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Fachartikel
03. März 2023

VSA-Plattform Wasserqualität

Pestizide in Fliessgewässern

Die Schweiz leitete verschiedene Massnahmen ein, um die Verunreinigung der Gewässer mit Pestiziden zu reduzieren. Bei der Plattform Wasserqualität des VSA werten wir, in Zusammenarbeit mit der Eawag und weiteren Partnern, schweizweite Pestizid-Messdaten aus, um herauszufinden, ob sich bereits eine Verbesserung der Wasserqualität zeigt. Unter anderem haben wir die Messungen der Rheinüberwachungsstation bei Basel ausgewertet. Dabei zeigt sich, dass eine deutliche Reduktion der Anwendungsmengen auch zu geringerer Belastung im Gewässer führt. Die Massnahmen zur Reduktion des Transports in die Gewässer bewirkten bei den untersuchten Wirkstoffen aber bis jetzt keine wesentliche Verbesserung. Allerdings schwanken die Daten stark. Deshalb wären kleinere Verbesserungen, auch wenn sie stattgefunden haben, noch nicht zuverlässig messbar.
Tobias Doppler, Anne Dietzel, 
Massnahmen eingeleitet

Nach wie vor sind viele Schweizer Fliessgewässer mit Pestiziden verunreinigt. Eine wichtige Quelle für diese Verunreinigungen sind landwirtschaftlich genutzte Pflanzenschutzmittel (PSM). Die Politik hat das Problem erkannt und verschiedene Massnahmen eingeleitet. Unter anderem hat der Bundesrat 2017 den Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (AP PSM) in Kraft gesetzt. Die Risiken durch PSM sollen damit um die Hälfte reduziert werden. Die Plattform Wasserqualität wertet im Auftrag des BAFU schweizweite Pestizid-Messdaten aus Fliessgewässern aus, um herauszufinden, ob sich bereits eine Verbesserung der Wasserqualität zeigt.

Lange Zeitreihen sind nötig

Über mehrere Jahre betrachtet, schwanken die Pestizidkonzentrationen in Fliessgewässern stark. Dafür gibt es verschiedene Gründe wie veränderte Einsatzmengen und unterschiedliche Wetterbedingungen. Aufgrund dieser stark schwankenden Konzentrationen können Veränderungen der Wasserqualität nur in längeren Zeitreihen festgestellt werden[1]. In der Schweiz gibt es nur wenige Messstellen an denen seit vielen Jahren kontinuierlich Pestizidmessungen durchgeführt werden. Besonders interessant ist dabei die Rheinüberwachungsstation bei Basel (RÜS).  

Die Rheinüberwachungsstation

An der RÜS wird seit 1993 täglich eine Probe auf Mikroverunreinigungen untersucht. Heute werden 420 Stoffe täglich analysiert, etwa 150 davon sind Pestizide. Die Pestizid-Daten wurden in einem Projekt im Auftrag des BAFU durch das Ingenieurbüro EBP Schweiz AG und die Plattform Wasserqualität untersucht[2, 3]. Die meisten Pestizide werden im Rhein nur selten nachgewiesen, weil sie zu stark mit unbelastetem Wasser aus den Bergen verdünnt werden. Für sieben Herbizide lässt sich aber seit 2013 verlässlich bestimmen welche Menge pro Jahr in den Rhein gelangt. Diese Mengen liegen im Durchschnitt je nach Substanz zwischen knapp 30 kg/Jahr und über 300 kg/Jahr und schwanken stark von Jahr zu Jahr.

Rückgang durch weniger Anwendung und Verbot: Beispiel Isoproturon

Einige Massnahmen führen zu einer Reduktion der eingesetzten Mengen gewisser Wirkstoffe. Sofern Wirkstoffe nicht durch andere, ähnlich problematische ersetzt werden, können solche Massnahmen wirkungsvoll sein. An der RÜS sieht man zum Beispiel den Rückgang des heute nicht mehr zugelassenen Getreideherbizids Isoproturon sehr gut. Isoproturon darf in der Schweiz seit 2020 nicht mehr als PSM verkauft werden. Die in der Schweiz verkaufte Menge ging aber bereits vor dem Verbot kontinuierlich zurück – von 20 t im Jahr 2013 auf etwas mehr als 1 t im Jahr 2019. Im gleichen Zeitraum sank die Menge im Rhein von über 200 kg/Jahr auf gut 20 kg/Jahr.

