (Fall 14) fand in einem komplexen Gebäude mit Personalduschen statt, in dem mittels Legionellenschaltungen und Spülaktionen die Legionellen unter dem Höchstwert gehalten werden können.
Bei jeder Beprobung wurden folgende Wasserproben erhoben:
a) 1 l Warmwasser ohne Vorlauf
b) 5 l Warmwasser nach Vorlauf bis Temperaturkonstanz oder maximal 2 Min. Vorlaufzeit. Diese Proben wurden nachträglich aliquotiert, um sie parallel mittels den vier verschiedenen Nachweismethoden analysieren zu können. Für den Nachweis mittels RT-PCR (Reverse Transcription Polymerase Chain Reaction) und Legiolert wurden jeweils ein 1-l- und 100-ml-Aliquot per Nachtexpress verschickt.
c) Filtration von 50 l Warmwasser vor Ort: Mit der neu entwickelten Filtrationseinheit wurden 50 l Wasser direkt am Erhebungsort filtriert. Die Filtrationseinheit besteht aus einem wiederverwendbaren Edelstahlgehäuse (Novamem, Schlieren, Schweiz) mit einem Normgewinde, das direkt an einen Wasserhahn oder Duschschlauch geschraubt werden kann. Im Innern befindet sich eine Stützmembran aus Vlies (wie Löschpapier) und eine Nuclepore Track-Etched Membran 90 mm 0,4 µm, um Bakterien aus dem Wasser zu filtern. In wenigen Fällen war die Membran verstopft, bevor das angestrebte Volumen von 50 l gefiltert worden war. Nach der Filtration wurde im Labor mit einer mit Alkohol desinfizierten Schere ein Viertel der Membran herausgeschnitten und für die dPCR aufgearbeitet, die restlichen drei Viertel wurden für die Standardkultivierung (ISO 11731) verwendet.

Nachweisverfahren
ISO 11731

Die Standardkultivierungsmethode für Duschwasser wurde gemäss ISO 11731 [10] durchgeführt. Pro Probe wurden drei Ansätze angesetzt:
a) Direktplattierung von zweimal je 0,5 ml Wasser auf GVPC-Agar
b) 10 ml Membranfiltration unbehandelt auf BCYE-Agar
c) 100 ml Membranfiltration mit Säurebehandlung auf GVPC-Agar.

Jeder dieser drei Ansätze liefert einen Wert, das endgültige Resultat entsprach dem Ansatz mit der höchsten Konzentration. Die Serogruppen der Legionellen-Kolonien wurden mit dem Latex-Agglutinations-Test (Thermo Fisher Diagnostics, Pratteln, Schweiz) bestimmt. Das Vorgehen für die Kultivierung aus dem 50-l-Ansatz war vereinfacht: Drei Viertel der Filtermembranen wurden in einen Plastikbeutel mit 10 ml Probe getaucht, mit einer Ultraschall-Zahnbürste wurden die Keime abgelöst, davon wurden 2 × 0,5 ml unbehandelt auf GVPC ausplattiert.

Legiolert

Legiolert ist ein Most-Probable-Number-(MPN-)Verfahren und basiert auf dem kulturellen Nachweis vitaler L. pneumophila aller Serogruppen [15, 16]. Mit dieser Methode wurde pro Probe einmalig 100 ml Wasser mit dem Trinkwasserprotokoll gemäss Vorschrift des Herstellers (IDEXX GmbH, Ludwigsburg, Deutschland) untersucht. Hierzu wurde die Probe mit einem lyophilisierten Medium versetzt und in einem sogenannten Quantitray auf 6 grosse und 90 kleine Kavitäten verteilt. Nach sieben Tagen Inkubation wurde das Wachstum von L. pneumophila von Auge beurteilt, wobei Kavitäten mit einer Braunverfärbung und/oder Trübung des Mediums ein positives Resultat (Wachstum) bedeuten und gezählt wurden. Mithilfe einer MPN-Tabelle wurde die Anzahl positiver Kavitäten in die Keimzahl der Probe umgerechnet.

