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27. März 2025

Interdisziplinäres Symposium der OST

Wasser: zwischen Überfluss und Mangel

Die Wasserversorgung steht zunehmend unter Druck - hier im Wasserschloss Schweiz wie auch anderswo. Klimawandel, Schadstoffe und strukturelle Herausforderungen verlangen entschlossenes Handeln für eine Zukunft mit Wassersicherheit. Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft diskutierten am interdisziplinären Symposium der OST in Rapperswil-Jona über Risiken, mögliche Lösungen und die Rolle von Partnerschaften.

Das Symposium beginnt ungewöhnlich: mit einem Sprung in kalte Wasser des Zürichsees. «Wir wollten eine unmittelbare Verbindung zum Wasser schaffen, bevor wir über Zahlen und Strategien sprechen», erklärt Veranstaltungsleiterin Dorothee Spuhler. Das gemeinsame Eintauchen symbolisiere das, worum es geht: Wasser als Lebensgrundlage dem Menschen näher bringen. Tatsächlich gewinnen die Teilnehmen im Laufe der Tagung den Eindruck, dass Wasser zwar im Überfluss vorhanden ist, jedoch längst nicht immer verfügbar, wenn es gebraucht wird. «Wir verbrauchen in der Schweiz pro Person täglich rund 4200 Liter Wasser – das Meiste davon indirekt durch Konsum von Produkten deren Herstellung viel Wasser benötigt, oft in wasserarmen Regionen im globalen Süden stattfindet, erklärt André Podleisek, Nachhaltigkeitsverantwortlicher an der OST.

Am falschen Ort zur falschen Zeit

Rolf Meier, Bereichsleiter Wasser und Vizedirektor des SVGW, fasst die aktuelle Lage zusammen: «Klimawandel, Schadstoffeinträge und Infrastrukturmängel gefährden zunehmend die Wassersicherheit, auch im Wasserschloss Schweiz.» Zwar fallen jährlich 26 Kubikkilometer Niederschlag auf die Schweiz und nur 1,5 Prozent davon werden als Trinkwasser genutzt. Gleichzeitig verschwinden jedoch die natürlichen Wasserspeicher des Alpenraums: «Seit 1850 haben wir bereits zwei Drittel der Gletschermasse verloren. Bis 2100 könnten 90 Prozent unserer Gletscher weg sein», so Meier. Das hat Auswirkungen – von Gebirgen bis zu den Tieflandregionen. In längeren Trockenperioden droht Wassermangel. Gleichzeitig verursachen Starkniederschläge Verschmutzungen und Schäden. Die Folge: «Wasser gibt es entweder zu viel, zu wenig, zur falschen Zeit oder in schlechter Qualität.»

Ein wachsendes Problem sind sogenannte «Ewigkeitschemikalien» (PFAS), die mittlerweile weltweit nachgewiesen wurden – vom Amazonas bis in die Alpen. «Diese Stoffe lassen sich kaum entfernen. Deshalb ist es entscheidend, ihren Eintrag von Anfang an zu verhindern», betont Meier.

Was kostet Wasser – und was ist es uns wert?

«Eine Karaffe St. Galler Hahnenwasser kostet weniger als einen Viertel Rappen – und das ist noch teuer gerechnet», sagt Peter Jans, Stadtrat von St.Gallen, um eindrücklich zu belegen, dass die realen Kosten für Aufbereitung und Versorgung in keinem Verhältnis zum eigentlichen Wert stehen. Auch Fachpersonen schätzen den Preis einer Karaffe teilweise auf 5 Rappen.

Martin Kurt von der Wasserversorgung Rapperswil-Jona erinnert an die immensen Leistungen, die notwendig sind, damit Trinkwasser zuverlässig aus dem Wasserhahn kommt: «Diese Selbstverständlichkeit wird erst dann sichtbar, wenn sie wegfällt.» Umso mehr freue es ihn, wenn etwa gemeinsam mit der OST oder Stiftungen Projekte zur Wasserversorgung in Ländern wie Liberia realisiert werden können, wo genügend sauberes Wasser bis heute ein permanentes Problem ist.

Auch Luca Eberle, Stadtrat von Rapperswil-Jona, betont: «Ohne den See gäbe es unsere Stadt in dieser Form nicht. Wasser prägt unsere Identität – sei es durch Seebäder, Schifffahrt oder Lebensqualität.» Gleichzeitig erinnerte er daran, dass die Stadt auch lokale Wasser-Herausforderungen hat, wie sanierungsbedürftige Pumpwerke und Bäder.

