Ohne Metalle der Seltenen Erden geht heute fast nichts mehr. Es gäbe keine Smartphones, Flachbildschirme, LED-Lampen, Akkus, Elektromotoren und auch viele andere elektronische Geräte nicht. In der Hightech-Industrie, etwa in der Automobil-, der Elektronik- und der Energiebranche, und in der Medizin sind die wertvollen Rohstoffe nicht mehr wegzudenken. Von zunehmendem Interesse ist daher, wohin die Seltenen Erden nach Gebrauch verschwinden.
Das Wasserforschungsinstitut Eawag hat jetzt im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU erstmals Seltene Erden im Schweizer Abwasser genauer unter die Lupe genommen. Ein Team von Forschenden der beiden Abteilungen Verfahrenstechnik sowie Wasserressourcen und Trinkwasser untersuchte dazu die Klärschlämme von 63 Schweizer Abwasserreinigungsanlagen (ARA). Das Wichtigste vorweg: Seltene Erden, die in Industrie und Spitälern eingesetzt werden, landen nicht selten im Abwasser.
Zuerst schätzte das Forscherteam ab, welcher Mengen der Seltenen Erden aus natürlichen Quellen stammt. Denn nur so lässt sich auch beurteilen, welchen Anteil der Mensch hinzufügt. Dazu analysierten die Forschenden Bodenproben aus der Schweiz und berücksichtigen dabei sogenannte PAAS-Werte (post-Archaean Australian shales), welche die durchschnittliche Zusammensetzung der Seltenen Erden in der Erdkruste reflektieren. So erhielten sie die in der Schweiz natürlich vorkommende Zusammensetzung der Seltenen Erden – das Hintergrundmuster. Zudem entwickelte das Forscherteam zwei neue Methoden, um aus den im Abwasser gemessenen Konzentrationen und dem natürlichen Muster auf den Anteil aus industriellen Quellen schliessen zu können.
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Das Ergebnis: Im Klärschlamm der meisten ARAs entsprechen die gefundenen Konzentrationen der Seltenen Erden dem natürlichen Hintergrundmuster. In einigen wenigen ARAs jedoch, insbesondere in denen in Yverdon, Bioggio, Hofen und Thal, waren die Konzentrationen einzelner Seltener Erden deutlich erhöht. Das Forscherteam schliesst daraus, dass Seltene Erden nicht grossflächig eingesetzt werden, sondern aus hoch spezialisierten Anwendungen in der Industrie stammen.
Die höchsten Konzentrationen wurden für Cer (auch Cerium genannt) nachgewiesen. Cer-dioxid wird in der Industrie oft als Schleifmittel eingesetzt. Hochgerechnet auf die Schweiz erreichen über 4000 Kilogramm Cer jährlich die ARAs, davon rund die Hälfte aus industriellen Anwendungen. Im Klärschlamm bleibt ein sehr grosser Teil davon hängen, etwa 95 Prozent. Der Rest gelangt in die Umwelt. Die Forschenden gehen deswegen davon aus, dass in der nächsten Zeit auch in Seen, Flüssen oder Grundwasser erhöhte Cer-Konzentrationen gefunden werden.
Ein besonderer Fall ist Gadolinium: Bereits vor 20 Jahren wurden in Europa erhöhte Konzentrationen in Gewässern nachgewiesen. Als Quelle vermutete man das Abwasser aus Spitälern. In der aktuellen Studie der Eawag fanden die Forschenden rund 80 Prozent des insgesamt aus industriellen Quellen stammenden Gadoliniums in der ARA von Ramsen in der Nähe des Bodensees an der deutsch-schweizerischen Grenze. Die ARA behandelt Abwasser aus der Stadt Singen in Deutschland, wo sich ein Krebszentrum mit MRI-Einrichtungen befindet. In der Region werden zudem Gadolinium-basierte Kontrastmittel herstellt. Die Ergebnisse bestätigen daher die bisherige Vermutung, dass das im Klärschlamm gefundene Gadolinium auf die Produktion oder den Einsatz von Kontrastmitteln zurückzuführen ist. Entsprechende Massnahmen zur Reduktion des Eintrags von industriellem Gadolinium ins Abwasser seitens Industrie wurden bereits getroffen und werden zu einer markanten Reduktion der Gadolinium Fracht führen.
Anders als bei den anderen Seltenen Erden ist die Konzentration von Lanthan in den Klärschlämmen praktisch aller untersuchten ARAs erhöht. Eine mögliche Ursache könnten biologische Prozesse sein, die den Rückhalt von Lanthan im Klärschlamm verändern. Eine andere Erklärung wäre der Einsatz von mit Lanthan angereicherten Düngern in der Landwirtschaft. Inwieweit biologische Prozesse oder Dünger für die erhöhten Werte verantwortlich sind, muss aber noch genauer untersucht werden. (B. Zierl, Eawag)
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