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25. Oktober 2023

Wasserkongress

Acqua360 im Zeichen der Wasserknappheit

Gerade der Schweizer Südkanton hat in den Sommermonaten regelmässig mit Trockenheit und knappen Wasserressourcen zu kämpfen. Der Wasserkongress Acqua360 in Lugano hat sich dieses Jahr mit dieser Problematik auseinandergesetzt und Lösungsansätze aufgezeigt, wie die Ressource Wasser unter den zahlreichen Anspruchsgruppen – von Industrie und Tourismus über die Landwirtschaft bis hin zu den Konsumentinnen und Konsumenten – verteilt werden kann.

Der Klimawandel geht auch an der Schweiz nicht spurlos vorbei. Ausgeprägte Trockenheit über die Sommermonate hinaus und der Rückgang der Gletscher beeinträchtigen die Wasserressourcen vielerorts stark und können lokal zu Wasserknappheit führen, was selbst im Wasserschloss Europas immer mehr zu einer zentralen Herausforderung für die Wasserwirtschaft wird. Der diesjährige Kongress war daher diesem aktuellen Thema gewidmet.

Die Auswirkungen der Wasserknappheit in der Schweiz sind vielschichtig. Die Landwirtschaft ist stark auf eine ausreichende Wasserversorgung angewiesen. Niedrigere Wasserstände in Flüssen und Seen können die Bewässerung von Feldern beeinträchtigen und die Nahrungsmittelproduktion gefährden. Darüber hinaus hat die Wasserknappheit auch Auswirkungen auf die Energieerzeugung, insbesondere auf die Wasserkraft, die eine wichtige Rolle in der schweizerischen Energielandschaft spielt. Und nicht zuletzt ist Wasser auch die Ressource für das wichtigste Lebensmittel «Trinkwasser».

Nach der Begrüssung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den Tessiner Kantonsrat Claudio Zali und der Einführung in das Tagesprogramm durch Raffaele Domeniconi, dem Leiter der Aussenstelle von SVGW und VSA für die italienische Schweiz, zeigte Martin Grambow, Ministerialdirigent des bayrischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, wie die Strategie «Wasserzukunft Bayern 2050» eine Antwort auf die Folgen der anthropogen veränderten Wasserhaushalte liefert. Vor der Mittagspause zeigte der Biologe Alberto Conelli von Oikos Consulenza für einmal aus der Sicht der Natur auf, wie die Regulierung des Wasserstandes des Lago Maggiore und Wasserknappheit zusammenhängen.

Das Nachmittagsprogramm wurde von Theodora Cohen Liechti, Umweltingenieurin für Siedlungsentwässerung beim Kanton Genf, eröffnet. In ihrem Vortrag ging sie auf die Wechselwirkungen zwischen städtischer Wasserwirtschaft und Flussläufen bei Trockenwetter ein. Marie Arnoux, Hydrologin beim Forschungszentrum für alpine Umwelt zeigte im Anschluss die Bedeutung von Daten bei hydrogeologischen Projekten im Kontext der Trockenheit auf und Carlo Scapozza, Leiter der Abteilung Hydrologie beim Bundesamt für Umwelt BAFU, präsentierte darauffolgend das neue nationale System des Bundes zur Früherkennung und Warnung bei Trockenheit. Bevor Michele Broggini die Vortragsreihe mit der Präsentation des Masterplan-Projekts des SVGW zum Trockenheitsmanagement in der Wasserversorgung abschloss, zeigte Mario Hübner, Manager System-Engineering bei der WILO AG, seine Lösung für resiliente Trink- und Abwasserpumpwerke in Trockenperioden.

An der von Sharon Bernardi, Journalistin bei RSI moderierte Podiumsdiskussion nahmen neben Greta Gysin, Nationalrätin der Grünen, Michele Broggini, Präsident SVGW, Christian Hofer, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), Thomas Egger, Direktor der Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) und Claudio Zali, Regierungsrat Kanton Tessin, teil. Ausgangspunkt der Diskussion bildete die These, dass die Schweiz austrocknet. Dabei wurde diskutiert, inwieweit der Bund gefordert sei, die Kantone zu unterstützen oder sogar das Zepter in die Hand zu nehmen.

Alle Teilnehmenden an der Podiumsdiskussion waren sich darin einig, dass es vor dem Hintergrund des Klimawandels nötig sei, den Wasserverbrauch zu senken, da Wasser keine unbegrenzte Ressource sei. Verbrauchseinsparungen seine dabei insbesondere bei der Landwirtschaft möglich. Christian Hofer führt aus, dass das Wasser im Boden gehaltenwerden müsse. Hier böten sich in der Landwirtschaft geeignete Infrastrukturen, Tröpfchenbewässerung oder auch die Rückgewinnung von Wasser in Treibhäusern an. Gleichzeitig sei eine bessere Datenlage notwendig, damit sich Landwirtinnen und Landwirte besser auf eine Trockenperiode vorbereiten können. Um die Datenlage zu verbessern, sollen die verschiedenen Bundesämter gemeinsam mit den Kantonen ein überregionales Monitoring etablieren. So könne besser evaluiert werden, wo Wasser benötigt wird.

Greta Gysin weist darauf hin, dass bei allen Akteuren ein Umdenken notwendig sei. Sie ist zwar ebenfalls der Meinung, dass eine bessere Übersicht gewonnen werden müsse. Es brauche aber auch eine Mentalität, die sich am Angebot ausrichte. Die Situation ändere sich auf dramatische Art und Weise und es brauche Lösungen, die nicht nur auf eine Krisenbewältigung ausgerichtet seien. Auch Thomas Egger weist darauf hin, dass ein komplettes Umdenken in der Wasserwirtschaft nötig sei. Es brauche ein Wassereinzugsgebietsmanagement, bei dem alle Akteure gemeinsam Lösungen fänden (Tourismus, Landwirtschaft, Wasserversorger etc.). Ausserdem sei ein Mentalitätswandel in der Landwirtschaft hin zu wassersparenden Bewässerungsmethoden notwendig. Zwar seien Zuschüsse vom Bund dafür vorhanden, diese würden aber von der Landwirtschaft kaum genutzt. Egger sieht die Kompetenz für das Wassermanagement klar bei den Kantonen, wünscht sich aber mehr Unterstützung durch den Bund. Während die Verlagerung von Kompetenzen an den Bund von den Teilnehmenden unterschiedlich bewertet wurde, waren sich alle darin einig, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen den Kantonen notwendig sei, was letztlich zu mehr Koordination und einer gemeinsamen Strategie führe, mit der die künftigen Herausforderungen gemeistert werden können.

Alle zwei Jahre führen SVGW und VSA gemeinsam den Wasserkongress Acqua360 in Lugano durch. Auch der diesjährige Anlass, der wiederum im Palazzo dei Congressi stattgefunden hat, zog zahlreiche Fachpersonen, Politikerinnen und Politiker, Behörden, Medienschaffende und Interessierte an.

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