Die Umsetzung des neuen Grundwasserpumpwerks (GWPW) Aarenfeld bedingte neben einer umfassenden vorbereitenden regionalen Planung eine über die üblichen Projektphasen hinweg interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Behörden, Bauherrn und Planern. Zudem mussten unterschiedlichste Schnittstellen und Drittprojekte berücksichtigt werden. Diese und weitere Herausforderungen werden im Folgenden kurz erläutert, wurde doch in den letzten zwei Jahrzehnten kein Grundwasserpumpwerk im Kanton Solothurn realisiert.
Der Bau des neuen GWPW Aarenfeld konnte autonom erfolgen und hatte keinen Einfluss auf die bestehende Wasserversorgung der Gemeinden. Der Installationsplatz erforderte jedoch erhöhte Schutzmassnahmen, um Gewässerverschmutzung in den künftigen Schutzzonen während des Baus zu verhindern. Zudem befand sich die Baustelle in der Gefahrenzone der Hochspannungsleitung (220 kV) der Swissgrid AG.
Nach Erstellung des Installationsplatzes wurden die Kabelschutzrohre für die künftige LWL-Anbindung und Erschliessung des GWPW Aarenfeld respektive der Transformatorenstation (630 kVA) auf einer Länge von mehr als 360 m zur Schonung des Kulturlandes trotz kiesigem Unterboden eingepflügt. Industriestammgleise wurden mittels Spülbohrung unterquert. Mit diesen Vorarbeiten konnte auch die provisorisch notwendige Trafostation (TS) für den Gross-
pumpversuch nach Erstellung des Brunnens gespiesen werden. Voraussetzung dafĂĽr war die frĂĽhzeitige DurchfĂĽhrung der Plangenehmigungsverfahren beim Eidgenössischen Starkstrominspektorat (ESTI) fĂĽr die Erschliessung und den Betrieb der provisorischen und definitiven TS. (Anmerkung: Auch fĂĽr die Erstellung von Niederspannungsverteilnetzen, soweit es sich um Anlagen in Schutzgebieten nach eidgenössischem oder kantonalem Recht handelt, gilt die Verordnung ĂĽber das Plangenehmigungsverfahren fĂĽr elektrische Anlagen (VPeA, Art. 1).Â
Auf eine Signalübertragung ab GWPW Aarenfeld via Internet wurde aus Gründen der Sicherheit und der Verfügbarkeit der Kommunikation verzichtet. Die Signalübertragung erfolgt über ein eigenes Lichtwellenleiter-(LWL-)Kabel der WVUN. So mussten ab dem GWPW Aarenfeld bis zur bestehenden Infrastruktur (Mietleitungen) ein über 3'500 m langes LWL-Kabel in vorgängig schlecht zugänglich und teilweise verstopfte resp. fehlende Kabelschutzrohre eingezogen werden.
Die aus den beiden Gemeinden Schönenwerd und Gretzenbach bestehende WVUN profitierte vom Umstand, dass beide Wasserversorgungen mit dem gleichen Leitsystem betrieben werden. Dadurch konnte die Schnittstelle einfach und flexibel gestaltet werden. Die Versorgungssicherheit während dem Umbau wurde jederzeit sichergestellt. Dies bedingte jedoch entsprechende Vorbereitungsarbeiten und Klarheit über die Verantwortlichkeiten und Berechtigungen nicht nur innerhalb der WVUN für den künftigen Betrieb. Das neue Leitsystem der WVUN ersetzte zugleich dasjenige der einen Gemeinde, welche damit die Bedienhoheit erlangte. Das Leitsystem der anderen Gemeinde kann zu gegebener Zeit an die zukunftsgerichtete Schnittstelle gekoppelt oder gänzlich integriert werden.
Nach ersten Planungsarbeiten zum Vorprojekt in den Jahren 2013 und 2014 wurden mit zwei Sondierbohrungen und Pumpversuchen die hydrogeologischen Untersuchungsbedingungen für eine ursprüngliche Konzessionsmenge von 6'000 l/min geschaffen. Um den Nachweis der Förderleistung zu erbringen, wurde im Rahmen des Bauprojektes im Jahr 2016 ein Dauerpumpversuch während 30 Tagen mit einer Förderleistung von 5000 l/min inklusive Markierversuchen durchgeführt. Aufgrund der qualitativ und quantitativ ausserordentlich positiven Messresultate konnte eine genügend hohe Planungssicherheit erlangt werden, um den Grosspumpversuch mit der gemäss RWP geforderten Entnahmemenge von 10'000 l/min erst nach Erstellung des definitiven Brunnens im Herbst 2018 durchzuführen. Für die Durchführung dieser beiden Grosspumpversuche waren bauliche Massnahmen notwendig. Neben der Erstellung einer provisorischen oberirdischen Ablaufleitung NW250 mit einer Länge von ca. 600 m bis in die Aare waren unter anderem auch Unterquerungen bestehender Flurwege, Überquerungen eines Industriestammgleises sowie einer Zufahrt eines Unterwerkes der Swissgrid AG notwendig.
