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Fachartikel
03. Januar 2023

Energie auf ARA

Wird mit vorzeitigem Ersatz der Membranbelüfter Energie gespart?

Die Membranbelüfter der ARA Langmatt wurden vorzeitig ersetzt. Der Ersatz zeigt vielversprechende Resultate: verbesserter Sauerstofftransfer – vor allem bei hoher Belüftungsintensität – sowie gesteigerte Belüftungseffizienz. Die Sauerstoff-Abluftmessung wurde erfolgreich zur Erfolgskontrolle eingesetzt.
Manuel Layer, Reto von Schulthess, Daniel Braun, Luzia von Känel, Roman M. Bieri, Lucien Biolley, 

Die Belüftungseinrichtungen einer Abwasserreinigungsanlage (ARA) haben die wichtige Aufgabe, den Belebtschlamm mit Sauerstoff zu versorgen. Dies ist essenziell für den effizienten Abbau von Kohlenstoff und die Nitrifikation. Gleichzeitig sind die Belüftungseinrichtungen die grössten einzelnen Energieverbraucher von ARA [1].

Auf modernen kommunalen ARA kommen meistens feinporige Membranbelüfter zum Einsatz. Diese werden durch Kompressoren mit Druckluft versorgt und tragen, am Boden installiert, Sauerstoff in den Belebtschlamm ein. Die geringe Grösse der Luftblasen, die sich dabei bilden, wirkt sich sehr positiv auf den Sauerstofftransfer in den Belebtschlamm aus. Membranbelüfter haben deshalb eine sehr hohe Belüftungseffizienz, z. B. gemessen in übertragener Masse Sauerstoff pro eingetragenen Kubikmeter Luft (g O2/Nm3). Feinporige Membranbelüfter gelten deshalb als die energieeffizientesten Belüftungssysteme für ARA [2].

Ihr grösster Nachteil ist das sog. Fouling. Dieses führt über die Zeit zu einer Verschlechterung der Luftblaseneigenschaften (Vergrösserung des Blasendurchmessers) und im schlimmsten Fall zu Leckagen. Fouling ist ein gradueller Prozess, der mit der Inbetriebnahme der Membranbelüfter beginnt und über die Zeit zu einer erheblichen Verschlechterung der Belüftungseffizienz und damit des Energieverbrauchs der Belüftungseinrichtungen führt.

Der Abwasserverband Region Lenzburg (AVRL), Betreiber der ARA Langmatt, hat sich deshalb entschlossen, die Belüftungsmembranen der Schwachlast-Biologie (Hybrid-Wirbelbett) bereits vor Ablauf der erwarteten Lebensdauer von 15 Jahren zu ersetzen. Die alten Membranbelüfter wurden 2012–2014 verbaut und bereits 2022 ersetzt.

Methodik

Um den Sauerstoffeintrag vor und nach dem Ersatz der Membranbelüfter zu quantifizieren, wurde die Abluftmessung der ARA Langmatt genutzt. Die Methodik der Abluftmessung wurde bereits in Aqua & Gas publiziert [3]. Sie besteht aus zwölf Ablufthauben, die alle Strassen und Zonen des Hybrid-Wirbelbetts der ARA abdecken. Nach Fassung der Abluft mithilfe der Ablufthauben wird diese durch ein Multiplexing-System einer zentralen Gasanalytik zugeführt, wo Lachgas- und Sauerstoffmessungen durchgeführt werden. Der Sauerstoffeintrag berechnet sich nach DWA-M 209 [4]. Dafür werden Daten zur Sauerstoffkonzentration in den Belebungsbecken sowie in deren Umgebungs- und Abluft und die in die einzelnen Zonen eingetragene Luftmenge (QLuft) benötigt.
QLuft wurde mithilfe eines neuartigen Online-Sensors gemessen, der direkt auf der Ablufthaube installiert wird. Der Sensor ist eine Eigenentwicklung des Labors für Umweltingenieurwissenschaften der ETH Zürich (IfU ETHZ). Die Abluftmessung wurde von der Holinger AG in Zusammenarbeit mit dem IfU ETHZ und der ARA Langmatt betrieben und betreut.

