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06. Juni 2024

Ressourcenschutz gestärkt

Wie weiter beim Chlorothalonil?

Gestützt auf einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen die neue Weisung 2024/1 publiziert und damit den Höchstwert für Chlorothalonil-Metaboliten von 0.1 Mikrogramm pro Liter wieder bestätigt. Obwohl der Entscheid des Gerichts zum Widerruf der Bewilligung für das Inverkehrbringen von Chlorothalonil noch offen ist, wiederholt das BLV die Relevanz-Einstufung von Chlorothalonil-Metaboliten und und stützt sich dabei auf die Risikobewertung des EFSA. Mit der neuen Verfügung werden bei den Kantonen und Wasserversorgern jetzt Massnahmen nötig.
Rolf Meier 

Nach dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes (BVGer) vom 22.05.2024 hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen seine neue Weisung 2024/01 veröffentlicht. Inhaltlich hat die neue Weisung, im Vergleich zur Weisung aus dem Jahr 2020, keine Neuerungen gebracht. Das BLV bestätigt lediglich den Höchstwert für Chlorothalonil-Metaboliten von 0.1 Mikrogramm pro Liter und verlangt von Kantonen und Wasserversorgern folgende Massnahmen zum Schutz der Konsumenten umzusetzen:

  1. Ergreifen von Sofortmassnahmen wie beispielsweise dem Vermischen oder dem Verwurf von Wasser, damit der Höchstwert von 0.1 Mikrogramm in Wasser, dass an Konsumenten abgegeben wird, eingehalten werden kann.
  2. Falls der Höchstwert wie unter 1. beschreiben nicht genügend gesenkt werden kann, müssen Kantone vom Wasserversorger verlangen, Massnahmen zur nachhaltigen Senkung der Belastung unter 0.1 Mikrogramm pro Liter umzusetzen – dies muss innerhalb von zwei Jahren erfolgen. Sollte es allerdings aus finanziellen, politischen oder ökologischen Gründen nicht möglich sein, diese Massnahmen innerhalb von zwei Jahren umzusetzen, so kann der Kanton eine der Situation angemessene Frist verfügen.
  3. Kantone verfügen, gegenüber Trinkwasserversorgern mit Höchstwerten über 0.1 Mikrogramm pro Liter, dass die Konsumenten regelmässig über die Untersuchungen und die getroffenen Massnahmen informiert werden müssen.

Wie das BLV in seiner neuesten Weisung schreibt, ist es sich absolut bewusst, dass die Einhaltung der Höchstwerte mit zeitlich, finanziell, politisch und ökologisch sehr aufwändigen Massnahmen verbunden sein kann.

Eine Umsetzung mit Augenmass und Sachverstand im Rahmen des GWP ist gefragt

Die neue Verfügung des BLV heisst nicht, dass nun überall Aufbereitungsanlagen installiert werden müssen. Der erste Schritt zur Lösung des Problems wurde schon im Dezember 2019 vollzogen: Mit dem Verbot von Chlorothalonil wird sichergestellt, dass keine weiteren Mengen dieses Stoffs in den Boden gelangen können. Es ist somit zu erwarten, dass die Metaboliten-Belastung über die Zeit zurückgeht und im Idealfall durch Auswaschung und Abbau die Belastung unter die Höchstwerte fallen wird.

Vernetzung und zweites Standbein

Falls Wasserversorger trotz Sofortmassnahmen die Höchstwerte für Chlorothalonil-Metaboliten nicht einhalten können, sollten sie im Rahmen des GWP prüfen, wie sie die Resilienz, die Effizienz, die Sicherheit und Qualität der Wasserversorgung verbessern können. Die Vernetzung mit Nachbarversorgungen und der Aufbau eines zweiten Standbeins können eine nachhaltigere Lösung darstellen und auch bei Fragestellungen im Zusammenhang mit den klimatischen Herausforderungen bessere Lösungen bieten. Falls die Abklärungen im Rahmen der GWP-Überprüfung ergeben, dass eine End-of-pipe-Lösung tatsächlich die sinnvollste Lösung wäre, sollten aufgrund der verlangten Kosteneffizienz lediglich regional bedeutende Wasserversorgungen entsprechend ausgerüstet werden.

Damit Fehlinvestitionen vermieden werden, ist weiter zu prüfen, wie sich die Belastungssituation entwickeln wird. Dies kann einerseits mit regelmässigen Untersuchungen erfolgen, andererseits kann auch mithilfe einer Altersbestimmung des Rohwassers versucht werden, einen möglichen Rückgang der Belastung mit Chlorothalonil-Metaboliten zu antizipieren.

Ressourcenschutz stärken

Die langfristig wichtigste Massnahme ist aber ein besserer Schutz der Trinkwasserressourcen. Leider ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren noch weitere Substanzen entdeckt werden, die für die menschliche Ernährung ein Risiko darstellen. Ein besserer Schutz vor Verschmutzungen ist somit unbedingte Pflicht. Schon heute erlaubt das Gewässerschutzgesetz, dass Zuströmbereiche bezeichnet werden und damit verschmutzte Ressourcen saniert werden können. Von diesem Instrument sollten Gemeinden und Kantone Gebrauch machen. Mit der Umsetzung der Motion Zanetti 20.3625 (20.3625 | Wirksamer Trinkwasserschutz durch Bestimmung der Zuströmbereiche | Geschäft | Das Schweizer Parlament) wird es zudem künftig möglich sein, dass auch Zuströmbereiche zum präventiven Schutz der Ressource bezeichnet werden können und damit einen wirkungsvollen Schutz vor Mikroverunreinigungen erlauben.

Vertrauen schaffen durch Information

Wasserversorger müssen Konsumenten regelmässig über die mikrobiologische und chemische Wasserqualität informieren und sollten dieses Instrument verstärkt nutzen. Dabei sollten sie auch über die Chlorothalonil-Metaboliten-Belastung informieren und aufzeigen, welche Massnahmen zur Verbesserung oder Erhaltung einer guten Trinkwasserqualität ergriffen werden. Eine kundenspezifische und authentische Information verstärkt das Vertrauen in die eigene Wasserversorgung und sorgt dafür, dass Konsumenten auch weiterhin bedenkenlos Trinkwasser konsumieren können. Die Höchstwerte für Chlorothalonil-Metaboliten wurden vorsorglich tief auf 0.1 Mikrogramm pro Liter festgesetzt. Nicht zuletzt wird Trinkwasser auch von den kantonalen Lebensmittelinspektoren regelmässig untersucht und wird daher nicht unbegründet als das bestkontrollierte Lebensmittel bezeichnet.

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