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Fachartikel
26. Oktober 2022

Fernwärme

Saisonale Wärmespeicher

Saisonale Wärmespeicher sind ein Schlüsselelement für die künftig fossilfreie und kosteneffiziente Energieversorgung der Schweiz. Aber auch im Hinblick auf die aktuelle geopolitische Lage überzeugt die Langzeitspeicherung von Wärme: So ermöglichen saisonale Wärmespeicher eine markante Reduktion des Elektrizitätsbedarfs von Wärmepumpen im Winter und mindern dadurch das Risiko der drohenden Strommangellage.
Núria Duran Adroher, Richard Lüchinger, Willy Villasmil, Jörg Worlitschek, 

Energiewende ist auch Wärmewende. Doch während in den Elektrizitäts- und Mobilitätsbereichen bereits viel getan wurde, stockt die Energiewende im Bereich der nachhaltigen Wärmeversorgung. Dies, obwohl dort das Potenzial gross ist: Der Wärmeverbrauch in der Schweiz ist für 45% des Endenergieverbrauchs verantwortlich, und rund 60% dieser Wärme werden immer noch mit fossilen Brennstoffen erzeugt [1]. Der Wärmebereich führt somit zu mehr als 35% der gesamten Treibhausgasemissionen des Landes [2].

Darüber hinaus müssen fossile Brennstoffe wie Erdgas aus dem Ausland importiert werden, was die Schweiz vom Ausland abhängig macht und zu stark volatilen Energiepreisen führt. Die Unabhängigkeit vom Ausland ist in Anbetracht der aktuellen geopolitischen Lage besonders wichtig. Die Dekarbonisierung des Wärmesektors ist daher auch aus anderen Gründen essenziel.

Die Umstellung auf erneuerbare Energien erfordert ein generelles Umdenken der Energieversorgung. Denn im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen haben erneuerbare Energien in der Regel keine natürliche Speicherungsform, was typischerweise zu einer zeitlichen Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage führt. So ist z. B. das Angebot an Solarenergie dann am höchsten, wenn die Nachfrage nach Wärme am geringsten ist: im Sommer. Diese Diskrepanz kann durch den Einsatz von Kurz- und Langzeitwärmespeichern ausgeglichen werden. Wenn die im Sommer erzeugte Wärme in den Winter übertragen werden kann, lassen sich Treibhausgasemissionen und die Importe fossiler Brennstoffe vermeiden, was die Versorgungssicherheit erhöht und die volkswirtschaftlichen Kosten senken.

Die saisonale Wärmespeicherung ist eine vielversprechende Technologie mit einem hohen Potenzial zur Beschleunigung der Energiewende. Dieser Ansatz hat sich im Ausland bereits bewährt, aber wird in der Schweiz noch weitgehend vernachlässigt.

WIE helfen SAISONALE WÄRMESPEICHER BEI DER ENERGIEWENDE?

Mithilfe von saisonalen Wärmespeichern (bekannt auch als saisonale thermische Energiespeicher) kann überschüssige thermische Energie über einen Zeitraum von mehreren Monaten kosteneffizient gespeichert werden. Die gespeicherte Energie kann zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden, um den Wärmebedarf im Winter ohne den Einsatz fossiler Energieträger zu decken. Wärmespeicherung ist aber nicht nur für den Wärmesektor relevant, sondern vor allem für den Elektrizitätssektor. So würde eine umfassende Elektrifizierung des Wärmesektors (durch den vermehrten Einsatz von elektrischen Wärmepumpen) das Stromnetz vor grösste Herausforderungen stellen. Aktuelle Prognosen verweisen bereits stark auf eine stetig steigende Stromnachfrage in den kommenden Jahren. Die Minimierung des Stromverbrauchs der Wärmepumpen im Winter ist folglich von essenzieller Bedeutung, um das Stromnetz zu entlasten und mögliche Engpässe zu vermeiden. Dies kann erreicht werden, indem überschüssige Wärme (z. B. Wärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen, Abwärme, Wärme aus Solarkollektoren oder mit Wärmepumpen erzeugte Wärme) in saisonalen Wärmespeichern eingelagert wird. Die gespeicherte Wärme kann dann in den kalten Wintermonaten genutzt werden, um den Wärmebedarf zu decken.