Die Standard-Spezifische Sauerstoff­transfereffizienz (αSSOTE) und die Standard-Sauerstoffeintragsrate (αSOTR) wurden unter Betriebsbedingungen für die Belebtschlammzone der Strasse 1 bestimmt. Daten je einer vollen Kalenderwoche (KW) im Juli vor dem Umbau (KW 27) und im Oktober nach dem Umbau (KW 42) wurden ausgewertet. Die beiden KW wurden ausgewählt, um einen Datensatz zu erhalten, der den Tages- und Wochengang berücksichtigt und gleichzeitig möglichst frei von Ereignissen ist, die den Sauerstofftransfer beeinflussen können (Ferienzeit, Regenwetter, Umbauphase der Membranbelüfter etc.). Die Zulauf- und Betriebsbedingungen der beiden KW sind in der Tabelle unten aufgeführt. In der Tendenz sind die Bedingungen in KW 42 weniger vorteilhaft für den Sauerstofftransfer wegen leicht erhöhter Fracht, höherem Trockensubstanzgehalt (TS-Gehalt) der Biologie und tieferen Temperaturen als die Bedingungen in KW 27 [2].

  Alte Membranen
KW 27
Neue Membranen
KW 42
QZulauf [m3/d] 15'564 18'464
Fracht CSB Zulauf [kg CSB/d] 2764 3530
Fracht NH4-N Zulauf [kg NH4-N/d] 389 434
Abwassertemperatur [°C] 21,1 19,0
TS-Gehalt Belebtschlamm [g TS/l] 1,7 2,0

Vergleich der Zulauf- und Betriebsbedingungen vor und nach dem Ersatz der Membranbelüfter.
Die Daten wurden über den jeweiligen Zeitraum gemittelt.

Resultate und Diskussion

Die Sauerstofftransferrate und die Sauerstofftransfereffizienz wurden durch den Ersatz der Membranbelüfter verbessert (Fig. 1). Die Sauerstofftransferrate (αSOTR) hat sich durch den Ersatz vor allem bei höherer QLuft verbessert. Aber auch im Vergleich zu vor dem Ersatz der Membranbelüfter um QLuft = 750 Nm3/h ist keine Verringerung der Sauerstofftransferrate zu beobachten. Die Sauerstofftransfereffizienz (αSSOTE) hat sich durch den Ersatz um durchschnittlich > 1%/m verbessert über die gesamte Bandbreite an QLuft. Bei sehr hohen und sehr tiefen QLuft ist der Unterschied ausgeprägter.
Die Belüftungseffizienz der neuen Membranbelüfter ist im Mittel um 13% höher als die Eintragseffizienz der alten Membranbelüfter (Fig. 2). Das bedeutet, dass mit den neuen Membranbelüftern mehr Sauerstoff pro eingeblasenen Nm3 Luft in den Belebtschlamm eingebracht werden kann. Somit kann bei gleichen Betriebsbedingungen durch den vorzeitigen Ersatz der Membranbelüfter und folglich höhere Belüftungseffizienz Energie eingespart werden. Bei Energiekosten der Belüftung von 200'000 Fr./a vor dem Ersatz, 60'000 Franken Investitionskosten zum Ersatz der Membranbelüfter und einer Energieeinsparung von durchschnittlich 10% sind die Investitionskosten nach drei Jahren amortisiert. Neben der Einsparung von Energie erlaubt die verbesserte Belüftungseffizienz auch eine höhere Betriebssicherheit aufgrund höherer Reserven der Belüftungseinrichtungen und einer Verbesserung des Regelungsbereichs des Sauerstofftransfers.

Ausblick
Vermeidung ungünstiger Betriebspunkte

Die Abluftmessung erlaubt die Feststellung von ungünstigen Betriebspunkten der Belüftungssysteme. In Figur 1a (rote Linie, alte Membranen) ist dies angedeutet: Trotz steigender Luftmenge (QLuft > 750 Nm3/h) kann nicht mehr oder schlimmstenfalls weniger Sauerstoff in den Belebtschlamm eingetragen werden. In einem solchen Fall kann der Regler der Belüftung ohne Begrenzung nicht mehr richtig arbeiten, da der Regler davon ausgeht, dass bei höhererem QLuft auch mehr Sauerstoff in den Belebtschlamm eingetragen wird. Dies kann dazu führen, dass der Sauerstoff-Sollwert nicht mehr eingehalten werden kann und deutlich mehr Energie verbraucht wird, ohne dass dem Belebtschlamm mehr Sauerstoff zur Verfügung steht.

