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02. Mai 2023

Prolog

Wasserstoff in unwegsamem Gelände

Die Fachwelt ist sich einig: Wasserstoff ist essenziell, um nicht elektrifizierbare Wirtschaftszweige zu dekarbonisieren. Die Berechnungen der Internationalen Energieagentur IEA gehen bis ins Jahr 2050 global von einem jährlichen Bedarf von 500 Millionen Tonnen Wasserstoff aus.

Um diese Mengen zu produzieren, wird im Jahr 2050 etwa 20% der gesamten Elektrizitätserzeugung benötigt, was annähernd der gesamten weltweiten heutigen Elektrizitätsproduktion entspricht! Dass dies eine enorme Herausforderung ist, liegt auf der Hand. Neben einem genügend hohen Elektrizitätsangebot benötigt die Welt jedoch auch gigantische Infrastrukturen zur Erzeugung, zum Transport und zur Verteilung von solchen Mengen Wasserstoff.

Das Transportproblem lässt sich mittels einer schrittweisen Befähigung und Umrüstung des Erdgasnetzes und mit gezielten Zubauten von neuen Leitungen lösen. Da es sich bei Gasnetzen um grosse nationale Infrastrukturen handelt, ist jedoch zum Gelingen ein breiter politischer Konsens entscheidend.

Ein besonders schwieriges Thema ist, dass sich Wasserstoff auf den heutigen Märkten preislich mit den fossilen Alternativen messen muss. Das ist kein Rennen auf Augenhöhe, denn es wird stets günstiger sein, fossile Energieträger aus der Erde zu baggern oder zu pumpen, als Wasserstoff über eine aufwendige elektrische und chemische Prozesskette zu erzeugen. Berechnungen zeigen indes, dass eine vollständig dekarbonisierte weltweite Energieversorgung – selbst ohne Berücksichtigung der Klimaschäden – nicht teurer ist als das heutige System. Die Hauptaufgabe wird daher sein, einen neuen und für alle akzeptablen Weg zu finden, wie die Systemkosten künftig alloziert werden. Dieser Prozess wird allerdings viel Zeit benötigen, während die heutigen wettbewerblichen Nachteile des Wasserstoffs Investitionen hemmen und daher die Erreichung des Ziels gefährden.
Als Ausweg bleiben fast nur staatliche Beihilfen, wie sie aktuell in Europa für Wasserstoff aus dem Boden spriessen. Es sind jedoch bereits Warnsignale einer Euphoriewelle erkennbar, die den Sinn für die Realitäten zu vernebeln droht. Sowohl Technologie als auch behördliche Vorgaben sind noch nicht auf einem Entwicklungsstand, der Mega-Projekte ermöglichen würde. Es gilt daher während der nächsten Jahre, mit angemessen Projektgrössen die notwendigen Grundlagen zu schaffen, um dann wahrscheinlich erst in der nächsten Dekade grosse Brote zu backen zu können.

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