Die Oberflächengewässer der Schweiz werden durch eine Vielzahl von organischen Spurenstoffen belastet. Diese Stoffe gelangen aus Siedlungen [1], Industrie und Gewerbe [2] oder aus der Landwirtschaft [3] durch unterschiedliche Transportpfade in die Gewässer. Die quantitative Erfassung dieser Stoffe erfordert eine grosse analytische Breite und Spezifität der Methoden sowie genügend hohe Sensitivität. Um Substanzeinträge in die Umwelt zu erfassen, müssen nicht nur arbeitsaufwendige Probenahmen- und Transporte ins Labor organisiert, sondern auch kostenintensive Labormessungen mit hochmodernen Massenspektrometern durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass die Anzahl analysierbarer Proben und damit die zeitliche Auflösung von Messreihen begrenzt ist. Zudem vergehen oft Wochen bis Monate von der Probenahme bis zum Vorliegen der Endergebnisse.
Diese Limitierungen sind sowohl für die Praxis wie die Forschung oft unbefriedigend. Die Konzentrationen unterliegen je nach Quelle und Eintragsweg zum Teil starken zeitlichen Schwankungen. Ökologisch bedeutsame Spitzenkonzentrationen sind deshalb mit traditionellen Probenahme- und Analyseverfahren kaum erfassbar. Eine ungenügende zeitliche Auflösung macht auch eine Unterscheidung von verschiedenen Eintragspfaden oft unmöglich. Die lange Zeitspanne zwischen Probenahme und Vorliegen der Ergebnisse verhindert ausserdem eine zeitnahe Reaktion auf sich schnell ändernde Belastungssituationen.
Um solche Einschränkungen zu überwinden, wurde an der Eawag die mobile, autonome Messplattform MS2field entwickelt. Sie erlaubt es, zeitlich hochaufgelöste Messungen von Spurenstoffen vor Ort durchzuführen und Ergebnisse automatisch sofort zur Verfügung zu stellen. In diesem Artikel wird das System vorgestellt und die bisherigen Messkampagnen erläutert. Anhand eines Beispiels wird zudem das Potenzial von MS2field illustriert.
MS2field ist eine mobile Messplattform, installiert in einem Autoanhänger und aufstellbar an jedem Messstandort mit Anfahrtsmöglichkeit und Stromnetzanschluss. Im Anhänger sind ein Wasserentnahme- mit integriertem Filtrationssystem sowie ein hochauflösendes Massenspektrometer mit einem vorgeschalteten Flüssigchromatografen inklusive eines Probenanreicherungsmoduls eingebaut (Fig. 1).
Das Probenahmesystem pumpt kontinuierlich ca. 10 l/min Wasser aus dem Gewässer. Alle 20 Minuten wird die Filtration durch ein Ventil aktiviert, und 0,75 ml Probenfiltrat werden nach Zugabe der isotopenmarkierten internen Standards in die Dosiereinheit transportiert. Die Anreicherung geschieht nach Dosierung der Probe auf ein Festphasenextraktionssystem. Die angereicherten Stoffe werden anschliessend chromatografisch getrennt, bevor sie mit dem hochauflösenden Massenspektrometer (Orbitrap-Technologie) gemessen werden. Nach Abschluss der Messung werden die Daten automatisch in wenigen Minuten ausgewertet und verschlüsselt via Mobilfunknetz auf einen Datenserver übermittelt. Die Substanzkonzentrationen können per Browser in Echtzeit verfolgt werden [4].
Mit einer Klimaanlage und Sensoren werden Temperatur und Luftfeuchtigkeit kontrolliert und eingestellt. Webkameras mit Bewegungssensoren melden unvorhergesehene Eingriffe ins System und lassen eine visuelle Kontrolle per Remoteverbindung zu. Eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) überwacht und kontrolliert die Geräte. Im Fall von Rauch, Wasser auf dem Boden oder Überhitzen des Filtersystems werden die Geräte automatisch abgestellt und eine Warnmeldung via SMS verschickt [4].
Die manuelle Probenahme, Aufbereitung und Messung im Labor werden mit MS2field überflüssig. Die Installation vor Ort dauert etwa zwei Tage, danach sind lediglich einmal pro Woche Kontrolle und Wartung des Systems notwendig [4].
