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Fachartikel
05. Februar 2025

DNA-Monitoring auf ARA

Optimierung von Hybridwirbelbett-Systemen

Das DNA-Monitoring spielt auf den Abwasserreinigungsanlagen Langmatt und Bazenheid eine zentrale Rolle bei der Optimierung ihrer Nitrifikationsprozesse. So ermöglichen die Daten aus den wöchentlichen DNA-Analysen eine frühzeitige Identifikation mikrobieller Veränderungen und eine Feinjustierung der Betriebsführung.
Robert Niederdorfer, Manuel Layer, Roman M. Bieri, Adrian Raschle, 

Hybridwirbelbett-Systeme sind eine platzsparende und kosteneffiziente Technologie zur biologischen Abwasserreinigung. Sie eignen sich besonders für die Nachrüstung bestehender Belebtschlammanlagen, die an ihre Kapazitätsgrenzen geraten sind. Um eine hohe Reinigungseffizienz zu erreichen, kombiniert die Technologie bewegliche Trägermaterialien mit Klärschlamm. Die Trägermaterialien verfügen über eine grosse spezifische Oberfläche, die Mikroorganismen in hoher Dichte ansiedeln lässt, was zu einer erhöhten Biomasse und einer intensivierten biologischen Abbaurate führt [1, 2].

Vorteile

Ein Vorteil von Hybridwirbelbett-Systemen ist ihre einfache Kapazitätserweiterung durch die Zugabe weiterer Trägermaterialien, ohne dass zusätzliche Reaktorvolumina erforderlich sind. Für Anlagen, die aufgrund steigender Belastungen oder verschärfter Vorschriften an ihre Grenzen stossen, ist dies besonders nützlich. Die Biofilme auf den Trägermaterialien schaffen zudem eine stabile mikrobielle Umgebung, die robust gegenüber Schwankungen in der Abwasserqualität ist. Besonders in industriellen Abwässern oder bei stark schwankenden Zuläufen zeigen sich diese Vorteile deutlich [1].

Hybridwirbelbett-Systeme bieten aufgrund der Bereitstellung unterschiedlicher Biomassessysteme (Belebtschlamm und Biofilmträger) optimale Bedingungen für das Wachstum verschiedener Bakterien. Während nitrifizierende Bakterien auf den Trägermaterialien siedeln, wachen denitrifizierende Bakterien, im Belebtschlamm. Die kontinuierliche Durchmischung und Sauerstoffversorgung der Trägermaterialien fördern die Nitrifikation und unterstützen zugleich die Denitrifikation in den anoxischen Zonen.

Herausforderungen

Neben ihren Vorteilen bergen Hybridwirbelbett-Systeme jedoch gewisse Herausforderungen, um den optimalen Betrieb zweier unterschiedlicher Biomassesysteme (Belebtschlamm und Biofilmträger) zu gewährleisten. Überwachung wie auch Betriebsführung der Biologie unterscheiden sich von denen der Belebtschlammsysteme.

So müssen die langsam wachsenden Nitrifikanten gezielt auf den Trägermaterialien angesiedelt werden. Dies ist insbesondere vor und während der kalten Jahreszeit entscheidend, da die Nitrifikationsleistung bei niedrigen Temperaturen abnimmt und die Ansiedlung von Nitrifikanten auf Trägern bei kalten Temperaturen sehr langsam ist. Betreiber müssen daher jederzeit übers gesamte Jahr sicherstellen, dass genügend Nitrifikanten auf den Trägern verbleiben. Zusätzliche Anpassungen des Schlammalters, der Belüftungszeiten und ein regelmässiges Monitoring der Stickstofffracht spielen eine entscheidende Rolle das System optimal und stabil zu betreiben [2, 3].
In diesem Artikel wird untersucht, wie DNA-Analysen von Belebtschlamm und Trägermaterial nicht nur die oben genannten verfahrenstechnischen Stellschrauben unterstützen, sondern das System insgesamt optimieren können. Anhand von Daten aus laufenden DNA-Monitoring-Kampagnen der ARA Langmatt (Abwasserverband Region Lenzburg) und der ARA Bazenheid (Gemeinde Kirchberg) werden diese Ansätze dargestellt.

