In der Schweiz überwacht eine Clearingstelle, die der Verband der Schweizerischen Gasindustrie VSG betreibt, die eingespeisten und verkauften Biogasmengen. Auf diese Weise haben die Konsumenten die Garantie, dass das bezogene Biogas auch tatsächlich eingespeist worden ist. Das technische Inspektorat des schweizerischen Gasfaches TISG führt im Auftrag dieser Clearingstelle regelmässige Betriebskontrollen bei Biogaseinspeiseanlagen durch. Zuständig dafür ist die vom TISG betriebene Zulassungs- und Marktüberwachungsstelle (ZMS). Sie stellt sicher, dass nur Produktions- und Einspeiseanlagen für Biogas zugelassen werden, welche die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, und nur Biogasmengen zur Verwendung als Treibstoff als steuerbegünstigt anerkannt werden, die dazu berechtigt sind.
Die periodischen technischen Überprüfungen der Biogaseinspeiseanlagen erfolgen gemäss den SVGW-Reglementen G209 «Technische Abnahme, Zulassung und Betriebsaufsicht von Anlagen zur Einspeisung von erneuerbaren Gasen» und G210 «Zulassungs- und Marktüberwachungsstelle (ZMS)» sowie weiteren Dokumenten des SVGW-Regelwerks, insbesondere der Richtlinie G13 für die Einspeisung von erneuerbaren Gasen. Die bei den im Jahr 2019 durchgeführten Betriebskontrollen erhobenen Daten zu den einzelnen Anlagen sind im Folgenden zusammengefasst und geben den Stand der Biogaseinspeisung in der Schweiz im letzten Jahr wieder.
Per Ende 2019 waren 35 Biogaseinspeiseanlagen in Betrieb. Während des Jahres sind fünf Anlagen neu in Betrieb gegangen: ARA Regio Grenchen (Kt. SO), ARA Obersee (Schmerikon, Kt. SG), Axpo Kompogas AG (Bachenbülach, Kt. ZH), STEP La Saunerie Colombier (Kt. NE) und die Power-to-Gas-Anlage Hybridwerk Aarmatt der Regioenergie Solothurn. Im gleichen Zeitraum wurden keine Anlagen vom Netz genommen. Eine Anlage befand sich jedoch ausser Betrieb; ihre Wiederinbetriebnahme ist für das Jahr 2020 vorgesehen. Damit setzte sich der steigende Trend der letzten Jahre fort. Die Anlagen speisten insgesamt 27 639 909 kg bzw. 408,5 GWh Biogas ins Schweizer Erdgasnetz ein. Das entspricht einer Steigerung von 2 563 046 kg bzw. 40,2 GWh gegenüber dem Vorjahr.
Es ist zu erwarten, dass sich der beobachtete Trend auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird, wofür folgende Gründe angeführt werden können:
– Der ZMS sind weitere Biogasaufbereitungs- und Einspeiseanlagen bekannt, die sich aktuell in Planung bzw. im Bau befinden. Dies sind: Power-to-Gas Limeco (Kt. ZH), Biogaseinspeiseanlage Stabio (Kt. TI), Biogaseinspeiseanlage Tägerwilen (Kt. TG), Biogaseinspeiseanlage Kuhrerhof (Kt. GR) und ARA Frutigen (Kt. BE).
- Die Gaswirtschaft hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 30% erneuerbare Gase im Wärmemarkt für Haushalte anzubieten.
– Auch die Nachfrage nach Biomethan im Wärmemarkt nimmt stetig zu.
– Dank der Aufbereitungstechnologie basierend auf dem Membrantrennverfahren, die sich in den letzten Jahren etabliert hat, können auch kleine bis mittlere Anlagen wirtschaftlich betrieben werden.
– Im Rahmen von Forschungsprojekten des PSI (Paul-Scherrer-Institut) und der HSR (Hochschule für Technik Rapperswil) wurden neue Verfahren der Direktmethanisierung von Rohbiogas entwickelt [1, 2]. Das im Rohbiogas enthaltene CO2 wird dabei nicht abgetrennt, sondern zusammen mit Wasserstoff in Methan umgewandelt. Auf diese Weise wird das Rohbiogas zu einem Biogas mit Erdgasqualität
veredelt.
