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23. September 2021

ARBEITSGRUPPE QUAGGA

Auch tote Quaggamuscheln können Probleme machen

Der SVGW hat sich der Thematik der Quaggamuschel angenommen und dafür eine Arbeitsgruppe (AG-Quagga) ins Leben gerufen. Diese trifft sich regelmässig, so auch am 7. September 2021, um neuste Erfahrungen rund um die Muschelproblematik auszutauschen.
Martin Bärtschi 

Die mittlerweile grossflächige Verbreitung der invasiven Muschel in den Schweizer Seen stellt die Oberflächenwassernutzer in den betroffenen Gewässern vor neue technische Herausforderungen. Technische Lösungen für eine Quagga-resistente Aufbereitung gibt es aktuell nicht auf dem Markt zu kaufen. Viele Ansätze tragen zu einer Reduktion des Muschelbefalls bei, schützen die Entnahmeeinrichtung aber nicht vollständig vor der Besiedlung mit der Muschel. Der aktuelle Wissensstand rund um die Quaggamuschel ist in der SVGW-Fachinformation W10 015 und in weiteren Dokumenten im Dossier Quagga auf der SVGW-Website zu finden.

Ergebnisse der Sitzung

Bei der Sitzung Anfang September waren neben betroffenen Wasserversorgungen auch die Eawag und der Bereich Fernwärme des SVGW vertreten. Von der Eawag wurde über aktuelle Forschungstätigkeiten berichtet, wie die Erfassung der Muscheldichte auf dem Seegrund oder die Verteilung der Muscheln entlang des Tiefenprofils eines Sees. Durch die Teilnahme des Bereichs Fernwärme sollen die Erfahrungen der Trinkwasserproduzenten den energetischen Nutzern von Seewasser leichter zugänglich gemacht und eine bessere Vernetzung sichergestellt werden.

Aus Biel (Energie Service Biel/Bienne) wurde über den aktuellen Stand der Entwicklung einer molchbaren Seeleitung mit einem speziellen einziehbaren Saugkorb berichtet. Die Funktionen des geplanten Prototyps sollen auf einem Teststand geprüft werden. Da es keine vergleichbaren Produkte auf dem Markt gibt, musste ESB eine Eigenentwicklung mit Partnern aus der Industrie in Angriff nehmen, um für das neue Seewasserwerk eine Quagga-resistente Ansaugeinrichtung ohne den Einsatz von Chemie zu erhalten.

Muschelsterben bei Stagnation in Leitung

Eine etwas unappetitliche Erfahrung wurde am Genfersee gemacht. Anlässlich einer Revision wurde die Wasserförderung durch eine Entnahmeleitung, die ein Kühlsystem eines grösseren Gebäudekomplexes versorgt, für ca. vier Wochen eingestellt. Bei der Wiederinbetriebnahme verstopften die Filter nach kurzer Zeit und es wurde festgestellt, dass das angesaugte Seewasser trüb, bräunlich verfärbt, geruchlich belastet und mit vielen toten Muscheln durchsetzt war. Offenbar hatten die vier Wochen mit stagnierendem Wasser zum Absterben der Muscheln in der Leitung geführt. Die toten, verwesenden Muscheln lösten sich von den Innenwänden und wurden von der Pumpe zusammen mit dem Wasser ins Innere der Anlage gesaugt. In der Folge musste die Ansaugeinrichtung gereinigt sowie gewartet und die Anlage musste zwischenzeitlich mit Trinkwasser betrieben werden.

Folgeerscheinungen

Eine ähnliche Erfahrung wurde in einer anderen Installation zur Aufbereitung von See- zu Brauchwasser gemacht. Bisher war nicht bekannt, dass Quaggamuscheln in nicht durchströmten Leitungen innerhalb weniger Wochen absterben und sich dann von der Leitungswand lösen. Aktuell geht man davon aus, dass der im Wasser gelöste Sauerstoff bei Stagnation in relativ kurzer Zeit von den Muscheln verbraucht wird. Ohne Frischwasserzufuhr kommt auch kein neuer Sauerstoff mehr zu den Muscheln und sie sterben ab. Daraufhin setzt die Verwesung ein, begleitet von den beobachteten unappetitlichen Folgeerscheinungen. Dieser Umstand muss von den Betreibern von Seewasseranlagen unbedingt beachtet werden: Vor der Ausserbetriebnahme einer Seewasseranlage muss die Seeleitung entweder (mechanisch) gereinigt werden oder eine minimale Seewasserförderung durch die Leitung muss während des Stillstands sichergestellt sein, um die Muscheln mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Ist dies nicht möglich, so sollte vor der Inbetriebnahme die Leitung gründlich mit Frischwasser und eventuell mit Desinfektionsmittel (Chlor) gespült werden. Das Spülwasser muss entsprechend aufbereitet, gegebenenfalls neutralisiert und in die Kanalisation eingeleitet werden. Die Möglichkeit einer Rückspülung in den See muss vorgängig mit den zuständigen Gewässerschutzfachstellen geklärt werden.

Methodenstandardisierung

Aktuell ist die Arbeitsgruppe dabei, die Methode zur Bestimmung der Larvendichte zu standardisieren. Durch eine einheitliche Probenahme soll erreicht werden, dass die Messergebnisse der verschiedenen Wasserversorgungen besser miteinander vergleichbar sind. Die Methode soll dann auf der SVGW-Methodenplattform veröffentlicht und allen Interessierten zugänglich gemacht werden.

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