VORGEHEN

ARA Langmatt

Die ARA Langmatt verfügt über ein zweistufiges Verfahren mit Hochlastbiologie, Zwischenklärung, einer Schwachlastbiologie mit fünf Biologiestrassen im Hybridwirbeltbettverfahren und Nachklärbecken. Anstatt einer klassischen Vorklärung wird das Abwasser der ARA Langmatt in einer Hochlastbiologie vorgereinigt und über eine Zwischenklärung in die Schwachlastbiologie geleitet. Die Schwachlastbiologie ist unterteilt in eine kleine Selektorzone, eine bivalente Zone, die dynamisch belüftet wird, und eine Trägerzone, die durchgehend belüftet wird. Die Schwachlastbiologie der ARA Langmatt wird mit ca. 20–30% mehr Stickstofffracht belastet, als sie bei der Dimensionierung ausgelegt wurde. Um Nitrit-Durchbrüche zu vermeiden und das Einwachsen von Nitrit oxidierenden Bakterien (NOB) auf dem Träger zu fördern, muss bereits zu Beginn der N-Zone Nitrit vorhanden sein, da die hydraulische Aufenthaltszeit in der N-Zone zu kurz ist. Aus diesem Grund muss ein Teil der Nitrifikation schon im Belebtschlamm stattfinden. Dies steht im Gegensatz zum regulären Betrieb einer Wirbelbettanlage bei dem die Nitrifikation ausschliesslich auf den Trägern stattfindet. Daher sind die Anforderungen an das Hybridwirbelbett der ARA Langmatt besonders komplex und herausfordernd.

ARA Bazenheid

Die ARA Bazenheid verfügt über drei Biologiestrassen die in C-Zone, Nitrifikation 1 (N1) und Nitrifikation 2 (N2) eingeteilt sind, wobei sich in N1 und N2 die Träger befinden. Bis 2024 wurde die ARA noch mit hohen N-Frachten, vor allem Blut aus einem Schlachtbetrieb, beschickt. Mittlerweile wird kein Blut mehr geschickt, erhöhte N-Frachten sind jedoch noch immer durch Flotatschlamm gegeben.

DNA-Monitoring auf den ARA

Der Fokus der DNA-Analysen beider ARA liegt auf dem Vorkommen von Nitrifikanten im Schlamm und auf den Trägern und wie sich veränderte Betriebsparameter auf die Dynamiken auswirken können. Im Rahmen des Umwelttechnologieförderungsprojektes (UTF) «ARAbiom» wird auf der ARA Langmatt seit 2023 wöchentlich die mikrobielle Zusammensetzung von suspendierter Biomasse (BB) und Trägerproben bestimmt und an die Betreiber weitergegeben. Die mikrobiellen Daten werden als zusätzlicher «Messwert» für die Betriebsführung hinzugezogen.

Im Jahr 2023 konnten auf der ARA Bazenheid trotz intensiver Bemühungen die maximale Anzahl von Überschreitungen bei Nitrit (NO₂–) nicht eingehalten werden. Nach erfolgloser Ursachenforschung wurde ein DNA-Monitoring von Juli 2023 bis Februar 2024 zuerst monatlich und am Ende wöchentlich durchgeführt, um einen potenziellen Grund für die erhöhten NO₂-N-Konzentrationen im Ablauf zu finden. Seit Oktober 2024 werden wieder wöchentliche Analysen durchgeführt. Hierfür werden und wurden immer alle drei Strassen beprobt.

Alle Proben wurden im Expressverfahren von sieben Tagen bei der upwater AG analysiert. Das Vorgehen hierfĂĽr ist in Niederdorfer et al. (2023) [4] genauer beschrieben.

Betriebsparameter

Die zwei relevantesten Betriebsparameter in der ARA fĂĽr optimale Wachstumsbedingungen von Nitrifikanten sind das Schlammalter (SA) und Sauerstoffkonzentrationen (Oâ‚‚) in den verschiedenen Zonen der Hybridwirbelbetten. Beide Parameter wurden in den beiden ARA kontinuierlich mitverfolgt und mit den DNA-Daten korreliert.

