Seit Anfang der 2000er-Jahre liefert das Schweizerische Monitoring zur Erfassung der Biodiversität (BDM-CH) Daten zu Moosen, Gefässpflanzen, Tagfaltern, Brutvögeln, Schnecken und Gewässerinsekten, die repräsentativ für die ganze Schweiz sind. Die Messflächen sind über die ganze Schweiz verteilt und werden alle fünf Jahre bearbeitet.
Das BDM-CH liefert einzigartige Informationen zum Zustand der Biodiversität und zu aktuellen Trends, wie das Forum Biodiversität Schweiz in der neuen Publikation zeigt. So können viele, im Mittelland einst häufige und weit verbreitete Arten wie der Zwerg-Bläuling oder der Acker-Rittersporn kaum mehr nachgewiesen werden, was den massiven Biodiversitätsverlust unterstreicht. Diese Arten sind in den Alpen noch verbreitet, gehen aber auch dort zurück. Andere Arten hingegen wie der Gekielte Ackersalat, der Weisse Waldportier oder der Bienenfresser konnten ihr Areal in den letzten Jahren wieder ausdehnen.
Was hinter diesen Entwicklungen steckt, zeigt sich, wenn die BDM-CH-Daten mit Daten zur Ökologie und zu Umweltveränderungen verknüpft werden: Es sind eher wärme- und stickstoffliebende Arten, die sich ausbreiten können, während kälteangepasste Arten und solche, die in kargen Ökosystemen gut zurechtkommen, auf dem Rückzug sind. Das sind deutliche Hinweise, dass der Klimawandel und die landesweit hohen Stickstoffeinträge durch Düngung oder über die Luft dafür verantwortlich sind. Die Daten zeigen, dass die Schweizer Biodiversität immer eintöniger wird, weil sich bereits häufige Arten immer stärker ausbreiten.
Das BDM-CH und andere sich ergänzende Monitoringprogramme des Bundes erfassen wichtige Aspekte der Biodiversität. Diese robusten und langfristigen Monitorings sind von essenzieller Bedeutung. Noch werden aber zahlreiche für Ökosysteme wichtige Organismengruppen nur schlecht erfasst. Das gilt etwa für diverse Insektengruppen, Boden- und Wasserorganismen. Das Monitoring zur Biodiversität sollte deshalb taxonomisch, räumlich und zeitlich ausgebaut werden und auch die Funktionen, welche Arten in den Ökosystemen erfüllen, einbeziehen. Neue Technologien können helfen, Daten automatisiert zu erfassen, etwa mittels Umwelt-DNA.
Die Monitoringprogramme sind auf engagierte Fachpersonen mit fundierten Artenkenntnissen angewiesen. Der eklatante Mangel an geeigneten Fachpersonen ist für die Monitoringprogramme eine grosse Herausforderung. Verschiedene Akteure haben deshalb die «Strategie Bildung Artenkenntnisse» erarbeitet. Deren Umsetzung ist zentral für das künftige Biodiversitätsmonitoring.
Das Biodiversitätsmonitoring macht Aussagen zur Entwicklung der Biodiversität der Schweiz in den letzten 20 Jahren – die grössten Verluste an Naturvielfalt haben allerdings viel früher stattgefunden. Sie wurden insbesondere verursacht durch die grossen Flusskorrektionen ab Mitte des 19. Jahrhunderts und die Industrialisierung der Landwirtschaft nach Mitte des 20. Jahrhunderts. Aus diesen Perioden liegen nur zeitlich und örtlich beschränkte Informationen vor, etwa aus naturwissenschaftlichen Sammlungen. Deren Digitalisierung und bessere Erschliessung ist ein wichtiges laufendes Projekt, um den Wandel der Biodiversität in der Schweiz zu erfassen.
Mit jedem zusätzlich erhobenen Jahr werden die Datenreihen wertvoller. Sie stehen der Wissenschaft für weitere Auswertungen und damit auch zur Beantwortung neuer Fragen zur Verfügung. Um so wichtiger ist es, dass die Beobachtungsprogramme langfristig weitergeführt, wo nötig ergänzt und deren Finanzierung sichergestellt werden. Damit stehen auch künftig wichtige Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung.
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