Nach der Verabschiedung der Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien durch den Bundesrat, geht das Geschäft nun an das Parlament. Darin werden zwei ursprünglich getrennte Vorlagen zusammengeführt: die Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes. Nachdem der Bundesrat an der Urne mit dem CO2-Gesetz gescheitert ist, steigt der Druck, eine Vorlage zu präsentieren, die auch bei einer möglichen Volksabstimmung gute Chancen hat. Doch es regt sich bereits Widerstand. SP und Grüne bekämpfen die vollständige Öffnung des Strommarktes, die im Stromversorgungsgesetz geregelt werden soll. Aber auch die Änderungen am Energiegesetz sind nicht unumstritten, insbesondere dort, wo es um die Förderbeiträge für erneuerbare Energien geht. Dabei setzen sich Interessenvertreter:innen vehement für die stärkere Förderung «ihrer» Technologie ein. In diesem Verteilkampf geht es jeweils auch um die «richtige» Technologie, die es zu fördern gelte.
Diese mittlerweile fast schon ideologisch geführten Grabenkämpfe erweisen der Sache einen Bärendienst und folgen keiner technischen Sachlage mehr. Anstatt die Schweiz zügig beim Ausbau mit sinnvollen und zukunftsfähigen Technologien voranzubringen, diskutieren wir darüber, ob Solarenergie oder Biogas mehr zu fördern sei oder ob Windkraft oder Wasserkraft einen grösseren Eingriff in die Natur darstellten. Tatsache ist aber: wir werden alle Technologien brauchen, wenn wir die ambitionierten Klimaziele erreichen wollen. Das scheint auch jenen klar zu werden, die bisher lediglich auf nur ein Medium gesetzt haben – meist Strom oder Fernwärme. Dabei ist die Schweiz bereits heute gar nicht in der Lage, ihren gesamten Strombedarf aus inländischer Produktion zu decken. Und im Rahmen von Dekarbonisierungsmassnahmen werden wir in Zukunft fast doppelt so viel Strom benötigen als heute. Selbst wenn wir das volle Potential möglicher Einsparungen – wie z. B. in der Gebäudeisolation – realisieren, wird der Strombedarf dennoch ein Vielfaches über der aktuellen Produktionskapazität liegen. Selbst bei einem massiven Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion bleibt gerade im Winter ein hoher inländischer Deckungsgrad utopisch und setzt zu viel auf eine Karte.
Immerhin: Die Branche ist der Politik voraus. Der Ausbau der Fernwärme schreitet zügig voran und immer mehr Projekte im Bereich Power-to-Gas (Wasserstoff oder synthetisches Methan) zeugen von der hohen Innovationskraft in der Schweiz. Denn die Versorger erleben die Herausforderungen schon heute und haben daher keine Berührungsängste mit neuen Technologien oder Medien. Vielmehr versuchen sie alle Potentiale zur erneuerbaren Energiegewinnung und vor allem auch deren Speicherung auszuschöpfen, um auch in Zukunft die Bevölkerung in der Schweiz jederzeit mit ausreichend Energie versorgen zu können.
Es wäre wünschenswert, wenn auch die Politiker:innen unabhängig von ihrer politischen Orientierung anerkennen, dass wir alle Technologien und Medien, die etwas zur Dekarbonisierung beitragen können, einsetzen und unterstützen sollten und keinesfalls Technologien oder Medien tabuisieren oder vorverurteilen dürfen. Nur wenn wir alle verfügbaren Potentiale effizient und klimaschonend ausschöpfen, werden wir den Ausstieg aus der fossilen Energie schaffen.
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