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10. April 2023

INTERVIEW

«Es war mir wichtig, neue Themen zu besetzen, Junge anzusprechen und sichtbarer zu werden.»

Als Präsident prägte Heinz Habegger den VSA in den vergangenen 9 Jahren. An der Mitgliederversammlung vom 3.Mai 2023 tritt er zurück. Wir haben uns mit ihm über seine Präsidentenzeit unterhalten.
Paul Sicher 

Heinz Habegger, die VSA-Mitgliederversammlung 2014 wählte dich zum Präsidenten – wie ist dir die Wahl in Erinnerung geblieben?

Ich war natürlich sehr stolz und freute mich, dem gut etablierten Fachverband vorzustehen. Ich hatte aber auch grossen Respekt vor den Aufgaben, die auf mich zukamen. Mir war wichtig, dem ausgezeichneten Renommee des VSA Sorge zu tragen, welches zahlreiche Kolleginnen und Kollegen ehrenamtlich aufgebaut hatten. Und die Fussabdrücke meines Vorgängers Martin Würsten waren gross.

Was waren denn deine ersten grossen Aufgaben als Präsident?

Mein Vorgänger führte den VSA durch eine Reorganisation; weg von den zahlreichen Kommissionen hin zu den Centres de Compétences. Das war eine gute Ausganglage, forderte uns aber noch einiges ab für eine optimale Um-setzung. Da war ich sehr froh um die Unterstützung von Stefan Hasler, den wir als Direktor gewinnen konnten. Als neue Führungscrew strukturierten wir, nahmen Anpassungen vor und konnten letztlich die Effizienz steigern und die CC besser unterstützen. 

Warum brauchten denn die CC mehr Support?

Die CC werden von Fachleuten aus der Praxis – und neben deren hauptberuflichen Tätigkeiten – in einem kleinen Pensum geleitet. Deshalb sind die CC-Führungen auf einen professionellen fachlichen und administrativen Support von der Geschäftsstelle angewiesen. Wir haben folglich gezielt die Fach-kompetenz an der Geschäftsstelle mit einem guten Direktor und weiteren Personen gestärkt. Gleichzeitig haben wir extern vergebene Mandate wie zum Bespiel die QUIK-Zertifizierung zurück an die Geschäftsstelle geholt. Durch zusätzliche Bildungsangebote und selbsttragende Projekte konnten wir mehr Einnahmen generieren und uns zusätzliche Fachkräfte sowie eine professionelle Kommunikation leisten.

Während deiner Amtszeit hast du auch die VSA-Plattformen ausgebaut und verstärkt, was bringt das dem VSA?

Es war mir immer wichtig, den VSA als Netzwerk zu begreifen, ein Netz-werk zwischen Praxis, Behörden und Forschung. Und genau diese Funktion üben unsere beiden Plattformen Verfahrenstechnik Mikroverunreinigungen und Wasserqualität aus. Durch die Plattformen schaffen wir es, dass Forschung, Bundesbehörden und Fach-verband effizient zusammenarbeiten und neue Technologien, welche in die Umsetzung gehen, zu begleiten und die Praxis kompetent zu beraten.

Wie hat sich die Arbeit des Vorstands in den letzten Jahren verändert?

Die grosse Veränderung in der Vorstandsarbeit hat vor meiner Präsidentenzeit mit der Reorganisation stattgefunden. Wir hatten damals bewusst die Anzahl Vorstandssitzungen auf drei pro Jahr reduziert, uns vermehrt auf strategische Themen fokussiert und zugleich den Vorstand möglichst mit CEOs und Amtsleitern bestückt. Die fach-technische Arbeit wird ja insbesondere von unseren CC geleistet.

Welche Themen und Stossrichtungen lagen dir persönlich am Herzen?

Mir war (und ist) es wichtig, dass wir gegen aussen als VSA sichtbar und wahrnehmbar sind. Zu Beginn dachte ich, jeder NZZ-Leser sollte wissen, wer der VSA ist. Das war vielleicht zu ambitiös. Trotzdem glaube ich, konnten wir einiges erreichen. Wir können heute unsere Mit-glieder besser ansprechen und die Themen in die Breite tragen. Auch war mir wichtig, dass Politikerinnen und Politiker den VSA kennen.

Du sprichst die Interessenvertretung an, engagiert sich der VSA politisch genug für den Gewässerschutz?

Ich denke, auch in der Interessenvertretung konnten wir Fortschritte erzielen. Durch unser Netzwerk wissen wir recht gut, was in Bern punkto Wasserpolitik läuft. Wir beziehen zu aktuellen politischen Wassergeschäften Stellung und schreiben Parlamentarierinnen und Parlamentarier an. Persönliche Kontakte sind hier sehr zentral. Deshalb haben wir Politikerinnen und Politiker an unsere Mitgliederversammlung eingeladen. Auch das hilft unserer Bekanntheit. Zudem haben wir regelmässig unsere Positionen in Politikmemoranden und Positionspapieren festgehalten.