Neuartige Regelungsstrategien

Die Sauerstoff-Abluftmessungen der biologischen Stufe erlauben es, neue Regelungs- und Überwachungsstrategien zu konzipieren und auszuarbeiten. Es ist denkbar, dass in Zukunft Sauerstoff-Abluftmessungen genutzt werden können, um ungünstige Betriebspunkte der Belüftungseinrichtungen zu vermeiden, und dass automatisch die Luftmenge eingestellt wird, bei welcher der aktuell höchste Sauerstoffeintrag möglich ist. Somit kann neben Energieeinsparungen auch ein grosser Beitrag zur optimalen Versorgung des Belebtschlamms mit Sauerstoff gewährleistet werden.

In den kommenden Monaten und Jahren wird die Regelung des Hybrid-Wirbelbetts der ARA Langmatt auf vollständig dynamischen Betrieb umgestellt [5]. Dies bedeutet, dass verschiedene Stellgrössen des Hybrid-Wirbelbetts vollautomatisch auf sich ändernde Zulauf- und andere Umweltbedingungen mithilfe von sog. Softsensoren angepasst werden [6]: Denitrifikationsphasen, Sauerstoff-Sollwerte, Faulwasserdosierung etc. Bei diesem Projekt steht neben der Ablaufqualität und Betriebssicherheit (Priorität 1) auch die Klima- und Energiebilanz (Priorität 2) im Vordergrund. Deshalb wird die Abluftmessung mit integrierter Luftdurchflussmessung neben «klassischen» Sensoren und Analyzern in der Flüssigphase eine wichtige Rolle spielen.

Die Online-Abluftmessung erlaubt neben der Quantifizierung des aktuell herrschenden Sauerstoffeintrags auch die Bestimmung von stark klimaschädlichem Lachgas [1]. So kann jeder Optimierungsschritt bezüglich des Klima-Impacts direkt überwacht werden. Die Ergebnisse dieses Projekts werden nach Einführung der dynamischen Regelung publiziert.

Fazit
  • Der AVRL hat die Membranbelüfter der ARA Langmatt im Hybrid-Wirbelbett bewusst fünf Jahre vor dem technischen Lebensende ersetzt.
  • Erste Resultate zeigen eine vielversprechende Verbesserung der Sauerstoffeintragseffizienz, der Sauerstoffeintragsrate und der Belüftungseffizienz (durchschnittlich +13%).
  • Dies erlaubt Energieeinsparungen, eine Erhöhung der Betriebssicherheit und eine Verbesserung des Regelungsbereichs der Belüftungseinrichtungen.
  • Bei hohen Luftmengen ist die Verbesserung des Sauerstoffeintrags durch den Ersatz besonders ausgeprägt.
  • Die Abluftmessung mit integrierter Luftdurchflussmessung ist das geeignete Werkzeug zur Erfolgskontrolle und Überwachung von Optimierungen und Anpassungen der Belüftungseinrichtungen von ARA.
  • Die Abluftmessung erlaubt zusätzlich die Überwachung von stark klimaschädlichem Lachgas (N2O). So kann jede Optimierung auch auf den Klima-Impact hin überwacht werden.
Bibliographie

[1] Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) (2019): Energie in ARA. Leitfaden
[2] Rosso, D. (2018): Aeration, Mixing, and Energy: Bubbles and Sparks. Fachbuch
[3] Gruber, W. et al. (2022): Abluftmessungen in der biologischen Abwasserreinigung. Aqua & Gas 1/22
[4] DWA-M 209 (2007): Messung der Sauerstoffzufuhr von Belüftungseinrichtungen in Belebungsanlagen in Reinwasser und in belebtem Schlamm. Merkblatt
[5] Braun, D. et al. (2022). Dynamische Regelung der ARA Hofen. Aqua & Gas 1/22
[6] Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) (2019): Dynamische Regelung von Abwasserreinigungsanlagen. Leitfaden

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