RESULTATE

Ganzjahres-Monitoring ARA Langmatt – Belebtschlamm und Träger

Das Mikrobiom im BB der Langmatt unterlag im Jahr 2024 starken saisonalen Schwankungen (Fig. 1). Denitrifikanten (DEN) machen mit ~7% den grössten Teil der N-Abbau-Fraktion im BB aus. Die AOB schwanken im Jahresmittel bei 1,8 ± 0,7% (Tab. 1) und zeigen gegen Ende des Jahres einen deutlichen Anstieg. Das NOB-Vorkommen liegt bei 2,9 ± 1,4% und die dominierende NOB-Gattung zeigt wie auch bei den AOB einen deutlichen Anstieg gegen Ende des Jahres. Während des saisonalen Wechsels von Frühling zu Sommer ist es zu einem Austausch der dominierenden NOB-Gattung gekommen. Das Vorkommen der Gattung Nitrotoga nimmt im ersten Halbjahr kontinuierlich ab und ist ab Juni vollständig verschwunden, nachdem er vom Nitrospira ab dem Frühjahr sukzessive verdrängt wird. Diesem Wechsel geht auch ein erhöhter Anstieg an Nitrit im Ablauf voran (Fig. 1). Diese Populationsdynamik ist aus konventionellen Belebtschlammsystemen bekannt und konnte bereits in vorgängigen Studien als Folge von Nitritakkumulationen erkannt werden [5]. Da in der ARA Langmatt auch Nitrifikation durch den Belebtschlamm betrieben wird, kann diese Dynamik hier beobachtet werden. Die Ursache hängt mit der Temperaturpräferenz der jeweiligen NOB-Gattung zusammen [6]. Da es im Fall der Nitrospira/Nitrotoga-Dynamik noch keine ausgereiften Gegenmassnahmen gibt, konnte mit DNA-Analysen zumindest der Beginn und die Dauer des Wechsels überwacht werden [5]. Da diese Dynamiken jährlich anzutreffen sind, kann es von Vorteil sein, das Schlammalter schon zwei bis drei Monate vor der erwarteten Populationsdynamik zu erhöhen, um genügend Nitrotoga (Frühling) oder Nitrospira (Winter) im System zu haben, und deren Übergangsphase möglichst reibungslos zu gestalten.

Schlammalter

Das Schlammalter (SA) der ARA Langmatt variiert vor allem in der ersten Jahreshälfte 2024 sehr stark (Fig. 2). Da die suspendierte Biomasse der ARA Langmatt auch nitrifizieren soll, wird ein aerobes SA angestrebt, das leicht über dem minimalen SA für Hybridwirbelbetten liegt [7]. Das totale SA liegt im Jahresmittel bei 7 ± 3 Tage, wobei das aerobe davon 4 ± 2 Tagen umfasst. Das minimale SA im Belebungsbecken liegt 2024 bei 5 ± 2 Tagen. Um das optimale SA zu bestimmen, wird das min. SA vom aeroben SA subtrahiert. Wenn die Differenz positiv ist, dann sind die Wachstumsbedingungen für die Nitrifikanten im Belebtschlamm gegeben.

Wenn die Differenz negativ ist, dann sind die Wachstumsbedingungen eine grosse Herausforderung und die Bakterien haben Mühe, im System zu bleiben, oder können sogar ausgewaschen werden. Veränderungen des SA haben binnen weniger Tage einen Einfluss auf das Nitrifikanten-Vorkommen. Auswirkungen auf die Nitrifikanten können zeitnah mit DNA-Analysen mitverfolgt werden (Fig. 3).
Das stark variierenden SA in der ersten Jahreshälfte ist das Resultat der Gegenmassnahme zu erhöhten Nitrit-Konzentrationen und abfallenden NOB-Populationen (Fig. 1). Wie aus den Daten ersichtlich, hat die Erhöhung des Schlammalters im März und April keinen positiven Einfluss auf die Wachstumsdynamik der beiden NOB erzielt. Die zu niedrige SA-Differenz vor dieser Zeit und auch dazwischen hatte sichtlich einen negativen Effekt auf die Nitrifikanten-Population. Die drastische Erhöhung im April, hat sich vor allem positiv auf die AOB-Population ausgewirkt (Fig. 3). Ab der zweiten Jahreshälfte wurde eine aktive SA-Regelung auf der ARA Langmatt eingeführt. Die Variationen der SA-Differenz sind deutlich kleiner im Vergleich zur ersten Jahreshälfte, was auf die Sommermonate zurückzuführen ist, jedoch hat das tiefe SA im August sukzessive zu einem Verlust an Nitrifikanten geführt. Erst Ende Oktober konnte dann wieder durchschnittliches NOB-Vorkommen hergestellt werden (Fig. 3).