Aktuelle Berechnungen der ETH Zürich deuten darauf hin, dass die Schweiz 2050 im vollständig dekarbonisierten Energiesystem voraussichtlich einen zusätzlichen Winterstrombedarf von 10 TWhel (elektrisch) haben wird, der nicht durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Dieser Bedarf müsste von Strom- und/oder Gasimporten gedeckt werden. Die neuesten Modellergebnisse zeigen, dass saisonale Wärmespeicher diesen ungedeckten Winterstrombedarf um bis zu 4 TWhel reduzieren können [3]. Dabei spielen die folgenden Teilaspekte zusammen:

  • Grosswärmepumpen in Wärmenetzen in Kombination mit saisonalen Wärmespeichern können den Winterstrombedarf um 0,5 bis 1 TWhel reduzieren.
  • Ein ähnlich grosser Effekt (0,5 bis 1 TWhel) wird von dezentralen Wärmespeichern in grossen Einzelgebäuden wie Mehrfamilienhäusern und Überbauungen erwartet.
  • Zudem bewirken saisonale Wärmespeicher, dass Kehrichtverbrennungsanlagen ihre im Sommer erzeugte Wärme in den Winter verschieben können und somit zu einer Reduktion des Winterstrombedarfs um 0,5 bis 1 TWhel führen.
  • Weitere massgebliche Potenziale ergeben sich durch die Wärmespeicherung mittels Regeneration von Erdwärmesonden. Dies ermöglicht laut einer Studie von TEP Energy und Ecoplan eine Effizienzsteigerung der Wärmepumpen und so eine jährliche Stromeinsparung von ca. 1,5 TWhel.

Diese Gesamtreduktion des ungedeckten Winterstrombedarfs um bis zu 4 TWhel ist in Figur 1 illustriert.

Sektorenkopplung

Unter Sektorenkopplung versteht man die Verbindung der «Energiesektoren» Strom, Wärme und Mobilität. Die Sektorenkopplung ermöglicht die Nutzung von überschüssiger elektrischer, thermischer oder chemischer Energie in den anderen Sektoren, wodurch die Resilienz, Flexibilität und Effizienz des Energiesystems erhöht wird. Ein Beispiel zeigt Figur 1, nämlich die «Power-to-Heat»-Kopplung (Strom zu Wärme) mit Hilfe einer Wärmepumpe. Dabei gibt es aber wieder eine zeitliche Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage, die mit einer saisonalen Wärmespeicherung gelöst werden kann. Figur 2 stellt das Schweizer Energiesystem vereinfacht als Netzwerk aus Energieflüssen dar.

Wirtschaftlichkeit

Schon heute wird deutlich, dass es sich bei saisonalen Wärmespeichern um eine wirtschaftlich attraktive Form der Energiespeicherung handelt. Investitions- und Betriebskosten sind abhängig von der Grösse und der Speichertechnologie. In Figur 3 sind die spezifischen Kosten für thermische Speicher in Bezug auf deren Grösse dargestellt. Daraus wird klar erkennbar, dass auch bei dieser Technologie die Grösse den Preis bestimmt: Je grösser der Speicher, desto günstiger ist er. Kleine Warmwasserspeicher für Gebäude kosten zum Beispiel über 1000 Fr./m3 während grosse Erdbeckenspeicher für Wärmenetze unter 30 Fr./m3 kosten. Daher ist es von Vorteil, grossvolumige Wärmespeicher in thermischen Netzen zu integrieren, da die Wirtschaftlichkeit so deutlich verbessert wird.

Kommerziell betriebene grosse Erdbeckenspeicher in Dänemark erreichen bereits jetzt einmalige spezifische Speichererstellungskosten von z. B. 38 Euro pro Kubikmeter oder 0.41 Euro pro Kilowattstunde [8].

WELCHE LÖSUNGEN GIBT ES?

Lösungen zur saisonalen Wärmespeicherung sind bereits seit den 1980er-Jahren [9] verfügbar und erfolgreich im Einsatz. Sie zeigen, dass die Wärmespeicherung die Robustheit, Flexibilität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Wärmeversorgung verbessert und gleichzeitig die Unabhängigkeit erhöht. Neben den etablierten Lösungen gibt es zahlreiche neue und vielversprechende technische Ansätze, die derzeit entwickelt werden oder kurz vor der Markteinführung stehen. Eine Übersicht über eine Auswahl von 18 saisonalen Wärmespeichertechnologien ist nach Reifegrad in Figur 4 dargestellt. Zusätzlich sind die Technologien in drei Gruppen unterteilt:

