Plattform für Wasser, Gas und Wärme
News
20. Januar 2025

Beton als Kohlenstoffspeicher

Binden von bis zu zehn Gigatonnen Kohlenstoff jährlich

Die Forschungsinitiative «Mining the Atmosphere» will überschüssiges CO2 aus der Atmosphäre einfangen und in Baumaterialien wie Beton speichern. Empa-Forschende zeigen nun erstmals das Potenzial auf: Fünf bis zehn Milliarden Tonnen Kohlenstoff könnten jährlich als Betonzuschlagstoffe genutzt werden.

Um die CO2-Konzentration auf das angestrebte Niveau von 350 ppm («parts per million») zu senken, gilt es, so eine Gruppe von Empa-Forschenden, schätzungsweise 400 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Eine Menge, die rund 1'500 Milliarden Tonnen CO2 entspricht. Eine Berechnung im Rahmen der Forschungsinitiative «Mining the Atmosphere» ergab nun, dass dieser überschüssige Kohlenstoff bis Mitte des nächsten Jahrhunderts in Baumaterialien wie Beton gespeichert werden könnte.

50 bis 150 Jahre für die Bindung des überschüssigen CO2

Bei einem optimalen Szenario, so die Ergebnisse der Forschungsgruppe, könnten Baumaterialien wie Beton jährlich bis zu zehn Gigatonnen Kohlenstoff binden. Dieses Potenzial würde jedoch erst ab 2050 voll ausgeschöpft werden, wenn nach der Energiewende genügend erneuerbare Energie vorhanden ist. Neben den überschüssigen 400 Gigatonnen Kohlenstoff müssten bis 2100 zusätzlich mindestens 80 Gigatonnen aus schwer vermeidbaren Emissionen entfernt werden. Gemäss den verschiedenen Szenarien liesse sich damit innerhalb von 50 bis 150 Jahren das überschüssige CO2 vollständig in Baumaterialien unterbringen.

Siliziumkarbid als Schlüssel zur Speicherung

Der Schlüssel zu den optimistischsten Szenarien liegt in der Herstellung von Siliziumkarbid, das als Füllstoff in Baumaterialien genutzt werden kann. «Siliziumkarbid bietet enorme Vorteile, da es den Kohlenstoff praktisch für immer bindet und mechanisch hervorragende Eigenschaften besitzt. Allerdings ist die Herstellung äusserst energieintensiv und stellt eine der grössten Herausforderungen dar, sowohl in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit als auch auf eine nachhaltige Umsetzung», so Pietro Lura, Leiter der Empa-Abteilung Beton und Asphalt.

Harte Gesteine aus Kohlenstoff als Beschleuniger

Allein mit Kohlenstoff in Form von poröser Gesteinskörnung würde es mehr als 200 Jahre dauern, den gesamten anthropogenen Kohlenstoffüberschuss zu beseitigen. Eine Kombination aus porösem Kohlenstoff und Siliziumkarbid bietet sich gemäss den Forschenden deshalb als praktikable Lösung an. Dadurch könnten grosse Mengen Kohlenstoff in Beton gespeichert werden, der zudem dauerhafter und stabiler wäre als herkömmlicher Beton. «Ziel sollte es dennoch sein, möglichst viel CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre zu entfernen, um zusammen mit anderen Massnahmen in einem realistischen Zeitrahmen auf 350 ppm CO2 zu kommen. Gleichzeitig ist es entscheidend, fortlaufend unsere Emissionen zu minimieren, damit der Rückholprozess nicht umsonst ist», so der Empa-Forscher.

Voraussetzungen für eine kohlenstoffbindende Wirtschaft

Diese Berechnungen basieren auf der Annahme, dass nach 2050 ausreichend erneuerbare Energie verfügbar ist, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.  Die dann überschüssige erneuerbare Energie müsste genutzt werden, um CO2 in Methan oder Methanol umzuwandeln, die wiederum zu Polymeren, Wasserstoff oder festem Kohlenstoff weiterverarbeitet werden. Laut dem Empa-Forscher soll dieses Konzept nicht nur zur Reduktion von CO2 beitragen, sondern auch eine kohlenstoffbindende Wirtschaft ermöglichen, die sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bietet: «Kohlenstoff aus der Atmosphäre kann beispielsweise für die Herstellung von Polymeren, Bitumen für Asphalt oder keramischen Materialien wie Siliziumkarbid genutzt werden. Ausserdem könnten weitere hochwertige Materialien wie Karbonfasern, Kohlenstoffnanoröhren und Graphen den gesamten Prozess wirtschaftlich tragfähig machen – wobei Beton eindeutig den grössten Anteil am Kohlenstoffspeicher ausmachen wird.»

Ein langfristig stabiler und dezentraler Speicher

Im Vergleich zu anderen CO2-Minderungsmassnahmen wie unterirdische Speichermethoden bietet die Speicherung in Baumaterialien gemäss der Forschungsgruppe mehrere Vorteile: Er sorgt für langfristige Stabilität, sowie eine hohe Speicherdichte von Kohlenstoff und ermöglicht eine dezentrale Umsetzung. Gleichzeitig lassen sich so herkömmliche CO2-emittierende Baumaterialien ersetzen.

Quelle und weitere Informationen

Bericht der EMPA

Kommentar erfassen

Kommentare (0)

e-Paper

«AQUA & GAS» gibt es auch als E-Paper. Abonnenten, SVGW- und/oder VSA-Mitglieder haben Zugang zu allen Ausgaben von A&G.

Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.

Die «gazette» gibt es auch als E-Paper. Sämtliche bisher erschienen Ausgaben sind frei zugänglich.