Seit 2015 führen SVGW und VSA gemeinsam mit dem Acqua360-Kongress einen Anlass durch, der ganz auf das Thema «Wasser» fokussiert. Seit 2015 findet der Kongress im «Palazzo del Congressi» in Lugano statt. An der diesjährigen vierten Ausgabe haben wir uns in Lugano intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels befasst und diskutiert, wie die Wasserwirtschaft ihre Resilienz gegenüber den klimatischen Veränderungen stärken kann. Mit der zunehmenden Erwärmung der Erdatmosphäre – die hauptsächlich durch den menschgemachten CO2-Ausstoss verursacht wird – verändern sich auch die klimatischen Bedingungen. Diese Veränderungen – wie Trockenheit oder Hochwasser – stellen auch die Wasserwirtschaft vor Herausforderungen.
Am Kongress waren Referate aus der Wissenschaft und Politik, von der Behördenseite aber auch aus der Praxis zu hören. Gleich zum Auftakt machte Ständerätin Marina Carobbio in ihrem Grusswort deutlich, dass die Politik gefordert ist, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser in ausreichender Menge auch bei zunehmenden Extremwetterereignissen und vor den Hintergrund der bereits heute sich abzeichnenden Herausforderungen sicherstellen. Gleich im ersten Referat von Marco Gaia, Leiter Regionalzentrale Süd beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, wurde deutlich, dass Extremwetterereignisse, wie Hitzewellen oder Starkregen, in Zukunft nicht mehr die Ausnahme, sondern zunehmend die Regel sein werden. Selbst wenn global der Ausstoss von CO2 signifikant verringert wird, lässt sich diese Entwicklung nicht mehr aufhalten. Die Frage ist nur noch, wie stark die Erwärmung zunehmen wird. Antonio Massarutto, Professor für Angewandte Wirtschaftslehre an der Universität von Udine zeigte im Anschluss auf, welche Risiken, volkswirtschaftlichen Auswirkungen und Kosten mit dieser Erwärmung und den damit einhergehenden, klimatischen und meteorologischen Veränderungen verbunden sind. Nach der Mittagspause ging Massimiliano Zappa von der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WUL) dann auf die Situation in der Schweiz ein und führte in seinem Referat aus, wie sich die Erwärmung in den nächsten 50 bis 80 Jahren auf die Gletscher, die Temperatur der Flüsse und Seen und die Niederschlagsmenge hierzulande auswirkt.
Lauren Cook, Gruppenleiterin der Abteilung Siedlungswasserwirtschaft an der Eawag, präsentierte dann konkrete Lösungsvorschläge. In ihrem Referat zeigte sie, wie die Starkregenereignisse der letzten Jahre zu Überflutungen in Städten wie Zürich, Lugano oder Luzern geführt haben, weil deren Abwassersysteme nicht für solche hohen Niederschlagsmengen geplant und gebaut worden waren. Sie ging im Anschluss darauf ein, welche planerischen und konzeptionellen Ansätze nötig sind, um die Entwässerungssysteme auf die kommenden Herausforderungen anzupassen. Neben naheliegenden Massnahmen, wie grösser dimensionierten Leitungen, werden in diesem Kontext aktuell auch Ideen wie die «Schwammstadt» diskutiert. Bei Michael Schärer, Sektionschef im Bereich Grundwasserschutz beim Bundesamt für Umwelt (BAFU), ging es dann um die Auswirkungen der zunehmenden Trockenheit und damit verbundenen Wasserknappheit. In seinem Referat wurde deutlich, dass wir in der Schweiz zwar nicht befürchten müssen, dass unser Trinkwasser knapp wird. Wenn es aber um die Bewässerung von Feldern, Gärten oder die Verfügbarkeit von Löschwasser geht, zeichnet sich in Trockenperioden ein grosses Konfliktpotential ab. Kantone, Städte und Gemeinden kennen aber die nötigen Massnahmen und viele setzen diese bereits um.
Die Wasserwirtschaft wird in der Schweiz auf kantonaler Stufe geregelt und nicht selten auf Gemeindeebene umgesetzt. Um die Versorgung gerade in Trockenperioden sicher zu stellen, bieten sich Zusammenschlüsse an. Wasserverbünde haben den Vorteil, dass sie gerade in Mangellagen die verfügbaren Ressourcen besser verteilen und den Wasserhaushalt effizienter ausgleichen können. Bernhard Gyger, Geschäftsführer der Wasserverbund Region Bern AG, kennt die rechtlichen und politischen Eigenheiten der Schweiz genau und zeigte in seinem Referat auf, welche Chancen in Zusammenschlüssen liegen, aber auch auf welche Widerstände solche Projekte in der Politik und der Bevölkerung stossen. Klar wurde, dass Verbünde klare Vorteile bringen, der Weg dorthin aber nicht einfach ist und Zeit braucht. Im letzten Referat stellte Maurizio Pedrazzini, Business Development Manager bei der Firma vonRoll, schliesslich technologische Innovationen vor, wie Versorger den Wasserverlust beim Transport des Trinkwassers vermeiden können. Konkret stellte er akustische Geräte vor, mit denen Lecks in Trinkwasserleitungen sehr genau lokalisiert werden können. Eine genau Lokalisierung ermöglicht es den Versorgern, punktgenau an die betroffene Stelle zu gelangen, ohne einen ganzen Leitungsabschnitt ersetzten zu müssen.
Zum Abschluss des Kongresses diskutierten Ständerätin Marina Carobbio, Lauren Cook, Bernhard Gyger, Martin Bossard, Leiter Politik bei Bio Suisse und Olivier Chaix, Chefberater der Wasserwirtschaft Integralia SA unter der Leitung von Sharon Bernardi, Journalistin bei RSI, unter dem Titel «Wasserressourcen: First come first served oder politische Priorisierung» darüber, wie sich die vor dem Hintergrund einer knappen Verfügbarkeit der Ressource Wasser abzeichnenden Interessenskonflikte zwischen Landwirtschaft, Umwelt, Gesellschaft, Industrie und Politik auflösen lassen. Im Gespräch wurde klar, dass auf politischer Ebene das Thema Wasserwirtschaft stärker priorisiert werden muss, sowohl was die Verfügbarkeit als auch die Wasserqualität betrifft. Aber nicht nur die Politik ist gefordert, auch der Dialog zwischen Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Industrie über mögliche Massnahmen und Kompromisse gilt es jetzt aktiv zu fördern.
Gerade Anlässe wie der Acqua360-Wasserkongress sind ideale Plattformen, den Dialog zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen anzustossen. So hat der Kongress auch dieses Jahr einen Beitrag geleistet, den Austausch über die Branche hinaus zu ermöglichen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zeigten sich in den Rückmeldungen entsprechend zufrieden und haben den Kongress nicht nur genutzt, um über Lösungsansätze für die anstehenden Herausforderungen zu diskutieren, sondern auch wertvolle Kontakte zu knüpfen. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und insbesondere den Referentinnen und Referenten für die interessanten Vorträge und den spannenden Austausch bedanken. Ein spezieller Dank gilt auch den Sponsoren, die den Kongress Jahr für Jahr möglich machen.
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