Sensible Speicher

Die erste Gruppe beinhaltet Speicher, bei denen die Temperatur des Speichermediums (in der Regel Wasser, Gestein oder Erde) verändert wird, sog. sensible Speicher. Die Energiedichte von wasserbasierten Wärmespeichern hängt von der Temperaturdifferenz zwischen dem Lade- und dem Entladezustand des Speichers ab. Bei einer Temperaturdifferenz von 60 K entspricht die Energiedichte 70 kWh/m3, während bei einer Temperaturdifferenz von 20 K die Energiedichte sich auf 23 kWh/m3 reduziert. Sensible Wärmespeicher sind derzeit die am weitesten verbreiteten und entwickelten Speichersysteme, da es sich um eine relativ einfache, kostengünstige und ausgereifte Technologie handelt.

Latentspeicher

In der zweiten Gruppe Speicher kommen sogenannte Phasenwechselmaterialien (PCM) als Speichermedium zum Einsatz. Diese nutzen den physikalischen Effekt des Phasenwechsels eines Stoffes (z. B. Schmelzprozess: fest zu flüssig), um Wärme zu speichern. Der Vorteil dieser Technologie ist eine höhere Energiedichte von rund 80–150 kWh/m3 und dadurch ein deutlich geringerer Platzbedarf im Vergleich zu den sensiblen Speichern. Auch für diese Gruppe gibt es kommerziell verfügbare und bewährte Lösungen auf dem Markt; darüber hinaus gibt es verschiedene neue Konzepte, die sich noch im Labor befinden oder jetzt in Form von vielversprechenden Start-ups auf den Markt kommen. Ein Ansatz, der in der Schweiz entwickelt wird, basiert auf PCM-gefüllten Kapseln, die einem herkömmlichen Wasser-Wärmespeicher hinzugefügt werden können. Dadurch erhöht sich die Speicherkapazität um rund das Dreifache. Derzeit sind solche Speicher für Kurzzeitspeicherung ausgelegt, und es laufen Projekte, die diese Konzepte eventuell für Langzeitspeicherung ermöglichen.

Thermochemische Energiespeicher

Bei der dritten Gruppe handelt es sich um eine vielversprechende Technologie, die sich momentan in der Entwicklungsphase befindet. Thermochemische Energiespeicher nutzen reversible chemische Reaktionen, um das Potenzial, Wärme zu erzeugen, in einem Stoff zu binden. Der Vorteil dieser chemischen Umwandlung ist, dass nach der Reaktion die Energie fest im Stoff gebunden ist und so fast beliebig lange ohne Wärmeverluste gelagert werden kann. Zusätzlich wird mit dieser Technologiegruppe hohe Energiedichten um 300 kWh/m3 (materialbezogen) erreicht. Allerdings ist die thermochemische Speicherung noch nicht kommerziell verfügbar, doch verschiedene Forschungsprojekte treiben diese Technologie stetig voran.

Ein Laborprototyp existiert zum Beispiel in Loughborough (GB), wo gezeigt wurde, dass ein solches System finanziell tragfähig ist und zu erheblichen CO2-Einsparungen führt [10]. Ein weiterer Prototyp wird derzeit an der Hochschule Luzern betrieben und getestet [11].

BEISPIELE von SAISONALEn THERMISCHEn ENERGIESPEICHERn

Anwendungsbeispiele für saisonale Wärmespeichersysteme gibt es vor allem im Ausland, wie in Dänemark oder Deutschland, aber auch vereinzelt in der Schweiz. Die nachfolgenden Beispiele sind entweder bereits erprobt und kommerziell verfügbar oder stehen kurz vor der Markteinführung.