Bei einem Grossteil der 35 Anlagen handelt es sich beim Rohbiogas um Klärgas, das aus der Vergärung von Klärschlamm stammt, der bei der Abwasserreinigung anfällt. In einigen Fällen wird eine Mischung aus Klärschlamm und Grüngut für die Biogasherstellung genutzt. In 14 Anlagen besteht das Ausgangsmaterial aus Grüngut, Lebensmittelabfällen und/oder Gülle und Mist.
Zurzeit stehen für die Aufbereitung von Rohbiogas zu einspeisefähigem Biogas (d. h. zur Trennung von Kohlenstoff-
dioxid und Methan) drei Technologien zur VerfĂĽgung:
– Druckwechsel-Adsorption (PSA)
– Chemische Wäsche (Aminwäsche)
– Membrantrennverfahren
Aktuell gewinnt die Aufbereitung auf Grundlage der Membrantrenntechnologie immer mehr an Bedeutung. So wurden in den letzten Jahren fast nur noch Anlagen mit diesem Aufbereitungsverfahren in Betrieb genommen. Von den 35 Aufbereitungs- und Einspeiseanlagen sind 17 Anlagen mit der Membrantechnik ausgestattet.
Eine besondere Anlage speiste von Mai 2019 bis Februar 2020 synthetisches Methan ins Erdgasnetz ein: die Power-to-Gas-Anlage auf dem Areal des Hybridwerks Aarmatt der Regio Energie Solothurn, die als Demonstrationsanlage im Rahmen des EU-Forschungsprojekts STORE&GO betrieben wurde [2]. Hier wurden CO2, das aus der Klärgasaufbereitung des Zweckverbands der Abwasserregion Solothurn-Emme (ZASE) stammte, und Wasserstoff, der durch Elektrolyse gewonnen wurde, mithilfe von Mikroorganismen in synthetisches Methan umgewandelt (biologische Methanisierung).
Letztes Jahr wurden 30 der 35 in Betrieb befindlichen Aufbereitungs- und Einspeiseanlagen von der ZMS kontrolliert. Bei diesen periodischen Kontrollen werden unter anderem folgende Punkte beurteilt:
– Produktgasqualität (gemäss den Vorgaben der Richtlinie G13 zur Produktgasqualität sowie denjenigen der G18 zur Gasqualität im Erdgasnetz)
– Messeinrichtungen zur Bestimmung der Gasqualität und zur Überwachung der Prozesse
– Methanschlupf (Bestimmung der Methanmenge, die während des Aufbereitungs- und Einspeiseprozesses entweicht)
– Sicherheitseinrichtungen
– Dokumentation
Der zur Einspeiseberechtigung notwendige Mindestanteil Methan im Produktgas von ≥ 96 Vol.-% für die uneingeschränkte Einspeisung ins Erdgasnetz wurde gut bis mehrheitlich sogar sehr gut erfüllt.
Mit der Revision der Richtlinie G13 für die Einspeisung von Biogas (Stand Jan. 2014) wurde der zulässige Restmethan-Anteil für Neuanlagen (Inbetriebnahme seit 1. Januar 2014) auf 2,5 Vol.-% gesenkt. Für Anlagen, die vor dem 31. Dezember 2013 in Betrieb gegangen sind, gilt weiterhin ein Restmethan-Anteil von 5 Vol.-%.
Durch die Einführung neuer Biogas-Aufbereitungstechnologien, vor allem der Membrantrenntechnologie, kann diese Auflage mehrheitlich gut bis sehr gut erfüllt werden. Ein Grossteil der Anlagen weist heute einen Methanschlupf von < 1% aus.
In der Richtlinie G11 «Gasodorierung» und in der Richtlinie G18 «Gasbeschaffenheit» wird für Tetrahydrothiophen (THT), das vornehmlich zur Odorierung eingesetzt wird, eine Mindestkonzentration von 10 mg/m3 definiert. Gemäss den Protokollen von Untersuchungen an Gasproben, die der ZMS vorgelegt wurden, und aus einzelnen, im Rahmen der Kontrollen gemachten Messungen wurde dem Biogas THT in ausreichender Konzentration und in der empfohlenen Bandbreite zugefügt. Darüber hinaus werden die Gasnetze durch den Gasnetzbetreiber einmal pro Quartal auf ihren THT-Gehalt hin geprüft. Bei Unterschreitungen der geforderten 10 mg THT/m3 wurden geeignete Massnahmen getroffen.
