Das Kraftwerk Birsfelden, das grösste Laufwasserkraftwerk der Schweiz, wurde mit Bedacht als Veranstaltungsort gewählt, denn ursprünglich war hier eine Wasserstoff-Produktionsanlage geplant. Durch Einsprachen wurde jedoch der Bau dieser verunmöglicht. IWB lässt sich davon aber nicht beirren und setzt weiterhin auch auf grünen Wasserstoff, vor allem für schwer zu elektrifizierende Sektoren, wie die Industrie oder den Schwerlastverkehr, wie Arthur Janssen, Leiter Strategie & Innovation bei IWB, im einleitenden Referat ausführte.
Drei Umsetzungsphasen sieht IWB vor: Aktuelle laufe bereits die Phase der ersten Pilotprojekte, ausserdem werde die Planung vorangetrieben und Wasserstoffkunden sollen gewonnen werden. Für die Periode 2025 bis 2030 seien dann grössere Pilotprojekte mit leitungsgebundener Verteilung angedacht. Schliesslich werde zwischen 2030 und 2035 die Anbindung der Region Basel an ein europäisches H2-Transportnetz erwartet und die Skalierung im Bereich Industrie angestrebt. Janssen schloss seine Ausführungen mit einem Hinweis auf die Initiative H2-Hub Schweiz – von der Produktion über die Verteilung bis hin zur Anwendung, an der auch IWB beteiligt ist: «Der H2-Hub Schweiz wächst zurzeit zwischen Birsfelden und Augst.»
Im nächsten Vortrag ging Anne Giese vom Gas- und Wärmeinstitut Essen e.V (gwi) auf die Unterschiede beim Betrieb von Brennern oder Kesseln mit Erdgas und mit Wasserstoff ein. Als Brennstoff unterscheide sich Wasserstoff deutlich von Erdgas. Erdgas-Wasserstoff-Gemische lägen zwischen den beiden Extremen. Neben der Veränderung von Heizwert, Wobbe-Index und minimalem Luftbedarf seien vor allem die Auswirkungen auf Verbrennungsgeschwindigkeiten und -temperaturen und damit auch die NOx-Emissionen zu berücksichtigen. Die NOx-Emissionen stiegen mit zunehmendem H2-Anteil an, weswegen Massnahmen zur NOx-Minderung (z.B. Abgasrückführung) ergriffen werden müssten. In ihrem Fazit beruhigte Giese: «Diese Auswirkungen sind in den meisten Fällen beherrschbar, erfordern aber Anpassungen, etwa im Bereich der Mess- und Regelungstechnik oder der Flammenüberwachung.»
Matthias Hafner, Fachspezialist Gas beim SVGW, forderte Netzbetreiber und Gasanwender auf: «Macht Euch parat für die Transformation zu Wasserstoff!» Dazu gehöre vor allem, das eigene Netz respektive die Anlagen zu analysieren hinsichtlich Wasserstofftauglichkeit und durch entsprechende Planung H2-ready zu machen. Hilfsmittel dafür seien bereits vorhanden, z.B. das H2-Kompendium des DBI, das über den SVGW bezogen werden kann, oder die kürzlich veröffentlichte DVGW-Datenbank zu Wasserstoff (verifHy Hydrogen ready Database; verifHy: DVGW verifHy). Hafner präsentierte zudem einen Ablauf, wie die Transformation einer industriellen Anwendung von Erdgas auf Wasserstoff geplant und umgesetzt werden sollte: Am Anfang stehe dabei immer eine detaillierte Bewertung, anhand derer entschieden werden könne, ob es eine Neuinstallation brauche oder ob sich die bestehende Anlage mit Anpassungen weiterbetreiben lasse. Überdies müssten die bestehende Gefahrenermittlungen und Risikobewertungen für die Gasinstallation immer an das Fluid H2 angepasst werden, unabhängig davon, ob Neuinstallation oder Weiterbetrieb. Ferner wies der SVGW-Fachspezialist darauf hin: «Die meisten SN EN Normen für industrielle Gasinstallation gelten weiterhin», also unabhängig vom genutzten Fluid Erdgas oder Wasserstoff.
Im letzten Referat der Veranstaltung zählte Jörg Jermann von Powerloop die Vorteile von WKK-Anlagen und BHKW auf: Flexibilität des genutzten Brennstoffs, ca. 40 bis 50% weniger Primärenergieverbrauch und damit weniger CO2-Emissionen. Hocheffiziente BHKW, die mit 100% Wasserstoff betrieben würden, seien für einen Leistungsbereich von 100 kWe bis 890 kWe bereits heute verfügbar und erprobt. Und für Altanlagen sollten demnächst Umbaukits für eine Betriebsumstellung auf 100% Wasserstoff erhältlich sein.
Der abschliessende Apéro in der Kraftwerkshalle bot die Möglichkeit zum intensiven Austausch zwischen IWB, ihren zahlreich erschienenen Industriekunden und den Wasserstoffspezialistinnen und -spezialisten der SVGW-Geschäftsstelle Bettina Bordenet, Matthias Hafner und Diego Modolell.
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