Der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) setzt sich seit 1944 für saubere und lebendige Gewässer sowie den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser für unsere Gesellschaft ein. In dieser Funktion gelangt der VSA in einem Schreiben an den Ständerat und bittet, Verhältnismässigkeit in vorgesehenen Gesetzesanpassungen (Geschäft 21.047) vorzusehen.
Der VSA begrüsst grundsätzlich die Förderung erneuerbarer Energien wie die Wasserkraft, jedoch braucht es immer eine Gesamtabwägung. Das Geschäft darf nicht die Vorteile der erneuerbare Energieproduktion zunichtemachen, in dem sie zu hohe oder langfristig irreparable Schäden in unseren Gewässern verursacht. Wir dürfen es nicht zulassen, die in den letzten Jahrzehnten ausgehandelten Fortschritte und Kompromisse in der Gewässerschutzgesetzgebung mit Notverordnungen ausser Kraft zu setzen ohne zu wissen, was die mittel- und langfristigen Konsequenzen sind.
Der VSA anerkennt den Bedarf, die Wasserkraft zu stärken und ist entsprechend bereit, temporäre Kompromisse einzugehen. Die Erläuterungen Bundesrates zur «Verordnung über die zeitlich befristete Erhöhung der Winterproduktion bei Wasserkraftwerken» schätzt bei einer temporären begrenzten Absenkung der Restwassermengen die zu erwartenden Nachteile für die Umwelt (Fischpopulationen, Biodiversität, Trinkwasserversorgung, landwirtschaftliche Wasserversorgung) als tragbar ein. Bei einer langfristigeren Anwendung der Regelung der Restwassermengenabsenkung seien aber irreparable Auswirkungen zu erwarten!
Der VSA empfiehlt, wo möglich eine offene Formulierung beizubehalten, welche eine angemessene Entscheidungsgrundlage der Kantone beinhaltet. Auf Basis einer integralen, faktenbasierten Analyse und der Ermittlung der kurz- und längerfristigen Auswirkungen auf das Gesamtsystem Gewässer können transparente und nachvollziehbare Entscheide getroffen werden. Dies verhindert allfällige lokale Fehlentscheidungen, führt zu bewussten Entscheidungen und stärkt eine nachhaltige Wasserkraft. Als anerkannter Fachverband sieht sich der VSA befähigt und ist bereit, die Kantone in einem einheitlichen Vollzug fachlich im Rahmen von Vollzugshilfen zu unterstützen.
Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und des veränderten Wasserdargebots misst der VSA möglichen irreparablen Auswirkungen durch die Gesetzesänderung eine hohe Priorität zu. Die Resilienz der Gewässer muss gestärkt werden, nicht aufgehoben. Die langfristigen Auswirkungen bei der Verschärfung der Vorlage, wie sie die UREK-S empfiehlt, sind nicht ausgewiesen, dies bedürfte einer seriösen Abklärung. Insbesondere kritisiert der VSA den Vorschlag, ein Gesetz grundsätzlich einem anderen unterzuordnen und die Art. GschG 29ff ohne Vernehmlassung ausser Kraft zu setzen und ohne wissenschaftlich abzuklären, was die Auswirkungen sind.
Im Weiteren verweist der VSA auf die nach wie vor geltende Erklärung des «Runden Tisches» vom 13. Dezember 2021 mit Vertretern der wichtigen Akteure der Wasserkraft. Da wurde im Konsens u.a. klar festgehalten, dass der Ausbau der Wasserkraft mit den Zielen des Biodiversitäts- und Landschaftsschutzes vereinbart werden soll sowie die bestehenden Schutzbestimmungen einzuhalten seien und konsequent gemäss geltendem Recht umgesetzt werden sollen.
Der VSA fordert das Parlament auf, die Überlegungen des Gewässerschutzes in der Abstimmung ausgewogen zu berücksichtigen. Der Klimawandel wird unsere Gewässer erheblichem Stress aussetzen und wir müssen alles daransetzen, die Wasserqualität und damit die Biodiversität in unseren Gewässern zu erhalten.
Das Geschäft wird am 22. September im Ständerat behandelt.
Die Umweltbestimmungen für den Bau wie auch den Bestand sowie die Erweiterung und die Erneuerung von Anlagen zur Produktion von erneuerbaren Energien bleiben in Kraft. Die gesetzlichen Restwassermengen gelten weiterhin bei der Erneuerung der wasserrechtlichen Konzession.
Der Schutz von Biotopen und von Wasser- und Zugvogelreservaten von nationaler Bedeutung, in denen ein Drittel der geschützten Arten lebt, weicht der Ständerat hingegen auf. Heute sind dort neue Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien ausgeschlossen. Künftig gilt dieser absolute Schutz gemäss der Meinung des Ständerates nicht mehr.
Namentlich Speicherwasserkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke, Fotovoltaikanlagen und Windkraftwerke sowie Elektrolyseure und Methanisierungsanlagen sind von einem nationalen Interesse, wenn sie einen zentralen Beitrag zur Erreichung der Ausbauziele leisten. Das nationale Interesse soll künftig entgegenstehenden Interessen von kantonaler, regionaler und lokaler Bedeutung vorgehen, beschloss der Ständerat.
Der Bundesrat kann neu zudem beschliessen, dass die notwendigen Bewilligungen für diese Anlage in einem konzentrierten und abgekürzten Verfahren erteilt werden.
Insgesamt muss der Umweltschutz mit den Ständeratsbeschlüssen einige empfindliche Abstriche hinnehmen.
Das Geschäft geht nun im Oktober in die UREK-N, danach in den Nationalrat.
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