Suurstoffi, Rotkreuz: Erdsonden-Wärmespeicher

Erdsonden-Wärmespeicher nutzen den Untergrund, um darin Wärme zu speichern. In Bohrlöchern werden Erdwärmesonden über 100 Meter tief in den Boden eingebracht. Durch diese Sonden wird das erhitzte Wärmeträgermedium in den Boden geleitet und erwärmt dort das Gestein. Wenn Wärme benötigt wird, wird die gespeicherte Wärme dem Gestein wieder entzogen. Neben der aktiven Wärmespeicherung entziehen Erdwärmesonden auch die natürliche Erdwärme aus dem Boden und machen sie nutzbar. Da die Speichertemperatur oft bei circa 10–20 °C liegt, wird ein Erdsonden-Wärmespeicher in der Regel in Kombination mit einer Wärmepumpe oder einem Niedertemperaturnetz betrieben. Ein Beispiel für diese Technologie ist das Quartier Suurstoffi in Rotkreuz mit 6000 Menschen, einer Fläche von 100'000 m2 [12] und einem Gesamtwärmebedarf für Raumheizung und Warmwasser von 2,1 GWh/a [13]. Das Quartier nutzt Erdwärmespeicher, um überschüssige Sonnenenergie und Gebäudeabwärme vom Sommer in den Winter zu verlagern. Die Gesamtmenge an Wärme aus den Erdwärmesonden zur Versorgung der Wärmepumpen beträgt 1600 MWh/a [13]. Neben einer höheren solaren Deckung der Wärmepumpe mit einem reduzierten Strombedarf im Winter profitiert das Quartier von einer Kühlung der Gebäude im Sommer.

Suurstoffi ist kein Einzelfall. In der Schweiz gibt es bereits mehrere vergleichbare Bauten, die die Funktionalität und die Vorteile eines Erdwärmespeichers demonstrieren. So wurden beispielsweise bei der Familienheim-Genossenschaft Zürich [14] oder bei der ETH Hönggerberg [15] mehrere zehntausend Sondenmeter gebohrt, die saisonal bewirtschaftet werden.

Dronninglund(DK): Erdbeckenspeicher

Sehr grosse Speicher, mit mehreren 10'000 m3 Volumen, können mit künstlichen Erdbecken realisiert werden. Zu diesem Zweck wird ein Pyramidenstumpf ausgehoben. Das ausgehobene Material wird als Erdwall um die Grube aufgeschüttet und das Reservoir vergrössert. Das entstandene Erdbecken wird mit Kunststofffolie ausgekleidet, abgedichtet und mit Wasser gefüllt. Eine Wärmedämmung ist nur an der Oberseite notwendig, die bei moderneren Speichertypen meist als schwimmende Abdeckung ausgeführt ist. Darin kann Wasser bis zu ca. 90 °C mit einer Speichereffizienz von 90% gespeichert werden [16, 17].

Diese Art Speicherung ist besonders in Dänemark in Kombination mit Wärmepumpen oder Solarthermie verbreitet, aber auch in Deutschland oder Kanada. 2013 wurde ein Erdbeckenspeicher in Dronninglund, Dänemark, mit einem Volumen von 62 000 m3 und einer Speicherkapazität von 5570 MWh gebaut (Fig. 5). Die Kosten des Speichers betrugen rund 2,3 Mio. Euro, was spezifischen Speicherinvestitionskosten von 0,41 EUR/kWh entspricht [8]. Figur 6 zeigt den gleichen Typ Speicher in Høje Taastrup, ebenfalls Dänemark.

In der Schweiz gibt es derzeit keine vergleichbaren Anlagen, obwohl in Kombination mit Kehrichtverwertungsanlagen oder anderen abwärmeintensiven Prozessen grosses Potenzial vorhanden wäre.

Swatch HQ, Biel: Aquiferspeicher

Ein Aquiferspeicher besteht aus zwei Grundwasserbrunnen (einer kalten und einer warmen). Im Sommer wird Grundwasser aus den kalten Brunnen genommen und genutzt, um das Gebäude zu kühlen. Nachdem das Wasser zur Kühlung verwendet wurde, wird es erwärmt und in den warmen Brunnen zu Speicherzwecken wieder zurückgeführt. Im Winter wird das Grundwasser aus den warmen Brunnen entnommen und genutzt, um das Gebäude zu erwärmen. Aufgrund der grossen Kapazität eignen sich Aquiferspeicher vor allem in thermischen Netzen oder für grosse Gebäude, Krankenhäuser, Büros und Hotels. Auch für zusammenhängend geplante Wohnsiedlungen kommen Aquiferspeicher in Kombination mit thermischen Netzen in Frage. Die bereits realisierten Projekte haben ein hohes CO2-Einsparpotenzial und geringe Amortisationszeiten von zwei bis sieben Jahren [19].

In den Niederlanden waren 2015 bereits über 2500 Niedertemperatur-Aquiferspeicher in Betrieb mit einer Gesamtleistung von mehr als 1000 MW [20]. In der Schweiz wurde 2018 der erste Aquiferspeicher auf dem Gelände des neuen Swatch HQ gebaut. Hier wird die Heizung und Kühlung für Swatch und Omega von neun Aquifer-Brunnen und zwei ehemalige Öltanks, die zu Wasserspeichern umfunktioniert wurden, bereitgestellt.