Zeitlich hochfrequente Messungen organischer Mikroverunreinigungen in Gewässern waren bisher wegen des extrem hohen Probenahme- und Analysenaufwands nur über kurze Zeitspannen möglich. Mit dem vollständig automatisierten Mess- und Auswerteablauf von MS2field wird diese Limitierung aufgehoben. Auch weitere Nachteile konventioneller Probenahmestrategien können mit den Vor-Ort-Messungen umgangen werden.
Bisher war zur Erfassung von organischen Mikroverunreinigungen eine manuelle Entnahme oder eine automatisierte Sammlung durch Autosampler nötig. Bei einer manuellen Probenahme ist nicht nur der Kosten- und Zeitaufwand für Anfahrt, Entnahme und Transport zu beachten, sondern auch die Schwierigkeit, Feldkampagnen ausserhalb der regulären Arbeitszeit zu realisieren. Autosampler sind dagegen hinsichtlich der Probenanzahl limitiert.
Der vermutlich gravierendste Nachteil liegt jedoch darin, dass häufig mehrere Tage von der Entnahme bis zur Analyse im Labor vergehen und die Proben zudem teilweise für Wochen oder Monate zwischengelagert werden. Während dieser Zeit besteht insbesondere für leicht abbaubare Substanzen die Gefahr, dass es aufgrund von Abbauprozessen zu Minderbefunden in den Proben kommt, was wiederum Fehlinterpretationen zur Folge hat. Der zeitliche Versatz zwischen Probenahme und Vorliegen des Analysenwertes verhindert ausserdem eine zeitnahe Reaktion auf eventuell kritische Substanzbefunde im Gewässer.
Vorort-Messungen zur Gewässerüberwachung werden deshalb zwar bereits seit langem durchgeführt, dies allerdings nur mit einfachen Sensorsystemen. Aufwendigere Analysengeräte wie Massenspektrometer sind bisher für den mobilen Feldeinsatz kaum verfügbar.
Im MS2field wird ein hochauflösendes Massenspektrometer verwendet. Dieses ermöglicht die Detektion und Quantifizierung einer nahezu unbeschränkten Anzahl Substanzen und erlaubt zudem eine retrospektive Analyse von bekannten sowie unbekannten Substanzsignalen aus dem digitalen Messdatenarchiv [5]. Da die Analyse direkt nach der Probenahme erfolgt, werden auch potenzielle Fehler wie Verwechslung oder Kontamination der Proben eliminiert.
Um die Leistungsfähigkeit des Systems im Feld bei verschiedenen Anwendungen zu evaluieren, wurde MS2field 2019 in drei Messkampagnen an folgenden Standorten getestet: fünf Wochen im Zu- und Ablauf der Kläranlage Fehraltorf-Russikon, fünf Wochen in einem kleinen Fliessgewässer in einem landwirtschaftlich stark genutzten Gebiet und sieben Wochen im Grenzfluss Doubs.
Von Mitte Februar bis Anfang April wurden an der Kläranlage Fehraltorf-Russikon zuerst Messungen im Rohabwasserzulauf direkt nach dem Sandfilter (zwei Wochen) und anschliessend für drei Wochen im Ablauf des Nachklärbeckens durchgeführt.
Durch die 20-minütigen Messintervalle konnten erstmals Dynamiken von Mikroverunreinigungen im Abwasser sichtbar gemacht werden, die bisher nur teilweise erahnt werden konnten. Obwohl es sich um ein relativ kleines Einzugsgebiet handelt und man darum grosse kurzfristige Schwankungen erwarten würde, konnten für häufig eingenommene Arzneimittel überraschend systematische Tagesgänge beobachtet werden. Der Blutdrucksenker Candesartan ist ein gutes Beispiel dafür (Fig. 2). Die berechneten Frachten entsprechen rund 100 typischen täglichen Dosen. Im Gegensatz dazu traten bei dem Antibiotikum Clarithromycin in einer Woche nur wenige einzelne Peaks auf. Diese könnten einzelnen WC-Spülungen von wenigen Patienten entsprechen und wären in Sammelproben wegen Verdünnung nicht nachweisbar gewesen (nicht abgebildet).