Sauerstoffsollwert

Die Sauerstoff-Konzentrationen der Schwachlast Biologie sind auf Basis der Zulaufhydraulik und der Ammoniumbelastung dynamisch geregelt und belaufen sich im Jahresmittel auf 1 ± 0,5 Milligramm pro Liter (mg/l). Vor allem währende des Wechsels Nitrospira/Nitrotoga wurde versucht mit SA und längerer Belüftungszeit gegenzusteuern (Fig. 4). Auch mit höheren O₂-Sollwert konnte der Populationswechsel von Nitrospira zu Nitrotoga weder beschleunigt noch verhindert werden. Vor allem, da im Januar/Februar zur Zeit des niedrigen SA (Fig. 3) auch durchschnittlich hohe O₂-Konzentrationen hatte (Fig. 4).

Träger

Die Abundanz der AOB und NOB auf den Trägern beträgt 5,2 ± 1,6% bzw. 25,5 ± 5,3% im Jahresdurchschnitt. Auf den Trägern sind keine Populationswechsel von AOB oder NOB zu beobachten. Interessant ist hier das gegenteilige Verhalten zur suspendierten Biomasse. Während es im BB zu einer Zunahme an Abundanz von Nitrifikanten im Sommer kommt, nimmt das Nitrifikantenvorkommen auf den Trägern insgesamt ab, und nimmt dann ab September aufgrund der steigenden Belastung wieder zu (Fig. 5). Die warme Jahreszeit und verringerte Belastung durch die Feriensaison und die höhere Diffusionsgeschwindigkeit der suspendierten Biomasse gegenüber dem dickeren Biofilm auf dem Träger animieren die Nitrifikanten nicht vom Schlamm auf die Träger zu wandern. Erst ab Mitte Herbst, wenn die Temperaturen zu sinken beginnen und die Belastung der Biologie ansteigt, beginnen die Nitrifikanten wieder vermehrt auf dem Träger aufzuwachsen. In dieser Phase ist es besonders wichtig, eine Balance zwischen Nitrifikanten auf dem Träger und im Belebtschlamm zu halten. Falls die Balance zu sehr zugunsten des Belebtschlamms ausfällt, verliert die Trägerbiologie wichtige Nitrifikationskapazität. Deshalb ist es ratsam, dass bereits im Sommer und Herbst Massnahmen getroffen werden, um ein Überleben der Nitrifikanten auf dem Träger sicherzustellen. Dies kann u.a. mit einer dynamischen Belüftung der Belebtschlamm-Zone in Kombination mit SA-Regelung und guter Prozessüberwachung (Sensoren in Trägerzone + DNA-Monitoring) erreicht werden.

Im Unterschied zum BB befinden sich auf den Trägern auch ein grosser Anteil der NOB-Spezies Nitrospira nitrosa [8]. Diese Spezies gehört zu den Comammox-Bakterien (CMX) und ist in der Lage die komplette Ammonium-Oxidation zu Nitrat auszuführen. CMX-Mikroorganismen kombinieren die Funktionen von AOB/AOA und NOB in einem einzigen Organismus und können Ammoniak direkt zu Nitrat oxidieren [9, 10]. Deswegen können sie auch in direkter Konkurrenz mit den am Träger vorhandenen AOB stehen.

Wie aus Figur 6 ersichtlich, sind die jährlichen Dynamiken der Comammox-Bakterien und den AOB entsprechend vergleichbar. Comammox wachsen sehr gut in Biofilm-basierten Systemen wie Hybridwirbelbettsystemen, da das SA hier unendlich ist [10]. Zudem benötigt Comammox weniger Sauerstoff im Vergleich zu konventionellen Nitrifikationsprozessen, da keine intermediäre Nitritansammlung erfolgt. Zudem haben sie ein geringeres Potenzial für Lachgasemissionen (N₂O), da Comammox den Umweg über Nitrit minimiert, was in herkömmlichen Prozessen eine Hauptquelle für Emissionen dargestellt [11, 12].

ARA Bazenheid winterfest machen

Nach den nicht erreichten Ablaufwerten auf der ARA Bazenheid wurden die mikrobielle Zusammensetzung im 3. und 4. Quartal auf allen drei Strassen Belebtschlamm (BB) sowie Träger aus Nitrifikation 1 (N1) und Nitrifikation 2 (N2) analysiert.

