Viele verbinden ein Fischmenü aus einheimischem Fang mit Felchen. Das ist nachvollziehbar, gilt doch die Felche als Brotfisch schlechthin. Aber sein Rückgang ist beängstigend. In den 1990er-Jahren wurden aus Schweizer Seen 1500 Tonnen Felchen gezogen, 2019 waren es noch 486 Tonnen. Zum Vergleich: Aktuell werden 80'000 Tonnen Fisch- und Meeresfrüchte importiert.
Felchen sind faszinierende, ja geheimnisvolle Fische. Als wahre Meister der Anpassung sind sie in der Lage, Lebensraum, Nahrung, Laichplatz und Laichzeit der jeweiligen Situation anzupassen. Dank dieser bewundernswerten Agilität kommen sie in allen grösseren Schweizer Seen vor, wenn auch heute in bedeutend kleinerer Zahl. Aktuell sind rund 24 verschiedene Arten bekannt. Die Felchen sind sehr scheu, lieben kaltes Wasser, leben in Schwärmen in den Tiefen der Seen – und sind nur schwer zu fotografieren und zu filmen. Damit ist auch gesagt, dass ihren markanten, grossen Augen und den prägenden Seitenlinien nichts entgeht; sie nehmen selbst kleinste Bewegungen im Wasser wahr.
Die wunderbar im Wasser glänzenden silbernen Schwärme der Felchen sind ein wertvoller Schatz Sie entwickeln sich laufend weiter. «Die Felchen sind Botschafter für Artenvielfalt, ja für die ganze Biodiversität» sagt Roberto Zanetti, Zentralpräsident des Schweizerischen Fischerei-Verbandes. Ausgerechnet dieser anpassungsfähige Fisch ist Opfer der sich verschlechternden Lebensbedingungen im Wasser. «Die Zahlen müssen uns zu denken geben.» Aktuell hat es in der Schweiz noch 24 Arten, ein Drittel an Arten ist bereits ausgestorben.
«Der Grund für diesen starken Rückgang ist die massive Verschlechterung des Lebensraums», sagt David Bittner, Geschäftsführer des SFV. Insbesondere der Sauerstoff sei durch die Überdünnung vieler Seen im letzten Jahrhundert in Tiefenregionen und an ihren Laichplätzen zu knapp geworden. In Seen etwa des Luzerner und Aargauer Mittellandes lassen sich die erloschenen Bestände bis heute nur mit künstlicher Aufzucht erhalten. Die natürliche Fortpflanzung sei langfristig massiv eingeschränkt. «Unsern Felchen macht noch viel mehr zu schaffen», so Bittner und er nennt verbaute Ufer oder chemische Verschmutzungen.
In Deutschland und Österreich wurden die Fische des Jahres bereits Ende 2021 kommuniziert. In Deutschland ist es wie bereits im Vorjahr der atlantische Hering (Clupea harengus). Begründet wird der Entscheid damit, dass aufgrund der Corona-Pandemie im Jahr 2021 es nicht möglich war, dem Hering die Aufmerksamkeit und Anerkennung zukommen zu lassen, die dieser Fischart gebührt.
In Österreich hat die Barbe (Barbus barbus) mit knapp 47 Prozent der Stimmenanteile vor der Nase und dem Frauennerfling das Rennen gemacht. Der Karpfenfisch bevorzugt strömende und strukturreiche Flüsse.
In Österreich wurde die strömungsliebende Barbe zum Fisch des Jahres ernannt. (©wrangel/123RF.com)
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