Die gültigen Normen verlangen, dass in Gewässerschutzbereichen und Schutzzonen periodisch TV-Inspektionen vor Ort durchgeführt werden, um den Zustand der Leitungen zu überprüfen. Ist Wurzeleinwuchs oder Grundwasserinfiltration sichtbar, ist die Leitung ganz offensichtlich nicht dicht. Präzisere Aussagen zur Dichtheit der Leitung können durch die Zustandserhebung jedoch nicht gemacht werden. Ausserhalb von Gewässerschutzbereichen und Schutzzonen wurde und wird oft auf Dichtheitsprüfungen verzichtet. So gibt es nach wie vor Bauverwalter, die der Meinung sind, dass die hohen Qualitätsansprüche in ihren Gemeinden die Bauunternehmer zu bester Qualität zwingen und somit keine Dichtheitsprüfungen durchgeführt werden müssen. Dem ist jedoch nicht so, denn um das Grundwasser langfristig und nachhaltig zu schützen, sind Dichtheitsprüfungen zwingend. Die Norm SIA 190, die vor zwei Jahren angepasst wurde, definiert die Anforderungen an die Dichtheitsprüfung. Die Ausführungsbestimmungen finden sich neu im Anhang.
Um die verlangten Dichtheitsprüfungen durchzuführen, braucht es Fachleute, welche die verschiedenen Verfahren kennen und wissen, wann eine Luft- oder eine Wasserprüfung angesagt ist oder ob allenfalls eine Füllprobe realisierbar ist.
Luftprüfungen sind kostengünstig und oft ausreichend, um den Nachweis der Dichtheit zu erbringen. Es gibt mittlerweile Geräte, die es erlauben, diese Prüfungen während des Betriebs und ohne aufwändiges Umpumpen des Abwassers durchzuführen. Ergibt die Luftprüfung jedoch ein negatives Resultat, ist es oft nicht klar, ob die Luft über einen undichten Packer, eine seitliche Zuleitung oder allenfalls über den Schlauch entweicht, oder ob tatsächlich die Undichtheit der Rohre gemessen wird. In der Praxis wird die Luftprüfung daher mehrmals wiederholt. Bei abweichenden Messwerten kann es sein, dass die Packer Luft durchlassen und die Leitungen trotzdem dicht sind.
Die Dichtheitsprüfung mit Wasserüberdruck gilt nach wie vor als die zuverlässigste. Die Wasserdruckprüfung ist jedoch aufwändiger, weil insbesondere die Installation und das Auffüllen mit Wasser zeit- und kostenintensiv sind. Diese Methode eignet sich eigentlich nur vor Inbetriebnahme der Abwassersysteme bei Neubauten. Zudem benötigt sie viel kostbares Trinkwasser und ist deshalb für Wiederholungsprüfungen nicht geeignet.
Auch bei privaten Entwässerungsnetzen werden üblicherweise TV-Inspektionen durchgeführt, nur selten ist eine Dichtheitsprüfung gefordert. Für die Dichtheitsprüfung kommt oft die Füllprobe zum Einsatz. Dies, weil die Leitungen unter der Bodenplatte Abzweigungen und Bogen aufweisen und die optimale Positionierung der Dichtheitsblasen (Packer) schwierig ist. Mittels Einfüllprobe kann das gesamte Netz des Gebäudes in einem Aufwasch geprüft werden. Das Problem dieser Methode ist, dass allfällige Undichtheiten nicht lokalisiert werden können.
Das Gesetz verlangt, dass alle Leitungen – alte und neue – während der gesamten Nutzungsdauer dicht sind. Dies betrifft sowohl Schmutz- und Mischabwasserleitungen als auch Regenabwasserleitungen, die an ein Gewässer (Vorfluter) oder an eine Versickerungsanlage angeschlossen sind. Prioritär und periodisch zu prüfen sind jedoch Schmutzwasserleitungen und Leitungen in Gewässerschutzzonen.
Bei Neubauten gehört die Dichtheitsprüfung zur Qualitätssicherung im Rahmen der Bauabnahme. Schwieriger ist die Ausgangslage beim bestehenden Leitungsnetz und im Bereich der Liegenschaftsentwässerung. Bei Ersterem empfiehlt es sich, ein Konzept zu erarbeiten, das aufzeigt, wie im Rahmen der periodischen Zustandserhebung die Dichtheitsprüfung realisiert werden kann. Bei bestehenden Anlagen der Grundstücksentwässerungen empfehlen Fachverbände wie der VSA, dass im Rahmen der Überarbeitung der generellen Entwässerungsplanung auch die Liegenschaftsentwässerung miteinbezogen wird.
Der Nachholbedarf an Dichtheitsprüfungen ist sehr gross, vielerorts wurde das bestehende Netz gar nie geprüft. Im Rahmen der Weiterbildung Certificate of Advanced Studies (CAS) in Siedlungsentwässerung der Berner Fachhochschule werden unter anderem die verschiedenen Konzepte und Massnahmen für Dichtheitsprüfungen besprochen (s. Box). Die Teilnehmenden erhalten zudem die Gelegenheit im Rahmen einer Projektarbeit Planungs-, Prüf- oder Ausführungskonzept anhand eines selbst gewählten Praxisbeispiels zu erarbeiten.
Im September 2019 startet der bereits mehrmals erfolgreich durchgeführte Weiterbildungsstudiengang CAS «Siedlungsentwässerung» der Berner Fachhochschule BFH. Diese Weiterbildung richtet sich an Ingenieurinnen und Ingenieure, die ihr Wissen im Bereich Siedlungsentwässerung erweitern und vertiefen wollen.
Grundwasser ist als Trinkwasserreservoir unsere Lebensgrundlage, deshalb verlangt das schweizerische Gewässerschutzgesetz, dass unter- und oberirdische Gewässer sauber bleiben. Bestehende öffentliche und private Abwasseranlagen müssen periodisch auf Funktionalität, Zustand und Dichtheit überprüft werden. Bei neuen Entwässerungssystemen müssen von Beginn an Konzepte zur Qualitätssicherung und zur Instandhaltung vorhanden sein. Sowieso werden die Anforderungen an die Siedlungsentwässerung immer komplexer. Fachleute müssen Themen wie Versickerung und Retention ebenso berücksichtigen wie Hochwasserschutz und Vorbehandlung von Regenwasser.
Im CAS «Siedlungsentwässerung» vertiefen Sie ihr Wissen zu all diesen Themen. Sie beschäftigen sich umfassend mit der Planung, dem Bau und Unterhalt sowie mit der Qualitätssicherung von Abwasseranlagen und Leitungsnetzen. Sie arbeiten an praxisnahen Projekten, die Sie auch selbst einbringen können.
Der Weiterbildungsstudiengang wurde in Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) entwickelt.
27. September 2019
Berner Fachhochschule Architektur,
Holz und Bau
Weiterbildung Bau
Tel. +41 (0)34 426 41 76
wb_bu.ahb@bfh.ch
ahb.bfh.ch/cassiedlungsentwaesserung
Hans Ulrich Gränicher, Studienleiter
Tel. +41 (0)79 305 79 60
hansulrich.graenicher@bfh.ch
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