Zwei weitere interessante Beispiele sind das Herbizid Mecoprop und das Biozid Diuron. Beide werden ihrer Verwendung wegen vor allem bei Regenwetter erwartet. Dies trifft für Mecoprop zu, das in Bitumenbahnen auf Flachdächern als Durchwurzelungsschutz eingesetzt wird [6] (Fig. 2): Ein wesentlicher Peak trat kurz nach dem Beginn des einzigen Regenereignisses in der Messperiode auf. Erhöhte Diuronkonzentrationen wurden hingegen ausschliesslich an Werktagen beobachtet, was eher auf eine industrielle Verwendung hindeutet.
Von Ende August bis Anfang Oktober 2019 wurden organische Mikroverunreinigungen im Doubs bei Saint-Ursanne gemessen. Der Fluss fliesst im Jura durch Karstgebiet. Inwieweit das komplexe karsthydrologische Abflussregime die Gewässerqualität des Doubs beeinflusst, ist bisher wenig bekannt [7, 8]. Starkregenereignisse, Gewitter und Schneeschmelze können im Karst zu einem schnellen Abtrag von Nährstoffen und Pflanzenschutzmitteln von den landwirtschaftlichen Nutzflächen ins Gewässer führen. Daneben gelangen auch mit dem gereinigten Abwasser aus Kläranlagen Schadstoffe in den Doubs. Bei bisherigen Untersuchungen wurden keine erhöhten Konzentrationen von Mikroverunreinigungen festgestellt. Allerdings basierten alle bisherigen Messkampagnen auf Wochenmischproben und waren damit nicht geeignet, kurzzeitige Konzentrationsspitzen zu erfassen.
Mit MS2field wurden 17 gebietsspezifische Pflanzenschutzmittel sowie typische abwasserstämmige Substanzen kontinuierlich über Wochen hinweg gemessen. Figur 3 demonstriert die Zuverlässigkeit der Daten über eine solche längere Messperiode: Die Wiederfindungsrate des Blutdrucksenkers Candesartan lag in allen aufdotierten Doubs-Proben über sieben Wochen hinweg zwischen 80 und 120%.
Während der Messperiode traten keine kurzzeitigen Konzentrationsspitzen der untersuchten Stoffe im Doubs auf [9]. Abwasserstämmige Mikroverunreinigungen wiesen stabile Konzentrationsverläufe auf, wie die Messungen von Candesartan demonstrieren (Fig. 3): Die Konzentration lag über den gesamten Messzeitraum zwischen 15 und 30 ng/l. Dagegen wurden selbst während Regenereignissen keine der untersuchten Pflanzenschutzmittel nachgewiesen. Folglich schien im Untersuchungszeitraum der Einfluss von schnellen Oberflächeneinträgen aus landwirtschaftlichen Flächen auf die Gewässerqualität gering zu sein.
Der untersuchte Bach entwässert ein kleines, landwirtschaftlich stark genutztes Einzugsgebiet. Frühere Messkampagnen hatten hier bereits eine hohe Pestizidbelastung dokumentiert [3, 10]. Da der Bach zudem im Rahmen des NAWA-Trend-
Programms untersucht wurde, bot sich eine gleichzeitige Messkampagne mit MS2field an. Diese Konstellation erlaubte einerseits einen direkten Vergleich mit dem etablierten Probe- und Analysevorgehen, andererseits konnten die Messwerte auch mit früheren Daten in Bezug gesetzt und das Verständnis für Quellen und Eintragspfade im Gebiet weiter verbessert werden.
Die Messkampagne wurde von Ende Mai bis Anfang Juli 2019 durchgeführt. Dabei wurden circa 3000 Proben gemessen und der Konzentrationsverlauf von etwa 30 Pflanzenschutzmitteln in Echtzeit auf dem Dashboard visualisiert (Fig. 1, rechts).
