Tagungsorganisator und -moderator Adrian Rieder (Wasserversorgung Zürich und Vorsitzender der W-UK3 «Wassergewinnung, -speicherung und -verteilung») begrüsste die rund 150 Teilnehmenden im Kongresshaus Biel und strich die Bedeutung der Wasserverteilung heraus: «Schweizweit macht das Wasserverteilnetz im Durchschnitt 60 % des Wiederbeschaffungswerts einer Wasserversorgung aus.» Daher sei es sinnvoll, dieses im Untergrund versteckte Kapital der Wasserversorgung im Rahmen einer Fachtagung zu beleuchten.
Wie die Digitalisierung die Koordination unter den verschiedenen Infrastrukturbetreibern unterstützen kann, zeigte Anja Herlyn (wif Partner AG) im ersten Vortrag auf. Sie stellte das Koordinationsinstrument KIT.tool vor. Damit sei man zwar von einer automatischen Koordination noch weit entfernt, aber durch die Arbeit mit dem Tool kämen alle Infrastrukturbetreiber vorbereitet zu den Sitzungen, sodass diese effizient durchgeführt werden könnten.
Anschliessend berichteten David Rannaud und Mélanie Bähler von Service de lʼeau Lausanne über ihre Erfahrungen mit BIM. Im Jahr 2017 gab es bei Service de lʼeau noch keine Kenntnisse zu BIM, ab 2018 wurde BIM nach und nach eingeführt, und mit dem Reservoir von Montalègre wurde das erste Bauwerk mit BIM geplant, projektiert und gebaut. Rannaud und Bähler nannten Vorteile wie die räumliche Koordination und die realistische Wiedergabe in BIM, aber auch Nachteile der Vorgehensweise, so z. B. den hohen Anfangsaufwand oder die erschwerte Kontrolle des Modells verglichen mit der Kontrolle von Plänen.
In seinem Referat «Optimierung in der Wasserversorgung durch Digitalisierung» präsentierte Jochen Deuerlein von der 3SConsult GmbH die digitale Plattform in TwinOptPRO für die Prognose und Betriebsoptimierung von Trinkwasserversorgungssystemen. Ziel sei, auf der Grundlage von Prognosen für das Wasserdargebot und den -verbrauch sowie für die Erzeugung von Energie durch Turbinierung sowohl Kosten für Pumpenstrom einzusparen als auch die Nutzung regenerativer Energiequellen zu optimieren. Selbstverständlich stehe an vorderster Stelle aber immer die Versorgungssicherheit.
Irene Samora, Projektleiterin bei BG Ingénieurs Conseils SA, stellte schliesslich das FOWA-Projekt TUNE vor, bei dem es um die intelligente Steuerung von Druckreduziereinrichtungen geht. Würden diese als Smart Nodes ausgeführt, so liessen sich damit Stagnationsphasen vermeiden, Quellen priorisieren oder auch eine allfällig vorhandene Turbinierung optimieren.
Die Wasserversorgung Zürich (WVZ) befindet sich mitten im Prozess der Einführung von Smart Metering. Die damit gesammelten Verbraucherdaten sollen genutzt werden für die Ortung von Leckagen im Leitungsnetz und die Gewährleistung eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzbetriebs, aber natürlich auch, wie bis anhin, für die Rechnungsstellung, wie Adrian Rieder (WVZ) ausführte. Die dafür benötigten Rechtsgrundlagen, vor allem auch hinsichtlich Datenschutzes, seien geschaffen worden. Rieder berichtete weiter über die intelligente, entflochtene Datenübermittlungslösung, welche die WVZ in Kooperation mit dem städtischen Stromversorger ewz gefunden habe, sowie über die neu entwickelte Zählerwechselstrategie. Er betonte: «Es braucht Mut zur Veränderung; nicht einfach bestehende Prozesse digitalisieren.»