Die Zusammensetzung des Mikrobioms variiert innerhalb der Becken BB, N1 und N2 sehr stark, zwischen den Strassen jedoch konnten vergleichbare Vorkommen festgestellt werden. Nitrifikanten sind primär in hohen Abundanzen auf den Trägern zu finden, wohingegen Denitrifikanten, wie vorgesehen, im Schlamm dominant sind. Da alle Strassen vergleichbare mikrobielle Dynamiken aufweisen, werden zur Vereinfachung nachfolgend nur die Analysen aus der Strasse 3 präsentiert.

Die ersten Analysen im Sommer zeigten eine sehr geringe bis nicht vorhandene AOB-Population im Schlamm wie auf den Trägern (Fig. 6). Auf den Trägern wurden zum Zeitpunkt der Messungen ~8% an NOB und ~0,1% an AOB gefunden. Im Schlamm umfasste das Nitrifikantenvorkommen < 0,1%. Im Gegensatz dazu hatte es, wie vorgesehen, eine annehmbare Menge an Denitrifikanten (~6%). Basierend auf den DNA-Analysen wurde ab Ende August das Schlammalter und die Sauerstoffkonzentration erhöht, um schon frühzeitig in der warmen Jahreszeit die Nitrifikantenpopulation wieder aufzubauen und die Anlage für den Winter vorzubereiten. Erste Veränderungen konnten schon Mitte August beobachtet werden. Hier ist es zu einer deutlichen Zunahme an Nitrifikanten im BB, N1 und N2 gekommen (Fig. 6). Dieser Trend setzte sich über den ganzen Herbst fort und die Anlage konnte über den Winter hervorragende Ablaufwerte erzielen. Das Vorkommen von NOB erreichte ~15% in N1 und ~20% in N2. Wie auch in der ARA Langmatt befinden sich auf den Trägern klassische NOB und CMX, aber in geringeren Mengen. Interessanterweise hatten die Massnahmen positiveren Einfluss auf CMX als auf die AOB auf den Trägern, vor allem in den N2-Zonen. Vermutlich bekommen die Täger in N2 kleinere Konzentrationen an NH₄+ und NO₂- zu sehen, was den CMX einen Vorteil gegenüber den AOB gibt. Zudem sind CMX, im Gegensatz zu AOB, in der Lage, Harnstoff direkt aus dem Urin als Ammoniumquelle zu verarbeiten [13].

FAZIT

Die Anlagen ARA Langmatt und ARA Bazenheid nutzen DNA-Analysen als zentrales Instrument zur Optimierung der Betriebsweise. Die Ergebnisse zeigen, dass die mikrobiellen Gemeinschaften in beiden Kläranlagen stark von Umwelt- und Prozessbedingungen wie Temperatur, Sauerstoffeintrag und Schlammalter beeinflusst werden. Zusätzliche DNA-Analysen liefern wertvolle Einblicke in das System. Mit ihrer Hilfe lässt sich feststellen, in welchen Bereichen des Systems sich die Nitrifikanten bevorzugt ansiedeln und ob ihre Verteilung den Anforderungen entspricht. Dieses Wissen erlaubt es, gezielte Betriebsanpassungen vorzunehmen und die Effizienz des Systems weiter zu steigern und den Betrieb zu stabilisieren. Frühzeitige Anpassung des Schlammalters oder andere betriebliche Veränderungen können so auf ihre Wirkung überwacht werden. Dies ist entscheidend, um die Stabilität der Nitrifikation auch unter herausfordernden Bedingungen wie tiefen Wintertemperaturen zu gewährleisten.

In der ARA Bazenheid führten DNA-Analysen zur Identifikation von Defiziten in der Nitrifikantenpopulation, die durch gezielte Änderungen der Betriebsparameter wie Schlammalter und Sauerstoffeintrag behoben werden konnten. Innerhalb kurzer Zeit siedelte sich eine grosse Nitrifikantenpopulation wieder im Träger-System an. So konnte die Anlage nach Problemen mit erhöhten Nitritwerten stabilisiert werden, und eine erfolgreiche Nitrifikation wurde über den Winter hinweg aufrechterhalten. Besonders hervorzuheben ist, dass durch die Analysen nicht nur klassische NOB, sondern auch Comammox-Bakterien identifiziert wurden, die eine vollständige Nitrifikation durchführen und für dieses System von grossem Vorteil sein könnten, da sie nicht mit Lachgasproduktion in Verbindung gebracht werden.

