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25. April 2019

Mikroplastik

Plastikmüll stört Unterwasser-Kommunikation

Plastikmüll beeinträchtigt im Wasser lebende Organismen auf eine bisher wenig beachtete Weise: Botenstoffe, die für die Kommunikation unter Wasser unentbehrlich sind, reichern sich an der Oberfläche von Plastikteilchen an und können dadurch ihre ökologischen Funktionen nicht mehr erfüllen. Dies zeigen Wissenschaftler der Universität Bayreuth in einer neuen Studie am Beispiel von Wasserflöhen. Die Tiere bilden Verteidigungsstrukturen aus, wenn Botenstoffe ihnen signalisieren, dass sie von Fressfeinden bedroht sind. Die Verteidigungen sind jedoch deutlich schwächer ausgebildet, sobald sich Plastikmüll im Wasser befindet. In Scientific Reports stellen die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse vor.

«Forschungsarbeiten zu den möglichen Effekten von Plastikpartikeln in der Umwelt haben sich bisher auf direkte Auswirkungen fokussiert, die beispielsweise auftreten können, wenn diese mit der Nahrung aufgenommen werden. Wir haben hingegen an einem Fallbeispiel nachgewiesen, welche potenziellen Risiken die blosse Anwesenheit von Plastikmüll in Ökosystemen hat», erklärt Christian Laforsch, der die Forschungsarbeiten koordiniert hat.

Kopfhaube und Stachel: Schutz der Wasserflöhe gegen Fressfeinde

Von kleinen im Plankton lebenden Krebsen der Gattung Daphnia (Wasserflöhe) ist bekannt, dass sie sich vor Fressfeinden durch vergrößerte körpereigene Strukturen schützen: Beispielsweise entwickelt die Art Daphnia longicephala eine grosse «Kopfhaube» und einen langen Stachel. Dadurch sind sie vor Angriffen ihrer Fressfeinde, in diesem Fall Wasserwanzen, geschützt. Botenstoffe, sogenannte Kairomone, bewirken, dass sich diese Strukturen ausbilden. Sie werden von natürlichen Fressfeinden im Wasser abgegeben und signalisieren den Daphnien die Anwesenheit der Räuber. Das Team der Bayreuther Biologen hat nun untersucht, wie es um dieses körpereigene Verteidigungssystem bestellt ist, falls sich in der Umwelt der Wasserflöhe auch Plastikpartikel befinden. Für diese Tests haben sie zwei Kunststoffsorten ausgewählt, die besonders häufig in Gewässern gefunden werden. In den Versuchsansätzen, in denen Plastikpartikel im Wasser waren, wurden die der Verteidigung dienenden Strukturen deutlich schwächer ausgebildet. «Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Kairomone zu einem erheblichen Teil an den Plastikpartikeln anlagern – ein Vorgang, der als Adsorption bezeichnet wird. Dadurch können sie im Wasser nicht mehr detektiert werden, so dass den Wasserflöhen fälschlicherweise eine geringere Gefahr signalisiert wird», sagt der Erstautor der Studie, Benjamin Trotter, Doktorand an der Universität Bayreuth.

Auswirkungen auf Ökosystem

Die Folgen dieser gestörten Unterwasser-Kommunikation könnten weitreichend sein. Die Wasserflöhe unterschätzen die Gefahren, die ihnen von natürlichen Fressfeinden drohen, entwickeln keine ausreichende Abwehr und fallen daher ihren Fressfeinden häufiger zum Opfer. «Daphnien haben eine entscheidende Bedeutung für das natürliche Nahrungsnetz in stehenden Gewässern», sagt die Bayreuther Doktorandin Anja Ramsperger, die an der Studie ebenfalls mitgewirkt hat. Eine derartige Fehlanpassung, bedingt durch das blosse Vorkommen von Plastik in der Umwelt, könnte das gesamte Nahrungsnetz beeinflussen und somit Auswirkungen auf das ganze Ökosystem haben.

Veröffentlichung

B. Trotter, A.F.R.M. Ramsperger, P. Raab, J. Haberstroh, C. Laforsch: Plastic waste interferes with chemical communication in aquatic ecosystems. In: Scientific Reports (2019), DOI: 10.1038/s41598-019-41677-1

Kontakt

Prof. Dr. Christian Laforsch
Lehrstuhl für Tierökologie I
Universität Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 / 55- 2650
E-Mail: christian.laforsch@uni-bayreuth.de

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