Um die Gasqualität möglichst exakt verfolgen zu können, müssen die eingesetzten Messgeräte periodisch mit Prüfgasen nach Herstellerangaben kalibriert und gegebenenfalls justiert werden. Mancherorts wurde festgestellt, dass die Prüfgase abgelaufen waren.
Die ZMS entnahm bei den kontrollierten Anlagen Gasproben und liess diese im SVGW-Labor analysieren, um die Gasqualität des Produktgases (Biomethan) zu bestimmen. Auf diese Weise konnte die korrekte Funktion der Analysegeräte vor Ort und die Wirksamkeit der Kalibrierprozesse überprüft werden.
Überdies entnahm die ZMS stichprobenartig – je nach Aufbereitungstechnologie oder bei Unstimmigkeiten – Proben aus dem Off-Gas zur Bestimmung des Methanschlupfs. Die ermittelten Restmethanmengen wurden mit den vom Betreiber nachgewiesenen Restmethanmengen verglichen. Bei den meisten Neuanlagen wird der Restmethangehalt im Off-Gas kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet.
Insgesamt ergaben die letztjährigen Kontrollen, dass die in der Schweiz betriebenen Aufbereitungs- und Einspeiseanlagen dem Stand der Technik entsprechen. Sie werden durch die Betreiber gut bis sehr gut instand gehalten und die Prozesse sind gut dokumentiert. Insbesondere gewährleistet die Qualität gemäss der SVGW-Richtlinie G13 des eingespeisten Produktgases ein einwandfreies Mischgas im Leitungsnetz, von wo es an die Verbraucher abgegeben wird.
[1] Kunz, A.; Witte, J.; Biollaz, S.; Schildhauer, T. (2017): Direkte Biogas-Methanisierung: erfolgreicher technischer Nachweis. Aqua & Gas 9/2017: 68–73
[2] Gorre, J.; Lochbrunner, A.; Leonhard, R. (2020): Bio-Methanisierung im industriellen Massstab – Porträt und Ergebnisse des STORE&GO-Projekts. Aqua & Gas 5/2020: 26–33
Seit 2011 betreibt die Schweizer Gaswirtschaft ihr eigenes Fördermodell, um die Mengen an eingespeistem Biogas zu erhöhen. Wie der nebenstehende Beitrag zeigt, mit beträchtlichem Erfolg.
Diese Förderung war eine Reaktion auf die starke staatliche Unterstützung der Produktion von Strom aus Biogas. Warum nur Strom, aber nicht auch die Einspeisung von Biogas bzw. anderen erneuerbaren Gasen unterstützt werden soll, lässt sich nicht begründen. Im Gegenteil! Aus Sicht Energieeffizienz macht die Einspeisung mehr Sinn. Bei der Stromproduktion entsteht viel Abwärme, die oft nicht richtig genutzt werden kann. Wird Gas eingespeist, dann steht die ganze Energiemenge als Treib- oder Brennstoff zur Verfügung und kann bei Bedarf dort in Strom umgewandelt werden, wo die Wärme wirklich nachgefragt wird. Trotzdem war es bisher nicht möglich, die Förderung technologieneutral auszugestalten. Dies könnte sich mit dem revidierten CO2-Gesetz nun ändern. Der Ständerat schlägt in Art. 39 konkret vor, die Einspeisung von erneuerbaren Gasen über den neuen Klimafonds zu fördern. Der Nationalrat hat die Bestimmung abgeändert in die «Förderung alternativer Substrate». Welche Formulierung siegreich aus der anstehenden Differenzbereinigung hervorgehen wird, ist natürlich noch nicht klar. Sicher ist aber, dass auch die Wortwahl des Nationalrates die Einspeisung erneuerbarer Gase umfasst. Dies haben die Bundespräsidentin und Parlamentarier in den Beratungen bestätigt.
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