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01. Oktober 2021

CC Abwasserreinigung

VSA-Empfehlung «Prozessführung der Faulung und Co-Vergärung»

Eine Arbeitsgruppe des VSA hat in den letzten Monaten eine Empfehlung zum Betrieb von Faulungs- und Co-Vergärungsanlagen erarbeitet. Die Empfehlung richtet sich primär an ARA-Betriebe, soll aber auch Planern, Behörden und Entsorgungs- bzw. Industriebetrieben als Werkzeug dienen.
Martin Kühni, Tobias Siegerist, 

Die Arbeit beinhaltet nebst dem Bericht (die eigentliche Vorgehensempfehlung), ein interaktives Excel-Tool samt Anleitung als Anhang zum Bericht. Das Ziel der Empfehlung ist die Zustandsbeurteilung einer Faulung bzw. Co-Vergärungsanlage auf kommunalen ARA. Mithilfe eines einfachen Schritt-für-Schritt-Vorgehens oder dem ausführlicheren Excel-Werkzeug können die Betriebsdaten üblichen Kenngrössen gegenübergestellt werden. Dadurch ist es möglich zu beurteilen, ob eine Faulung- oder Co-Vergärungsanlage bzgl. Methanausbeute, Betriebsstabilität usw. optimal betrieben wird. Daraus ergeben sich Optimierungsvorschläge zum Messkonzept oder zum Prozess selbst.

In der Empfehlung wird als System der Faulung bzw. Co-Vergärung der im nachfolgenden Schema rot umrahmte Bereich betrachtet:

 

Da die Betriebsdaten die Grundlage für sämtliche Analysen und Kennwertberechnungen sind, muss das Mess- und Analysekonzept entsprechend geeignet für den Betrieb der Anlage sein. Erst mit einem optimierten Mess- und Analysekonzept kann der Istzustand der Anlage sinnvoll beurteilt werden. Entsprechend werden Empfehlungen zum Messkonzept abgegeben, bevor in einem nächsten Schritt der Istzustand der Anlage beurteilt wird. Im Fall des optimalen Istzustands ermitteln die Werkzeuge allfällig vorhandene freie Kapazitäten (Leistungsreserven) der Anlage. Falls solche vorhanden sind, kann evaluiert werden, ob (weitere) Co-Substrate angenommen werden könnten. Dazu werden nebst den verfahrenstechnischen Kriterien auch Themen wie Betrieb und Logistik, Energie, Ökologie sowie Recht und Wirtschaft angesprochen. Unter Berücksichtigung aller dieser Aspekte kann ein Betrieb entscheiden, ob die Annahme eines bestimmten Co-Substrats empfehlenswert ist.

Die üblicherweise vorliegenden Betriebsdaten der Faulungs- oder Co-Vergärungsanlage einer ARA sind zu wenig detailliert, um dynamische Analysen und Modelle einzusetzen. Entsprechend beschränkt sich diese Empfehlung auf die Beurteilung im stationären Zustand (es wird davon ausgegangen, dass es im Idealfall keine zeitliche Variabilität im Prozess gibt). Durch diese stationäre Betrachtungsweise ist die Empfehlung für die strategische Planung des Betriebs nützlich. Es kann z.B. beurteilt werden, ob die momentane Betriebsweise ein (zusätzliches) Co-Substrat zulassen würde, oder ob das System dadurch überlastet wird. Je nach Co-Substrat könnten zudem auch Hemmeffekte entstehen. Auch dies kann mit den Werkzeugen dieser Empfehlung abgeklärt werden. Weiter wird aufgezeigt, dass die Annahme gewisser Co-Substrate Nebeneffekte, wie bspw. die stärkere Belastung der biologischen Reinigung einer ARA aufgrund höherer Stickstoff-Rückflüsse mit sich ziehen würde. Dies muss ebenfalls mitberücksichtigt werden, um nebst den verfahrenstechnischen auch die energetischen und finanziellen Entscheidungskriterien aufzuzeigen.

Der Gewässerschutz ist der Grundauftrag und das Hauptgeschäft der Kläranlage. Als Nebenstromverwertung und zum Energiegewinn aus Abwasser gehört die Faulung zweifellos dazu. Der Einsatz von Co-Substraten kann zum Ausschöpfen von Leistungsreserven sinnvoll sein und soll als Angebot im Bereich der Entsorgung von Industrieabfällen wertgeschätzt werden. Es sind aber zahlreiche Randbedingungen zu beachten. Mit Sicherheit muss die Co-Substratverwertung ein kostendeckendes Nebengeschäft des Betriebs bleiben.

Unabhängig davon, ob eine ARA die Co-Substratverwertung in Betracht zieht, bereits betreibt oder eine reine Faulungsanlage hat, bietet diese VSA-Empfehlung hilfreiche Informationen und Werkzeuge zur Beurteilung des Faulungs- und Vergärungsprozesses.

Die Empfehlung liegt im Entwurf vor, wird derzeit übersetzt und anschliessend in eine Vernehmlassung gegeben. Die Empfehlung wird im kommenden Jahr veröffentlicht.

Motionen

Die beiden Motionen „Massnahmen zur Elimination von Mikroverunreinigungen für alle Abwasserreinigungsanlagen“ sowie „Reduktion der Stickstoffeinträge aus den Abwasserreinigungsanlagen“ betreffen das CC AR sehr direkt. Das BAFU muss in relativ kurzer Zeit mögliche Umsetzungsvorschläge vorlegen. Der VSA steht dabei in direktem Kontakt, und wir werden versuchen, die Interessen des CC in geeigneten Formaten abzuholen und einzubringen.

Centre de Compétence Abwasserreinigung

Auskünfte und Informationen zum CC Abwasserreinigung sind auf vsa.ch/abwasserreinigung verfügbar. Geleitet wird das Centre Compétence von Christian Abegglen.

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