DNA-Analysen könnten in Zukunft noch breiter eingesetzt werden, um die Effizienz von Kläranlagen weiter zu steigern. Beispielsweise könnten sie helfen, die Interaktionen zwischen unterschiedlichen mikrobiellen Gruppen besser zu verstehen und gezielte Massnahmen zur Förderung bestimmter Spezies zu entwickeln. Zudem bieten sie Potenzial zur Verbesserung der Prozessstabilität durch frühzeitige Erkennung von Veränderungen in der mikrobiellen Zusammensetzung, noch bevor sichtbare Probleme auftreten. Dies könnte die Anlagenrobustheit weiter erhöhen und den Energie- sowie Ressourcenverbrauch optimieren.

Bibliographie

[1] Mannina, G. et al. (2020): Integrated Fixed Film Activated Sludge (IFAS) membrane BioReactor: The influence of the operational parameters, Bioresour Technol, vol. 301. doi: 10.1016/j.biortech.2020.122752
[2] Wang, D. et al. (2021): A novel pilot-scale IFAS-MBR system with low aeration for municipal wastewater treatment: Linkages between nutrient removal and core functional microbiota, Science of the Total Environment, vol. 776. doi: 10.1016/j.scitotenv.2021.145858
[3] Vergine, P. et al. (2018): Sludge cake and biofilm formation as valuable tools in wastewater treatment by coupling Integrated Fixed-film Activated Sludge (IFAS) with Self Forming Dynamic Membrane BioReactors (SFD-MBR), Bioresour Technol, vol. 268, pp. 121–127. doi: 10.1016/j.biortech.2018.07.120
[4] Niederdorfer, R. et al. (2024): MicROcensus: zeitnahe Mikrobiom-Analysen auf ARA, Aqua & Gas, vol. 103, no. 9, pp. 54–59, Accessed: Dec. 10, 2024. [Online]. https://www.dora.lib4ri.ch/eawag/islandora/object/eawag%3A31840
[5] Gruber, W. (2021): Linking seasonal N2O emissions and nitrification failures to microbial dynamics in a SBR wastewater treatment plant. Water Res X, vol. 11, p. 100098, doi: 10.1016/j.wroa.2021.100098
[6] Keuter, S. et al. (2022): Some like it cold: the cellular organization and physiological limits of cold-tolerant nitrite-oxidizing Nitrotoga. Environ Microbiol, vol. 24, no. 4, pp. 2059–2077. doi: 10.1111/1462-2920.15958
[7] D. Houweling, D.; Daigger, G. T. (2019): Intensifying Activated Sludge Using Media-Supported Biofilms. CRC Press. doi: 10.1201/9780429260278
[8] Cotto, I. et al. (2023): Low diversity and microdiversity of comammox bacteria in wastewater systems suggest specific adaptations within the Ca. Nitrospira nitrosa cluster. Water Res, vol. 229, doi: 10.1016/j.watres.2022.119497
[9] Palomo, A. et al. (2020): Evolutionary Ecology of Natural Comammox Nitrospira Populations. mSystems, doi: 10.1128/msystems.01139-21
[10] Cotto, I.et al. (2020): Long solids retention times and attached growth phase favor prevalence of comammox bacteria in nitrogen removal systems. Water Res, vol. 169, Feb. 2020, doi: 10.1016/j.watres.2019.115268
[11] Koch, H. et al. (2018): Complete nitrification: insights into the ecophysiology of comammox Nitrospira. Appl Microbiol Biotechnol, pp. 1–13, http://link.springer.com/10.1007/s00253-018-9486-3
[12] Chao, Y. et al. (2016): Novel nitrifiers and comammox in a full-scale hybrid biofilm and activated sludge reactor revealed by metagenomic approach. Appl Microbiol Biotechnol, vol. 100, no. 18, pp. 8225–8237, Sep. 2016, doi: 10.1007/s00253-016-7655-9
[13] KVilardi, K. et al. (2023): Comammox bacterial preference for urea influences its interactions with aerobic nitrifiers. Juli 2023, doi: 10.1101/2023.07.11.548560

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