Eine globale Ressource, die lokal genutzt wird

«Damit Wasser in Zukunft für alle Lebewesen auf der Erde in angebrachter Menge und ausreichender Qualität zur Verfügung steht, sind aufgrund der dreifachen Umweltkrise – Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Wasserverschmutzung – besondere Anstrengungen auf globaler Ebene nötig», erklärt Daniel Maselli, Politikberater der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, DEZA. «Der Versuch, den globalen Wasserkreislauf als öffentliches Gut international zu anerkennen, könnte ein wichtiger Beitrag dazu sein. Allerdings müssten auf dem Weg dazu viele politische, wirtschaftliche und juristische Hindernisse überwunden werden. Ob die aktuelle Weltlage dies zulässt, muss leider bezweifelt werden. Bis dahin kann und muss jede Person und jede Organisation in Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten ihr Möglichstes im jeweiligen Wirkungsumfeld tun, um Wasser als unanfechtbar lebensnotwendige Ressource zu schützen und zu bewahren.»

Lösungen sind umsetzungsfertig

In Workshops und Podiumsdiskussionen stand das Thema Partnerschaften im Mittelpunkt. Christina Mallin, Expertin für Klimaanpassung, unterstreicht: «Wir investieren heute zu wenig in die Vorbereitung auf den Klimawandel – nicht nur in physische, sondern auch in gesellschaftliche Infrastrukturen.» Das Bewusstsein für Wassersicherheit müsse gestärkt werden. Ernst Bromeis, Wasserbotschafter, appelliert: «Die Menschen sehen die Folgen – bröckelnde Berge, gefährdete Wälder, verschmutzte Flüsse. Aber wir handeln nicht entschlossen genug. Nach solchen Foren wie heute vergessen wir oft wieder, wie dringend es ist.»

Lukas Kircher, Direktor Agridea erläutert die Rolle der Landwirtschaft: «Wir können den Wasserfussabdruck senken, wenn wir biologisch produzieren, den Anbau gegenüber der Tierhaltung unterstützen, und das Gelände so bewirtschaftet, das Wasser im Boden und der Vegetation gespeichert wird.»

«Für eine nachhaltige Planung der Wassernutzung brauchen wir Daten. Diese zur Verfügung zu stellen, ist der Aufgaben des Bundesamts für Umwelt», sagt Carlo Scapozza, Leiter der Abteilung Hydrologie, Bundesamt für Umwelt. Christian Stamm, Vize-Direktor der Eawag appelliert an die Wissenschaft: «Wir wussten schon vor 20 Jahren, dass Grundwasserreserven zurückgehen werden, aber offenbar haben wir es nicht geschafft, dass dieses Wissen auch in die Politik gelangt.»

Johannes Heeb, Vertreter der Privatwirtschaft und Co-Chair des Swiss Water Partnership präsentiert Wasser als eine Chance für mehr Nachhaltigkeit: «Wenn man Unternehmen den Wert des Wassers in der Wertschöpfungskette aufzeigt, ist das oft ein Türöffner, für andere Nachhaltigkeitsthemen.» Delphine Margara fordert gezielte Förderung des Nachwuchses: «Junge Menschen haben Zeit, aber wenig Ressourcen – Ältere haben Ressourcen, aber wenig Zeit. Wenn wir beides verbinden, entsteht Wirkung.» Auch mit kleinen Mitteln könnten junge Menschen viel bewegen – oft aus der Not heraus besonders kreativ und wirkungsvoll.

Karla Schlie lenkt den Blick auf globale Zusammenhänge: Viele Produkte, die wir täglich konsumieren, insbesondere Fleisch und Kleider, enthalten Wasser aus Regionen mit ohnehin knapper Versorgung und weltweit haben viele Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer adäquaten Sanitärversorgung. Wir haben hier eine globale Verantwortung. Durch internationale Partnerschaften und Zusammenarbeit und einem bewussteren Konsum können wir hier viel bewirken.

Wasserschloss mit Investitionsbedarf

Die Schweiz gilt zwar als «Wasserschloss Europas», doch das Bild trügt. Die Versorgung mit sauberem Wasser wird auch hier komplexer – sei es durch den Klimawandel, zunehmende Verschmutzung oder veraltete Infrastrukturen. Die gute Nachricht: Lösungen sind vorhanden – technisch, politisch und gesellschaftlich. «Schon vor über 2000 Jahren haben Menschen mit Aquädukten Wasser umgeleitet. Es ist also möglich, mit dem nötigen Willen und dem richtigen Wissen Wassersicherheit zu schaffen», sagt Christina Mallin. Entsprechend schliesst Dorothee Spuhler die lebhaften Diskussionen: «Jetzt geht es darum, das Bewusstsein zu stärken, unsere bestehenden Netzwerke zu erweitern und gemeinsam an Massnahmen zu arbeiten – in der Schweiz und weltweit.»

Mehr Informationen zum Symposium und zu den Referierenden

www.ost.ch/weltwassertag2025

 

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