Die Voraussetzung für diese Art der Speicherung ist das Vorhandensein von Grundwasserleitern, die auch in der Schweiz vorkommen. Der Jura, die Voralpen und die Alpen haben Potenzial für Aquifere [21]. Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in der Schweiz jedoch noch ein veraltetes Gesetz, das die Erwärmung des Untergrunds auf drei Grad begrenzt. Das schränkt die Nutzung dieser Technologie ein, macht sie aber nicht unmöglich. Erste politische Anträge, diese Regelungen zu ändern, sind derzeit im Gange.

Unmutzung bestehender Hohlräume zur Wärmespeicherung

Ein neuartiger Ansatz zur Nachrüstung von saisonalen Wärmespeichern wird derzeit von der Hochschule Luzern zusammen mit der swisspor AG entwickelt. Das Ziel ist es, die Umnutzung von bestehenden ungenutzten Hohlräumen im Untergrund in Wärmespeicher zu ermöglichen. Dadurch sollen die Investitionskosten neuer Speicher erheblich reduziert werden. Zu diesem Zweck wurde eine spezielle Wärmedämmung in Kombination mit Abdichtung entwickelt, die hohen Temperaturen, Druck und Feuchtigkeit standhält und mit geringem Aufwand in einem geschlossenen Raum nachgerüstet werden kann. Mit Wasser gefüllt, sollen Temperaturen von über 90° Celsius über Monate hinweg mit geringen Wärmeverlusten erhalten werden können [22, 23]. Figur 7 zeigt eine mögliche Anwendung eines solchen saisonalen Wärmespeichersystems in einem Industriegebiet. Mit dieser Lösung lässt sich z. B. Solarwärme und industrielle Abwärme kostengünstig speichern und bei Bedarf wieder nutzen.

NOTWENDIGE SCHRITTE

Die vorherigen Abschnitte haben das Potenzial der saisonalen Wärmespeicherung für die Energiewende aufgezeigt. Trotz des nachweislich hohen Nutzens gibt es in der Schweiz auffallend wenige Anlagen zur saisonalen Wärmespeicherung. Um die Ausbreitung dieser Technologie in der Schweiz zu fördern und dadurch die Abhängigkeit von fossilen Importen zu reduzieren, sind folgende Schritte notwendig:

  • Realisierung und Förderung konkreter Projekte saisonaler Wärmespeicher in der Schweiz mit Leuchtturmcharakter. So lässt sich das Potenzial mit ersten Anlagen effektiv nutzen. Gleichzeitig können Erkenntnisse aus dem Praxisbetrieb zur weiteren Optimierung gewonnen werden.
  • Die Möglichkeiten zur saisonalen thermischen Energiespeicherung sollen künftig in Energierichtplänen auf regionaler Ebene sowie in Roadmaps und Energiestrategien berücksichtigt werden. Das ermöglicht eine systemische Integration der Speicherlösungen bereits in der Konzeptionierungsphase.
  • Eine koordinierte Raum- und Energieplanung zur optimalen Berücksichtigung von Infrastrukturen für saisonale Wärmespeicher. Da vor allem grossvolumige Wärmespeicher in Kombination mit thermischen Netzen wirtschaftlich attraktiv sind, werden ausgewiesene Räume für die Realisierung grosser Speicher benötigt.
  • Geeignete Förder- und Vergütungsinstrumente sind zu entwickeln, um die Resilienz, Autarkie und Wirtschaftlichkeit bei der erneuerbaren Wärmeversorgung zu gewährleisten.
  • Eine Verbesserung der Kenntnisse über den Schweizer Untergrund in Bezug auf die bestehenden Infrastrukturen ist essenziell, um das Potenzial von unterirdischen Wärmespeichern ausschöpfen zu können.
  • Flexiblere Gestaltung der aktuell sehr restriktiven Rechtsrahmen für die Erwärmung von Grundwasser, um Lösungen für die Speicherung in Aquiferen zu ermöglichen.

