Bestimmte Quellen der chemischen Verschmutzung der aquatischen Umwelt, wie die Landwirtschaft oder kommunale Abwässer, sind mittlerweile recht gut bekannt. Doch das Wissen über die Menge und Vielfalt der synthetischen organischen Verbindungen, die bei der Produktion und Herstellung von Chemikalien in den Abwässern der jeweiligen Industriezweige freigesetzt werden, ist lückenhaft und punktuell. Das ist nicht unproblematisch, denn unter den Stoffen sind Verbindungen, die sehr langlebig sind, sich in Organen von Organismen anreichern oder die Bildung von Resistenzen – etwa in Bezug auf Antibiotika – fördern können. Zudem fallen viele Stoffe in der bisher üblichen Überwachung sozusagen durch die Maschen, weil schlicht nicht nach ihnen gesucht wird.
In ihrer Studie haben die Forscherinnen und Forscher das gereinigte Abwasser aus elf Kläranlagen über mehrere Monate hinweg näher analysiert. Sie haben dazu Anlagen ausgewählt, die sehr unterschiedliche Anteile von Industrieabwasser zu bewältigen haben – von 0 bis 100%. Mit hochaufgelöster Massenspektrometrie, teilweise automatisiert, wurden dann das behandelte Abwasser analysiert. So wurde es möglich, die Gesamtzahl der vorhandenen Verbindungen zu ermitteln und auch Substanzen zu verfolgen, die nur kurzzeitig in Spitzenkonzentrationen auftraten. Im Wesentlichen förderte die aufwändige Kampagne drei Erkenntnisse an den Tag:
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Die an der Studie beteiligten Forschenden ziehen den Schluss, dass die gängige Praxis zur Prüfung und möglichen Verbesserung der Wasserqualität nicht genügt. Heute werde zumeist eine Standardliste mit Zielschadstoffen sowie gewisse Summenparameter analysiert, statt an jedem Standort genau hinzuschauen. Nur so liessen sich jedoch massgeschneiderte Monitoringprogramme erstellen und – wo nötig – Massnahmen ergreifen, schreiben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Strategien zur Minderung der Belastungen können einen sehr breiten Bereich umfassen, von einer Änderung der Abwasserbehandlungspraxis in den Unternehmen und Innovationen auf den Kläranlagen über Umstellungen der Herstellungsprozesse bis zu gesetzlichen Regulierungen oder gar einem Verbot gewisser Stoffe. Einige der Massnahmen werden von Industriebetrieben bereits heute erfolgreich umgesetzt.
Anliker, S.; Santiago, S.; Fenner, K.; Singer, H. (2022) Large-scale assessment of organic contaminant emissions from chemical and pharmaceutical manufacturing into Swiss surface waters, Water Research, 215, 118221 (10 pp.), doi:10.1016/j.watres.2022.118221, Institutional Repository
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