Als Grundlage für den Schutzzonenplan und das Schutzzonenreglement dient der Konfliktplan. Der wichtigste Konflikt betraf die durch die Schutzzone S2 verlaufende private Kanalisationsleitung NW250 des Kernkraftwerks Gösgen-Däniken AG. Diese wurde gemäss einer Vereinbarung mit der WVUN frühzeitig aus der Schutzzone S3 verlegt und nach entsprechender Reinigung und Kanalfernsehaufnahmen verschlossen. Im Rahmen von Grabarbeiten wurden weitere Leitungen entdeckt und mit geo-referenzierten Kanalfernsehaufnahmen planerisch erfasst. Um auf weitere aufwendige Grabarbeiten und Verletzung der Bodenschichten innerhalb der künftigen Schutzzonen zu verzichten, wurde eine der bestehenden Leitungen NW200 für die Ableitung des Dach- und Platzwassers mittels Schlauchrelining saniert. Die weiteren Konflikte wie landwirtschaftliche Bewirtschaftung, Bahnanlagen, Strassen wurden wie üblich im Gefahrenkataster des Schutzzonenreglements erfasst.
Aufgrund der regionalen Bedeutung des GWPW Aarenfeld wurde entschieden, ein auf das Gefährdungspotenzial angepasstes kontinuierliches Grundwassermonitoring zu betreiben. Dazu wurde auf Basis der Gefährdungsabschätzung gemäss Schutzzonenreglement ein Messkonzept erstellt, in welchem die Gefahrenquellen und folgende Messparameter definiert sind: Trübung, SAK254, SSK254, Redox, pH, Leitfähigkeit sowie Sauerstoff und Temperatur. Um nun mögliche Veränderungen im Zuströmbereich und dadurch bedingte Beeinträchtigungen der Grundwasserqualität frühzeitig und qualitativ richtig erkennen und interpretieren zu können, wurde auf das Prinzip der Kombinationsanalysen gesetzt. Die Alarmierung via Prozessleitsystem (PLS) erfolgt nicht wie früher üblich nur auf Basis von Absolutwerten, sondern durch die Kombination mehrerer Parameter untereinander. Diese 24-h-Online-Überwachung erlaubt somit eine auf diese Grundwasserfassung zugeschnittene Überwachung.
Für den Bau des GWPW Aarenfeld sowie für dessen Schutzzonen S1, S2 und S3 wurde Land der SBB beansprucht. Aufgrund der Schutzzonenausscheidung und deren Nutzungsbeschränkungen gemäss Schutzzonenreglement wurde im Rahmen einer vertraglichen Landumlegung eine Flurwegbereinigung vorgenommen, die in Absprache mit dem Amt für Landwirtschaft (AWL) und dem Solothurner Bauernverband (SOBV) eine den Schutzzonengrenzen angepasste Bewirtschaftung erlaubt.
Neben einer neuen Anschlussleitung NW300 mit einer Gesamtlänge von ca. 600 m waren im Rahmen der GWP-Revision Leitungsergänzungen und Massnahmen im gesamten Netz der Gemeinde Gretzenbach notwendig. Dies um die Wasserförderung von maximal 3500 l/min zum neuen Reservoir Föhren in Schönenwerd über eine durchgehende Hauptleitung mit mindestens NW250 sicherzustellen. Gleichzeitig wurde auf Basis einer Teil-GWP ein Industrieareal neu erschlossen, über welche auch weitere Gemeinden im Niederamt an die neue Wasserversorgung angeschlossen werden könnten. Die Inbetriebsetzung des neuen Pumpwerks bedingte entsprechend umfassende Vorbereitungen hinsichtlich Desinfektion (H2O2) und Spülung dieser Leitungsergänzungen.
Gemäss den hydraulischen Berechnungen erhöht sich durch den neuen Pumpbetrieb der Druck im Leitungsnetz in der Nacht gegenüber der Überlaufhöhe im neuen Reservoir Föhren um bis zu 1,5 bar im Netz in näherer Umgebung zum Pumpwerk. Mittels Netzanalyse und Schadenortung wurde mit einer vorgängig durchgeführten Druckerhöhung einzelner Haltungen Schwachstellen im Leitungsnetz eruiert und behoben, um die Anzahl Leitungsbrüche anlässlich der Inbetriebsetzung so gering wie möglich zu halten.
