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25. April 2024

Wasserstrategien

Wasserfachtagung «Trockenheit»

«Integrale Lösungen gemeinsam entwickeln», unter diesem Motto stand die Wasser-Fachtagung des SVGW zum Thema Trockenheit, die am 21. März in Biel stattfand. Entsprechend standen Lösungsansätze zum Umgang mit Trockenheit im Zentrum.
Margarete Bucheli 

Klimawandel und in der Folge Extremwetterereignisse wie Starkniederschläge, Hochwasser und anhaltende Trockenheit wirken sich auf viele Bereiche unseres Lebens aus. Landwirtschaft, Tourismus, Industrie und Private sind dadurch ebenso herausgefordert wie die Wasserversorgung. Der Vorstand des SVGW habe Trockenheit und Wassermangel im Zusammenhang mit dem Klimawandel als zentrale Themen identifiziert, weshalb nun ein Masterplan dazu entwickelt werde, wie SVGW-Präsident Michele Broggini in seiner Begrüssung erklärte. Rolf Meier, Leiter des Bereichs Wasser beim SVGW ergänzte: «Wassermangel kommt vermehrt auch im Wasserschloss Schweiz vor.» Durch Klimawandel und Bevölkerungswachstum nähmen die Probleme für Wasserversorgungen zu. Daher forderte er Aktivitäten in den Bereichen Raumplanung, Schwammland und Schwammstadt, Bezeichnung von Zuströmbereichen, integratives Einzugsgebietsmanagement sowie Rückhalt von Wasser.

 

Wasserstrategien

In seinem Vortrag «Nationale Wasserstrategie – ein Rahmen für die kantonalen Wasserstrategien» nannte Thomas Egger (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete) eingangs verschiedene deutlich spürbare Alarmzeichen, darunter den sehr trockenen Sommer 2022. Abnehmende Wasserverfügbarkeit stehe steigenden Ansprüchen gegenüber, resümierte er und stellte dann die Frage in den Raum: «Und was macht der Bund?» Obwohl gemäss Artikel 76 der Bundesverfassung klar geregelt ist, dass über die Wasservorkommen die Kantone verfügten, gebe es dennoch mehrere Gründe für eine nationale Wasserstrategie. In dieser sollten insbesondere die kantonalen Strategien zusammengeführt, Lücken identifiziert und Schnittstellen bearbeitet werden. Über die jetzigen Aktivitäten im Bereich Landwirtschaftspolitik, Tourismus-/Regionalpolitik und Klimawandelanpassung hinaus identifizierte Egger Handlungsbedarf in mehreren Bereichen, z. B. die Förderung von Wassereinzugsgebietsmanagementsystemen mit Hilfe von Anreizen, die Bereitstellung von finanziellen Mittel für Klimawandelanpassungsmassnahmen, die Förderung multifunktionaler Wasserspeicher oder die Definition von Standards für Daten als Grundlage von Wassermanagementsystemen.

Nach diesem Plädoyer für eine nationale Wasserstrategie präsentierte Thomas Knubel vom Kanton Wallis eine kantonale Wasserstrategie. In dieser sei das Ziel formuliert worden: «Gewährleistung eines koordinierten Managements der Ressource Wasser unter Berücksichtigung ihrer Multifunktionalität». Die mittlerweile zehnjährige Strategie sei noch nicht mit voller Kraft angegangen worden, weil die personellen und finanziellen Mittel, aber auch der Druck gefehlt hätten. Bis anhin sei immer genügend Wasser vorhanden gewesen. Auch sei der Handlungsspielraum des Kantons limitiert, da im Wallis - anders als in den anderen Kantonen - das Wasser den Gemeinden gehöre (ausser dem Wasser der Rhone). Zu dieser Herausforderung gesellten sich vier weitere: Konflikte hinsichtlich Nutzung und Rechten, der Mangel an Daten (oder deren komplettes Fehlen), das Denken in Wassereinzugsgebieten samt entsprechendem Handeln und schliesslich das Wecken der kollektiven Verantwortung für das Thema Wasser.

Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

«Daten sind der Schlüssel für kluge Entscheidungen im Wassermanagement», erklärte Clément Roques (Universität Neuenburg). Es brauche Langzeitbeobachtungen, um Prozesse zu beschreiben, Hypothesen aufzustellen und diese mit Modellen zu testen. Wie sein Vorredner stellte er aber fest, dass es aktuell an Daten zu Niederschlag und Speicherung im Untergrund wie auch zu Abfluss und Evapotranspiration für die Massenbilanzgleichung für Wasser mangle. Roques verwies auf neue Möglichkeiten durch die technologische Entwicklung von kostengünstigen, hochfrequenten und räumlich verteilten Messungen über Satelliten. Weiter forderte er eine Koordination zwischen den Akteuren, die Daten sammelten, sowie eine Standardisierung bei der Datenerhebung und der Modellierung.

Grundwasser muss zentrale Ressource bleiben

Im ersten Teil seines Vortrags ging Klaus Lanz (International Water Affairs) der Frage nach «Was ändert der Klimawandel?». Dabei hob er u. a. die zentrale Rolle des Schnees hervor: «Die Schweiz lebt im Sommer vom Schnee!» Wegen der Klimaerwärmung werde dieser Speicher kleiner werden bis ganz wegfallen. Lanz trat weiter für einen umfassenden Schutz des Grundwassers ein, denn Grundwasser werde als Trinkwasserressource in Zukunft immer wichtiger. Seine Antwort auf die Frage «Welche Ressourcen werden wir 2060 nutzen?» lautete:

  • Quellwasser, lokal stärker abgesichert durch mehr Speicherung (grössere Reservoire)
  • Grundwasser mit geschützten Schutzzonen und Zuströmbereichen
  • Grundwasser aus eingeschränkt schützbaren Vorkommen (ggf. mit Aufbereitung, Überwachung)

Damit werde Grundwasser als Trinkwasserressource in Zukunft immer wichtiger, weshalb sie unbedingt stärker geschützt werden müsse. Dafür gelte es, die Instrumente der politischen Interessenvertretung verstärkt einzusetzen. Zusammenfassend forderte Lanz dementsprechend: «Um die Quell- und Grundwasserressourcen sicherzustellen und die Wasserversorgung dauerhaft auf ein solides Fundament zu stellen, müssen Versorger und SVGW auf politische Anpassungen drängen. Die Politik muss verstehen, dass die Versorgungssicherheit bei Trinkwasser ohne Anpassungen nicht gewährleistet werden kann.»

Regionale Wasserversorgung im Tessin

Mauro Veronesi aus dem Kanton Tessin (Amtsvorsteher, Ufficio della protezione delle acque e dell'approvvigionamento idrico) berichtete über das kantonale Wasserversorgungsgesetz aus dem Jahr 1994, demgemäss Gemeinden eine Generelle Wasserversorgungsplanung (GWP) erstellen müssen, während sich der Kanton um die regionale Planung (RWP) kümmert, wofür der Kanton in 30 Regionen aufgeteilt worden sei. Mittlerweilen seien 25 RWP verabschiedet, 4 den Gemeinden vorgelegt und einer in Erarbeitung. Durchschnittlich 22% der den Gemeinden entstehenden Baukosten würden vom Kanton mit Steuergeldern subventioniert. Eine weitere Stossrichtung des Kantons ziele auf die Reduzierung des Wasserverbrauchs durch verschiedene Massnahmen, wie der Bekämpfung von Wasserverlusten (Einbau von Smart Metern), Entwicklung von Industrienetzen als Alternative zur Verwendung von Trinkwasser, Rückgewinnung von Regenwasser für die Bewässerung und die Unterstützung des Schwammstadtkonzepts.