Digitale Polymerase-Kettenreaktion (dPCR)

Die dPCR ist eine quantitative DNA-Nachweismethode. Die zu untersuchende DNA und PCR-Reagenzien werden mit einer Öl-Wasser-Emulsion zu bis 20 000 Tröpfchen (engl. droplets) verarbeitet, wobei jedes Droplet keine, eine oder mehrere Kopien der Ziel-DNA enthält. Die Droplets durchlaufen eine PCR (Standard PCR-Gerät), wobei in jedem einzelnen Droplet eine Amplifikation stattfindet, sofern Ziel-DNA vorhanden ist. Anschliessend werden die Droplets mittels Durchflussfluoreszenzmessung analysiert. Die Anzahl positiver Droplets verhält sich zur Konzentration der Ziel-DNA entsprechend einer Poisson-Verteilung [17, 18].
Die dPCR diente dem Nachweis von Legionella spp. und L. pneumophila, die Zielsequenzen waren die 23S-5S spacer region [19], respektive das macrophage infectivity potentiator (mip)-Gen [20]. Mit dieser Methode wurden 200 ml Probe mit und ohne Vorlauf (ganze Membran) sowie der 50-l-Ansatz (¼ Membran) untersucht. Die Ablösung der Bakterien von der Membran und die DNA-Extraktion wurde mit dem Aquadien Kit (Bio-Rad, Hercules CA, USA) durchgeführt. Die Droplets wurden im QX200 Droplet-Generator (Bio-Rad) gebildet, die dPCR erfolgte auf dem Mastercycler gradient (Vaudaux-Eppendorf), die anschliessende Fluoreszenzmessung mit dem QX200 Droplet Reader (Bio-Rad). Bei den Messungen wurden Negativ- und Positivkontrollen mitgeführt.

Reverse Transcription PCR (RT-PCR)

Die Schnellmethode zum Nachweis von L. pneumophila wurde nach Boss et al. [21] angewendet. Hierzu wurde 1 l Probe mit Vorlauf filtriert und die Legionellen in einem kleinen Volumen Flüssigkeit vom Filter abgelöst. Dieses Volumen wurde halbiert und eine Hälfte sofort pelletiert und eingefroren (= ohne Stimulation, 0-Fraktion), während die andere Hälfte mit Medium versetzt und drei Stunden inkubiert wurde. Dies bewirkt eine Anregung des Stoffwechsels in eventuell vorhandenen Legionellen (= mit Stimulation, S-Fraktion). Eine Vermehrung findet in dieser Zeit nicht statt. Von beiden Fraktionen wurde die totale RNA extrahiert und mit einer L. pneumophila-spezifischen RT-PCR amplifiziert [21]. Ein RNA-Anstieg zwischen der 0- und der S-Fraktion bedeutet die Existenz lebender L. pneumophila. Aus der 0-Fraktion wurde zudem die DNA extrahiert und mit quantitativer PCR (qPCR) anhand einer Standardkurve quantifiziert. Dieselbe DNA-Probe wurde zudem mit einer 23S-PCR [22] qualitativ auf Legionella spp. untersucht.

Totalzellkonzentration (TZZ)

Die Bestimmung der TZZ erfolgte gemäss SLMB 333.1 [23]. Die Methode beruht auf der unspezifischen Bindung eines fluoreszierenden Farbstoffs an die DNA der Bakterien und anschliessender automatischer Auszählung mit einem Durchflusszytometer. Dazu wurde SYBR Green I (Life Technologies, Eugene OR, USA) im Verhältnis 1:10 000 verwendet und für mindestens 13 Minuten bei 37 °C inkubiert. Die Messungen erfolgten mit einem NovoCyte-Durchflusszytometer (ACEA Biosciences Inc., San Diego, USA). Mit dieser Methode wurden Wasserproben mit und ohne Vorlauf untersucht.

