Hofdünger ist in der Schweiz genügend vorhanden. Pro Jahr fallen rund 20 Tonnen Gülle und Mist hierzulande an. Davon werden aber lediglich rund 5 Prozent für die Produktion von Biogas verwertet. Es wäre demnach theoretisch ein erhebliches Energiepotential vorhanden. Wie dieses Potential besser genutzt werden kann, war das zentrale Thema am diesjährigen Powerloop-Forum in der Markthalle in Burgdorf, das über 200 Interessierte angezogen hat. Unter dem Titel «Bauerloop – Jeder Miststock zählt» kamen am Anlass verschiedene Branchenvertreter zu Wort. Burgdorf wurde nicht zufällig als Standort für die diesjährige Austragung des Forums gewählt. Die Gemeinde hat sich mit der Strategie «KlimaVision30» ambitionierte Ziele gesetzt. So will die Energiestadt bis 2030 CO2-Neutralität erreichen. Dazu soll unter anderem der Verbrauch von Erdgas sukzessive auf null gesenkt werden. Einerseits indem der Gasverbrauch generell reduziert wird, andererseits indem Erdgas mit klimaneutralem Biogas ersetzt wird.
Viel Potential liegt noch brach
Nach der Grussbotschaft von Stefan Berger, dem Stadtpräsidenten von Burgdorf, zeigte Dr. Vanessa Burg von der ETH Zürich das konkrete Energiepotential von Hofdünger auf. Geht man davon aus, dass die gesamten 20 Millionen Tonnen Hofdünger zu Biogas verwertet werden können, ergibt sich daraus ein theoretisches Potential von 48.8 Petajoule (PJ) Energiegewinnung pro Jahr. Zieht man von diesem theoretischen Potential den Hofdünger ab, der nicht genutzt werden kann, beispielsweise weil die Biomasse beim Weidegang verloren geht, bleibt ein nachhaltig nutzbares Potential von 42.4 PJ übrig. Da Hofdünger dezentral anfällt und eine Mindestmenge für den Betrieb einer Biogasanlage notwendig ist, sind nicht alle Standorte für eine Anlage geeignet. Werden nur die für eine Biogasanlage möglichen Standorte berücksichtigt, beleibt ein nachhaltig nutzbares Potential von 26.9 PJ übrig. Dieses Potential wird aber heute in der Schweiz noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Damit sich das ändert, müssten gemäss Burg höhere Einnahmen aus dem Betrieb einer Biogasanlage resultieren, kleinere Anlagen entwickelt und die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaftsbetrieben gefördert werden. Ausserdem dürfe der Bau und Betrieb grosser Anlagen nicht allein den Landwirtinnen und Landwirten aufgebürdet werden.
Interessant für die Bereitstellung von Regelenergie
Martin Schröcker von der Fleco Power AG ging im Anschluss darauf ein, wie Biogasanlagen, die das Gas in Strom umwandeln, für die Bereitstellung von Regelenergie eingesetzt werden können. Fleco Power bündelt mehrere hundert Biogasanlagen und kann diese über eine Softwarelösung direkt ansteuern. Die Anlagen sind damit in der Art eines Smart Grids zusammengeschlossen, was der Fleco Power ermöglicht, Swissgrid Regelenergie zu verkaufen. Das funktioniert auch deshalb, weil ein Biogasreaktor gleichzeitig als Gasspeicher fungiert. So kann Strom praktisch auf Knopfdruck produziert oder dem Netz entzogen werden. Weil viele Biogasanlagen gleichzeitig angesteuert werden können, kann Fleco Power genügend Energie anbieten, um Swissgrid mit Regelenergie zu beliefern. Eine Biogasanlage sei zudem für die Bereitstellung von Notstromenergie – beispielsweise im Fall eines Blackouts – nützlich, was gerade vor dem Hintergrund einer möglichen Strommangellage an Relevanz gewonnen hat.
Lebensmittel-, Gas-, Wärme- und Stromproduzenten
Mit Rudolf Bigler und Andrea Müller kamen dann eine Landwirtin und ein Landwirt zu Wort, die nicht nur Lebensmittel produzieren, sondern mit einer eigenen Biogasanlage auch hunderte Haushalte mit Wärme und Strom versorgen. Bei beiden Betrieben steht die Nutzviehhaltung im Zentrum der Kreislaufwirtschaft. Sie bildet aber nicht nur die Grundlage für die Lebensmittelproduktion, sondern liefern auch wertvollen Hofdünger, der zu Biogas verwertet wird. Dieses Gas speisen die beiden Betriebe zum Teil ins Netz ein oder wandeln es in Strom um oder verwenden es als Treibstoff in einer Gastankstelle. Die Abwärme aus der Stromproduktion wird ebenfalls verwertet und für den Betrieb eines Fernwärmenetzes eingesetzt, das wiederum mehrere hundert Haushalte mit Fernwärme versorgt.
Hürden müssen gesenkt werden
An der darauffolgenden Podiumsdiskussion stand der Abbau von unnötigen Vorgaben beim Bau und Betrieb von Biogasanlagen im Zentrum. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass die Hürden für solche Projekte zu hoch sind. Neben den signifikanten Investitionen, die für den Bau notwendig sind, kämen zahlreiche Auflagen hinzu, die viele Landwirtschaftsbetriebe davon abhalten würden, in eine Anlage zu investieren. Mit den Klimazielen und den Herausforderungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit, sei der politische Willen aber mittlerweile da, die Produktion von Biogas stärker zu fördern. Das zeige sich im aktuellen Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Dieser Mantelerlasse biete gute Rahmenbedingungen und sehe die Förderung von Biogas vor.
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