Der Streit zwischen dem Bund – namentlich dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV – und dem Agrochemiekonzern Syngenta wegen der Einstufung von Chlorothalonil ist auch nach dem zweiten Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) vom 18. Februar 2021 nicht gelöst. Das Gericht weist darin das BLV an, die Weisung 2020/1 «Anordnung von Massnahmen bei Höchstwertüberschreitungen von Chlorothalonil-Metaboliten im Trinkwasser» vom 14. September 2020 sowie ein Relevanz-Dokument, worin das BLV Chlorothalonil und 4 Metaboliten als relevant einstuft, einstweilen vom Netz zu nehmen.
Während der Dauer des laufenden Verfahrens hat das BLV damit insbesondere davon abzusehen, öffentlich die Relevanz der vier in Frage stehenden Metaboliten anzugeben. Dem BAFU hat das BLV mitzuteilen, dass die Einstufung der vier Metaboliten noch strittig ist. Das Gericht stellt namentlich darauf ab, dass die Angaben des BLV zu Medienberichten führen könnten, welche auf umstrittenen Annahmen gründen – insbesondere beim Trinkwasser-Grenzwert. Dem Gericht erscheint es glaubhaft, dass der Beschwerdeführerin Syngenta ein erheblicher Schaden am geschäftlichen Ruf und an den wirtschaftlichen Interessen droht, wenn die Berichterstattung der Medien sich an womöglich unrichtigen Prämissen orientiere.
Solange der Hauptentscheid und eine definitive Relevanz-Einstufung von Chlorothalonil-Metaboliten nicht vorliegen, befinden sich die Wasserversorger in einer unsicheren Lage. Der SVGW ist mit dem BLV und den kantonalen Vollzugsbehörden in engem Austausch. Dabei wurde bestätigt, dass die Weisung 2020/1 nach wie vor in Kraft ist und umgesetzt werden muss. Für relevante Chlorothalonil-Metaboliten gemäss Anhang 2 der TBDV gilt somit weiterhin ein Höchstwert von 0.1 μg /L im Trinkwasser - entsprechende Sofortmassnahmen müssen umgesetzt werden.
Weitergehende Massnahmen zur Einhaltung der lebensmittelgesetzlichen Anforderungen sind vor dem Umstand einer möglichen Anpassung der Relevanzeinstufung der betroffenen Chlorothalonil-Metaboliten in enger Abstimmung mit den kantonalen Vollzugsbehörden umzusetzen. Diese Massnahmen müssen einerseits die qualitativen Anforderungen an das Trinkwasser berücksichtigen, andererseits müssen die Wasserversorger aber auch mögliche Fehlinvestitionen vermeiden. Der SVGW empfiehlt daher seinen Mitgliedern, Investitionen im Zusammenhang mit Chlorothalonil-Metaboliten in eine langfristig ausgerichtete Wasserversorgungsplanung zu integrieren und dabei auch andere Aspekte wie Versorgungssicherheit, Trockenheit und/oder Möglichkeiten der regionalen Zusammenarbeit zu berücksichtigen.
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Sauberes Trinkwasser - 4aqua