RESULTATE

Messresultate

Bei allen untersuchten Duschen wurden mit mindestens einem Nachweisverfahren Legionella spp. nachgewiesen, in 11/14 Fällen wurden auch L. pneumophila nachgewiesen. In 8/14 Fällen (Fälle 2, 3, 4, 5, 8, 10, 11, 12) wurden mit der Standardmethode, das heisst mit Doppelbeprobung und Nachweis durch ISO 11731, keine Legionellen nachgewiesen, jedoch mit den alternativen Methoden. In 5/14 Fällen (Fälle 5, 8, 10, 11, 12) wurden mit den alternativen Methoden auch L. pneumophila nachgewiesen ohne Nachweis durch die Standardmethode. Nachfolgend wird auf die Resultate der einzelnen Nachweismethoden eingegangen:

ISO-Methode

Mit der ISO-Methode und der üblichen Probennahme (mit/ohne Vorlauf) konnten in 6/14 Fällen L. pneumophila nachgewiesen werden, im Fall 7 wurde neben L. pneumophila andere Legionella spp.-Stämme nachgewiesen. Mit dem 50-l-Ansatz waren 7/14 Fälle positiv, wobei zwei davon mit der üblichen Probennahme negativ waren. In einem Fall, der mit dem 50-l-Ansatz negativ war, wurde mit der üblichen Probennahme (mit/ohne Vorlauf) ein positives Resultat beobachtet. In vier Fällen wurden im 1-l-Ansatz eine höhere Konzentration an Legionellen nachgewiesen als im 50-l-Filtrationsansatz. In 6/14 Fällen konnten kulturell keine Legionellen nachgewiesen werden, weder im üblichen noch im 50-l-Ansatz.

Legiolert-Methode

Mit der Legiolert-Methode konnte in 3/14 Fällen L. pneumophila nachgewiesen werden. Diese drei positiven Resultate deckten sich mit den Resultaten der ISO-Methode im 1-l-Ansatz, während in drei weiteren Fällen, die mit der ISO-Methode positiv waren, mit Legiolert in den untersuchten 100 ml Wasser keine L. pneumophila nachgewiesen werden konnten.

dPCR-Methode

Mit dPCR wurden 13/14 Fälle untersucht. DNA von Legionella spp. konnten in fast allen Fällen nachgewiesen werden, sowohl in Proben mit/ohne Vorlauf wie auch im 50-l-Ansatz. In 9/13 Fällen konnte in den üblichen Proben (mit/ohne Vorlauf) DNA von L. pneumophila nachgewiesen werden, in einem Fall nur mit dem 50-l-Ansatz. In drei Fällen (2 × ohne Vorlauf, 1 × 50-l-Ansatz) ergab die dPCR ein negatives Resultat, obschon L. pneumophila kultiviert werden konnte. Die Methode lässt keine Rückschlüsse auf die Lebendigkeit der Legionellen.

RT-PCR-Methode

Mit der RT-PCR-Methode wurden in 5/14 Fällen L. pneumophila nachgewiesen, jedoch war beim Fall 14 kein RNA-Anstieg zu sehen und wurde deswegen als tote L. pneumophila interpretiert. Die positiven Resultate decken sich mit den Resultaten der ISO-Methode. Unter den neun negativen Proben waren vier mit der ISO-Methode positiv (2 × nur im 50-l-Ansatz, 2 × im 1-l-Ansatz).

23S-PCR-Methode

Mit 23S-PCR konnte in allen 14 Fällen DNA von Legionella spp. gefunden werden. Diese Resultate decken sich mit denen der dPCR-Resultate, im Fall 4 allerdings nur mit dem 50-l-Ansatz.

TZZ-Methode

Die TZZ wurde in 12/14 Fällen bestimmt und ergab Resultate zwischen 2,1 × 104 und 1,6 × 106 Zellen/ml. Die TZZ war in der Regel höher in der Probe ohne Vorlauf (Mittelwert 4,7x105 Zellen/ml) als in der Probe mit Vorlauf (Mittelwert 1,8x105 Zellen/ml). Die Probe ohne Vorlauf ist eine Stagnationsbeprobung der peripheren lokalen Gebäude-Trinkwasserinstallation, während Proben mit Vorlauf das Innere der Gebäude-Trinkwasserinstallation repräsentieren.

Vergleich der Methoden

Hohe Legionellen-Konzentrationen, durch die Standardkultivierungsmethode ISO 11731 gemessen, führen generell auch zu hohen Messresultaten bei den alternativen Methoden. In verschiedenen Fällen wurde aber mit den neuen Methoden Legionella spp. in höheren Konzentrationen gemessen, die mit der Standardkultivierungsmethode nicht nachgewiesen werden konnten.
Bei den verschiedenen Methoden konnten ähnliche Muster bei den Resultaten erkannt werden. So wurden in den Proben ohne Vorlauf sowohl mit der ISO-Methode als auch mit dPCR tendenziell mehr Legionellen nachgewiesen als in Proben mit Vorlauf. Dieser Trend wurde auch bei der TZZ festgestellt. Dies kann ein Hinweis auf Verkeimung in der Peripherie der Trinkwasser-installationen sein. Übermässige Biofilmbildung in Kombination mit Stagnation führen zu erhöhten TZZ- und Legionellen-Konzentrationen in den Proben ohne Vorlauf.