Um Beschädigungen an Leitungen und Armaturen durch mögliche Druckschläge im Netz zu verhindern, wurde auf Basis eines hydraulischen Längenprofils mit einem vereinfachten Modell eine Druckschlagsimulation durchgeführt. Um den Druckverlauf zu reduzieren, wurde im GWPW Aarenfeld im Untergeschoss ein horizontaler Druckschlagdämpfer mit einem Gasvolumen von 1500 l installiert. Die Dimensionierung erfolgte unter Berücksichtigung eines möglichen Anschlusses der Gemeinde Niedergösgen gemäss RWP.
Auf Basis der Fachkoordinationspläne und des Rohrleitungs- und Instrumenten-Fliessschemas (R+I-Schema) wurde der Werkstattplan für den Anlagebau entworfen. Ziel dabei war, sämtliche Rohrleitungsteile in der Werkstatt in geeigneten Abschnitten vorzufertigen. Dies erlaubte unter anderem eine hohe Produktequalität und schnelle Montagezeiten. Voraussetzung dafür war auch eine gemeinsame Planung zwischen Ingenieur und Anlagebauer sowie das frühzeitige Vorliegen sämtlicher Datenblätter der elektromechanischen und technischen Ausrüstung.
Die Erstellung des R+I-Schemas ist unerlässlich für die Planung und dient neben der bereits erwähnten Fertigungsplanung auch als Grundlage für die Betriebsmittelliste, welche wiederum dem Steuerungs- und Elektroplaner für die Ausarbeitung des Pflichtenheftes und Funktionsbeschriebs als Grundlage dient. Im vorliegenden Projekt bestand die Herausforderung zusammen mit der Bauherrschaft und dem Lebensmittelinspektorat ein Konzept für den künftigen Betrieb mit möglichem Ausbau nach GWP und allfälliger Nachrüstung einer Wasseraufbereitung z. B. mittels UV-Desinfektion zu entwickeln.
Das GWPW Aarenfeld hat für die zukünftigen Bedürfnisse eine grosse regionale Bedeutung. Denn ergiebige und qualitativ gute Grundwasservorkommen mit wenigen Nutzungskonflikten sind im Niederamt rar geworden. So ist das Potenzial für die Deckung von regionalen Bedürfnissen und der Sicherstellung von grossen Trinkwasservorkommen für die zukünftige Entwicklung im Niederamt von grosser Bedeutung. Umso wichtiger war die enge Zusammenarbeit zwischen Bauherr, Kanton und Planern von der Projektierungsphase bis zur Realisierung. Das GWPW Aarenfeld darf aus dieser Hinsicht durchaus als historisches Projekt betrachtet werden, bei dem über die Gemeindegrenzen hinweg eine zukunftsweisende Lösung zur Versorgungssicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten geschaffen wurde.
[1] Amt für Umwelt (2016): Regionaler Wasserversorgungsplan Olten Gösgen.
BroschĂĽre. Solothurn
[2] Kanton Solothurn, Amt für Umwelt; Waldburger Ingenieure AG (2015): Regionaler Wasserversorgungsplan RWP Olten Gösgen. Technischer Bericht. Solothurn
[3] Hug, R. et al. (2017): Gutes Wasser für morgen –Regionale Wasserversorgungsplanung im Kanton Solothurn am Beispiel Olten Gösgen. Aqua & Gas 7/17, S. 44
[4] K. Lienhard AG (2018): GWP Gemeinde Gretzenbach Ausbauplan. 1:2500. 14.11.2018. Buchs
[5] BSB + Partner (2018): Kantonaler Nutzungsplan. Regionale Grundwasserfassung Aarenfeld. Pumpwerk mit Zufahrt und Erschliessung. Situation 1:1000. 11.06.2018. Oensingen. RRB Nr. 2018 / 1055 vom 03.07.2018
[6] BSB + Partner (2018): Kantonaler Nutzungsplan. Regionale Grundwasserfassung Aarenfeld. Schutzzonenplan. Situation 1:1000. 11.06.2018. Oensingen. RRB Nr. 2018/1115 vom 03.07.2018
[7] Dr. Heinrich Jäckli AG (19.07.2019): Brunnenbau und hydrogeologische Untersuchungen 2018. Baden
«Die Wasserversorgung in der Region Olten Gösgen weist einen hohen Ausbaustandard auf. Dennoch bestehen Defizite bei der Versorgungssicherheit und beim Schutz der Trinkwasserressourcen. Eine intelligente Vernetzung innerhalb der Region behebt dies mit relativ geringem Aufwand.» [1]
Übersicht regionaler Wasserversorgungsplan Olten Gösgen. (Amt für Umwelt, Solothurn)
Das kantonale Amt für Umwelt (AfU) hat den gesetzlichen Auftrag (GWBA §105), regionale Wasserversorgungspläne (RWP) in Zusammenarbeit mit den Gemeinden zu erstellen. Diese Pläne schaffen verbindliche Grundlagen für die kommunale Nutzungsplanung, um Wasserbeschaffung, -transport und -speicherung über lange Zeiträume zu regeln. So wurde für die Region Olten Gösgen erstmals im Kanton Solothurn ein solch umfassender Wasserversorgungsplan [2] ausgearbeitet und als für die kommunale Nutzungsplanung behördenverbindlich erklärt. An dieser Stelle sei auf Aqua & Gas N° 6/17 [3] verwiesen, dort wird der regionale Wasserversorgungsplan Olten Gösgen im Detail vorgestellt.