Im Bereich IT-Sicherheit stehen drei Schutzziele an oberster Stelle: Vertraulichkeit, Integrität (der Daten wie auch der Systeme) und Verfügbarkeit. Rolf Meier, Bereichsleiter Wasser beim SVGW, zeigte auf, wie der SVGW die Wasserversorger dabei unterstützt, diese Schutzziele zu erreichen. Im Zentrum stehe die Empfehlung W1018 «Minimalstandard für die Sicherheit der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Wasserversorgung». Ergänzt werde diese durch zwei Merkblätter, nämlich W10034 «Einsatz von elektronischen, fernablesbaren Wasserzählern (Smart Meter) durch Wasserversorgungsunternehmen» und W10036 «Das neue Schweizer Datenschutzrecht – Was müssen die Wasserversorgungen konkret tun?» (erscheint demnächst)
Auch Patrick Erni (Rittmeyer AG) nannte den IKT-Minimalstandard für Wasserversorgungen als wichtiges Hilfsmittel für die Verbesserung der Cybersicherheit. Zudem zählte er einerseits verschiedene Bedrohungen und andererseits typische Schwachstellen auf. Erst wenn Bedrohung und Schwachstelle aufeinanderträfen, komme es zu gefährlichen Auswirkungen. Erni wies darauf hin: «An der Bedrohung können wir nichts ändern – Schwachstellen können jedoch vermieden werden.» Daher riet er zur Durchführung einer Schwachstellenanalyse, auf deren Grundlage passende Schutzmassnahmen ergriffen werden könnten. Weiter sagte er: «Das grösste Risiko sitzt vor dem Rechner.» Hier empfahl er eine regelmässige Sensibilisierung der Mitarbeitenden.
Zunächst zeigte Jakob Helbing (WVZ), dass es mit dem Einbau von Online-Sensoren ins Netz bei Weitem noch nicht getan ist. Es müsse zugleich die Wasserzusammensetzung bezüglich Herkunft im Netz bekannt sein. Dafür habe die WVZ zwar ein Modell entwickelt, aber hinsichtlich der zentralen Parameter Netzgeometrie, Fliessverhalten und aktuelle Verbräuche gebe es viele Unsicherheiten. Dennoch habe man über Online-Temperaturmessungen in einem Pilotgebiet viel über die Komplexität des Netzes und über die Einflussfaktoren auf die Wassertemperatur gelernt. Während die Ausgangstemperatur des Wassers keinen grossen Einfluss habe, sei das Leitungsmaterial entscheidender. Helbing mutmasste, dass eine Isolation der Leitungen (mit einer wenige Millimeter dicken Schicht) in Zukunft wahrscheinlich nötig sei.
Harald Tarnowski (ebenfalls WVZ) berichtete, wie das Online-Monitoring in dem Pilotgebiet gebaut und betrieben wurde. Es umfasst 13 Messstationen, die mit Intellitec-Sonden ausgestattet sind, fünf hydraulische Messstellen und schliesslich zwei Sensoren zur Messung der Bodentemperatur.
Auch IWB entwickelte in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) ein Netzmodell, um auf dieser Basis ein Notfallspülkonzept zu erstellen. Das Vorgehen zur Validierung des Modells anhand eines Tracers, der dem Wasser nicht zugegeben werden musste, beschrieb Michael Pulfer von der FHNW. Der Wasseraustausch im Netz wurde durch Messungen der Siliziumkonzentration verfolgt.
Andreas Nocker vom IWW Zentrum Wasser (Mülheim an der Ruhr, Deutschland) widmete sich dem mikrobiologischen Monitoring von Trinkwasserverteilnetzen und unterstrich den Mehrwert, den sowohl Offline- als auch Online-Durchflusszytometrie dabei bringt. Anhand von Beispielen stellte er neben der Messung der Gesamt- und der Intaktzellzahl eine Offline-Methode zur Ermittlung des Aufkeimpotenzials vor.
Auch der anschliessende Vortrag von Luigino Grasso (bnovate Technologies) drehte sich um die Online-Durchflusszytometrie, wobei drei Einsatzgebiete im Zentrum standen: Überwachung der mikrobiologischen Qualität von Quellen, Diagnosewerkzeug, z. B. bei der Inbetriebnahme von Leitungsabschnitten, und Wartung des Verteilnetzes mit angepassten Spülplänen.
Die Schweiz hat sich Netto-Null bis 2050 auf die Fahnen geschrieben, viele Städte haben noch ambitioniertere Ziele. Daher versuchte Urs Buchs von Stadtwerk Winterthur mit seinem Referat, die Zuhörer aufzurütteln: «Die Herausforderung ist enorm. Der Druck auf die Wasserversorger wird kommen.» Er machte klar, dass er leider noch keine Lösung anbieten könne, aber er empfahl dreierlei:
Zum Abschluss berichtete Martin Bärtschi von der SVGW-Geschäftsstelle von den laufenden Arbeiten, um die benötigten Grundlagen zum CO2-Footprint des Leitungsbaus zusammenzutragen und ein Bilanzierungstool zu entwickeln. Dieses soll eine Datenbank mit den erhobenen Grunddaten umfassen und für den Leitungsbau Wasser, Gas und Fernwärme anwendbar sein. Dabei sollen alle gängigen Rohrleitungsmaterialien, der Deckbelag sowie die Bettung und Verfüllung, alternative Verlegeverfahren und schliesslich auch der Baumaschinenpark berücksichtigt werden.
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