DISKUSSION

Die Fälle 1 bis 13 sind Abklärungen von Legionellosefällen aus dem Kanton Zürich, die einzeln und sporadisch auftraten, und zeitlich sowie örtlich zufällig verteilt waren. Die Mehrheit der Erkrankten waren ältere Personen, die sich mehrheitlich zu Hause aufhielten und zum Teil an Vorerkrankungen litten. Bei den Befragungen durch den kantonsärztlichen Dienst wurden, mit wenigen Ausnahmen, keine anderen möglichen Infektionsquellen erwähnt. Mit der Standardmethode wurde in 10/13 Fällen keine Höchstwertüberschreitung und in 8/13 Fällen keine Legionellen festgestellt. In diesen acht Fällen konnten nur mit den Alternativmethoden Legionellen in tiefer Konzentration nachgewiesen werden. Die Frage ist offen, ob die durch dPCR nachgewiesenen Legionellen tot oder in einem VBNC-Zustand waren.
Die heterogene Verteilung der Legionellen in einer Trinkwasser-Installation führt dazu, dass die Resultate wesentlich von Art der Probenahme wie auch vom Probenvolumen abhängen. Ein grösseres Probenvolumen führt zu einer repräsentativeren Probe. Beim Vergleich der verschiedenen Nachweismethoden muss deshalb das Probenvolumen berücksichtigt werden. So könnte das kleine Probenvolumen von 100 ml die Erklärung sein, dass durch die Legiolert-Methode nur in 3/14 Fällen L. pneumophila nachgewiesen wurde. Die Messungen zeigen, dass die 50-l-Filtrationsbeprobung mit anschliessendem Nachweis von Legionellen durch die Standardkultivierungsmethode ISO 11731 oder PCR das Potenzial hat, Legionellen mit einer weit tieferen Nachweisgrenze als bisher nachzuweisen. Auffällig sind aber die höheren Legionellen-Konzentrationen in den 1-l-Ansätzen verglichen mit den 50-l-Filterproben. Dies weist auf eine höhere Legionellen-Kontamination im stagnierten Leitungswasser der Peripherie hin im Vergleich zum Wasser aus den inneren Teilen der Anlage wie dem Boiler. Der längere Filtrationsprozess beim 50-l-Ansatz bei hohen Wassertemperaturen könnte aber auch einen negativen Einfluss auf die Kultivierbarkeit der Zellen haben. Ein weiterer Grund für tiefere Resultate beim 50-l-Ansatz könnte der relativ hohe Verlust von Legionellen beim Ablösen von der Membran sein. Diese offenen Fragen zeigen, dass die Testphase der neuen Methoden nicht abgeschlossen ist. Die neuen Prüfmethoden müssen weiterentwickelt und mit Validierungsmessungen die Nachweisgrenzen sowie die Wiederfindungsraten bestimmt werden.
Es stellt sich die Frage, ob die Legionellen-Konzentrationen deutlich unterhalb des Höchstwertes von 1000 KBE/l zu Infektionen führen können. Bei sporadischen Fällen und Personen mit Vorerkrankungen ist dies denkbar. Da bei den untersuchten Fällen keine klinischen Isolate vorhanden waren, konnte kein genetischer Vergleich mit den Legionellen aus den Duschen durchgeführt werden. Somit fehlt der Beweis, dass sich die Legionellose-Patienten durch die Dusche in ihrer Wohnung angesteckt haben, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich durch eine andere, unbekannte Infektionsquelle infiziert haben. Diese Frage müsste in weiteren Studien geklärt werden, bei denen die Infektionsquelle durch Genotypisierung des klinischen und des Umwelt-Isolates gesichert wird. Sollte sich dabei zeigen, dass sich bei sporadischen Fällen Menschen mit geschwächtem Immunsystem auch mit Legionellen-Konzentration weit unterhalb des gesetzlichen Höchstwertes anstecken, müssten die Präventionsmassnahmen für Risikogruppen geändert werden.
