Erdgas ist ein wichtiger Energieträger und wird mittel- bis langfristig als Kohleersatz noch an Bedeutung gewinnen. Der Transport und insbesondere die Feinverteilung von Erdgas in die Haushalte ist jedoch eine technische Herausforderung und beeinflusst die öffentliche Sicherheit und die Umweltverträglichkeit dieser fossilen Energiequelle massgeblich.
Lecks an Gasleitungen treten häufig auf und bedeuten ein Schaden an der Infrastruktur, der durch die Lage in oft dicht besiedelten Ballungsräumen nur mit entsprechend grossem Aufwand zu finden ist. In den 1950er-Jahren begann die Odorierung von Erdgas. Seither können Gasversorgern auf ihre eigenen Kunden zählen, indem diese Lecks durch «Riechen» erkennen und die Betreiber auf ein Gasleck hinweisen.
Technologische Entwicklungen in den letzten dreissig Jahren führten zu Messinstrumenten, die Methan als Hauptbestandteil von Erdgas detektieren können. Vielerorts werden die Gasleitungen zu Fuss periodisch abgeschritten – einerseits um regulatorischen Anforderungen Rechnung zu tragen, andererseits aufgrund der Schwierigkeiten unterirdische Lecks zu entdecken. Dies ist sehr kostenintensiv und die eingesetzten Gasdetektoren erlauben nur eine räumlich sehr begrenzte Überwachung des Gasnetzes. Die konventionelle Gaslecksuche erfordert eine Messung direkt oberhalb der betroffenen Gasleitung, die sich meistens unter einer Strasse oder dem Gehsteig befindet. Die Effizienz dieser, von der Position der Gasleitung abhängigen Methode, hängt stark von der Erfahrung des Inspektors und den lokalen Gegebenheiten des Erdgasnetzes ab. Im angelsächsischen Sprachraum wird diese Methode zur Leckortung «asset based method» bezeichnet – als «asset» sind dabei die Erdgasleitungen des Gasverteilers gemeint.
Um die grosse Anzahl Odor Calls zu reduzieren, sind bessere und effizientere Methoden gefragt. Eine solche Technologie sollte erstens den Vorteil einer mobilen Plattform mitbringen, um die Hunderte Kilometer an Gasleitungen effizient und in regelmässigen Abständen kontrollieren zu können. Weiter muss diese mobile Plattform im Vergleich zu herkömmlichen Messinstrumenten einen deutlich sensitiveren Detektor enthalten, um auch Lecks orten zu können, die sich nicht in unmittelbarer Nähe der Messsonde befinden. Der letzte Punkt schliesst eine Methode aus, die sich an der Position der Gasleitung orientiert (asset based), da Gasnetze nie vollständig zugänglich sind.
Es sind die erwähnten Nachteile der asset based Lecksuche, die der Picarro Surveyor massgeblich verbessert und damit die Suche nach Gaslecks revolutioniert. Der Surveyor bietet eine Methode, die nicht mehr von der Position des Detektors in Bezug auf das Gasnetz abhängt, sondern den Fokus auf die gesamte Gasinfrastruktur innerhalb eines Gebiets legt. Dieser gebietsorientierte Ansatz (area based) erlaubt es, Gaslecks zu finden, die nicht direkt mit einem herkömmlichen Messgerät zugänglich sind.
Die Fokussierung der Gaslecksuche auf ein Gebiet anstatt auf die unmittelbare Position der Gasleitung erlaubt es, Lecks auch dann zu orten, wenn die geografische Position der Leitung nicht genau bekannt oder die Leitung aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht zugänglich ist.
Bei der area based Lecksuche wird eine Zone der Gasinfrastruktur systematisch abgefahren, wobei der vom Surveyor überwachte Teil in Echtzeit auf einer Karte (Google Map) aufgezeichnet wird. Anders als mit konventionellen Messsinstrumenten wird auch die Windrichtung und -geschwindigkeit gemessen, um den tatsächlich erfassten Teil des Gasnetzes darzustellen. Je nach geografischer Beschaffenheit und Windstärke werden auch Zugangsleitungen und schwer zugängliche Hausinstallationen miterfasst.
Die Methode erfordert einzig eine systematische Fahrweise innerhalb der gewählten Zone. Somit ist sie deutlich weniger anspruchsvoll als eine Lecksuche, die direkt oberhalb der betroffenen Gasleitung stattfinden muss. Dies vermindert die Unterschiede, welche aufgrund verschiedener Arbeitsweisen und Erfahrungen der Inspektoren zustande kommen.
Die Einführung einer gebietsorientierten Methode, um Lecks aus der Distanz zu detektieren, erfordert ein genaues Verständnis der lokalen Transportverhältnisse in der Atmosphäre und Computer-Algorithmen, welche die einzigartige Signatur von Erdgaslecks von denen anderer Methanquellen unterscheiden können. Dies ist ein entscheidender Faktor, um Falsch-positiv-Indikationen zu vermeiden und trotzdem eine effiziente und vollständige Lecksuche zu garantieren.