Rückgang durch weniger Transport in die Gewässer

Neben dem reduzierten PSM-Einsatz gibt es auch Massnahmen, die versuchen, den Transport von PSM in die Gewässer zu reduzieren. Diese Massnahmen haben das Ziel, den Anteil der eingesetzten Menge zu verkleinern, der am Ende in ein Gewässer gelangt. Beispiele für solche Massnahmen sind breitere Pufferstreifen an Gewässern oder die Sanierung von Befüll- & Waschplätzen für PSM-Spritzgeräte. Weil der Rhein den grössten Teil der Landwirtschaftsfläche der Schweiz entwässert, können wir mit den nationalen Verkaufszahlen und den jährlichen Mengen im Rhein abschätzen, welcher Anteil der eingesetzten Menge in den Rhein gelangt. Diesen Anteil nennen wir Verlustrate. Wenn Massnahmen zur Reduktion des Transports in die Gewässer erfolgreich sind, müssten sie also die Verlustrate reduzieren.

Einfluss des Regens

Neben der Wirkung von Massnahmen gibt es aber weitere Einflüsse, welche die Verlustraten stark beeinflussen. Wenn es zum Beispiel im Zeitraum in dem eine Substanz eingesetzt wird viel regnet, führt das zu höheren Verlustraten. Zwischen 60 und über 90% der Variabilität in den Verlustraten kann durch die Niederschlagsverhältnisse im Applikationszeitraum erklärt werden. Für die sieben untersuchten Herbizide bedeutet das, dass sie vor allem mit dem Regen in die Gewässer transportiert werden. Wir haben den Einfluss des Regens aus den Daten herausgerechnet und damit eine regenkorrigierte Verlustrate erhalten. Da diese regenkorrigierte Verlustrate zeitlich weniger variabel ist, sollte man darin die Wirkung von erfolgreichen Massnahmen einfacher erkennen.

Noch keine klare Wirkung sichtbar

Trotz der oben beschriebenen Regenkorrektur ist in der achtjährigen Datenreihe von 2013 bis 2020 kein zeitlicher Trend sichtbar und auch statistische Modelle können keinen signifikanten Trend erkennen. Es ist also für die sieben untersuchten Wirkstoffe noch keine wesentliche Wirkung von Massnahmen zur Reduktion des Transports in die Gewässer belegbar. Es ist aber möglich, dass kleinere Verbesserungen stattgefunden haben, die auf Grund der Variabilität in den Daten noch nicht zu sehen sind.



[1] C. Fabre et al., Feasibility study on trend analysis and spatial extrapolation of NAWA pesticide monitoring data, Final Report, 2022
[2] S. Spycher & T. Doppler, Auswertung von Messdaten der Rheinüberwachungsstation, Schlussbericht, 2022
[3] Amt für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt

Anne Dietzel

Anne Dietzel leitet das Projekt zur Wirkungskontrolle des Aktionsplans PSM. Sie hat an der Universität Osnabrück Systemwissenschaft studiert und an der Eawag eine Doktorarbeit zu Seen-Modellen geschrieben. Seit 2019 arbeitet sie bei der Plattform Wasserqualität des VSA mit Schwerpunkt Datenauswertung von Spurenstoff-Daten.

Tobias Doppler

Tobias Doppler arbeitet im Projekt zur Wirkungskontrolle des Aktionsplans PSM. Er hat an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften studiert und an der Eawag eine Doktorarbeit zu Einträgen von PSM in die Gewässer geschrieben. Seit 2015 arbeitet er bei der Plattform Wasserqualität des VSA mit dem Schwerpunkt Pestizid-Monitoring.

Kontakt

Auskünfte und Informationen erteilen Ihnen gerne Anne Dietzel und Tobias Doppler.

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