Das zentrale Element der RWP ist eine neue Transportleitung zwischen Aarau und Olten. Diese soll unter anderem künftig den Wasseraustausch zwischen den Regionen Olten Gösgen ermöglichen und bietet beiden Regionen den Zugang zu den ergiebigen Grundwasservorkommen im Dünnerngäu und im Niederämter Aaretal. Dadurch kann die Versorgungssicherheit mit einer intelligenten Vernetzung innerhalb der Region wesentlich verbessert werden.
Aufgrund der bereits erfolgten oder anstehenden Schliessungen verschiedener Grundwasserfassungen in der Region Olten Gösgen ist zur bereits realisierten Verbindung mit der Eniwa AG (Aarau) ein zusätzliches Grundwasserdargebot von 10 000 l/min zu erschliessen. Dieser zusätzliche Wasserbedarf ist nun mit dem neuen GWPW Aarenfeld sichergestellt.
Als weitere Grundlage für das Projekt diente die parallel zum Projekt verlaufende Revision der generellen Wasserversorgungsplanung (GWP) der Gemeinde Gretzenbach [4]. Neben den Ausbauten im Rahmen des Projekts GWPW Aarenfeld mussten gemeindespezifische Erschliessungsfragen geklärt werden. Nicht Bestandteil dieses Nutzungsplans war der kantonale Nutzungsplan für das GWPW Aarenfeld selbst.
Neben den Infrastrukturbauten zum GWPW Aarenfeld musste insbesondere der Standort des GWPW Aarenfeld mit einem kantonalen Nutzungsplan (Erschliessungsplan) rechtlich sichergestellt werden [5]. Zusätzliche Netzausbauten und Neuerschliessungen in der Standortgemeinde wurden wie bereits erwähnt im Rahmen der GWP-Revision in einem separaten parallel verlaufenden Verfahren aufgezeigt und geregelt. Zusammen mit der Genehmigung des kantonalen Nutzungsplans wurde die Baubewilligung auf Basis des erarbeiteten Bauprojektes erteilt.
Gleichzeitig zur kantonalen Nutzungsplanung wurde auf Basis der hydrogeologischen Voruntersuchungen im Sommer 2016 der Schutzzonenplan [6] mit Schutzzonenreglement erarbeitet und in den betroffenen Gemeinden aufgelegt und genehmigt. Die Schutzzonenausscheidung erfolgte in einer ersten Etappe mit einer Entnahmemenge (in Aussicht gestellte Konzession) von 5'000 l/min, wobei die Schutzzone S2 bereits für 10'000 l/min gemäss RWP dimensioniert wurde. Nach Erstellung des Brunnens im Herbst 2018 wurde ein weiterer Dauerpumpversuch mit einer Entnahmemenge von 10'000 l/min durchgeführt. Gemäss dieser hydrogeologischen Untersuchung [6] wird aktuell der Schutzzonenplan mit einer Erhöhung der Konzessionsmenge gemäss RWP auf 10'000 l/min erneut öffentlich aufgelegt. Dieses Vorgehen erlaubte eine Planungs- und Betriebssicherheit ohne erneute Gefährdungsabschätzung.
«AQUA & GAS» gibt es auch als E-Paper. Abonnenten, SVGW- und/oder VSA-Mitglieder haben Zugang zu allen Ausgaben von A&G.
Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
Kommentare (0)