FAZIT

Saisonale Wärmespeicher sind essenziell für die Dekarbonisierung der Schweizer Energieversorgung. Es ist nachhaltiger und kosteneffizienter, Wärme von Saison zu Saison zu speichern, als sie bei Bedarf zu erzeugen. Ausserdem kann dadurch die Abhängigkeit vom Ausland verringert und die lokale Wertschöpfung erhöht werden. Saisonale Wärmespeicher zusammen mit Wärmenetzen und Sektorenkopplung ermöglichen eine Reduzierung des ungedeckten Winterstrombedarfs des Jahres 2050 um bis zu 4 TWhel. Die nötigen Technologien sind vorhanden und haben sich bereits vielfach – vor allem in Nachbarländern – bewährt. Damit diese Technologie auch in der Schweiz Verbreitung findet, muss deren Einsatz in Energierichtplänen auf regionaler Ebene berücksichtigt werden.

Bibliographie

[1] Bundesamt für Energie BFE (2017): Heizsystem und Energieträger
[2] Bundesamt für Energie BFE (2020): Energieperspektiven 2050+. Kurzbericht
[3] Guidati, G. et al. (2022): Winterstrombedarf und saisonale Wärmespeicher – mit Sommerwärme Strom im Winter sparen, Positionspapier des Forums Energiespeicher Schweiz 
[4] Guidati, G. (2022): Saisonale Wärmespeicher: ein wichtiger Beitrag zur ganzjährigen Sicherung unserer Energieversorgung, Forum Energiespeicher Schweiz, Roundtable May 2022 
[5] Ochs, F. (2013): Stand der Technik erdvergrabener Wärmespeicher
[6] Sveinbjörnsson, D.; From, N. (2017): Fernwärme-Erdbecken als Langzeit-Wasserspeicher für Dänische Wärmenetze
[7] Speicherhersteller, Preiskataloge
[8] Wetzel, H. (2022): Möglichkeiten und Rolle der langfristigen thermischen Energiespeicherung in Dänemark, Forum Energiespeicher Schweiz, Roundtable May 2022 
[9] Hahne, E. (2000): ITW solar heating system: An oldtimer fully in action, Sol. energy, vol. 69, no. 6, pp. 469–493
[10] Mahon, D. et al. (2020): Feasibility study of MgSO4 + zeolite based composite thermochemical energy stores charged by vacuum flat plate solar thermal collectors for seasonal thermal energy storage, Renew. Energy, vol. 145, pp. 1799–1807
[11] Fumey, B.; Baldini, L. (2021): Static temperature guideline for comparative testing of sorption heat storage systems for building application, Energies, vol. 14, no. 13, pp. 1–15
[12] Suurstoffi (2010): https://www.suurstoffi.ch/energiekonzept
[13] Vetterli, N.; Sulzer, M. (2015): Dynamic Analysis of the Low-Temperature District Network ‘Suusrtoffi’ Through Monitoring, Proc. Int. Conf. CISBAT 2015 Future Build. Dist. Sustain. from Nano to Urban Scale, pp. 517–522
[14] Ruesch, F. et al. (2015): Pumping Power Prediction in Low Temperature District Heating Networks, Int. Conf. CISBAT 2015, pp. 753–758
[15] ETH Hönggerberg (2013): https://ethz.ch/de/campus/entwickeln/hoenggerberg.html
[16] Dahash, A. et al. (2019): Advances in seasonal thermal energy storage for solar district heating applications: A critical review on large-scale hot-water tank and pit thermal energy storage systems, Appl. Energy, vol. 239, pp. 296–315
[17] Baldini, L. et al. (2019): Fokusstudie «Saisonale Wärmespeicher – Stand der Technik und Ausblick», Forum Energiespeicher Schweiz
[18] Planenergi (2022): https://planenergi.eu/de/
[19] Geothermie (2022): https://www.geothermie.de/aktuelles/nachrichten.html
[20] Dutch policy on ATES systems (2016): https://dutch-ates.com/wp-content/uploads/2016/09/DutchPolicyOnATESSystems092016.pdf
[21] Geothermie Schweiz (2022): https://geothermie-schweiz.ch/waermestrom/hydrothermal/potenzial/
[22] Villasmil, W. et al. (2019): A review and evaluation of thermal insulation materials and methods for thermal energy storage systems, Renew. Sustain. Energy Rev., vol. 103, no. July 2018, pp. 71–84
[23] Schiffmann, D. et al. (2022): Accelerated and long-time creep testing of extruded polystyrene using isothermal and stepped isothermal method, Polymer (Guildf)., vol. 251, p. 124926

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