Gasnetzwerkbetreiber, welche die Methode der area based Lecksuche in ihre Organisation integriert haben, können die Überwachung der Infrastruktur deutlich effizienter erledigen und somit die Häufigkeit der Lecksuche erhöhen, was längerfristig zu einer Verbesserung der Sicherheit und Nachhaltigkeit des Gasnetzes beiträgt.
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Die Methode der area based Lecksuche beinhaltet eine Fülle an Daten, die weit über die eigentlichen Gasmessungen hinausgehen. Nebst der regulatorischen Kontrolle der Infrastruktur können sie auch für andere Anwendungen genutzt werden.
Die Picarro Surveyor-Methode bietet eine Antwort auf ein sich veränderndes und immer stärker vernetztes Marktumfeld (Internet of Things), das unter anderem auch die Verarbeitung und sichere Handhabung sehr grosser Datenmengen (Big Data) verlangt. Die Pcubed-Plattform erfasst die Messungen der Gaskonzentration, Wind- und Wetterinformationen und integriert die geografischen Informationen (GIS) über die Gasinfrastruktur auf einer cloudbasierten Plattform.
Nebst der regulatorischen Überwachung der Gasinfrastruktur können diese umfassenden Daten auf Pcubed auch für weiterführende Anwendungen im Unterhalt eines Gasnetzwerkbetreibers eingesetzt werden. Anhand der Analyse vieler Tausend Gaslecks, die seit 2014 in über einer Million Kontrollfahrten detektiert wurden, ist in Zusammenarbeit mit einem grossen US-Gasnetzbetreiber ein Modell zur Risikogewichtung von Gaslecks entwickelt worden. Diese analytische Software bewertet die Gefährlichkeit eines Gaslecks und ordnet diesen aufgrund des berechneten Risikopotenzials eine Rangierung zu, welche als Basis zur Planung der weiteren Arbeitsabläufe (Lokalisierung) dient. Diese cloudbasierte Smart Analytics- Software ordnet den detektierten Gaslecks aufgrund ihres Risikopotenzials eine Prioritätsstufe zu, sodass die Ressourcen zur Wartung z. B. in Leitungsabschnitten eingesetzt werden, wo Lecks häufig auftreten. Nebst der Erfassung der Anzahl an Gaslecks innerhalb eines Netzwerkteils kann die analytische Software auch so programmiert werden, dass Lecks mit den grössten Emissionen prioritär behandelt werden. Diese Einstellung der risikobasierten Lecksuche trägt zur Verminderung eines Unfallrisikos bei und kann als zusätzliche Anwendung auch zur Mitigation von Treibhausgasemissionen genutzt werden.
Die Effizienz einer area based Lecksuche im Zusammenspiel mit einer smarten Datenverarbeitung erlaubt im Vergleich zu konventionellen Methoden zwei- bis dreimal mehr potenziell gefährliche Gaslecks («Hazardous») zu detektieren. Aufgrund der gesteigerten Effizienz sinkt der Anteil der Kosten für die Lecksuche (Compliance Survey) und erlaubt (bei gleichbleibendem Budget) mehr Mittel für Reparaturen und Unterhalt einzusetzen. Diese Investitionen in die Infrastruktur erhöhen die Qualität und Sicherheit des Gasnetzes, was längerfristig eine Reduktion gefährlicher Gaslecks und den damit verbundenen Odor Calls nach sich zieht.
Erdgas als häufig vorkommender und vielseitig einsetzbarer Energieträger hat in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen und wird in absehbarer Zukunft auch nicht aus dem Schweizer Energiemix verschwinden. In Zeiten fortschreitender Urbanisierung und in einem Umfeld der globalen Klimaerwärmung steht auch die Erdgasindustrie vor neuen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Ein neuartiger Ansatz einer area based Gaslecksuche bietet eine effiziente Lösung, um auch unzugängliche Bereiche abzudecken und eine lückenlose Lecksuche zu gewährleisten. Die Erfassung von Big Data im Zusammenspiel mit smarten Software-Algorithmen steigert die Effizienz der obligatorischen Leckortung bei gleichzeitiger Reduktion der kostspieligen Odor Calls. Die erhobenen area based Daten sind die Grundlage für ein ganzheitliches Infrastruktur-Management und können für weiterführende Anwendungen wie die risikobasierte Wartung und eine proaktive Vermeidung von Gaslecks verwendet werden. Der Picarro Surveyor als moderne, cloudbasierte Leckortung lässt sich nahtlos in die Internet of Things-Strategie eines Gasbetreibers integrieren und bietet die notwendige Flexibilität, um den regulatorischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.
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