Ein anderes «Politikum» ist der Fachkräftemangel, zeigte sich diese Entwicklung schon länger?

Martin Würsten und ich hatten schon länger die Idee, den VSA insbesondere für jüngere, dynamische Berufsleute attraktiv zu machen. Mit der Gründung der VSA-Young Professionals ist uns hier ein wichtiger Schritt gelungen. Ich freue mich wirklich sehr, wie sich die Gruppe entwickelt, sich selbst organisiert und aktiv ist und dies über die Sprachgrenzen hinweg. Die Förderung junger Menschen liegt mir am Herzen.

Als schweizweit tätiger Verband stellt unsere Vielsprachigkeit oft eine Hürde dar. Wie bist du mit der sprachlichen Heterogenität umgegangen?

Es war mir von Beginn weg ein Anliegen, den VSA stärker in die Sprachregionen zu tragen und in der Romandie und auch in der italienischsprachigen Schweiz präsenter zu sein. Heute haben wir sowohl in der Romandie als auch im Tessin eine aktive VSA-Geschäftstelle. Das macht uns wesentlich glaubwürdiger, wenn es dar-um geht, Themenführerschaft schweizweit in Anspruch zu nehmen.

Kannst Du ein Beispiel nennen, wo er VSA die ThemenfĂĽhrerschaft beansprucht?

Neben unseren klassischen Themen des Gewässerschutzes, ist es uns gelungen beim Thema Schwammstadt die Themenführerschaft zu übernehmen. Auch hier haben wir die Fachkompetenz an die Geschäftsstelle geholt und aufgebaut und bearbeiten dieses Schlüssel-thema praktisch selbsttragend. Ich bin sicher, dass die Bewirtschaftung der Schwammstadt gerade auch junge In-genieurinnen und Ingenieure anspricht und für unsere Branche motiviert.

Ich habe den Eindruck, der VSA akquiriert laufend neue Themenfelder, gibt  das nicht auch Spannungen?

Es ist und war mir stets wichtig, die Balance zu halten. Das Alte – VSA als ehemaliger Abwasserverband – behalten und neue, wichtige Themenfelder anpacken. Langjährige VSA-Mitglieder zu ehren und trotzdem Junge anzusprechen. Es ist letztlich ein Balanceakt, seine Grundwerte zu behalten und gleichzeitig dynamisch zu agieren.

Der VSA hat während deiner Zeit seine Aktivitäten auch über die Landesgrenzen ausgedehnt, wie kam es dazu?

Begonnen hat das internationale VSA-Engagement vor einigen Jahren. VSA-Mitglieder bauten seit Jahren im Ausland komplexe Abwasserreinigungs-anlagen, doch scheiterten die Projekte oft am anschliessenden Betrieb und Unterhalt. Einmalige Investitionen in Infrastrukturbauten aus Hilfsgeldern sind zwar wichtig, reichen aber für sich allein noch nicht für eine nachhaltige Verbesserung der Abwasserreinigung. Ich bin der Ansicht, dass der VSA hier einen Input leisten kann. Gerade unser Know-how und unser pragmatisches Ausbildungs-system des Klärwerkpersonals oder auch die Organisation eines Fachverbands sind gutgeeignet für einen Export. Zusammen mit dem Eidgenössischen Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) konnten wir einige Projekte im Balkan und in Südamerika umsetzen.

Nun geht deine Präsidialzeit zu Ende, was wünschst du deiner Nachfolgerin bzw. deinem Nachfolger?

Ich durfte auf grosses Vertrauen unserer Mitglieder zählen. Meiner Nachfolge wünsche ich ebenfalls ein grosses Vertrauen der Mitglieder und Stakeholder sowie dass ihre Arbeit gestützt und getragen wird. Ich wünsche mir auch, dass insbesondere Kantone und Unternehmen weiterhin Fachkräfte für die Arbeit im Milizsystem des VSA zur Verfügung stellen. Letztlich erachte ich es als eine wahnsinnig erfüllende und spannende Aufgabe, dem VSA vorzustehen. Ich durfte durch unzählige Kontakte viele positive Erleb-nisse mitnehmen. Dies sowie viel Erfolg und Spass wünsche ich meiner Nachfolge an der Spitze des VSA.

 

Heinz Habegger

Heinz Habegger ist Maschineningenieur. Er absolvierte ein Zusatzstudium in Betriebswirtschaft und einen MBA sowie eine Ausbildung als Mediator. Nach seinen Tätigkeiten in der Industrie leitete er von 2007 bis 2015 das Amt für Wasser und Abfall im Kanton Bern. Er begründete 2019 den «Blue Summit Switzerland» und ist seit 2016 als selbständiger Experte mit eigener Firma tätig. Seit Februar arbeitet Heinz Habegger als Mitglied des «Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe» SKH im Auftrag der DEZA in der «Mekong River Commission» als Schweizer Wasserexperte mit.

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