Anschliessend an die automatisierte Auswertung wurden aus den Analysedaten 60 weitere Substanzen vertieft untersucht. Von diesen wurden 32 während des Messzeitraums in dem Bach nachgewiesen. Die Wiederfindungsrate aller detektierten Substanzen lag in 75% der Fälle zwischen 70 und 130% (80% bei Substanzen mit eigenem isotopenmarkiertem Standard), was die hohe Genauigkeit und Präzision der MS2field-Messungen bestätigt. Da im Rahmen von NAWA Trend parallel zu den MS2field-Messungen vom Kanton 3,5-Tages-Mischproben gesammelt und untersucht wurden, konnte ein direkter Vergleich der beiden Messdatenreihen durchgeführt werden. Trotz unterschiedlicher Probenahmestrategie und Messtechnik stimmten die Konzentrationen für alle untersuchten Substanzen in beiden Datensätzen sehr gut überein, was die Zuverlässigkeit der mit MS2field erzeugten Daten ein weiteres Mal bestätigte.
Im April 2020 wurden für 19 Pestizide und 3 Arzneimittel substanzspezifische chronische und akute numerische Anforderungen in der Gewässerschutzverordnung (GSchV) verankert. Die akuten Anforderungswerte (AQK) dürfen zu keinem Zeitpunkt im Gewässer überschritten werden, um so aquatische Organismen vor akut toxischen Schädigungen zu schützen. Diese Vorgaben werden im Rahmen von NAWA Trend mit 3,5-Tages-Mischproben überprüft.
Inwieweit sich die Bewertung der Gewässerqualität nach den Kriterien der GSchV für akut toxische Schädigungen verändert, wenn statt dieser 3,5-Tages-Mischproben zeitlich hochaufgelöste Messungen herangezogen werden, kann an den Konzentrationsmessungen des Insektizids Thiacloprid im untersuchten Bach gezeigt werden. Thiacloprid schwankte über den gesamten Messzeitraum sehr stark (Fig. 4). Die Konzentration veränderte sich innerhalb weniger Stunden und Tage um mehrere Grössenordnungen, und das AQK von 80 ng/l wurde häufig um ein Vielfaches (bis zu 30-fach) überschritten. Demgegenüber wird das AQK kaum oder nicht überschritten, wenn für die Beurteilung 3,5-Tages-Mischproben genutzt werden. Kurzzeitige Maximalkonzentrationen werden in den Mischproben während des Sammelzeitraums verdünnt, womit es zu einer deutlichen Unterschätzung des akuten Risikos kommt.
Auch bei anderen Pestiziden kam es zu einer Unterschätzung dieses Risikos durch 3,5-Tages-Mischproben. In Figur 5 sind Unterschätzungsfaktoren für mehrere Substanzen, die während des Untersuchungszeitraums im Bach detektiert wurden, dargestellt (s. Box). Abhängig vom Pestizid und der damit verbundenen Konzentrationsdynamik sowie der Detektionsfrequenz übertrafen im Extremfall die maximalen Höchstkonzentrationen der 20-minütigen Messung den Konzentrationsmittelwert in einer 3,5-Tages-Mischprobe bis um das 170-Fache.
Das Erfassen von Spitzenkonzentrationen ist für eine ökotoxikologische Bewertung relevant. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei einigen Pestiziden kurze Expositionsspitzen von weniger als einer Stunde schon negative Auswirkungen auf aquatische Organismen haben können [11]. Weiterhin kann bei wiederholtem Auftreten von Spitzenkonzentrationen eine zweite, gleich hohe Konzentration grössere Auswirkungen haben als die erste, da sich die Organismen in der Zwischenzeit noch nicht erholen konnten [12]. Dieses Risiko wird in Mischproben übersehen, kann mit den zeitlich hochaufgelösten MS2field-Messungen aber abgedeckt werden.
Die zeitlich hochaufgelösten Messreihen im untersuchten Bach zeigen unterschiedliche Dynamiken der detektierten Pestizide. Zusammen mit Informationen zu Niederschlag, Wasserstand und Windstärke kann zurückverfolgt werden, durch welche Prozesse die Substanzen in den Bach gelangt sind.
Pestizide können durch Regenereignisse von den Feldern in Oberflächengewässer ausgewaschen werden. Dieser Prozess ist für die meisten Pflanzenschutzmittel der Haupteintragsweg in den hier untersuchten Bach. Figur 6 zeigt, dass die Konzentrationsspitzen von Dimethenamid mit erhöhtem Wasserstand zusammenfallen. Allerdings wurden auch in Trockenzeiten zwei Konzentrationsspitzen des Herbizids erfasst (26. Juni und 6. Juli). Diese könnten darauf hinweisen, dass hochkonzentrierte Spritzmittelreste durch unsachgemässe Handhabung oder beim Waschen der Spritzgeräte in den Bach gelangt sind. Möglicherweise wurde die Substanz aber auch während der Applikation durch Abdrift von Spritzlösung in das Gewässer eingetragen.