Sehr interessant sind die zwei Fälle, die mit der ISO-Methode im 50-l-Ansatz positiv für L. pneumophila waren, mit dem 1-l-Ansatz aber negativ. Diese beiden hätte man mit dem bisherigen Standardvorgehen verpasst. In der RT-PCR, die auf 1-l-Probe beruht, zeigten diese beiden Proben einen RNA-Anstieg, was auf lebende L. pneumophila hinweist. Da aber keine DNA quantifiziert wurde, wurde dieses Resultat definitionsgemäss als negativ beurteilt. Diese Diskrepanz kommt durch die unterschiedliche Sensitivität des RNA-Nachweises (zur lebend/tot-Unterscheidung) und des DNA-Nachweises (zur Quantifizierung) zustande, und weil mengenmässig mehr RNA als DNA vorkommt. Zwei weitere Proben, die mit der RT-PCR-Methode negativ beurteilt wurden, waren in der ISO-Methode im vergleichbaren 1-l-Ansatz positiv (15 resp. 20 KBE/l). Bei beiden Proben war ebenfalls RNA (aber keine DNA) gemessen worden, allerdings äusserst wenig. Auch dies ist ein Hinweis auf das Vorhandensein von Legionellen. Die Kombination der RT-PCR mit der 50-l-Filtrationsbeprobung könnte einerseits die Sensitivität des Legionellen-Nachweises erhöhen, da die angereicherte DNA direkt von der Membran extrahiert werden könnte. Andererseits würde es erlauben, die Lebendigkeit der L. pneumophila zu beurteilen.
Der Vergleich der Methoden zeigt das Potenzial der molekularbiologischen Methoden. Diese sind schneller und liefern in der Regel innerhalb eines Arbeitstages erste Resultate, während die Kultivierung bis zu zehn Tage dauern kann. Zudem ist der Nachweis mit PCR unabhängig vom VBNC-Status der Bakterien. Das heisst, auch gestresste oder physiologisch inaktive Legionellen aus dem Biofilm können nachgewiesen werden. Ein optimierter Nachweis von Legionellen könnte zu grösserer Betriebssicherheit führen, wenn zukünftig vermehrt alternative Methoden der Trinkwassererwärmung bei tieferen Betriebstemperaturen eingesetzt werden sollen. Bei einem übermässig hohen positiven PCR-Befund und gleichzeitig negativer Kultur sollte eine Ursachenabklärung durchgeführt werden. Automatisierte Systeme sind von Interesse, um das zukünftig erhöhte Probenaufkommen aufgrund der geforderten Selbstkontrolle von öffentlichen Duschanlagen zu bewältigen. Schwellenwerte in GE/l, die das Einhalten der gesetzlichen Höchstwerte gewährleisten, wären zusätzlich von grossem Nutzen. In anderen Ländern sind entsprechende Alarm- und Massnahmenwerte für PCR definiert [24, 25]. Unter den PCR-Methoden bietet sich insbesondere die in dieser Studie getestete dPCR an, da sie gegenüber Inhibition robuster als die herkömmliche real-time PCR ist. Der Hauptgrund liegt darin, dass eine zeitliche Verzögerung der PCR-Reaktion keinen Einfluss hat, da nur das Endresultat für die Auswertung relevant ist. Für die Selbstkontrollen könnte so zuerst ein PCR-Screening durchgeführt werden und, nur wenn der Schwellenwert überschritten wird, ein kultureller Nachweis gemäss ISO 11731 folgen.

SCHLUSSFOLGERUNG

Für die Erfassung und Beurteilung von Legionellen-Kontaminationen in Gebäude-Trinkwasserinstallationen wird die kombinierte Anwendung konventioneller Kulturverfahren und kultivierungsunabhängiger molekularbiologischer Methoden wie PCR für die Zukunft wichtig werden. Die Filtrationsbeprobung wie auch die PCR-Nachweismethoden werden im Rahmen des LeCo-Projektes weiterentwickelt, optimiert und validiert.

Bibliographie

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