Stand man im Detailhandel während der Corona-Krise regelmässig vor leeren Regalen, so sprudelte das erfrischende Trinkwasser uneingeschränkt in der gewohnten Menge und Qualität aus dem Wasserhahn. Die Versorgungssicherheit mit Trinkwasser wird sowohl durch technische als auch organisatorische Massnahmen der Wasserversorger sichergestellt. Aber auch im Wasserschloss Europas kann es zu schweren Störungen der Wasserversorgung kommen, z.B. durch Hitze- und Trockenereignisse oder durch technische Ereignisse wie Stromausfälle, Transportunfälle, Bauarbeiten oder der Landwirtschaft. Mit der Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in Notlagen (VTN, SR 531.32, in Kraft seit 1.1.1992) wurde bisher solchen Ereignissen begegnet und eine minimale Versorgung an Trinkwasser sichergestellt.
Im Zuge der Revision des Landesversorgungsgesetzes (LVG) wurden die Grundlagen der wirtschaftlichen Landesversorgung modernisiert und auf neue Herausforderungen ausgerichtet. Unter anderem wurde die Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen (VTM) ausgearbeitet. Die Verordnung tritt am 1. Oktober 2020 in Kraft und löst die VTN ab. Der SVGW war ebenfalls an den vorbereitenden Arbeiten zu der neuen Verordnung beteiligt. Mit der VTM soll die Resilienz der Wasserversorgung gestärkt werden, damit diese so lange wie möglich aufrechterhalten bleibt und Versorgungsstörungen vermieden oder rasch behoben werden können.
In der VTM werden wie bisher vier Liter Wasser pro Person und Tag ab dem vierten Tag vorgeschrieben, davor, also bis zum dritten Tag, muss so viel wie möglich geliefert werden. Für die zusätzlichen Bezüger wie Spitäler, Heime, Schulen, Landwirtschaftliche Betriebe etc. haben neu die Kantone die Menge festzusetzen. Dies soll den regionalen Gegebenheiten in den verschiedenen Kantonen besser Rechnung tragen.
Ebenfalls sind die Kantone für die Erstellung eines Inventars der für die Versorgung unverzichtbaren Anlagen zuständig. Ausserdem können die Kantone Gemeinden bezeichnen, welche einzeln oder zusammen mit anderen Gemeinden, die regionale Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen sicherstellen.
Die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen erarbeiten ihrerseits ein Konzept zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen. Dazu gehört die Ermittlung der benötigten Wassermenge, mögliche Gefahren und Schäden, Massnahmen(planung) und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und Organisationen.
Die SVGW-Empfehlung W1012 für die Planung und Realisierung der Trinkwasserversorgung in Notlagen (TWN) wird durch die SVGW-Geschäftsstelle an die neuen Anforderungen der VTM angepasst.
Datum
22. Oktober und 5. November 2020
Ort
Olten
Seit 1992 (Inkraftsetzung der VTN) ist die Wasserversorgung zusätzlich zu den oben beschriebenen Gefahren auch neueren Bedrohungen ausgesetzt, wie z.B. Cyberangriffen. Auch ein Sabotageakt in Form eines Hackerangriffs auf das Leitsystem einer Wasserversorgung kann zu einer schweren Mangellage führen. Durch die fortschreitende Digitalisierung in der Steuerung der Wasseraufbereitung und Verteilung steigen auch die Gefahren eines Cyberangriffs. Um diesen Gefahren zu begegnen, bietet der SVGW einen Kurs «IKT- Minimalstandard», Cyber Security für Trinkwasserversorgungen, an. Der Kurs vertieft unter anderem die SVGW-Empfehlung W1018 «Minimalstandard für die Sicherheit der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Wasserversorgung», welche ein risikobasiertes Vorgehen anhand eines einheitlichen Branchenstandards ermöglicht, um die Cyber-Risiken zu minimieren.
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Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
Kommentare (1)
VTN reduziert die Menge von 15 Liter auf 4 Liter.
VTM reduziert die Trinkwassermenge (nicht)
In der neuen VTM wird im Art. 2 / Abs. 1 lediglich eine Mindestmenge ab dem 4. Tag von 4 l/Person und Tag geforderert, aber: Im Art. 2 / Abs. 2 wird den Kantonen die Möglichkeit gegeben zusätzliche Trinkwassermengen zur Bereitstellung vorzuschreiben. Dies trägt den unterschiedlichen Bedürfnissen an Trinkwasser in den verschiedenen Regionen während einer schweren Mangellage rechnung. Ziel der neuen Verordnung ist es also nicht, die Mindestwassermenge zu reduzieren, sondern besser an die regionalen Bedürfnisse anzupassen. Schon heute fordern einige Kantone von den Wasserversorgern deutlich höhere Mengen als in der Verordnung festgeschrieben.