Mit den Fähigkeiten der MS2field-Messplattform eröffnen sich mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten im Bereich des Abwassermanagements und des Gewässermonitorings. So können neue Informationen zum Eintrag und zur Elimination von Haushalts- und Industriechemikalien bei der Abwasserreinigung gewonnen werden. Ebenso eignet sich MS2field für die Erfassung von Konzentrations- und Eintragsdynamiken von Pflanzenschutzmitteln und Abbauprodukten in Flüssen und Bächen. Dieses Wissen verschafft ein vertieftes Verständnis zu Transportprozessen und Eintragspfaden. Daraus können zielgerichtet wirksame Vermeidungsmassnahmen abgeleitet werden.
Weitere mögliche Anwendungsmöglichkeiten sind Kontrolle und Optimierung der Reinigungsleistung der vierten Reinigungsstufe (Ozon, Aktivkohle) in Kläranlagen. Das plötzliche Auftreten von toxischen Substanzen in Gewässern, welche zur Trinkwassergewinnung verwendet werden, könnte in Echtzeit verfolgt und zur Alarmierung herangezogen werden. Auch eine Langzeitüberwachung von Gewässern hinsichtlich gesetzlicher Anforderungen bei variierenden hydrologischen Verhältnissen ist machbar.
Darüber hinaus erlaubt die kontinuierliche Erfassung der Konzentrationsverläufe für eine sehr breite Pflanzenschutzmittelpalette eine realistischere Beurteilung der toxikologischen Belastung von aquatischen Organismen. In Zusammenarbeit mit Toxikologen könnten daher Modelle ausgearbeitet werden, welche die aquatische Toxizität realitätsnaher darstellen.
Die neuen Möglichkeiten, die MS2field bietet, werden demnächst verschiedene praxisorientierte Projekte ermöglichen. So wird die Plattform eingesetzt, um die Pestizidbelastung in dynamischen Karstgebieten zu untersuchen, die Spurenstoffdynamik von Mischabwasserentlastungen besser zu verstehen und die Einleitung von Industrieabwässern zu analysieren.
Potenzial, um die Leistungsfähigkeit und den Einsatzbereich von MS2field weiter auszubauen, ist vorhanden. So bestehen Möglichkeiten, die Messfrequenz zu erhöhen oder mittels parallel arbeitender Probenaufbereitungsmodule mehrere Stellen – zum Beispiel den Zu- und Ablauf einer Kläranlage – gleichzeitig zu messen. Zudem könnten Energieverbrauch und Grösse der Plattform reduziert werden, um den Einsatz des Geräts noch flexibler zu gestalten.
[1] Mutzner, L. et al. (2019): Mikroverunreinigungen aus Siedlungen. Messungen in 20 Mischabwasserentlastungen mit Passivsammler. Aqua & Gas 10: p. 28–35
[2] Anliker, S. et al. (2020): Assessing Emissions from Pharmaceutical Manufacturing Based on Temporal High-Resolution Mass Spectrometry Data. Environmental Science & Technology. 54(7): p. 4110–4120
[3] Spycher, S. et al. (2019): Anhaltende hohe PSM-Belastung in Bächen. Aqua & Gas 4: p. 14–25
[4] Stravs, M. et al. (2020): Deep mass spectrometric live view in the water cycle with a mobile HRMS platform. In Vorbereitung zur Publikation
[5] Creusot, N.C.-M. (2020): Retrospective screening of high-resolution mass spectrometry archived digital samples can improve environmental risk assessment of emerging contaminants: a case study on antifungal azoles. Environ. Int. 139
[6] Becker, P. (2019): Data evaluation of Time-resolved Screening of Organic Micropollutants in Swiss Waste Water by Means of Mobile HPLC-ESI-Orbitrap-MS
[7] ENV (2019): Monitoring de la Qualité des Eaux des Surface Campagne 2018 Rapport – Office de l’environnement canton Jura
[8] EPTB (2011): Projet intègre Doubs franco-suisse – Etat des lieux/diagnostic du bassin versant