Schwammstadt und Schwammland

Für das Schwammstadtkonzept bestehend aus dem Rückhalt von (Regen-)Wasser und dessen dezentraler Bewirtschaftung mit blau-grünen Infrastrukturen warb auch VSA-Direktor Stefan Hasler: «Schwammstadt schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe.» Angestrebt werde damit ein naturnaher Wasserhaushalt. Für die Umsetzung brauche es vor allem sektorübergreifende Zusammenarbeit.
Auch der Wasserhaushalt ausserhalb des Siedlungsgebiets kann nicht als naturnah bezeichnet werden, wie Niels Werdenberg (Emch+Berger AG) darlegte: «Die intensive Landnutzung hat die Entwässerung der Landschaft forciert, die natürliche Schwammwirkung (Resilienz) unserer Landschaft stark reduziert und den Klimawandel verschärft.» Er stellte anhand von verschiedenen Beispielen das Schwammlandkonzept vor, bei dem es im Kern um das Wiederherstellen und Fördern natürlicher Puffersysteme in der Landschaft geht. Das Konzept und die Lösungsansätze seien nicht neu, neu sei jedoch die Dringlichkeit der Umsetzung, erklärte Werdenberg.

Herausforderung Trockenheit – Sicht des BAFU

Michael Schärer, Leiter der Sektion Grundwasserschutz beim BAFU, war überzeugt, dass es einen Strauss von Massnahmen brauche, um während Trockenperioden eine sichere Wasserversorgung zu gewährleisten und auf lange Sicht eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen sicherzustellen. Zu diesem Strauss gehörten in erster Linie ein konsequenter Grundwasserschutz und eine Stärkung der Resilienz der Wasserversorgungen. Überdies forderte er ein Wasserressourcenmanagement, vor allem für Brauchwasser. Dies liege jedoch in in kantonaler Hoheit.

Knappheit einpreisen

In den beiden abschliessenden Referaten behandelten Monika Gehrig (SVGW) die rechtlichen Rahmenbedingungen für Tarifmodelle, die Knappheitssituationen berücksichtigen, und Matthias Finger (Swiss Economics SE AG) verschiedene ökonomische Ansätze zur Förderung des haushälterischen Umgangs mit Wasser. Tarifmodelle, die zum Wassersparen motivieren, könnten heute bereits eingeführt werden, wie Monika Gehrig zum Schluss ihrer Ausführungen festhielt. So könnten z. B. Gemeinden ein saisonales Tarifmodell mit erhöhten Nutzungsgebühren im Falle einer Knappheit festlegen und in ihrem Reglement verankern.

Finger war überzeugt, dass es mittel- und vor allem langfristig schwierig für den Preisüberwacher werde, die verschiedenen Modelle samt ihren Ausnahmeregelungen zu managen. Daher werde wohl eine gesetzliche Grundlage auf nationaler Ebene notwendig werden, für deren Umsetzung es wahrscheinlich einen Wasserregulator brauche.

Podiumsdiskussion

Nachdem Rolf Meier im letzten Referat den Masterplan Trockenheit, den der SVGW zurzeit erarbeitet, mit seinen sieben Stossrichtungen vorgestellt hatte, wurden in der abschliessenden Podiumsdiskussion mit einigen Referenten sowie Andreas Stettler (Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband), Hannah von Ballmoos (Schweizer Bauernverband) und Martin Fry (WVRB AG) verschiedene Themen, die bereits in den Referaten angesprochen worden waren, weiter vertieft, darunter vor allem das Thema der Daten. Fry wies darauf hin, dass bei den Wasserversorgern die Datenlage zum gefassten Wasser und den Verbräuchen i. d. R. sehr gut sei. Was allerdings fehle, seien die Verbräuche anderer Akteure, z. B. der Landwirtschaft. Thomas Egger forderte eine bessere Zugänglichkeit; die Bereitstellung von Daten müsse als Service public angesehen werden. Aufgrund der zentralen Rolle von Daten sei die nächste Wasserfachtagung des SVGW – am 28. November in Biel – dem Thema Daten gewidmet, schloss Rolf Meier die Veranstaltung.

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