[9] McCall, A. et al. (2020): Echtzeit Erfassung von Pflanzenschutzmitteln und ausgewählten Abwasser Markersubstanzen im Doubs mittels MS2Field Trailer und Pyrethroid Spezialanalytik. Schlussbericht an das BAFU
[10] Doppler, T.M. et al. (2017): Hohe PSM-Belastung in Schweizer Bächen. Aqua & Gas 4: p. 46–56
[11] Ashauser, R. (2012): Ökotoxikologische Bewertung – Schwankende Stoffkonzentration und wiederholte Konzentrationsspitzen in Gewässern. Aqua & Gas
[12] Ashauer, R. et al. (2011): Environmental Risk Assessment of Fluctuating Diazinon Concentrations in an Urban and Agricultural Catchment Using Toxicokinetic-Toxicodynamic Modeling. Environmental Science & Technology. 45(22): p. 9783–9792
Für den Vergleich von verschiedenen Probenahmestrategien mit unterschiedlicher Entnahmefrequenz anhand eines Unterschätzungsfaktors, der rechnerisch aus den 20-minütigen MS2field-Messungen abgeleitet wird, müssen einige Einflussfaktoren auf die Mittelwertberechnung berücksichtigt werden. Da die Berechnung der Durchschnittskonzentration über 3,5 Tage vom Anfangszeitpunkt der Probenahme abhängt, wurde für alle theoretisch möglichen Anfangszeitpunkte die 3,5-Tagesdurchschnittskonzentrationen und die dazugehörigen Maximalwerte sowie die sich daraus ergebenden Unterschätzungsfaktoren berechnet. Dabei hängt die rechnerisch ermittelte Durchschnittskonzentration über 3,5-Tage für Substanzen, die häufig unterhalb der Bestimmungsgrenze detektiert wurden, stark von den getätigten Annahmen für die Befunde unterhalb dieser Grenze ab. Grundsätzlich kann sich die analytisch nicht erfassbare, wahre Konzentration für diese Befunde irgendwo zwischen Null und der Bestimmungsgrenze bewegen. Für Sub-
stanzen wie Mecoprop, Thiacloprid und Fenhexamid, die in 5, 19 bzw. 32% der Proben im untersuchten Bach mit sehr hohen und kurzen Konzentrationsspitzen über der Bestimmungsgrenze gemessen wurden, ergeben sich Unterschätzungsfaktoren von bis zu 170, wenn für die Berechnung der 3,5-Tagesdurchschnittkonzentration die Bestimmungsgrenze für alle Proben mit nicht nachweisbaren Konzentrationen verwendet wurde (Fig. 5, links). Wird für die Berechnung der 3,5-Tageskonzentration angenommen, dass die Konzentration aller nicht nachweisbaren Proben null ist, steigt der maximale Unterschätzungsfaktor für diese Substanzen auf bis zu 250. Für Substanzen mit einer Detektionsfrequenz von über 70% während des Untersuchungszeitraums ist die berechnete 3,5-Tagesdurchschnittskonzentration und damit der Unterschätzungsfaktor unabhängig von den Annahmen für die Befunde unterhalb der Bestimmungsgrenzen. Diese regelmässig im Bach detektierten Substanzen zeigen eine bis zu 60-fache Unterschätzung der tatsächlichen Maximalkonzentrationen durch die 3,5-Tagesmittelwerte (Fig. 5, rechts).
Die Autoren möchten den beteiligten Mitarbeitern der kantonalen Gewässerschutzlabore und Gewässerschutzfachstellen Jean Fernex und Christophe Badertscher (Kt. Jura) sowie Roman Kern von der ARA Fehraltorf-Russikon für ihre Hilfe danken. Für den Aufbau und die Wartung der MS2field-Plattform an den Feldstandorten bedanken wir uns bei den Eawag-MitarbeiterInnen Philipp Longree, Benedikt Lauper, Michael Patrick, Ann-Kathrin McCall und Bernadette Vogler.
Das Projekt wurde durch den Discretionary Fund der Eawag gefördert und finanziell durch die Abteilung Wasser des BAFU unter-stützt.
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